Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Entnahme landwirtschaftlicher Grundstücke durch unzutreffende Steuererklärungen und entsprechende Veranlagungen
Leitsatz (NV)
1. Will der Erbe ein zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen des Erblassers gehörendes verpachtetes Grundstück entnehmen, bedarf es einer unmissverständlichen, von einem entsprechenden Entnahmewillen getragenen Entnahmehandlung, wozu grundsätzlich auch die Erklärung eines etwaigen Entnahmegewinns gehört.
2. Die objektiv falsche Zuordnung der Einkünfte zu der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung ist in der Regel weder subjektiv als Entnahmehandlung gemeint noch objektiv entsprechend zu verstehen. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn langjährig unzutreffende Steuererklärungen eingereicht und die Veranlagungen entsprechend durchgeführt wurden.
Normenkette
AO § 176 Abs. 1 S. 1 Nr. 3; EStG § 4 Abs. 1 Sätze 1-2, § 13a Abs. 6 Nr. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (Urteil vom 13.07.2006; Aktenzeichen 8 K 254/03) |
Gründe
Die Beschwerde ist --bei erheblichen Bedenken, ob die Darlegung des geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügt-- jedenfalls nicht begründet. Die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kommt nicht in Betracht, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
1. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) machen mit der Beschwerde geltend,
a) es sei von grundsätzlicher Bedeutung, dass sich der Bundesfinanzhof (BFH) noch einmal zu seiner ständigen Rechtsprechung äußere, dass die Deklaration von Einkünften in einer Steuererklärung keinerlei Bedeutung für die Frage habe, ob landwirtschaftliches Betriebs- oder Privatvermögen vorliege, wenn es sich um einen Fall der Verpachtung vor dem 1. Juli 1970 handele.
b) Grundsätzliche Bedeutung habe auch die Frage, inwieweit es möglich sei, dass eine Finanzbehörde einen Sachverhalt aufgrund später ergangener, geänderter BFH-Rechtsprechung abweichend von bestehenden Verwaltungsanweisungen sowie der bis dahin ergangenen BFH-Rechtsprechung beurteile.
c) Schließlich sei auch die Frage von grundsätzlicher Bedeutung, wie ein buchführender Betrieb, der aus einem Erbfall Grundstücke des notwendigen Betriebsvermögens und darüber hinaus verpachtete Grundstücke erhalte, gegenüber dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) dokumentieren könne, dass er verpachtete Grundstücke nicht dem Betriebsvermögen zuordnen möchte.
2. Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den BFH aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei soll es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handeln, die klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig sein muss (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 2. Dezember 2005 IV B 62/04, BFH/NV 2006, 543, unter 1. der Gründe; Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N.).
Ein im allgemeinen Interesse liegendes Bedürfnis nach Klärung einer Rechtsfrage ist gegeben, wenn sich diese Frage nicht ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt, wenn sie nicht bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt ist oder wenn neue Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen, sodass Unsicherheit in der Beantwortung der Rechtsfrage besteht (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Januar 2004 IV B 135/01, BFH/NV 2004, 783; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 28).
3. Die von den Klägern vorgetragenen Rechtsfragen sind danach nicht klärungsbedürftig.
a) Die aus dem oben unter 1. a wiedergegebenen Vortrag der Kläger zu entnehmende Frage ist hinreichend geklärt.
