Entscheidungsstichwort (Thema)
Erinnerung gegen Kostenrechnung mit Antrag auf Aussetzung des Verfahrens und Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Erinnerung
Leitsatz (NV)
1. Parallelverfahren vor dem BVerfG zur Höhe des Streitwerts sowie der Kostenfestsetzung im Verfahren wegen des Halbteilungsgrundsatzes bei Gewerbesteuermessbeträgen sind für den Kostenansatz nach Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht vorgreiflich.
2. Der Streitwert richtet sich nach den gestellten Anträgen, wie sie sich aus dem finanzgerichtlichen Urteil ergeben.
3. Ist die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen, kommt eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Erinnerung nicht mehr in Betracht.
Normenkette
FGO §§ 74, 108; GKG § 9 Abs. 2 Nr. 1
Tatbestand
I. Die Klägerin, Beschwerdeführerin und Erinnerungsführerin (Erinnerungsführerin) hatte Klage gegen den Gewerbesteuermessbescheid 1997 erhoben. Diese war darauf gestützt, dass der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) solange mit einer Einspruchsentscheidung hätte zuwarten müssen, bis das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) über ein einschlägiges Verfahren entschieden hätte. Hilfsweise hatte die Erinnerungsführerin beantragt, die Verhandlung gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auszusetzen. Der Sache nach hielt die Erinnerungsführerin die Gewerbesteuermessbescheide wegen Verstoßes gegen den sog. Halbteilungsgrundsatz für rechtswidrig. Sie beantragte, die Einspruchsentscheidung aufzuheben, hilfsweise den Gewerbesteuermessbetrag 1997 unter Berücksichtigung des Halbteilungsgrundsatzes neu festzusetzen. Im Rahmen der Klage wurde vorgetragen, dass die zugrunde liegenden gewerblichen Einkünfte (161 611 DM) mit einer darauf entfallenden Einkommensteuer gemäß § 32c des Einkommensteuergesetzes (EStG) von 75 957,54 DM sowie der Gewerbesteuer von 19 655 DM belastet seien.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab, ohne die Revision zuzulassen.
Daraufhin erhob die Erinnerungsführerin Nichtzulassungsbeschwerde, welche der beschließende Senat als unbegründet zurückwies.
Mit Kostenrechnung vom 29. März 2006 setzte die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) Gerichtskosten in Höhe von 362 € fest. Dabei nahm sie einen Streitwert von 8 333 € an. Sie ging von dem im Bescheid vom 8. Juni 2001 angesetzten Gewerbesteuermessbetrag von 5 315 DM aus, der zu einer Gewerbesteuer von 19 655 DM führt. Entsprechend dem genannten Klagevortrag stellte sie eine Belastung der gewerblichen Einkünfte von 161 611 DM mit darauf entfallender Einkommensteuer sowie Gewerbesteuer von 59,17 % von 161 611 DM fest. Den Antrag auf Festsetzung entsprechend dem Halbteilungsgrundsatz behandelte sie derart, dass eine maximale Steuerbelastung von 50 % der Einkünfte, d.h. 80 805,50 DM beantragt wurde. Als Streitwert ergab sich die Differenz zwischen der geltend gemachten tatsächlichen Steuerbelastung (95 622,54 DM) abzüglich der beantragten Steuerbelastung (80 805,50 DM), d.h. 14 807,04 DM. Der Hilfsantrag auf isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung wurde mit 10 % der streitigen Steuer (10 % von 14 807,04 DM = 1 480,70 DM) berücksichtigt. Insgesamt ergab sich so ein Streitwert von 16 298 DM, d.h. 8 333 €.
Dem lag die Darstellung der Anträge im finanzgerichtlichen Urteil zugrunde (S. 6 des finanzgerichtlichen Urteils: Erster Hilfsantrag auf Aufhebung der Einspruchsentscheidung, zweiter Hilfsantrag auf Aussetzung nach § 74 FGO).
