Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässige Richterablehnung; Art und Weise der Gewährung von Akteneinsicht; keine Aussetzung des Verfahrens wegen Musterprozeß vor BFH; unschädlicher falscher Klagegegenstand im Rubrum des Urteils; Unbeachtlichkeit eines Verstoßes gegen den Inhalt der Akten; mißbräuchliche Untätigkeitsklage
Leitsatz (NV)
1. Die Berechtigung der Ablehnung von Richtern, die gemäß § 130 FGO an dem Nichtabhilfebeschluß über eine Nichtzulassungsbeschwerde mitgewirkt haben, kann vom BFH bei der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde nicht überprüft werden.
2. Die Rüge, durch die Verbindung mehrerer Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung sei das rechtliche Gehör verletzt worden, kann nicht im Wege der Richterablehnung, sondern nur mit Rechtsmitteln gegen die in den Verfahren getroffenen Entscheidungen geltend gemacht werden.
3. Beantragt ein Prozeßbevollmächtigter im Klageverfahren Akteneinsicht beim nächstgelegenen Amtsgericht, so handelt das FG nicht ermessensfehlerhaft, wenn es die Versendung der Akten ablehnt, weil bei bevorstehender mündlicher Verhandlung eine rechtzeitige Rücksendung der Akten nicht mehr gewährleistet ist.
4. Wird die Akteneinsicht beim FG unter zeitlichen Umständen gewährt, die eine Akteneinsicht durch den Prozeßbevollmächtigten vor der mündlichen Verhandlung praktisch nicht mehr erlauben, so liegt darin keine Verletzung des rechtlichen Gehörs, wenn der Prozeßbevollmächtigte die zeitlichen Umstände zu vertreten hat.
5. Ein Klageverfahren ist nicht wegen eines beim BFH anhängigen Musterverfahrens auszusetzen.
6. Eine falsche Bezeichnung des Klagegegenstandes im Rubrum des Urteils ist eine bedeutungslose offenbare Unrichtigkeit, wenn sich der richtige Klagegegenstand eindeutig aus den Entscheidungsgründen des Urteils ergibt.
7. Die berechtigte Rüge eines Verstoßes gegen den klaren Inhalt der Akten kann einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, wenn sich das angegriffene Urteil aus anderen Gründen als richtig erweist.
8. Eine Untätigkeitsklage gemäß § 46 Abs. 1 FGO (Anfechtungsklage ohne abgeschlossenes Vorverfahren) ist mißbräuchlich und daher unzulässig, wenn sie zu einem Zeitpunkt erhoben wird, zu dem wegen eines anhängigen Musterverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht weder die Rechtsbehelfsbehörde noch das FG eine Entscheidung in der Sache treffen können.
9. Eine mißbräuchlich erhobene Untätigkeitsklage kann nicht in die Zulässigkeit hineinwachsen.
Normenkette
AO 1977 § 363; FGO § 46 Abs. 1, §§ 51, 74, 78, 115 Abs. 2-3, § 126 Abs. 4, §§ 130, 155; ZPO § 227
Tatbestand
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erhoben Einspruch gegen den Bescheid über Lohnsteuer-Jahresausgleich für das Streitjahr (1989) vom 31. August 1990. Der unter dem Datum des 20. September 1990 eingelegte Einspruch wurde u.a. damit begründet, daß der Grundfreibetrag und der Kinderfreibetrag aus verfassungsrechtlichen Gründen zu niedrig seien. Außerdem richtete sich der Einspruch gegen die nach Auffassung der Kläger nicht ordnungsgemäße Adressierung des Bescheides an die Kläger zu Hd. des Prozeßbevollmächtigten.
