Entscheidungsstichwort (Thema)
unterlassene Konkursantragstellung
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 16.09.1999) |
Tenor
I. Die Revision der Staatsanwaltschaft München I gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 16. September 1999 wird als unbegründet verworfen.
II. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen. Die dem Angeklagten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
Gründe
Die Revision der Staatsanwaltschaft München I ist auf Antrag der Staatsanwaltschaft bei dem Bayerischen Obersten Landesgericht als unbegründet zu verwerfen (Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 349 Rn. 8), denn die Nachprüfung des Urteils aufgrund der auf den Vorwurf der Konkursverschleppung nach § 84 Abs. 1 Nr. 2, § 64 Abs. 1 GmbHG beschränkten Revision der Staatsanwaltschaft München I hat keine Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Die Verpflichtung des GmbH-Geschäftsführers, mit dem (Eigen-)Konkursantrag die in § 104 KO aufgeführten Antragsunterlagen, nämlich ein Gläubiger- und Schuldnerverzeichnis sowie eine Übersicht über die Vermögensmasse der GmbH einzureichen, ist eine selbständige, von der Pflicht zur Stellung des Konkursantrages unabhängige konkursrechtliche Verpflichtung (OLG Frankfurt GmbH-Rdsch. 1977, 279; Scholz/Tiedemann GmbHG 8. Aufl. § 84 Rn. 76; Lutter/Hommelhoff GmbHG 15. Aufl. § 84 Rn. 2; wohl a. A. Schaal in Erbs/Kohlhaas Strafrechtliche Nebengesetze Stand November 1999 GmbHG § 84 Rn. 22 unter Berufung auf Hey/Regel Kriminalistik 1999, 258, 261). Diese Verpflichtung hat das Konkursgericht im Eröffnungsverfahren gemäß §§ 102 ff. KO in eigenverantwortlicher Zuständigkeit gegenüber dem GmbH-Geschäftsführer zum Schutz der GmbH-Gläubiger durchzusetzen (§ 101 Abs. 2 KO). Weder dem Wortlaut noch dem Sinn der Vorschrift des § 104 KO, die gleichfalls den Interessen der GmbH-Gläubiger dient, läßt sich entnehmen, daß der Konkursantrag als unzulässig zurückzuweisen wäre, wenn diese Verzeichnisse nicht von der GmbH durch ihren Geschäftsführer vorgelegt werden (Jaeger KO 8. Aufl. § 104 Rn. 2; Kuhn/Uhlenbruck KO 11. Aufl. § 104 Rn. 6; Hess KO 5. Aufl. § 104 Rn. 5).
Nach der nunmehr geltenden Insolvenzordnung ist mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 13 Abs. 1 InsO) durch den GmbH-Geschäftsführer die Einreichung der Schuldner- und Gläubigerverzeichnisse sowie eine Übersicht der Vermögensmasse der GmbH nicht mehr ausdrücklich vorgeschrieben (HK/Kirchhof InsO § 13 Rn. 5). Dennoch ist davon auszugehen, daß der Schuldner dem Antrag die notwendigen Unterlagen beizufügen hat, aus denen sich das Vorliegen eines Insolvenzgrundes ergibt (Kubier/Prütting/Pape InsO Stand Nov. 1999 § 13 Rn. 11). Das Konkursgericht hat in Erfüllung seiner Amtsermittlungspflicht (§ 5 Abs. 1 Satz 1 InsO) die entsprechenden Auskünfte, nämlich die Vorlage des Gläubiger- und Schuldnerverzeichnisses sowie der Übersicht über die Vermögensmasse der GmbH durch den Geschäftsführer nach § 20 InsO i.V.m. §§ 97, 98, 101 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 InsO durchzusetzen (HK/Kirchhof § 13 Rn. 5; Smid InsO § 20 Rn. 16; Nerlich/Römermann/Mönning InsO Stand Januar 1999 § 20 Rn. 6; Kübler/Prütting/Pape a.a.O. a.M. FK/Schmerbach Inso § 14 Rn. 93). Daher genügt auch nach dem neuen Insolvenzrecht im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft (§ 64 Abs. 1 GmbHG) die bloße (rechtzeitige) Antragstellung durch den GmbH-Geschäftsführer zur Vermeidung einer strafbaren Pflichtverletzung nach § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG.
Der Straftatbestand des § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG fordert vom Geschäftsführer lediglich die rechtzeitige Antragstellung. Er enthält in sich seine vollständige Strafnorm, die nicht – wie bei einem Blankettstrafgesetz – der Ergänzung durch Vorschriften der KO oder der InsO bedarf. Allein der Umstand, daß ein bloßer Konkursantrag dem Gericht noch nicht die Möglichkeit eröffnet, über das Vorliegen eines Konkurs-(Insolvenz-)grundes zu entscheiden, kann nicht dazu führen, daß der Antrag i.S. des § 84 GmbHG als nicht gestellt behandelt werden kann. Andernfalls ergäben sich auch ernsthafte Zweifel im Hinblick auf das Gebot gesetzlicher Bestimmtheit der Strafbarkeit (vgl. hierzu BGHSt 37, 266/272).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 StPO.
Unterschriften
Jaggy, Kaliebe, Frisch
Fundstellen
Haufe-Index 1697258 |
BB 2000, 314 |
DB 2000, 1505 |
DStZ 2000, 615 |
GmbH-StB 2000, 211 |
EWiR 2001, 71 |
KTS 2000, 601 |
NStZ 2000, 595 |
ZAP 2000, 1003 |
ZIP 2000, 1220 |
wistra 2000, 315 |
NZI 2001, 50 |
NZI 2001, 98 |
ZInsO 2000, 465 |
GmbHR 2000, 672 |
StV 2000, 501 |