aa) Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass bisher landwirtschaftlich genutzte Grundstücke bei einer Nutzungsänderung, durch die sie nicht zu notwendigem Privatvermögen werden, ohne ausdrückliche Entnahmehandlung landwirtschaftliches Betriebsvermögen bleiben, auch wenn der Landwirt seinen Gewinn nach § 13a des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt (vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 5. Juli 2006 IV B 91/05, BFH/NV 2006, 2245, und vom 27. August 2004 IV B 173/03, BFH/NV 2005, 334, m.w.N.). Es bedarf einer unmissverständlichen, von einem entsprechenden Entnahmewillen getragenen Entnahmehandlung. Dazu muss der Steuerpflichtige die sich aus einer Entnahme ergebenden Folgerungen ziehen und --wie vom EStG in § 13a Abs. 6 Nr. 2 (früher § 13a Abs. 8 Nr. 4) sowie in § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG gefordert-- den Gewinn aus der Entnahme von Grund und Boden erklären (Senatsurteil vom 7. Februar 2002 IV R 32/01, BFH/NV 2002, 1135, unter 3. der Gründe). Eine Erklärung der Einkünfte als solche aus Vermietung und Verpachtung genügt grundsätzlich nicht, weil es sich dabei nicht um eine unmissverständliche Kundgabe eines Entnahmewillens, sondern ggf. um eine objektiv unrichtige Einkommensteuererklärung handelt (Senatsurteil in BFH/NV 2002, 1135).
bb) Diesen Grundsätzen entspricht das Urteil des Finanzgerichts (FG), wie die Kläger selbst vorgetragen haben. Gesichtspunkte, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen könnten, ergeben sich aus der Beschwerde nicht. Zwar trifft es zu, dass sich weder die Steuerpflichtigen noch die Finanzbehörden oder die Gerichte über die gesetzlichen Vorgaben für die Zurechnung von Einkünften hinwegsetzen dürfen. Eine objektiv falsche Zuordnung der Einkünfte ist in der Regel jedoch weder subjektiv als Entnahmehandlung gemeint noch objektiv entsprechend zu verstehen. Daran ändert auch die langjährig wiederholte Einreichung unzutreffender Steuererklärungen nichts (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2006, 2245). Denn die Wiederholung bezieht sich lediglich auf die Folgen der unzutreffend angenommenen Entnahme, nicht auf diese selbst. Die Veranlagung durch das FA kann daran schon deshalb nichts ändern, weil eine Entnahmehandlung nur durch den Steuerpflichtigen, nicht durch das FA vorgenommen werden kann.
b) Mit dem oben unter 1. b wiedergegebenen Vorbringen haben die Kläger keine klärungsbedürftige Rechtsfrage in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Form dargelegt. Denn die Voraussetzungen für den Vertrauensschutz bei der Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden ergeben sich aus § 176 der Abgabenordnung (AO) sowie der Rechtsprechung und den Verwaltungsanweisungen dazu. Es ist überdies höchstrichterlich geklärt, dass Vertrauensschutz in die bisherige Rechtsprechung und Verwaltungspraxis bei Erlass eines Erstbescheids nach § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO nicht besteht (u.a. BFH-Urteil vom 19. März 2002 VIII R 57/99, BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662, unter II. B. 5. c der Gründe, m.w.N.). Damit hat sich die Beschwerde auch nicht ansatzweise auseinander gesetzt.
c) Die Frage oben unter 1. c ist weder klärungsbedürftig noch klärungsfähig. An der Klärungsfähigkeit fehlt es bereits deshalb, weil im vorliegenden Rechtsstreit nur über den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt zu entscheiden ist; auf etwaige Handlungsalternativen kommt es insoweit nicht an. Im Übrigen sind die Voraussetzungen einer Entnahme hinreichend geklärt (siehe oben unter 3. a aa). Will der Erbe ein zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen des Erblassers gehörendes verpachtetes Grundstück entnehmen, bedarf es danach einer unmissverständlichen, von einem entsprechenden Entnahmewillen getragenen Entnahmehandlung, wozu grundsätzlich auch die Erklärung eines etwaigen Entnahmegewinns gehört; das gilt unabhängig davon, ob der Erbe bereits einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb unterhält und ob er für diesen Betrieb bilanziert.
4. Im Übrigen wenden sich die Kläger im Stil einer Revisionsbegründung gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung und die vom FG vorgenommene Einzelfallwürdigung. Das reicht zur ordnungsgemäßen Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes jedoch nicht aus (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 7. September 2005 IV B 67/04, BFH/NV 2006, 234, unter 1. a der Gründe).
Fundstellen
Haufe-Index 1802894 |
BFH/NV 2007, 2088 |