Die Kläger baten in der Einspruchsschrift, im Fall der Nichtstattgabe ihrer Einsprüche umgehend eine rechtsbehelfsfähige Entscheidung zu fällen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) teilte daraufhin den Klägern mit Schreiben vom 2. Oktober 1990 mit, daß eine Einspruchsentscheidung zur Zeit nicht möglich sei. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe entschieden, daß die Kinderfreibeträge für die Jahre 1983 bis 1985 zu niedrig seien. Es sei noch nicht absehbar, ob und in welcher Form der Gesetzgeber die Kinderfreibeträge neu regele. Sobald der Gesetzgeber eine Regelung getroffen habe, werde das Einspruchsverfahren fortgeführt. Über den Einspruch ist noch nicht entschieden.
Mit Schriftsatz vom 10. Juni 1991 erhoben die Kläger Untätigkeitsklage gemäß § 46 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das Finanzgericht (FG) lud zur mündlichen Verhandlung auf den 30. September 1991. Die Ladung wurde dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger am 31. August 1991 zugestellt und ihm lt. Postzustellungsurkunde persönlich übergeben.
In einem Schreiben vom 6. September 1991, das am 23. September 1991 beim FG einging, beantragte der Prozeßbevollmächtigte der Kläger Akteneinsicht beim FA oder bei dem Amtsgericht . . . für die Zeit nach dem 26. September 1991. Der Vorsitzende des FG teilte dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger daraufhin mit Schreiben vom 24. September 1991 mit, daß eine Versendung der Akten wegen des bevorstehenden Termins zur mündlichen Verhandlung nicht erfolgen könne. Er stellte dem Prozeßbevollmächtigten anheim, die gewünschte Akteneinsicht am 27. September 1991 in der Geschäftsstelle des FG vorzunehmen. Der Prozeßbevollmächtigte der Kläger nahm die Möglichkeit der Akteneinsicht nicht wahr. Er behauptete, das Schreiben über die Gewährung der Akteneinsicht erst am 28. September 1991 erhalten zu haben.
Mit dem Antrag auf Akteneinsicht hatte der Prozeßbevollmächtigte der Kläger zugleich den Antrag verbunden, den Termin zur mündlichen Verhandlung am 30. September 1991 aufzuheben, weil die beantragte Akteneinsicht zwischen seinem Urlaubsende am 26. September 1991 und dem Verhandlungstag am 30. September 1991 aus organisatorischen Gründen kaum möglich sei. Diesen Antrag lehnte der Senatsvorsitzende des FG mit Entscheidung vom 24. September 1991 mit der Begründung ab, dem Prozeßbevollmächtigten sei bereits mit Schreiben vom 30. Juli 1991 vor Antritt seines Jahresurlaubs mitgeteilt worden, daß am 30. September 1991 mündliche Verhandlungen über mehrere der von ihm eingereichten zahlreichen Untätigkeitsklagen vorgesehen seien. Wenn er trotzdem keine organisatorischen Vorbereitungen getroffen habe, um die Akten in den dann später tatsächlich auf den 30. September 1991 anberaumten Sachen rechtzeitig einsehen zu können, so sei dies von ihm zu vertreten.
In der dann am 30. September 1991 durchgeführten mündlichen Verhandlung verband das FG das Klageverfahren der Kläger mit 22 Untätigkeitsklagen anderer Steuerpflichtiger, in denen jeweils ebenfalls der Prozeßbevollmächtigte der Kläger auftrat, zur gemeinsamen Verhandlung. Der Prozeßbevollmächtigte der Kläger erklärte sich mit dieser Verbindung der Verfahren nicht einverstanden.
Er lehnte sodann in der mündlichen Verhandlung den Vorsitzenden des FG aufgrund der Umstände der Ladung, der Art und Weise der Gewährung der Akteneinsicht sowie der Ablehnung der Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Das FG, in der geschäftsplanmäßigen Besetzung ohne den abgelehnten Vorsitzenden, wies das Ablehnungsgesuch nach einer Sitzungsunterbrechung zurück. Die Beschwerde gegen diese Zurückweisung hat der erkennende Senat mit Beschluß vom heutigen Tage zurückgewiesen.
