PD Dr. Markus Philipp Kreipl, Prof. Dr. Stefan Müller
Rz. 16
Aus der Vorschrift des Art. 67 Abs. 1 Satz 1 EGHGB sowie den entsprechenden, im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens entstandenen Begründungen nicht klar hervorgehend und auch im Schrifttum bis dato nicht abschließend diskutiert, ist die Berücksichtigung von zukünftigen Änderungen bzw. Schwankungen von Anzahl und Höhe der Pensionsverpflichtungen.
Rz. 17
Unstrittig ist dabei der Fall von vorliegenden Wertsteigerungen bei den Pensionsverpflichtungen aufgrund von Neuzusagen, einem Anstieg der Trendberücksichtigungs-Prämissen (Lohn- und Gehaltssteigerungen, Karrieretrend, Rentensteigerungen) oder einer Abnahme des Durchschnittsabzinsungssatzes. Entsprechende Verpflichtungsmehrungen resultieren in der erfolgswirksamen Erfassung als ordentlicher Aufwand zum Entstehungszeitpunkt und bedingen keine Korrektur des Unterschiedsbetrags.
Rz. 18
In Fällen regulär sinkender Pensionsverpflichtungen in den Folgejahren – z. B. infolge von fluktuationsbedingt verfallenden Ansprüchen, einer erheblichen Abnahme der Trendannahmen oder steigenden (Durchschnitts-)Abzinsungssätzen – geht eine Anwendung der gestreckten Zuführungsverteilung jedoch aufgrund einer Realisation von Gewinnen bei direkt gegenüberstehenden schwebenden Verpflichtungen mit einer Durchbrechung der GoB einher und ist u. E. nach zu unterlassen. Es ist entweder eine differenzierte Betrachtung vorzunehmen und die Verpflichtung individualisiert anzupassen, d. h. Korrektur des Unterschiedsbetrags durch individuell verfallene Ansprüche, oder bei gesetzlich erlaubter Gesamtbetrachtung ohne differenzierte Informationen ist vor der erfolgswirksamen Erfassung als Ertrag aus der Auflösung von Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen entsprechend eine Korrektur des Unterschiedsbetrags erforderlich.
Rz. 19
Von dieser (Folge-)Bewertungsproblematik im Kontext des Art. 67 Abs. 1 Satz 1 EGHGB sind laufende Pensionen oder Anwartschaften auf eine Pension im Fall unmittelbarer Zusagen gem. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 EGHGB abzugrenzen. Eine Bildung von Rückstellungen i. S. d. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB muss nicht vorgenommen werden, sofern der Rechtsanspruch vor dem 1.1.1987 erworben wurde, respektive eine Erhöhung dieser Altzusagen stattfindet. In Bezug auf mittelbare Verpflichtungen sowie für ähnliche unmittelbare oder mittelbare Verpflichtungen ist eine Rückstellungsbildung gem. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 EGHGB ebenfalls an ein Ansatzwahlrecht gekoppelt. Daraus ergibt sich, dass Veränderungen aufgrund nach Art. 28 Abs. 1 EGHGB nicht angesetzten Pensionsverpflichtungen auch zu späteren Zeitpunkten keine Bilanzwirkungen aus der (nicht erfolgten) Rückstellungsbilanzierung entfalten können.
Rz. 20
Im Zug der Behandlung regulär sinkender Pensionsverpflichtungen in den Folgejahren bei bestehendem Unterschiedsbetrag und einer gestreckten Zuführungsverteilung mittels Korrektur des Unterschiedsbetrags bestehen somit grds. drei Konzepte, wobei die zentrale Frage ist, ob Rückgänge der Verpflichtung voll-, teilweise oder zunächst nicht erfolgswirksam trotz bestehendem Unterschiedsbetrags zu erfassen sind:
- Erfolgserfassung nebst Korrektur des Unterschiedsbetrags ohne Differenzierung,
- Erfolgserfassung nebst Korrektur des auf die verfallenen Ansprüche lautenden Unterschiedsbetrags (hierfür sind jedoch differenzierte Informationen nötig)
- Erfolgserfassung ohne Korrektur des Unterschiedsbetrags.
Zur Verdeutlichung der Unterschiede kann Abb. 1 dienen, in der die Auswirkungen der drei Bilanzierungskonzepte an einem stark vereinfachten Beispiel dargestellt sind.
Auswirkungen unterschiedlicher Bilanzierungskonzepte zur Erfassung von Verpflichtungsrückgängen bei bestehenden Unterschiedsbeträgen
Abb. 1: Bilanzierungskonzepte zur Erfassung von Verpflichtungsrückgängen bei bestehenden Unterschiedsbeträgen
Rz. 21
Konzept 1 sieht vor, zunächst den Unterschiedsbetrag aus der noch nicht erfolgten Anpassung der Bewertung an die Vorschriften des BilMoG zu verrechnen, bevor erfolgswirksam Erträge aus der Auflösung von Pensionsrückstellungen erfasst werden – unabhängig davon, ob diese aus Prämissenänderungen oder aus dem Verfall von Ansprüchen resultieren. Beim zweiten Bilanzierungskonzept wird der Unterschiedsbetrag individuell für die einzelnen Arbeitnehmer ermittelt und auch in den Folgejahren hinsichtlich der planmäßigen Auflösung sowie ggf. der Prämissenanpassung (zumindest gedanklich) fortgeführt. Die Korrektur beschränkt sich auf jenen Teil des Unterschiedsbetrags, der dem untergangsbedingten Rückgang der Pensionsverpflichtung – ggf. zudem beschränkt auf gravierende Bestandsveränderungen – zuzuordnen ist. Ob sich die Pensionsverpflichtung jedoch aufgrund von gesunkenen Versorgungsverpflichtungen bzw. gravierenden Bestandsveränderungen oder sonstigen Prämissenänderungen verändert, kann u. E. keine unterschiedliche Qualifikation und Bilanzierung rechtfertigen. Vor allem mit Blick auf mehrere Folgejahre wird es zudem kaum bzw. nur mit großem Aufwand möglich sein, die Unterschiedsbeträge bei Prämissenänderungen indi...