Die Erinnerungsführerin trägt vor, dass der zitierte vermeintliche Antrag im Klageverfahren zu keinem Zeitpunkt gestellt worden sei. Laut Kopie der im Erinnerungsverfahren überreichten Klageschrift vom 11. Januar 2001 sei unter Antrag 2 der erste Hilfsantrag gestellt worden, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung und Änderung des Gewerbesteuermessbescheids den Gewerbesteuermessbetrag 1997 unter Berücksichtigung des Halbteilungsgrundsatzes neu festzusetzen. Eine zahlenmäßige Bezifferung sei ersichtlich nicht erfolgt. Das FG habe im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden. Es sei kein weiterer Antrag gestellt worden und deshalb die Darstellung des FG im angefochtenen Urteil unzutreffend. Maßgeblich seien die tatsächlich gestellten Anträge und nicht die verfälschten Darstellungen des FG.
Die Streitwertfestsetzung sei unzutreffend. Die Berücksichtigung des Halbteilungsgrundsatzes sei dergestalt beantragt worden, dass eine anteilige Herabsetzung in Bezug auf sämtliche vom Steuerpflichtigen erhobenen Steuern und Abgaben erfolge. Vor dem BVerfG seien die Verfassungsbeschwerden 1 BvR 663/06 und 1 BvR 509/06 anhängig, die die Höhe des Streitwerts sowie die Kostenfestsetzung in Verfahren wegen des Halbteilungsgrundsatzes bei Gewerbesteuermessbeträgen zum Gegenstand hätten, da gegen den Beschluss des BFH vom 24. Januar 2005 VIII B 38/05 Verfassungsbeschwerde erhoben wurde (BVerfG 1 BvR 684/06), ebenso hinsichtlich des Parallelverfahrens VIII B 37/05 (BVerfG 1 BvR 685/06), werde das BVerfG auch über die Kostenentscheidung zu befinden haben.
Die Erinnerungsführerin beantragt,
- die aufschiebende Wirkung der Erinnerung anzuordnen,
- das Verfahren auszusetzen (§ 74 FGO).
Der Vertreter der Staatskasse (Erinnerungsgegner) beantragt,
die Erinnerung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Erinnerung ist nicht begründet.
1. Das Verfahren ist nicht nach § 74 FGO auszusetzen.
Parallelverfahren vor dem BVerfG, die die Höhe des Streitwerts sowie die Kostenfestsetzung im Verfahren wegen des Halbteilungsgrundsatzes bei Gewerbesteuermessbeträgen zum Gegenstand haben, sind für den Kostenansatz nach Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht vorgreiflich (vgl. BFH-Beschlüsse vom 24. Juli 2006 VIII E 5/06, BFH/NV 2006, 2267; vom 14. Oktober 2005 IV E 1/05, BFH/NV 2006, 561). Maßgeblich ist allein, dass im Beschluss über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde eine unbedingte Kostenentscheidung ergangen ist und damit die Gerichtskosten fällig geworden sind (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes --GKG--).
2. Die Berechnung der Kosten in der angefochtenen Kostenrechnung ist nicht zu beanstanden. Sie beruht auf einer zutreffenden Ermittlung des Streitwerts. Der Streitwert richtet sich nach den gestellten Anträgen. Maßgebend sind die Anträge, wie sie sich aus dem finanzgerichtlichen Urteil ergeben. Die Anträge zählen zum Tatbestand (BFH-Beschluss vom 29. August 2003 III B 105/02, BFH/NV 2004, 178; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 108 Rz 3). Soweit sich die Erinnerungsführerin gegen eine unzutreffende Darstellung der Anträge im Tatbestand des ohne mündliche Verhandlung ergangenen Urteils wendet, hätte sie dies als Verfahrensrüge im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geltend machen müssen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 178, unter II.1. der Gründe, m.w.N.).
3. Bei dieser Sachlage war auf den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Erinnerung nicht weiter einzugehen. Da die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen ist, kommt eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Erinnerung nicht mehr in Betracht (BFH-Beschluss vom 25. Oktober 2005 IX S 17/05, BFH/NV 2006, 342).
4. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG n.F.).
Fundstellen
Haufe-Index 1696399 |
BFH/NV 2007, 736 |