Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristeter Arbeitsvertrag vor Übernahme als Beamter
Leitsatz (redaktionell)
1. Schließt ein Land in sozialen Härtefällen mit Lehrern, deren Examensnote für eine Übernahme in den Schuldienst des Landes nicht ausreicht, einen befristeten Arbeitsvertrag für die Dauer eines Jahres und sagt es diesen Lehrern zu, sie nach Vertragsablauf in das Beamtenverhältnis zu übernehmen, wenn sie sich als für den Schuldienst geeignet erwiesen haben, so ist die vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses wirksam.
2. § 5 BAT befaßt sich nur mit der Dauer einer vorgeschalteten Probezeit, enthält jedoch keine Regelungen für befristete Probearbeitsverhältnisse.
Normenkette
BAT SR 2; BAT § 5; BAT SR 2y Nr. 1; BAT SR 2y Nr. 2; BGB § 620; LbV BW § 14; GG Art. 33 Abs. 2; BG BW § 8 Abs. 2; LbV BW § 29 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1; BeschFG 1985 Art. 1 § 1 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 24.11.1993; Aktenzeichen 3 Sa 93/93) |
ArbG Reutlingen (Entscheidung vom 27.08.1993; Aktenzeichen 1 Ca 507/93) |
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.
Der Kläger ist ausgebildeter Gymnasiallehrer für die Fächer Sport, Gemeinschaftskunde und Deutsch. Seine Examensnote reichte für eine Übernahme in den höheren Schuldienst des beklagten Landes nicht aus. Die Parteien schlossen einen formularmäßigen befristeten Arbeitsvertrag. Sie vereinbarten, daß der Kläger als "Zeitangestellter bis 13. 08. 1993" mit einem "vollen Unterrichtsauftrag" als Gymnasiallehrer beschäftigt werde. Nach § 2 des Arbeitsvertrages vom 21./28. August 1992 bestimmen sich "die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis nach dem BAT und den dazu gehörenden Sonderregelungen sowie den ergänzenden, ändernden oder an die Stelle des BAT oder der genannten Regelungen tretenden Tarifverträge". Als Grund der Befristung wurde angegeben: "Nr. 4.3 der Verwaltungsvorschrift "Einstellung der Lehramtsbewerber" vom 10. 06. 92". Nr. 4.1 bis Nr. 4.3 dieser Verwaltungsvorschrift lauten wie folgt:
"4. Soziale Härtefälle
4.1 Als soziale Härtefälle sind ganz besonders
gelagerte wirtschaftliche Verhältnisse an-
zusehen, wie sie insbesondere bei Bewerbern
vorliegen, die Alleinverdiener ohne weitere
Einkünfte sind und die für den vollen Un-
terhalt von mindestens einem Kind aufzukom-
men haben. Bewerber mit zweitem Bildungsweg
sind dabei angemessen zu berücksichtigen.
Die Auswahl erfolgt nach sozialer Dring-
lichkeit und nach Leistungsgesichtspunkten.
4.2 Innerhalb des Hauptauswahlverfahrens können
bis zu 60 Stellen für soziale Härtefälle
vergeben werden. ...
4.3 Nach dieser Regelung einzustellende Bewer-
ber können zunächst nur befristet für die
Dauer eines Jahres in das Angestelltenver-
hältnis übernommen werden. Sie erhalten die
Zusage, nach Ablauf dieses Vertrages in das
Beamtenverhältnis übernommen zu werden,
wenn sie sich als für den Schuldienst ge-
eignet erwiesen haben."
Mit Schreiben vom 16. Juni 1993 teilte das Oberschulamt T dem Kläger mit, daß er sich als für den Schuldienst nicht geeignet erwiesen habe und eine Übernahme in das Beamtenverhältnis deshalb nicht erfolgen könne.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Befristung sei unwirksam. Abgesehen davon, daß der Erprobungszweck nicht ausdrücklicher Vertragsinhalt geworden sei, komme als Befristungsgrund nur die Erprobung für ein Angestelltenverhältnis, nicht aber die Erprobung für ein Beamtenverhältnis in Betracht. Ein Beamtenverhältnis könne ohnehin nur auf Probe begründet werden. Die im Arbeitsvertrag vorgesehene Befristung führe damit zu einer funktionswidrigen Verdoppelung der Probezeit. Im übrigen sei jedenfalls die Befristungsdauer mit § 5 BAT nicht zu vereinbaren.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen
den Parteien nicht aufgrund der Befristungsabrede
mit Ablauf des 13. August 1993 geendet hat, son-
dern darüber hinaus fortbesteht.