Nach Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs gegen den Vorsitzenden des FG lehnte der Prozeßbevollmächtigte namens der Kläger die gesamte Richterbank des FG einschließlich der ehrenamtlichen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Er begründete die Ablehnung damit, daß am Verhandlungstag in der Zeit von 10.20 Uhr bis 12.45 Uhr 29 mündliche Verhandlungen vorgesehen seien. Aus Klägersicht dränge sich der Eindruck auf, daß den Richtern an einer Prüfung der Argumente der Kläger nichts gelegen sei. Das rechtliche Gehör der Kläger solle ,,aus unverständlichen Gründen auf eine Farce herabgewürdigt werden". Die Erfüllung der Pflicht des Gerichts, den Klägern die ihnen notwendige Fürsorge angedeihen zu lassen, sei offensichtlich nicht mehr gewährleistet. Für die Terminierung sei zwar vor allem der Vorsitzende des FG verantwortlich. Die anderen Richter des FG, einschließlich der ehrenamtlichen Richter, hätten aber durch ihre Teilnahme an der mündlichen Verhandlung das Verhalten des Vorsitzenden zumindest stillschweigend gebilligt und damit zu erkennen gegeben, daß sie ebenso wie der Vorsitzende den Klägern Nachteile zufügen wollten.
Das FG verwarf dieses Ablehnungsgesuch in der geschäftsplanmäßigen Besetzung, einschließlich der ehrenamtlichen Richter, als unzulässig und wies, ebenfalls in der geschäftsplanmäßigen Besetzung, die von den Klägern erhobene Untätigkeitsklage als unzulässig ab.
Es vertrat die Auffassung, daß die Ablehnung aller Mitglieder der Richterbank mißbräuchlich gewesen sei und daher unbeachtet bleiben könne. Die Ablehnung zunächst des Vorsitzenden und daran anschließend die unsubstantiierte Unterstellung, daß sich die Beisitzer und ehrenamtlichen Richter durch den Vorsitzenden zum Verstoß gegen ihren Richtereid verleiten ließen, machten deutlich, daß das Ablehnungsgesuch auf sachfremden Erwägungen beruht habe und nicht von einer echten Besorgnis der Befangenheit getragen gewesen sei.
Die Abweisung der Untätigkeitsklage begründete das FG damit, daß die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 46 FGO für eine Untätigkeitsklage nicht gegeben seien. Es liege nämlich ein ausreichender Grund dafür vor, daß das FA über den Einspruch noch nicht entschieden habe. Dieser ausreichende Grund liege darin, daß vor dem BVerfG wegen der Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrages auch für das Streitjahr Verfahren anhängig seien, von deren Ausgang auch die Entscheidung des Streitfalles abhängig sei. Wenn die Tatsache, daß eine Verfassungsbeschwerde anhängig sei, nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die FG verpflichte, anhängige Verfahren gemäß § 74 FGO bis zur Entscheidung des BVerfG auszusetzen (Hinweis auf BFH-Beschluß vom 8. Mai 1991 I B 132, 134/90, BFHE 164, 194, BStBl II 1991, 641), müsse dies erst recht für das FA gelten, das über einen Einspruch zu entscheiden habe. Das FA habe auch keine Teilentscheidung über die anderen mit dem Einspruch aufgeworfenen Rechtsfragen treffen können, über die kein Musterverfahren vor dem BVerfG anhängig sei. Förmliche Teilentscheidungen seien im Gesetz nicht vorgesehen. Sowohl für die von der Klägerseite im Einspruchsverfahren als auch für die im gerichtlichen Verfahren gestellten Anträge bzw. angekündigten Anträge fehle es derzeit an einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage. Entsprechendes gelte für die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Kinderfreibetrages für das Streitjahr.
Der Grund für die Untätigkeit des FA sei dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger auch mitgeteilt worden. Das FA habe mit Schriftsatz vom 2. Oktober 1990 an den Prozeßbevollmächtigten darauf hingewiesen, daß es über den Einspruch wegen der anhängigen Verfassungsbeschwerden und der ungeklärten Rechtslage noch nicht entscheiden könne.
