Rz. 9

Ein MU ist ungeachtet der weiteren Befreiungsmöglichkeiten der §§ 290 Abs. 5, 291, 292 HGB dann von der Pflicht, einen Konzernabschluss und einen Konzernlagebericht aufzustellen, befreit, wenn von den drei in § 293 Abs. 1 HGB genannten Größenkriterien am Abschlussstichtag seines Jahresabschlusses und am vorhergehenden Abschlussstichtag mind. zwei nicht überschritten werden. Die einer Befreiung zugrunde zu legenden Kriterien müssen dabei nicht über den Zeitverlauf hinweg identisch sein.[1] Auch besteht keine Pflicht zur Beibehaltung der Ermittlungsmethode. Eine Bindung an das Stetigkeitsgebot besteht somit nicht.[2] Zur Ermittlung der Größenkriterien können entweder die Einzelabschlüsse aller in den Konzernabschluss einzubeziehenden TU addiert (Bruttomethode gem. § 293 Abs. 1 Nr. 1 HGB) oder ein vollständig konsolidierter Konzernabschluss, quasi als Probeabschluss, aufgestellt werden (Nettomethode gem. § 293 Abs. 1 Nr. 2 HGB). Dieses Wahlrecht soll insb. in Grenzfällen Unsicherheiten in Bezug auf eine Erstellungspflicht vermeiden.[3]

 

Rz. 10

Bei Anwendung der Bruttomethode ist der Abschlussstichtag des MU und bei Anwendung der Nettomethode infolge der Regelung des § 299 Abs. 1 HGB der fiktive einheitliche Abschlussstichtag des Konzerns maßgebend für die Bemessung der Schwellenwerte. Dies kann bei Anwendung der Bruttomethode zu Problemen führen, wenn die Abschlussstichtage der TU von jenem des MU abweichen. In diesen Fällen sind Schätzungen vorzunehmen.[4]

 

Rz. 11

Im Einzelnen ergeben sich gem. § 293 Abs. 1 HGB die in Tab. 1 dargestellten Wertgrenzen (Altwerte in Klammern).

 
  Bruttomethode Nettomethode
  § 293 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB § 293 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB
Bilanzsumme

30.000.000 EUR

(24.000.000 EUR)

25.000.000 EUR

(20.000.000 EUR)
Umsatzerlöse

60.000.000 EUR

(48.000.000 EUR)

50.000.000 EUR

(40.000.000 EUR)
Arbeitnehmerzahl 250 250

Tab. 1: Wertgrenzen für die größenklassenabhängige Befreiung (Altwerte in Klammern).

 

Rz. 12

 

Praxis-Beispiel[5]

Sachverhalt

Die Nudel GmbH als MU hält 100 % der Anteile an der Spaghetti GmbH. Am 1.4.t1 erwirbt die Nudel GmbH zudem 100 % der Anteile an der Spirelli GmbH. Ein Unterschiedsbetrag zwischen dem Buchwert der Beteiligungen beim MU und den EK-Ausweisen bestand beim Erwerb nicht. Lieferungs- und Leistungsbeziehungen zwischen den Unt sind nicht existent. Keines der Unt ist kapitalmarktorientiert i. S. d. § 264d HGB, von öffentlichem Interesse und weder in Form eines Kreditinstituts noch eines VersicherungsUnt organisiert. Die Beschäftigtenzahlen sind in den jeweiligen Jahren jeweils über alle Quartale hinweg konstant. Für die Gj t0–t6 liegen die folgenden (Plan-)Zahlen vor, wobei es sich bei den Umsatzerlösen lediglich um solche aus dem Verkauf von für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit typischen Waren handelt (im Laufe des Beispiels folgt eine Erweiterung hinsichtlich der Umsatzkomponenten):

Der Neueintritt der Spirelli GmbH in den KonsKreis ist i. R. d. Prüfung auf Befreiung von der Konzernrechnungslegungspflicht zu berücksichtigen. Die Umsatzerlöse sind als zeitraumbezogene Größe nur zeitanteilig zu berücksichtigen. Der Erwerbszeitpunkt der Spirelli GmbH (1.4.t1) definiert dabei den Anrechnungszeitraum. Die Bilanzsumme als zeitpunktbezogene Größe ist vollumfänglich zu berücksichtigen. Die Anzahl der Arbeitnehmer stellt ebenfalls eine zeitraumbezogene Größe dar. Hier wird jedoch gem. § 293 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. c) bzw. Nr. 2 lit. c) HGB auf den Jahresdurchschnitt abgestellt, weshalb keine Anpassung erfolgt (Rz 13 f.).[6] Für das Jahr t1 ergeben sich infolge der Änderung des KonsKreises durch Eintritt der Spirelli GmbH in diesen zum 1.4. die folgenden Werte:

 
Spirelli GmbH (Mio. EUR/Anzahl) t1 gesamt t1 ab April
Bilanzsumme 6 6
Umsatzerlöse 14 10,5
Arbeitnehmer 72 72
Quartalsgenaue Umrechnung der Werte der Spirelli GmbH für t1

Beurteilung

Konzernrechnungslegungspflicht bei Anwendung der Grenzwerte nach dem Zweiten Gesetz zur Änderung des DWD-Gesetzes sowie zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften

Es ergibt sich die nachfolgend dargestellte Beurteilung hinsichtlich der Pflicht zur Erstellung eines Konzernabschlusses.

 
Mio. EUR/Anzahl/Einordnung t0 t1* t2 t3 t4 t5 t6
Bruttomethode
Bilanzsumme 9 29 31 30 35 32 32
Umsatzerlöse 17 46,5 51 61 61 57 57
Arbeitnehmer 100 242 240 251 250 267 267
Grenzwerte eingehalten Ja Ja Ja Nein Nein Nein Nein
Rechtsfolge unbekannt befreit befreit befreit nicht befreit nicht befreit nicht befreit
Nettomethode
Bilanzsumme 5 21 23 22 27 24 24
Umsatzerlöse 17 46,5 51 61 61 57 57
Arbeitnehmer 100 242 240 251 250 267 267
Grenzwerte eingehalten Ja Ja Ja Nein Nein Nein Nein
Rechtsfolge unbekannt befreit befreit befreit nicht befreit nicht befreit nicht befreit

* Die hier angegebenen Werte für t1 beziehen sich auf das gesamte Jahr.

In t0 werden nach beiden Methoden drei der drei Grenzwerte für die Befreiung von der Konzernrechnungslegungspflicht eingehalten, sodass die Voraussetzungen für eine Befreiung zunächst erfüllt sind. Hinsichtlich der Rechtsfol...

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