BMF, Schreiben v. 12.8.2002, IV A 6 - S 2175 - 7/02, BStBl I 2002, 793
Bezug: BMF vom 12.6.2002, IV A 6 – S 2175 – 7/02
Verbindlichkeiten sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 erster Halbsatz Einkommensteuergesetz (EStG) unter sinngemäßer Anwendung der Regelungen in § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzusetzen. Bei der Bewertung von Verbindlichkeiten, die Kursschwankungen unterliegen (z.B. Fremdwährungsverbindlichkeiten), gilt nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes:
Zu Fragen der Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG und der Voraussetzungen einer dauernden Wertminderung im Zusammenhang mit Aktivvermögen nimmt das BMF-Schreiben vom 25.2.2000 (BStBl 2000 I S. 372 ff.) Stellung. Unter Berücksichtigung der in diesem Schreiben aufgestellten Grundsätze für die Bewertung von Wirtschaftsgütern sind Verbindlichkeiten wie folgt zu bewerten:
1. Grundsätze
Verbindlichkeiten sind mit ihrem Rückzahlungsbetrag anzusetzen § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 253 Abs. 1 Satz 2 Handelsgesetzbuch – HGB –). Ist die Höhe der Rückzahlungsverpflichtung von einem bestimmten Kurswert abhängig (z.B. Fremdwährungsverbindlichkeiten), ist grundsätzlich der Wert zum Zeitpunkt des Entstehens der Verbindlichkeit maßgebend (bei Fremdwährungsverbindlichkeiten der entsprechende Wechselkurs). Nur unter der Voraussetzung einer voraussichtlich dauernden Erhöhung des Kurswertes kann an den nachfolgenden Bilanzstichtagen der höhere Wert angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1i.V.m. Nr. 2 Satz 2 EStG).
Eine voraussichtlich dauernde Erhöhung des Kurswertes einer Verbindlichkeit liegt nur bei einer nachhaltigen Erhöhung des Wechselkurses gegenüber dem Kurs bei Entstehung der Verbindlichkeit vor. Die Änderung ist voraussichtlich nachhaltig, wenn der Steuerpflichtige hiermit aus der Sicht des Bilanzstichtages aufgrund objektiver Anzeichen ernsthaft rechnen muss. Aus Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns müssen mehr Gründe für als gegen eine Nachhaltigkeit sprechen.
Auf den Devisenmärkten übliche Wechselkursschwankungen berechtigen nicht zu einem höheren Ansatz der Verbindlichkeit.
2. Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs
Ist nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls eine Verbindlichkeit dem laufenden Geschäftsverkehr zuzuordnen und somit nicht dazu bestimmt, das Betriebskapital auf Dauer zu verstärken, kommt dem Zeitpunkt der Tilgung oder Entnahme der Verbindlichkeit für die Bestimmung einer voraussichtlich dauernden Werterhöhung eine besondere Bedeutung zu.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 31.10.1990, BStBl 1991 II S. 471) ist der Begriff „Verbindlichkeit des laufenden Geschäftsverkehrs” durch folgende Merkmale gekennzeichnet:
- Ihr Entstehen hängt wirtschaftlich eng mit einzelnen bestimmbaren, nach Art des Betriebs immer wiederkehrenden und nicht die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens betreffenden laufenden Geschäftsvorfällen zusammen.
- Dieser Zusammenhang bleibt bis zur Tilgung der Verbindlichkeit erhalten.
- Die Verbindlichkeit wird innerhalb der nach Art des laufenden Geschäftsvorfalls allgemein üblichen Frist getilgt.
Hält eine Wechselkurserhöhung im Zusammenhang mit einer Verbindlichkeit des laufenden Geschäftsverkehrs bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Handelsbilanz oder dem vorangegangenen Tilgungs- oder Entnahmezeitpunkt an, ist davon auszugehen, dass die Werterhöhung voraussichtlich von Dauer ist. Soweit keine Handelsbilanz aufzustellen ist, ist der Zeitpunkt der Aufstellung der Steuerbilanz maßgebend. Zusätzliche Erkenntnisse bis zu diesen Zeitpunkten sind zu berücksichtigen. Allgemeine Entwicklungen, z.B. Wechselkursschwankungen auf den Devisenmärkten, sind zusätzliche Erkenntnisse und als solche in die Beurteilung einer voraussichtlich dauernden Werterhöhung einer Verbindlichkeit zum Bilanzstichtag einzubeziehen.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 erster Halbsatz
Fundstellen
BStBl I, 2002, 793