Das FG ließ die Revision nicht zu. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger. Die Kläger stützen die Nichtzulassungsbeschwerde auf Verfahrensmängel, auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und auf eine Abweichung des angegriffenen Urteils von Entscheidungen des BFH.
Verfahrensmängel sehen die Kläger darin, daß die beantragte Akteneinsicht nur auf der Geschäftsstelle des FG ermöglicht worden ist. Außerdem sei die Akteneinsicht unter zeitlichen Umständen ermöglicht worden, die einer Verweigerung der Akteneinsicht gleichkämen. Um eine ordnungsgemäße Akteneinsicht zu gewährleisten, hätte das FG den Termin zur mündlichen Verhandlung am 30. September 1991 aufheben müssen. Durch die Nichtgewährung der Akteneinsicht und die Nichtaufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung sei ihr - der Kläger - Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden.
Zumindest liege ein Verfahrensmangel darin, daß das FG das Verfahren wegen eines beim BFH anhängigen Musterverfahrens nicht ausgesetzt habe. Nach der neueren Rechtsprechung des BFH (Hinweis auf Beschluß in BFHE 164, 194, BStBl II 1991, 641) seien die FG nämlich gemäß § 74 FGO zur Aussetzung des Klageverfahrens verpflichtet, wenn wegen der gleichen Rechtsfrage beim BFH ein Musterverfahren anhängig sei. Ein solches Musterverfahren sei das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren . . . gewesen, das im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung über den Streitfall beim erkennenden Senat anhängig gewesen sei und sich erst später durch Zurücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde erledigt habe. In diesem Verfahren sei es um die gleichen Zulässigkeitsfragen einer Untätigkeitsklage gegangen wie im Streitfall.
Ein weiterer Verfahrensmangel ergibt sich nach Auffassung der Kläger aus einem Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten. Das FG sei nämlich unzutreffend davon ausgegangen, daß das FA in seinem Schreiben vom 2. Oktober 1990 an den Prozeßbevollmächtigten als Grund für seine Untätigkeit die beim BVerfG anhängigen Verfassungsbeschwerden und die ungeklärte Rechtslage genannt habe. Tatsächlich sei in diesem Schreiben an keiner Stelle von anhängigen Verfassungsbeschwerden die Rede. Als unklar werde auch nur die Rechtslage hinsichtlich der Kinderfreibeträge für die Jahre 1983 bis 1985 bezeichnet. Für das Streitjahr (1989) sei die Ansicht der Finanzverwaltung über die Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrages und der Kinderfreibeträge klar.
Ferner machen die Kläger als Verfahrensmangel eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht geltend. Das FG habe lt. Rubrum seiner Entscheidung über ,,Untätigkeit betreffend Einkommensteuer 1989" entschieden. Die Untätigkeitsklage habe aber den Lohnsteuer-Jahresausgleich 1989 betroffen.
Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sehen die Kläger allgemein in der Frage der Zulässigkeit von Untätigkeitsklagen bei anhängigen Musterverfahren vor dem BVerfG. In diesem Zusammenhang müsse im Interesse der Allgemeinheit auch geklärt werden, ob das FA nicht wenigstens verpflichtet gewesen wäre, eine Vorläufigkeitserklärung des Steuerbescheides anzubieten, wenn es über die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrages und des Kinderfreibetrages nicht habe entscheiden wollen. Außerdem sei klärungsbedürftig, ob eine Untätigkeitsklage unzulässig sein könne, wenn das FA den Grund für seine Untätigkeit nicht förmlich mitgeteilt habe. Im Streitfall sei dabei zusätzlich klärungsbedürftig, ob das FA die Zulässigkeit der Untätigkeitsklage durch eine falsche Mitteilung des Grundes ,,aushebeln" könne. Die grundsätzliche Bedeutung der durch den Streitfall aufgeworfenen Fragen habe der BFH bereits mit Beschluß vom 8. Dezember 1971 VIII B 7/67 (BFHE 104, 191) bejaht.
