Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Werden Spielautomaten in Gemeinden außerhalb des Orts der Geschäftsleitung unterhalten, so rechtfertigt der Umstand, daß in den auswärtigen Gemeinden kein Arbeitslohn anfällt, in der Regel keine von § 29 Abs. 1 Ziff. 2 GewStG abweichende Zerlegung nach § 33 GewStG.
Normenkette
GewStG §§ 28, 29 Abs. 1 Ziff. 2; StAnpG § 16 Abs. 1; GewStG § 33
Tatbestand
Die Steuerpflichtige stellt Spielautomaten in Gaststätten auf. Die Automaten befanden sich im Jahre 1958 außer in der Gemeinde X, dem Ort der Geschäftsleitung der Steuerpflichtigen, in etwa 20 weiteren Gemeinden, darunter auch in der Stadt Y. Die Automaten wurden technisch und kaufmännisch vom Ort der Geschäftsleitung aus betreut, so daß in den übrigen Betriebstätten keine Arbeitslöhne gezahlt wurden. Das Finanzamt wies deshalb den Gewerbesteuermeßbetrag 1958 gemäß § 29 Abs. 1 Ziff. 2 GewStG voll der Geschäftsleitungsgemeinde zu. Den Antrag der Bfin. auf Zerlegung nach § 33 Abs. 1 GewStG, der sich auf den Beschluß des Bundesfinanzhofs IV B 341/57 vom 28. August 1958, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Gewerbesteuergesetz, § 29, Rechtsspruch 8, bezog, lehnte das Finanzamt ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wies die Oberfinanzdirektion als unbegründet zurück. Die Vorschrift des § 33 Abs. 1 GewStG sei nach den grundlegenden Beschlüssen des Bundesfinanzhofs I B 49/58 U vom 13. Mai 1958, BStBl 1958 III S. 379, Slg. Bd. 67 S. 275, und I B 47/59 vom 12. Juli 1960, BStBl 1960 III S. 386, Slg. Bd. 71 S. 363, nur in Ausnahmefällen anzuwenden, in denen der Gemeinde durch die Betriebstätte wesentliche Lasten entstehen. Diese Voraussetzung habe die Bfin. aber nicht nachgewiesen. Andererseits komme dem gemeindlichen Steueraufkommen zugute, daß sich durch die Automatenaufstellung der Gewinn der Gastwirte erhöhe.
Mit der weiteren Beschwerde wird beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das Finanzamt zurückzuverweisen, damit dieses die Zerlegung nach einem anderen Maßstab, etwa je zur Hälfte nach den Betriebseinnahmen und den Arbeitslöhnen vornehme.
Entscheidungsgründe
Die weitere Beschwerde ist nicht begründet.
Die Beteiligten gehen zutreffend davon aus, daß durch die Aufstellung von Spielautomaten in einer Gaststätte nach § 16 Abs. 1 StAnpG eine Betriebstätte im Sinne der Steuergesetze errichtet wird (Beschluß des Bundesfinanzhofs IV B 164/64 U vom 16. September 1964, BStBl 1965 III S. 69, Slg. Bd. 81 S. 195), der Gewerbesteuermeßbetrag der Steuerpflichtigen deshalb zu zerlegen ist (ß 28 GewStG) und als Regelmaßstab für die Zerlegung das Verhältnis der gezahlten Arbeitslöhne in Betracht kommt (ß 29 Abs. 1 Ziff. 2 GewStG).
