Entscheidungsstichwort (Thema)
Einem Schreib- oder Rechenfehler ähnliche offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 107 FGO
Leitsatz (NV)
1. Eine einem Schreib- oder Rechenfehler ähnliche offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 107 FGO liegt nicht vor, wenn auch nur die Möglichkeit eines Rechtsirrtums besteht. Eine solche Möglichkeit besteht, wenn das FG §§ 16, 17 BerlinFG zutreffend anwenden wollte, möglicherweise aber die in § 17 Abs. 6 BerlinFG vorgesehene Begrenzung des Ermäßigungsbetrags übersehen hat.
2. In einem Beschwerdeverfahren, das einen Berichtigungsbeschluß nach § 107 FGO betrifft, ist über die Kosten zu entscheiden.
Normenkette
FGO § 107
Gründe
Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berichtigungsbeschlusses.
Die Voraussetzungen für eine Berichtigung gemäß § 107 Abs. 1 FGO liegen nicht vor. Danach sind Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil jederzeit, auch noch nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils, zu berichtigen. Eine solche Berichtigung kann sich auch auf den Tenor und die Gründe erstrecken.
Eine einem Schreib- oder Rechenfehler ähnliche offenbare Unrichtigkeit i. S. des § 107 FGO liegt nicht vor.
Eine solche offenbare Unrichtigkeit setzt ein dem Schreib- oder Rechenfehler gleichwertiges und daher mechanisches Versehen voraus, das ohne weitere Prüfung erkannt und korrigiert werden kann (so zu der gleichlautenden Vorschrift des § 129 der Abgabenordnung - AO 1977 - BFH-Urteil vom 29. März 1985 VI R 140/81, bFHE 144, 118, BStBl II 1985, 569 m. w. N.). Diese Erfordernisse sind u. a. dann nicht erfüllt, wenn auch nur die Möglichkeit eines Fehlers in der Rechtsanwendung besteht (BFH-Urteil vom 28. November 1985 IV R 178/83, BFHE 145, 226, BStBl II 1986, 293 m. w. N.; Gräber / von Groll, Finanzgerichtsordnung, § 107 Rdnr. 4).
Im Streitfall ist die Möglichkeit eines Rechenirrtums nicht ausgeschlossen. Das FG hat es versäumt, die Rechtsvorschrift des § 17 Abs. 6 BerlinFG anzuwenden. Nach dieser Vorschrift ist der Ermäßigungsbetrag auf die Hälfte der regulär festzusetzenden Einkommensteuer zu begrenzen. Das FG hat den im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1986 und in der Anlage zur Einspruchsentscheidung angesetzten Abzugsbetrag von 6500 DM schlicht übernommen, offenbar ohne zu bedenken, daß der Betrag sich durch die Minderung der regulären Einkommensteuerschuld gleichfalls vermindern mußte. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß die gesetzlich vorgesehene Begrenzung nicht in den Gerichtsakten des FG getreten ist. Das FG mag den Willen gehabt haben, die einschlägigen Rechtsvorschriften zutreffend anzuwenden. Das schließt indes nicht aus, daß es dieses Ziel durch unvollständige rechtliche Überlegungen nicht erreicht hat. So können die Verhältnisse im Streitfall liegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
In einem Beschwerdeverfahren, das einen Berichtigungsbeschluß nach § 107 FGO betrifft, ist über die Kosten zu entscheiden. Kostenfreiheit besteht nur im zur Instanz gehörenden Berichtigungsverfahren (BFH-Beschlüsse vom 22. Januar 1976 I B 50/75 - NV -; vom 16. Juni 1982 VII B 24/82 - NV -).
Fundstellen
Haufe-Index 423057 |
BFH/NV 1992, 120 |