Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerblicher Grundstückshandel: Widerlegung des Erwerbs in bedingter Veräußerungsabsicht
Leitsatz (NV)
- Die Tatsache, dass ein Steuerpflichtiger mehr als drei Objekte gekauft oder errichtet und in engem zeitlichen Zusammenhang wieder veräußert hat, zwingt nach den Regeln der Lebenserfahrung mangels eindeutiger gegenteiliger objektiver Anhaltspunkte grundsätzlich zu der Schlussfolgerung, dass bereits im Zeitpunkt des Ankaufs oder der Errichtung zumindest eine bedingte Wiederverkaufsabsicht bestanden hat (Bestätigung der st. Rechtsprechung).
- Einzelne Geschäfte eines gewerblichen Grundstückshandels werden nicht deshalb zu Geschäften einer privaten Vermögensverwaltung, weil sie vom Steuerpflichtigen aus einer finanziellen Notlage heraus oder wegen drohender Vollstreckungsmaßnahmen vorgenommen werden.
Normenkette
EStG § 15; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Gründe
Es kann offen bleiben, ob die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die grundsätzliche Bedeutung der Sache ordnungsgemäß dargelegt haben. Die Beschwerde ist jedenfalls nicht begründet. Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, ob und inwieweit ein auf einer wirtschaftlichen Notsituation beruhender Zwangsverkauf geeignet ist, die Vermutung eines Erwerbs in bedingter Veräußerungsabsicht ―als Tatbestandsmerkmal des gewerblichen Grundstückshandels― zu widerlegen, hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Denn die Frage ist durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geklärt.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH zu den Tatbestandsvoraussetzungen einer gewerblichen Betätigung im Bereich des Grundstückshandels zwingt die Tatsache, dass ein Veräußerer mehr als drei Objekte gekauft oder errichtet und in engem zeitlichen Zusammenhang wieder veräußert hat, nach den Regeln der Lebenserfahrung mangels eindeutiger gegenteiliger objektiver Anhaltspunkte grundsätzlich zu der Schlussfolgerung, dass bereits im Zeitpunkt des Ankaufs oder der Errichtung zumindest eine bedingte Wiederverkaufsabsicht bestanden hat (vgl. BFH-Urteil vom 29. Oktober 1998 XI R 58/97, BFH/NV 1999, 766, m.w.N.). Ein enger zeitlicher Zusammenhang wird in aller Regel angenommen, wenn die Zeitspanne zwischen Errichtung und Verkauf der Objekte nicht mehr als fünf Jahre beträgt. Werden innerhalb dieses Zeitraums mindestens vier Objekte veräußert, liegt gewerblicher Grundstückshandel vor. Eine bedingte Veräußerungsabsicht ist auch dann nicht ausgeschlossen, wenn das Grundstück vom Veräußerer zunächst vermietet worden ist (BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 766, m.w.N.).
Ist nach den genannten Grundsätzen die Annahme einer bedingten Veräußerungsabsicht gerechtfertigt und daher von dem Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen eines gewerblichen Grundstückshandels auszugehen, kommt dem konkreten Anlass oder Beweggrund für den Verkauf grundsätzlich keine weitere Bedeutung zu. Die ständige Rechtsprechung geht davon aus, dass der unmittelbare Anlass einer Veräußerung nicht geeignet ist, den Erwerb in bedingter Veräußerungsabsicht zu widerlegen. Denn die konkreten Anlässe und Beweggründe für den Verkauf sagen im Allgemeinen nichts darüber aus, ob der Steuerpflichtige nicht auch aus anderen Gründen zum Verkauf bereit gewesen wäre und insofern von Anfang an eine zumindest bedingte Veräußerungsabsicht bestanden hat (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 766, m.w.N., ständige Rechtsprechung).
2. Die Beschwerdebegründung trägt keine Aspekte vor, die dafür sprächen, dass die Veräußerung wegen eines drohenden "persönlichen Konkurses" eine von der bisherigen Rechtsprechung abweichende Beurteilung rechtfertigen würde.
Der Kläger, von Beruf Architekt, hat neben den Grundstücksgeschäften des Streitfalls noch andere Grundstücksgeschäfte betrieben, die teilweise unstreitig gewerblichen Grundstückshandel bildeten. In diesen gewerblichen Grundstückshandel sind nach der angegriffenen Entscheidung des Finanzgerichts (FG) die Grundstücksgeschäfte des Streitfalls im Zusammenhang mit noch weiteren Grundstücksgeschäften des Klägers einzubeziehen. Einzelne Geschäfte eines solchen im Zusammenhang zu sehenden gewerblichen Grundstückshandels werden nicht schon deshalb zu Geschäften einer privaten Vermögensverwaltung, weil sie etwa wegen drohender Vollstreckungsmaßnahmen oder wegen einer sonstigen finanziellen Notsituation erfolgen. Selbst wenn also die Behauptung der Kläger über die finanzielle Notlage zuträfe, würde dies noch nichts darüber aussagen, dass die Kläger bei den Grundstücken, um die es im Streitfall geht, nicht ebenso wie bei den anderen Geschäften des von ihnen betriebenen gewerblichen Grundstückshandels auch aus anderen Motiven heraus zum Verkauf bereit gewesen wären und daher von Anfang an eine wenigstens bedingte Verkaufsabsicht hatten.
3. Im Übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanz-hofs vom 17. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2447, BStBl I 2000, 3) ohne Angabe weiterer Gründe.
Fundstellen
Haufe-Index 426490 |
BFH/NV 2000, 1340 |