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt. Es hält die Befristung des Arbeitsverhältnisses für wirksam.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund der wirksam vereinbarten Befristung mit dem Ablauf des 13. August 1993.
I. Die Zulässigkeit der Befristung des Arbeitsvertrages ergibt sich allerdings, wie das Landesarbeitsgericht richtig erkannt hat, nicht schon aus Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985; denn auf das Arbeitsverhältnis sind die Sonderregelungen für Zeitangestellte, Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer und für Aushilfsangestellte (SR 2y BAT) anzuwenden.
1. Nach der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT dürfen Zeitangestellte nur eingestellt werden, wenn hierfür sachliche oder in der Person des Angestellten liegende Gründe vorliegen. Dabei handelt es sich um eine generalklauselartige Befristungsbeschränkung mit einem eigenständigen Regelungsgehalt, der inhaltlich über die von der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze hinausgeht. Das Erfordernis eines sachlichen oder in der Person des Angestellten liegenden Grundes wird von den Tarifvertragsparteien bereits bei der erstmaligen Befristung des Arbeitsverhältnisses unabhängig davon gefordert, ob im Einzelfall durch die Befristung des Arbeitsverhältnisses zwingendes Kündigungsschutzrecht umgangen wird (ständige Rechtsprechung seit BAGE 56, 155, 170 ff. = AP Nr. 1 zu § 1 BeschFG 1985, zu C II 1 b und 2 der Gründe; vgl. u. a. BAGE 64, 164, 167 = AP Nr. 12 zu § 1 BeschFG 1985, zu I 1 der Gründe; BAG Urteil vom 25. November 1992 - 7 AZR 191/92 - AP Nr. 150 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 1 der Gründe). Die Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT weicht demnach zugunsten des Arbeitnehmers von der gesetzlichen Befristungsregelung des Art. 1 § 1 BeschFG 1985 ab und macht die Zulässigkeit befristeter Arbeitsverhältnisse von strengeren Voraussetzungen abhängig als das Beschäftigungsförderungsgesetz.
Art. 1 § 1 BeschFG 1985 verbietet es nicht, dem Arbeitnehmer einen stärkeren Bestandsschutz seines Arbeitsverhältnisses zu verschaffen. Diese Arbeitnehmerschutzvorschrift wirkt nur einseitig zwingend. Sie schließt nur solche Regelungen aus, die für den Arbeitnehmer ungünstiger sind (ständige Rechtsprechung seit BAGE 56, 155, 162 ff. = AP Nr. 1 zu § 1 BeschFG 1985, zu C I 3 der Gründe; vgl. u. a. BAGE 58, 183, 188 = AP Nr. 4 zu § 1 BeschFG 1985, zu I 3 der Gründe; BAGE 64, 220, 225 = AP Nr. 14 zu § 1 BeschFG 1985, zu II 1 a der Gründe).
2. Mangels Tarifbindung des Klägers gilt allerdings die Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT nicht unmittelbar und zwingend. Da die Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2 y BAT eine tarifvertragliche Abschlußnorm ist (ständige Rechtsprechung seit BAGE 58, 183, 191 = AP Nr. 4 zu § 1 BeschFG 1985, zu I 3 c bb der Gründe; vgl. u. a. BAGE 64, 164, 167 ff. = AP Nr. 12 zu § 1 BeschFG 1985, zu I 2 der Gründe und BAG Urteil vom 25. November 1992 - 7 AZR 191/92 - AP Nr. 150 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 4 a aa der Gründe), hätten die Arbeitsvertragsparteien die Geltung dieser Tarifvorschrift ausschließen können (ständige Rechtsprechung seit BAGE 58, 183, 188 = AP Nr. 4 zu § 1 BeschFG 1985, zu I 3 der Gründe; BAGE 64, 164, 167 = AP Nr. 12 zu § 1 BeschFG 1985, zu I 2 der Gründe; BAGE 64, 220, 226 = AP Nr. 14 zu § 1 BeschFG 1985, zu II 1 a der Gründe). Dies ist jedoch nicht geschehen. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß die Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT kraft einzelvertraglicher Bezugnahme in § 2 des Arbeitsvertrages vom 21./28. August 1992 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden ist. Im Arbeitsvertrag haben die Parteien ohne Einschränkung auf den BAT und die ihn ergänzenden oder ändernden Sonderregelungen Bezug genommen.
