Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitnahe Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse; Prozeßkostenvorschuß bei Getrenntleben
Leitsatz (NV)
1. Zur Frage der hinreichenden Aussicht einer Klage.
2. Gibt ein Prozeßbeteiligter an, wegen Krankheit zur Tragung von Prozeßkosten nicht im Stande zu sein, muß die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zeitnah sein.
3. Prozeßkostenhilfe kann nicht bewilligt werden, wenn der Steuerpflichtige einen Anspruch auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses gegen seinen getrenntlebenden Ehegatten hat (§ 1360 a Abs. 4 i. V. m. § 1361 Abs. 4 BGB).
Normenkette
FGO § 142; ZPO §§ 114, 117 Abs. 4; BGB § 1360a Abs. 4, § 1361 Abs. 4; EStG § 7 Abs. 1, 4, § 12 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) war seit 1976 bis zum 18. Juli 1986 in A niedergelassener Rechtsanwalt und Notar. Er ist verheiratet. Seine Ehefrau lebt nunmehr getrennt von ihm. Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1979 und 1980 gaben die Eheleute nicht ab. Im Jahr 1982 wurde beim Kläger eine Außenprüfung durchgeführt. Der Beklagte (das Finanzamt - FA - ) folgte den Feststellungen des Berichts und erließ entsprechende Einkommensteuerbescheide.
Im Einspruchsverfahren machte der Kläger u. a. geltend: Die zusätzlichen Herstellungskosten für das von seiner Ehefrau im Jahr 1978 angeschaffte Zweifamilienhaus seien höher als vom FA berücksichtigt; außerdem sei für das aus einem ehemaligen Stallgebäude hergerichtete Bürogebäude von einer Nutzungsdauer von nur sieben Jahren auszugehen. Der Einspruch hatte insoweit keinen Erfolg.
Dagegen erhob der Kläger Klage, die unter dem Az. . . . noch beim Finanzgericht (FG) anhängig ist.
Den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe und Beiordnung seines Prozeßbevollmächtigten lehnte das FG ab, weil die beabsichtigte Durchführung des Klageverfahrens keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Klägers. Er macht geltend: Das FG sei von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen. Er habe für sein Büro keine Küchenmöbel beschafft, sondern Büromöbel. Es handle sich mithin um Betriebsausgaben. Das FA habe auch die Absetzungen für Abnutzung (AfA) unzutreffend berechnet. Er habe das Bürogebäude nur 25 Jahre nutzen wollen; es sei daher mit jährlich 4 % abzuschreiben. Für die Nutzung der eigenen Wohnung in dem Zweifamilienhaus sei allenfalls der Ansatz eines Mietwertes von . . . DM bis . . . DM jährlich berechtigt.
Das FA ist diesen Ausführungen entgegengetreten.
Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält ein Prozeßbeteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozeßkostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dem Antrag sind u. a. eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen; hierfür muß sich die Partei der amtlichen Vordrucke bedienen (§ 142 Abs. 1 FGO i. V m. § 117 Abs. 4 ZPO).
1. Die Klage bietet bei der gebotenen summarischen Prüfung (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. März 1986 III B 5-6/86, BFHE 146, 223, BStBl II 1986, 526) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
a) Soweit der Kläger begehrt, die Aufwendungen für Büromöbel und Gardinen als Betriebsausgaben abzusetzen, läßt er außer acht, daß das FA die im Einspruchsverfahren geltend gemachten Anschaffungskosten für die Büroeinrichtung in Höhe von . . . DM entsprechend dem Antrag des Klägers gemäß § 7 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf vier Jahre abgeschrieben und eine jährliche AfA in Höhe von . . . DM angesetzt hat. Im übrigen macht das FA zu Recht darauf aufmerksam, daß Aufwendungen für privatgenutzte Gardinen, Küchenmöbel etc. zu den privaten Lebenshaltungskosten i. S. von § 12 Nr. 1 EStG gehören.
b) Soweit der Kläger hinsichtlich der AfA für das Bürogebäude geltend macht, er habe beabsichtigt, dieses 25 Jahre zu nutzen, ist dies gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 1 EStG in der für den Streitfall gültigen Fassung unerheblich. Zu Recht hat das FG darauf abgestellt, daß hier die objektive Lebensdauer des Gebäudes maßgebend ist.