Eine Abweichung des FG-Urteils liegt nach Auffassung der Kläger von den Beschlüssen des BFH vom 22.September 1967 VI B 19/67 (BFHE 90, 274, BStBl II 1968, 61), und vom 13. Mai 1971 V B 61/70 (BFHE 102, 31, BStBl II 1971, 492) vor. In diesen beiden Beschlüssen fordere der BFH stets nach § 46 FGO die Mitteilung des Grundes für die Verzögerung der Einspruchsentscheidung. Dabei müsse es sich um eine eindeutige und präzise Mitteilung handeln. Im Streitfall sei dagegen eine falsche Mitteilung erfolgt. Wenn das FG trotzdem die Untätigkeitsklage als unzulässig abgewiesen habe, sei damit eine Abweichung von den genannten Urteilen des BFH gegeben.
Für die zunächst erforderliche Entscheidung des FG über die Abhilfe der Nichtzulassungsbeschwerde haben die Kläger in der Beschwerdeschrift zugleich die geschäftsplanmäßig zuständigen Richter des FG (Vorsitzender Richter am FG A, Richter am FG B und C) wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Ihr Ablehnungsgesuch haben sie auf einen weiteren Richter des FG (Richter am FG D) erstreckt, der offenbar im Fall des Ausscheidens eines der drei abgelehnten Richter zuständigkeitshalber an dessen Stelle treten sollte.
Zur Begründung ihres Ablehnungsgesuchs berufen sich die Kläger zunächst auf das beim erkennenden Senat anhängig gewesene Verfahren über eine Nichtzulassungsbeschwerde, die ebenfalls gegen die Abweisung einer vergleichbaren Untätigkeitsklage als unzulässig durch das FG gerichtet gewesen war. Der Kläger war an diesem Verfahren nicht beteiligt, sondern sein Prozeßbevollmächtigter war dort für einen anderen Steuerpflichtigen aufgetreten. In bezug auf dieses Verfahren behaupten die Kläger in ihrem Ablehnungsgesuch, die Richter des FG hätten den erkennenden Senat gedrängt, ,,schnellstmöglich eine im Sinne" des FG ,,positive und damit für die Kläger negative Entscheidung" zu fällen.
Weiter begründen die Kläger ihr Ablehnungsgesuch wie schon ihr Ablehnungsgesuch in der mündlichen Verhandlung mit der Anzahl der am Verhandlungstag angesetzten Termine über vergleichbare Untätigkeitsklagen. Ergänzend führen die Kläger aus, daß der Vorsitzende des FG in der Zeit vom 30. September 1991 bis zum 3. Dezember 1991 unter Duldung der beiden anderen Richter 247 Termine zur mündlichen Verhandlung in Parallelsachen von anderen Steuerpflichtigen, aber unter Beteiligung ihres - der Kläger - Prozeßbevollmächtigten, anberaumt habe. Für jeden Termin seien nur etwa fünf Minuten Zeit verblieben.
Außerdem führen die Kläger als Grund für ihr Ablehnungsgesuch wie bei der Ablehnung des Vorsitzenden des FG in der mündlichen Verhandlung die Umstände der Ladung zur mündlichen Verhandlung, die Art und Weise der Gewährung der Akteneinsicht sowie die Ablehnung der Verlegung des Termins und die daraus nach ihrer Auffassung folgende Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör an. Aus der mangelnden Bereitschaft des FG zur Terminsaufhebung schließen die Kläger außerdem, daß es den Richtern des FG um die Herausdrängung ihres Prozeßbevollmächtigten aus dem Verfahren gegangen sei. Dies ergebe sich aus dem Verhalten der Richter in Parallelverfahren, in denen ihr Prozeßbevollmächtigter für andere Steuerpflichtige auftrete.