Die Vorbehörden haben zu Recht angenommen, daß bei den Betriebstätten der Steuerpflichtigen in der beschwerdeführenden Gemeinde kein Arbeitslohn angefallen ist. Beschäftigt ist ein Arbeitnehmer im allgemeinen bei der Betriebstätte, in der seine Tätigkeit ihren Mittelpunkt hat, d. h. in der er sie im wesentlichen ausübt (Beschluß des Bundesfinanzhofs I B 151/60 vom 21. März 1961, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Gewerbesteuergesetz, § 29, Rechtsspruch 12). Ein bloßer wirtschaftlicher Zusammenhang der Tätigkeit eines Arbeitnehmers mit einer Betriebstätte, wie er durch gelegentliche und kurzfristige Arbeitsverrichtungen an der Betriebstätte begründet wird, genügt nicht, um ihn bei dieser Betriebstätte als beschäftigt im Sinne der Zerlegungsvorschriften anzusehen (Beschluß des Reichsfinanzhofs I 169/39 vom 28. Oktober 1939, RStBl 1940 S. 445). Nach dem Akteninhalt hat die Steuerpflichtige zum Arbeitseinsatz der im Jahre 1958 beschäftigten vier Arbeitnehmer unbestritten erklärt, diese seien täglich in der Werkstatt am Ort der Geschäftsleitung zum Arbeitsantritt erschienen und dort mit Werkstattarbeiten (Reparaturen usw.) beschäftigt worden. Meldeten Gastwirte Störungen, seien die Arbeitnehmer von der Werkstatt aus eingesetzt worden, um die Spielapparate an Ort und Stelle zu untersuchen und kleine Störungen sofort zu beseitigen oder die schadhaften Apparate gegen gebrauchsfähige auszuwechseln. Das Kassieren und Abrechnen bei den Gastwirten hätten im wesentlichen die Steuerpflichtige und ihr Ehemann besorgt. Daraus ergibt sich, daß sich der Mittelpunkt der Tätigkeit der Arbeitnehmer am Ort der Geschäftsleitung befand. Die Tätigkeit blieb auch dann mit dieser Betriebstätte wesentlich verknüpft, wenn sie zwischendurch in den einzelnen auswärtigen Betriebstätten ausgeübt wurde. Sie stand zwar in einem gewissen wirtschaftlichen Zusammenhang mit den auswärtigen Betriebstätten, der jedoch für die Vornahme einer Zerlegung nicht ausreichte. Der abweichenden Ansicht der Bfin. kann nicht gefolgt werden. Da somit im Bereich der Bfin. keine Arbeitslöhne für die Arbeitnehmer der Steuerpflichtigen anfielen, war der Bfin. nach § 29 Abs. 1 Ziff. 2 GewStG kein Zerlegungsanteil zuzuweisen.
Die Vorbehörden haben auch zu Recht abgelehnt, eine Zerlegung nach § 33 Abs. 1 GewStG vorzunehmen. Eine Zerlegung nach dieser Vorschrift ist nur in besonderen Ausnahmefällen statthaft, in denen das unbillige Ergebnis bei der Zerlegung nach dem Regelmaßstab ein erhebliches Gewicht besitzt und mit Rücksicht auf die der Gemeinde erwachsenden wesentlichen Lasten offensichtlich ist (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs I B 49/58 U, a. a. O., und I B 47/59 S, a. a. O.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Die Tatsache allein, daß die Bfin. an dem Gewerbeertrag der Steuerpflichtigen mangels angefallener Arbeitslöhne nicht teilnimmt, rechtfertigt keine Zerlegung nach § 33 Abs. 1 GewStG (Beschluß des Bundesfinanzhofs I B 47/59 S, a. a. O.). Vom Regelfall abweichende Umstände, wonach ihr durch die Aufstellung der Spielautomaten besondere wesentliche Lasten entstünden, hat die Bfin. aber nicht dargelegt und sind nicht ersichtlich.
Die Vorentscheidung hat noch darauf hingewiesen, das die Bfin. immerhin mittelbar aus der Aufstellung der Spielautomaten auch Nutzungen gezogen habe, soweit nämlich die Spielautomaten zu erhöhten Gewinnen der Gastwirte geführt haben. Ob dieser Hinweis beachtlich ist, kann indessen dahingestellt bleiben, weil es darauf im Streitfall nicht ankommt.
Die Vorentscheidung ist danach nicht zu beanstanden. Daß andere Finanzämter im Widerspruch zur Rechtslage der Bfin. Zerlegungsanteile wegen der Aufstellung von Spielautomaten zugewiesen haben, wie die Bfin. vorgetragen hat, ist kein Grund, auch im Streitfall gesetzwidrig zu verfahren.
Fundstellen
Haufe-Index 411787 |
BStBl III 1965, 668 |
BFHE 1966, 468 |
BFHE 83, 468 |