II. Die vereinbarte Befristung ist nicht aus formalen Gründen unwirksam. Die Beklagte kann sich auf den geltend gemachten Befristungsgrund berufen.
1. Nach Nr. 2 Abs. 1 SR 2y BAT ist im Arbeitsvertrag zu vereinbaren, ob der Angestellte als Zeitangestellter, als Angestellter für Aufgaben von begrenzter Dauer oder als Aushilfsangestellter eingestellt wird. Diese Regelung dient der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Der Arbeitgeber kann sich nicht auf Sachgründe berufen, die einer anderen als der vereinbarten Befristungsgrundform zuzuordnen sind und sie nicht mehr nachschieben (vgl. u. a. BAGE 37, 283, 295 = AP Nr. 64 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu B II 2 der Gründe; BAG Urteil vom 11. Dezember 1991 - 7 AZR 170/91 - AP Nr. 145 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 1 der Gründe). Das beklagte Land hat im Arbeitsvertrag das für Zeitangestellte vorgesehene Kästchen angekreuzt und als Befristungsgrund angegeben: "Nr. 4.3 der Verwaltungsvorschrift "Einstellung der Lehramtsbewerber" vom 10. 06. 92". Damit ist nicht nur der tatsächliche Befristungsgrund unmißverständlich angegeben worden. Er ist im Arbeitsvertrag auch der richtigen tariflichen Befristungsgrundform zugeordnet worden.
2. Die Erprobung des Arbeitnehmers ist als sachlicher Grund für den Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages allgemein anerkannt (vgl. u. a. BAG GS Beschluß vom 12. Oktober 1960, BAGE 10, 65, 72 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu C 3 der Gründe; BAG Urteil vom 15. März 1966 - 2 AZR 211/65 - AP Nr. 28 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu 1 der Gründe; BAG Urteil vom 30. September 1981, BAGE 36, 229, 234 = AP Nr. 61 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu 5 der Gründe; Hueck/v. Hoyningen-Huene, KSchG, 11. Aufl., § 1 Rz 562; KR-Hillebrecht, 3. Aufl., § 620 BGB Rz 161; Kittner/Trittin, Kündigungsschutzrecht, § 620 BGB Rz 4; Knorr/Bichlmeier/Kremhelmer, Handbuch des Kündigungsrechts, 3. Aufl., Drittes Kapitel Rz 46; Stahlhacke/Preis, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 5. Aufl., Rz 406). Allerdings genügt es nicht, daß die Erprobung nur Motiv des Arbeitgebers ist. Der Erprobungszweck muß vielmehr Vertragsinhalt geworden sein (BAG Urteile vom 30. September 1981 - 7 AZR 443/79 -, n.v., zu II 2 der Gründe, und BAGE 36, 229, 234 = AP, aaO). Abgesehen davon, daß der Erprobungszweck - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht ausdrücklich in der schriftlichen Urkunde erwähnt werden muß, sondern auch eine mündliche Vereinbarung genügt (vgl. BAG Urteil vom 30. September 1981, BAGE 36, 229, 234 = AP, aaO), ist im vorliegenden Fall das Anliegen, die fachliche und persönliche Eignung des Klägers noch näher zu prüfen, bereits in der Vertragsurkunde bei der Angabe des Befristungsgrundes erwähnt worden. Im Arbeitsvertrag wird ausdrücklich auf Nr. 4.3 der Verwaltungsvorschrift Einstellung der Lehramtsbewerber vom 10. Juni 1992 (Einstellungserlaß) verwiesen. Damit ist der Inhalt dieser im Amtsblatt veröffentlichten Verwaltungsvorschrift Bestandteil des Arbeitsvertrages geworden. Nr. 4.3 Satz 2 dieser Verwaltungsvorschrift sieht eine Übernahme in das Beamtenverhältnis nach Ablauf des befristeten Arbeitsvertrages vor, wenn sich der Angestellte in dieser Zeit als dafür geeignet erwiesen hat. Damit konnte für den Kläger kein Zweifel am Sinn und Zweck des befristeten Arbeitsvertrages bestehen.
III. Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend angenommen, daß § 5 BAT der Wirksamkeit eines befristeten Probearbeitsverhältnisses nicht entgegensteht (vgl. BAG Urteil vom 12. Februar 1981 - 2 AZR 1108/78 - AP Nr. 1 zu § 5 BAT, zu B IV 2 der Gründe; Böhm/Spiertz/Steinherr/Sponer, BAT, 3. Aufl., Stand August 1994, § 5 Rz 1 und 22; Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann/Pühler, BAT, Stand Juli 1994, § 5 Erl. 11; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Stand Mai 1994, § 5 Erl. 7; Crisolli/Ramdohr/Sieber/Meid, BAT, Stand August 1994, § 5 Erl. 7 a). Nach § 5 BAT gelten die ersten sechs Monate der Beschäftigung grundsätzlich als Probezeit. Bereits aus dem Wortlaut dieser Vorschrift ergibt sich, daß sie nur die Dauer einer vorgeschalteten Probezeit, aber weder die Rechtsfolgen der Probezeit (vgl. hierzu z. B. § 12 Abs. 3 BAT) noch die Zulässigkeit des Abschlusses befristeter Arbeitsverhältnisse zur Erprobung eines Angestellten regelt. Für ein Verbot des Abschlusses befristeter Probearbeitsverträge fehlen ausreichende Anhaltspunkte. Die Anforderungen an befristete Arbeitsverträge sind in den SR 2y BAT geregelt. Dort werden Befristungen zur Erprobung eines Angestellten nicht ausgeschlossen. Eine derartige Einschränkung der Gestaltungsmöglichkeiten der Arbeitsvertragsparteien hätte deutlich zum Ausdruck gebracht werden müssen, zumal im Arbeitsleben nicht nur unbefristete Arbeitsverträge mit vorgeschalteter Probezeit, sondern auch befristete Probearbeitsverhältnisse üblich sind.
IV. Der befristete Arbeitsvertrag des Klägers ist auch nicht wegen Fehlens eines sachlichen Grundes unwirksam. Im Urteil vom 12. Februar 1981 (- 2 AZR 1108/78 - AP Nr. 1 zu § 5 BAT, zu B IV 2 b der Gründe) hat das Bundesarbeitsgericht betont, daß die Erprobung eines Arbeitnehmers grundsätzlich die Befristung seines Arbeitsverhältnisses rechtfertigt und es an einem vernünftigen Grund für die Erprobung nur dann fehlt, wenn der Arbeitnehmer bereits ausreichende Zeit bei dem Arbeitgeber mit den nunmehr von ihm zu erfüllenden Aufgaben beschäftigt war und der Arbeitgeber die Fähigkeiten des Arbeitnehmers deshalb voll beurteilen konnte. Nach diesen Maßstäben ist die vorliegende Befristung rechtlich nicht zu beanstanden.
1. An die Referendarzeit kann sich ein befristetes Probearbeitsverhältnis anschließen (vgl. BAG Urteil vom 30. September 1981, BAGE 36, 229, 234 = AP Nr. 61 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu 5 der Gründe). Wenn der Lehramtsbewerber nach seinem Vorbereitungsdienst die zweite Staatsprüfung bestanden hat, bedeutet dies noch nicht, daß er sowohl nach seinem fachlichen Wissen und Können als auch nach seinen persönlichen Eigenschaften und seinen pädagogisch-didaktischen Fähigkeiten die ihm als Lehrer gestellten Aufgaben im Berufsalltag erfolgreich bewältigt. Im vorliegenden Fall reichten die vom Kläger bisher gezeigten Leistungen für eine Einstellung als Lehrer an einer öffentlichen Schule nicht einmal aus.