Das Ablehnungsgesuch gegen den weiteren Richter des FG (Richter am FG D), der offenbar im Falle des Ausscheidens eines der geschäftsplanmäßig zuständigen Richter an dessen Stelle treten sollte, stützen die Kläger auf die Behauptung, dieser Richter sei vorsorglich in der mündlichen Verhandlung anwesend gewesen, um bei Ablehnung eines Richters durch den Prozeßbevollmächtigten an einer schnellen Entscheidung über das Ablehnungsgesuch mitwirken zu können. Dieser Richter habe sich zudem in einem zufällig von dem Prozeßbevollmächtigten angehörten Gespräch gegenüber Richterkollegen zuversichtlich zu der Möglichkeit geäußert, den Prozeßbevollmächtigten ,,loszuwerden". Da sich dieser Richter dabei auch auf die Auffassungen der geschäftsplanmäßig zuständigen Richter bezogen habe, sei dies außerdem ein weiterer Grund für die Ablehnung dieser drei Richter.
Die Kläger haben neben der Nichtzulassung der Revision durch das FG und der Ablehnung der Richter des FG für die im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens erforderliche Abhilfentscheidung auch die in der mündlichen Verhandlung erfolgte Verwerfung des Ablehnungsgesuchs gegen die Richterbank des FG mit der Beschwerde angegriffen.
Das FG hat der Nichtzulassungsbeschwerde in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
Der Senat kann über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheiden, obwohl in bezug auf die Nichtabhilfeentscheidung des FG gegen die Richter, die daran mitgewirkt haben, ein Ablehnungsgesuch gestellt worden war. Der Beschluß des FG über die Nichtabhilfe der Nichtzulassungsbeschwerde ist trotz dieses Ablehnungsgesuchs wirksam.
In der Regel sind allerdings Entscheidungen der Finanzgerichte, an denen Richter mitgewirkt haben, die zu Recht abgelehnt worden sind, entweder mit einem Rechtsmittel beim BFH (vgl. § 119 Nr.2 FGO) oder mit einem Nichtigkeitsantrag bei den FG selbst (vgl. § 134 FGO i.V.m. § 579 Abs. 1 Nr.3 der Zivilprozeßordnung- ZPO -) angreifbar. Dies gilt jedoch nicht für Beschlüsse der FG, mit denen einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht abgeholfen wird. Ein solcher Beschluß ist nicht selbständig anfechtbar (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2 Aufl., § 115 Rdnr. 66 m.w.N.). Der Nichtabhilfebeschluß des FG wäre im Streitfall daher selbst dann nicht aufhebbar durch den BFH, wenn das Ablehnungsgesuch gegen die Richter, die den Beschluß gefaßt haben, berechtigt wäre. Ebenso scheidet ein Nichtigkeitsantrag beim FG aus, denn der Nichtabhilfebeschluß ist weder eine der Rechtskraft fähige Entscheidung noch beendet er eine Instanz. Nur Entscheidungen, die diese beiden Voraussetzungen erfüllen, können aber nach § 134 FGO mit einem Nichtigkeitsantrag angegriffen werden (vgl. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 134 Rdnr.2 m.w.N.). Demgemäß hat der erkennende Senat mit Beschluß vom 8. Mai 1992 III B 163/92, BFHE 167, 299, BStBl II 1992, 675 in einem Fall, in dem das FG ein im Abhilfeverfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gestelltes Ablehnungsgesuch durch selbständigen Beschluß zurückgewiesen hatte, das Rechtsschutzinteresse für eine Beschwerde gegen diesen Beschluß verneint.
Die Frage, ob im Streitfall die Ablehnung der Richter des FG in bezug auf das Abhilfeverfahren berechtigt war, ist für den Senat im übrigen auch nicht im Rahmen der Begründetheitsprüfung der Nichtzulassungsbeschwerde überprüfbar. Die Nichtzulassungsbeschwerde richtet sich gegen das angegriffene Urteil des FG. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde können folglich nur solche Ablehnungsgesuche eine Rolle spielen, die zeitlich vor dem angegriffenen Urteil angebracht worden sind. Deshalb kann die von den Klägern erfolgte Ablehnung der Richter des FG für den Beschluß über die Abhilfe der Nichtzulassungsbeschwerde keinen Einfluß auf die Entscheidung des Senats über die Nichtzulassungsbeschwerde haben.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.