c) Soweit der Kläger schließlich - und zwar erstmals mit der Beschwerde - vorbringt, der vom FA angesetzte Mietwert der eigengenutzten Wohnung im Zweifamilienhaus sei zu hoch, ist dieser Einwand nicht erfolgversprechend. Denn zutreffend hat das FA - vom Antragsteller unwidersprochen - darauf aufmerksam gemacht, daß der angesetzte Mietwert von . . . DM pro Jahr bei einer Wohnfläche von 144 qm hier angemessen sei. Tatsächlich war das Gebäude zuvor mit erheblichem Aufwand umgebaut und modernisiert worden. Im übrigen kommt hinzu, daß das FA mit dem Kläger ursprünglich hinsichtlich der Prüfungsfeststellungen bei der Außenprüfung im Jahr 1982 Übereinstimmung erzielt hatte.
2. Unabhängig davon hat die Beschwerde auch deshalb keinen Erfolg, weil die vom Kläger dem FG eingereichte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die eingereichten Belege in einem wesentlichen Punkte unvollständig sind. Sie reichen zur Glaubhaftmachung nicht aus.
Zwar hat der Kläger der Antragsschrift vom 12. Mai 1987 eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt. Er gibt darin lediglich - unter Bezug auf eine beigefügte Kopie eines Schreibens der . . . vom 28. November 1986 - an, selbst Krankengeld von täglich . . . DM zu beziehen. Außerdem ist vermerkt, der Ehegatte beziehe Sozialhilfe. Auch wenn es zutrifft, daß das Hausgrundstück der Ehefrau im Jahr 1986 zwangsversteigert worden ist, genügen diese Angaben und Unterlagen in Verbindung mit dem ausgefüllten Vordruck zur Glaubhaftmachung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht. Diese Erklärung datiert nämlich vom 10. Dezember 1986. Es läßt sich daraus nicht erkennen, ob der Kläger auch noch im Zeitpunkt der Antragstellung, erst recht im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde, also fast zwei Jahre später, noch krank und außerstande ist, die Kosten des Rechtsstreits ganz oder teilweise zu tragen. Denn nur eine zeitnahe Erklärung über die maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse kann Grundlage für die jetzt zu treffende Entscheidung sein (Beschlüsse des BFH vom 27. Juni 1985 I S 7/85, BFH / NV 1986, 484; vom 18. März 1986 VII B 33/85, BFH / NV 1987, 143, 146, und vom 17. November 1987 II B 120/87, NV). Insbesondere dann, wenn ein Prozeßbeteiligter angibt, wegen Krankheit zur Tragung von Prozeßkosten nicht im Stande zu sein, muß die Erklärung auf dem neuesten Stand sein. Der Kläger hat auch nicht unter Bezugnahme auf die vorgelegte Erklärung vom 10. Dezember 1986 versichert, die Verhältnisse seien unverändert (vgl. BFH-Beschluß vom 5. November 1986 IV S 7/86, BFHE 148, 13, BStBl II 1987, 62, und vom 27. November 1987 VI S 3/87, BFH / NV 1988, 265, 266).
Hinzu kommt, daß der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe hat, wenn er selbst die zur Prozeßführung erforderlichen Mittel zwar nicht besitzt, aber sie sich in zumutbarer Weise innerhalb angemessener Frist, z. B. durch die Inanspruchnahme eines Prozeßkostenvorschusses, beschaffen kann (BFH-Beschluß vom 10. Februar 1988 IV B 132/85, BFH / NV 1988, 592 m. w. N.).
Im Streitfall besteht auch kein Anlaß, den anwaltlich vertretenen Kläger auf die Unvollständigkeit seines Antrags hinzuweisen (vgl. zur Hinweispflicht BFH-Beschluß vom 17. März 1987 VII B 152/86, BFH / NV 1987, 733, 735). Für ein bloßes Versehen bestehen nach der Auffassung des Senats im Hinblick auf das Alter der beim FG eingereichten Erklärung sowie wegen des Fehlens einer Versicherung, die Verhältnisse seien unverändert, keine Anhaltspunkte.
Fundstellen
Haufe-Index 416152 |
BFH/NV 1989, 724 |