2. Dem Kläger wurde die Chance geboten, trotz der schlechten Prüfungsergebnisse noch seine Eignung durch eine einjährige berufspraktische Tätigkeit nachzuweisen, weil das beklagte Land bei ihm einen sozialen Härtefall bejahte. Innerhalb des Auswahlverfahrens vergab das Land bis zu 60 Stellen für soziale Härtefälle (Nr. 4.2 des Einstellungserlasses). Als soziale Härte waren nach Nr. 4.1 des Einstellungserlasses "ganz besonders gelagerte wirtschaftliche Verhältnisse anzusehen, wie sie insbesondere bei Bewerbern vorliegen, die Alleinverdiener ohne weitere Einkünfte sind und die für den vollen Unterhalt von mindestens einem Kind aufzukommen haben". In derartigen Situationen kann die Aussagekraft der Prüfungsergebnisse und der während des Vorbereitungsdienstes gezeigten Leistungen geringer sein als im Normalfall. Die Einräumung einer zusätzlichen Bewährungsmöglichkeit verstößt deshalb nicht gegen Art. 33 Abs. 2 GG, der vorschreibt, daß jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleicher Zugang zu jedem öffentlichen Amte zu eröffnen ist.
3. Entgegen der Ansicht des Klägers ist das beklagte Land, vor allem unter Berücksichtigung des Art. 33 Abs. 2 GG nicht verpflichtet, Arbeitnehmern, deren Prüfungsergebnisse und bisher gezeigten Leistungen den Anforderungen für eine Einstellung nicht gerecht werden, in ein auf mehrere Jahre angelegtes Beamtenverhältnis auf Probe zu übernehmen und entsprechend lange besser qualifizierten Lehramtsbewerbern eine Einstellung vorzuenthalten. Dem Kläger wurde es lediglich wegen seiner sozialen Ausnahmesituation ermöglicht, innerhalb eines Jahres die erforderliche Qualifikation im Berufsalltag zu zeigen und etwa bestehende Leistungsdefizite zu beheben. Nach einer derartigen Bewährung wäre es gerechtfertigt gewesen, den Kläger ebenso wie Lehramtsbewerber, die im Vorbereitungsdienst bessere Leistungsergebnisse erzielt hatten, in ein Beamtenverhältnis auf Probe zu übernehmen. Das beklagte Land trug dem verfassungsrechtlich verankerten Leistungsprinzip Rechnung, wenn es vor Übernahme des Klägers in ein Beamtenverhältnis auf Probe auf einem zusätzlichen Qualifikationsnachweis bestand.
4. Das Argument des Klägers, daß ihm eine doppelte Probezeit auferlegt werde, überzeugt aus zwei Gründen nicht. Zum einen übersieht er, daß nach seinen Leistungen im Vorbereitungsdienst und seinen Prüfungsergebnissen eine Ernennung zum Beamten auf Probe ausschied. Mit der befristeten Angestelltentätigkeit konnte er sich ausnahmsweise den fehlenden Qualifikationsnachweis verschaffen, der überhaupt erst eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe ermöglichte. Zum anderen berücksichtigt der Kläger nicht ausreichend die gesetzlichen Vorschriften über die beamtenrechtliche Probezeit. Einerseits kann nach § 8 Abs. 2 des Landesbeamtengesetzes (LBG) Baden-Württemberg, § 14 der Verordnung der Landesregierung über die Laufbahnen der Beamten und Richter im Lande Baden-Württemberg (Landeslaufbahnverordnung - LVO) die Probezeit, die grundsätzlich drei Jahre beträgt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 LVO), bis auf fünf Jahre verlängert werden. Andererseits kann die Probezeit aber auch verkürzt werden. Nach § 29 Abs. 2 Satz 1 LVO sollen Dienstzeiten im öffentlichen Dienst nach Erwerb der Befähigung auf die Probezeit angerechnet werden, wenn die Tätigkeit nach Art und Bedeutung der Tätigkeit in einem Amte der betreffenden Laufbahn entsprochen hat. Zutreffend hat das beklagte Land darauf hingewiesen, daß auch das auf ein Jahr befristete Arbeitsverhältnis des Klägers zu den anrechenbaren Dienstzeiten gehört. Da es sich bei § 29 Abs. 2 Satz 1 LVO um eine Sollvorschrift handelt, hat insoweit in der Regel eine Anrechnung zu erfolgen. Nur in Ausnahmefällen kann davon abgesehen werden.
V. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die vereinbarte Befristung auch nicht wegen einer zu langen Erprobungszeit unwirksam.
1. Die Dauer der Befristung bedarf für sich allein keiner sachlichen Rechtfertigung. Die gewählte Vertragsdauer muß nicht stets mit der Dauer des Sachgrundes für die Befristung voll übereinstimmen. Nicht jede Abweichung des Beendigungszeitpunkts des Vertrages führt zur Unwirksamkeit der Befristung. Die Befristungsdauer muß sich aber am Befristungsgrund orientieren und mit ihm derart in Einklang stehen, daß sie nicht gegen das Vorliegen eines sachlichen Grundes spricht (vgl. u. a. BAGE 59, 265, 271 ff. = AP Nr. 124 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu III der Gründe; BAG Urteil vom 15. März 1989 - 7 AZR 264/88 - AP Nr. 126 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu III 2 b bb der Gründe; BAG Urteil vom 28. November 1990 - 7 AZR 625/89 -, n.v.). Im vorliegenden Fall deutet die Befristungsdauer von einem Jahr nicht darauf hin, daß der angegebene Befristungsgrund nur vorgeschoben ist. Vielmehr trägt die Befristungsdauer dem konkreten Befristungsgrund Rechnung.
a) Der Kläger war nach seinen Leistungsnachweisen unterdurchschnittlich qualifiziert und hätte an sich nicht eingestellt werden können. Wenn seine Chance, sich in der beruflichen Praxis zu bewähren, nicht wieder zunichte gemacht werden sollte, mußte ihm ausreichend Zeit gelassen werden, sich als Berufsanfänger einzuarbeiten und die erfolgreiche Erledigung der vielfältigen, im Laufe eines Schuljahres anfallenden Aufgaben nachzuweisen. Bei Lehrern, bei denen ein sozialer Härtefall im Sinne der Nr. 4.1 des Einstellungserlasses vorliegt, ist nicht mit geringeren, sondern eher mit größeren Anfangsschwierigkeiten zu rechnen als im Normalfall. Zudem läßt sich die Befähigung eines Lehrers, insbesondere eines Berufsanfängers, ohnehin nur über einen längeren Zeitraum hinreichend zuverlässig beurteilen. Das BAG hat bereits im Urteil vom 15. März 1966 (- 2 AZR 211/65 - AP Nr. 28 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu 1 der Gründe) darauf hingewiesen, daß es gerade bei Lehrern mitunter schwierig ist und Zeit verlangt, ein sicheres Urteil über ihre Eignung zu gewinnen. Dies gilt noch mehr in Ausnahmefällen wie dem vorliegenden.
b) Die Erprobungszeit von einem Schuljahr lag nahe, weil im Laufe eines Schuljahres, das eine abgeschlossene Einheit im Schulbetrieb bildet, unterschiedliche Aufgaben anfallen und ein Gesamtüberblick über diesen Zeitraum eine zuverlässige Leistungsbewertung ermöglicht. Im übrigen ist es ein einleuchtendes pädagogisches Anliegen, einen kontinuierlichen Unterricht für die Schüler zu gewährleisten und möglichst einen Lehrerwechsel während des Schuljahres zu vermeiden. Dabei handelt es sich um kein Drittinteresse, das nicht zu berücksichtigen wäre, sondern um das Eigeninteresse des beklagten Landes an einem möglichst wirksamen Unterricht (BAGE 40, 177, 181 f. = AP Nr. 70 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu III 2 c aa der Gründe).
2. Der Auffassung des Klägers, daß § 5 BAT die Dauer befristeter Probearbeitsverhältnisse auf sechs Monate beschränke und wegen Überschreitung dieser Höchstfrist ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestehe, kann nicht gefolgt werden.
a) Im Urteil vom 12. Februar 1981 (- 2 AZR 1108/78 - AP Nr. 1 zu § 5 BAT, zu B IV 2 a der Gründe) hat das Bundesarbeitsgericht offengelassen, ob § 5 BAT "hinsichtlich der Dauer der Erprobungszeit für beide Vertragsparteien eine an sich zulässige abschließende Regelung im Sinne einer Höchstbefristung enthält". Das Landesarbeitsgericht hat diese Frage zu Recht verneint (ebenso Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann/Pühler, BAT, Stand Juli 1994, § 5 Erl. 11; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Stand Mai 1994, § 5 Erl. 7; Crisolli/Ramdohr/Sieber/Meid, BAT, Stand August 1994, § 5 Erl. 7 a und Anlage 2y Erl. 9).
§ 5 BAT befaßt sich ausschließlich mit der Dauer einer vorgeschalteten Probezeit, enthält jedoch keine Regelungen zum befristeten Probearbeitsverhältnis. Befristungen zum Zwecke der Erprobung werden weder ausgeschlossen noch eingeschränkt. Die Anforderungen an befristete Arbeitsverträge einschließlich der Befristungsdauer sind in den SR 2y BAT und der Protokollnotiz zu Nr. 1 SR 2y BAT geregelt. Nach Nr. 2 der Protokollnotiz zu Nr. 1 SR 2y BAT ist der Abschluß eines Zeitvertrages für die Dauer von mehr als fünf Jahren unzulässig. Mit Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten können Zeitverträge bis zu einer Dauer von sieben Jahren geschlossen werden, wenn sie zum Facharzt weitergebildet werden. Die für befristete Arbeitsverhältnisse geschaffenen tariflichen Sonderregelungen sehen aber keine besondere Höchstdauer der zu Erprobungszwecken geschlossenen Zeitverträge vor.
b) Im übrigen geht § 5 BAT nach Wortlaut und Systematik davon aus, daß der Angestellte nach Ablauf der Probezeit in einem Arbeitsverhältnis weiterbeschäftigt wird und die Erprobung dementsprechend dazu dient, seine Eignung für die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu prüfen. § 5 BAT befaßt sich nicht mit einer Erprobung, die dazu dient festzustellen, ob eine Ernennung zum Beamten möglich ist. Es ist auch nicht zu beanstanden, sondern entspricht sachgerechten Grundsätzen des öffentlichen Dienstes, wenn das beklagte Land die Tätigkeit eines Lehrers an öffentlichen Schulen grundsätzlich nur Beamten überträgt (BAGE 32, 274, 279 = AP Nr. 56 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu III 2 der Gründe).
VI. Da es für die Wirksamkeit der Befristung auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ankommt (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. u. a. BAGE GS 10, 65, 74 f. = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu D der Gründe; BAGE 44, 107, 111 = AP Nr. 77 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu III 2 b der Gründe; BAG Urteil vom 6. Juni 1984 - 7 AZR 458/82 - AP Nr. 83 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu III 3 der Gründe; BAG Urteil vom 11. Dezember 1991 - 7 AZR 170/91 - AP Nr. 145 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 2 der Gründe; BAG Urteil vom 25. November 1992 - 7 AZR 191/92 - AP Nr. 150 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 2 der Gründe; BAG Urteil vom 31. März 1993 - 7 AZR 536/92 -, n.v., zu II der Gründe), ist es unerheblich, ob sich der Kläger bewährt oder nicht bewährt hat. Von der Beantwortung dieser Frage hängt es ab, ob der Kläger aufgrund der ihm erteilten Zusage die Übernahme in das Beamtenverhältnis fordern kann. Ein Anspruch hierauf, der nach Abschluß des vom Kläger angestrengten Vorverfahrens vor den Verwaltungsgerichten eingeklagt werden müßte, ist nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens.
VII. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Dr. Weller Dr. Steckhan Kremhelmer
Metzinger Wilke
Fundstellen
BB 1994, 2500 |
EBE/BAG 1994, 190-192 (LT1-2) |
NZA 1995, 1212 |
RzK, I 9c Nr 23 (LT1-2) |
ZAP, EN-Nr 212/95 (L) |
ZTR 1995, 166-168 (LT1-2) |
AP § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag (LT1-2), Nr 163 |
EzA-SD 1994, Nr 25, 8-11 (LT1-2) |
EzA § 620 BGB, Nr 127 (LT1-2) |
EzBAT, SR 2y BAT Nr 17 (LT1-2) |