1. Die Kläger berufen sich zu Unrecht auf Verfahrensfehler des FG.
a) Keinen Erfolg kann der Einwand der Kläger haben, das FG habe das klageabweisende Urteil wegen der Ablehnung der gesamten Richterbank nicht in der geschäftsplanmäßigen Besetzung fällen dürfen. Diesen Einwand haben die Kläger zwar nicht unmittelbar im Rahmen ihrer Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Sie haben aber zugleich mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde (in demselben Schriftsatz) Beschwerde gegen die Verwerfung ihres Ablehnungsgesuchs gegen die gesamte Richterbank durch das FG als unzulässig eingelegt.
aa) Der Senat wertet diese Beschwerde - auch aus Kostengründen - nicht als selbständiges Rechtsmittel, sondern als Verfahrensrüge im Rahmen des gegen das klageabweisende Urteil eingelegten Rechtsmittels. Die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs gegen die gesamte Richterbank des FG als unzulässig ist nämlich nicht durch besonderen Beschluß des FG, sondern in dem angegriffenen klageabweisenden Urteil erfolgt. Denn das FG hat in dem angegriffenen Urteil ausdrücklich ausgeführt, daß es das Ablehnungsgesuch gegen die gesamte Richterbank als mißbräuchlich und daher als ,,unbeachtlich" ansehe. Diese Auffassung hat das FG in dem angegriffenen Urteil näher begründet. Der in der mündlichen Verhandlung verkündete Beschluß des FG über die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs gegen die gesamte Richterbank ist daher nur als Mitteilung der Rechtsauffassung des FG anzusehen, der gegenüber dem aufgrund der mündlichen Verhandlung gefällten Urteil keine selbständige Bedeutung hat. Diese Mitteilung kann folglich auch nicht selbständig angefochten werden, sondern nur im Rahmen der Rechtsmittel gegen das Urteil.
bb) Der Senat kann offenlassen, ob die Verfahrensrüge der Mitwirkung abgelehnter Richter an dem angegriffenen Urteil im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht werden kann oder ob hierfür die beim Senat ebenfalls anhängige Revision das richtige Verfahren wäre (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rdnr.5 m.w.N.). Die Rüge ist jedenfalls unberechtigt. Das FG konnte trotz des Ablehnungsgesuchs gegen die gesamte Richterbank in geschäftsplanmäßiger Besetzung über die Klage entscheiden. Die zunächst erfolgte Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs gegen den Vorsitzenden des FG durch das FG war rechtmäßig. Die dagegen eingelegte Beschwerde hat der Senat mit Entscheidung vom heutigen Tage zurückgewiesen. Das nach der Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs gegen den Vorsitzenden des FG gestellte Ablehnungsgesuch gegen die gesamte Richterbank des FG war mißbräuchlich und daher offensichtlich unzulässig. Bei diesem Ablehnungsgesuch haben die Kläger nur gerügt, daß das FG ihrer Auffassung nach am Verhandlungstag zu viele Termine angesetzt hatte und daher für das einzelne Verfahren zu wenig Zeit blieb. Die Verbindung mehrerer Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung steht aber nach § 73 Abs. 1 Satz 1 FGO im Ermessen des Gerichts. Ob in Einzelfällen durch eine solche Verfahrensverbindung das rechtliche Gehör der Verfahrensbeteiligten verletzt wird, ist nicht im Wege der Richterablehnung, sondern mit den normalen Rechtsmitteln gegen die in dem Verfahren getroffene Entscheidung geltend zu machen.
cc) Im übrigen haben die Kläger im Streitfall nicht einmal vorgetragen, daß sie in ihrer eigenen Sache wegen zu kurzer Verhandlungsdauer an irgendeinem Vortrag gehindert worden wären. Anhand des Protokolls der mündlichen Verhandlung ist auch nicht ersichtlich, daß irgendwelche Rechte der Kläger beschnitten worden sein könnten. Die Kläger behaupten lediglich pauschal, daß insgesamt die Zeit für die am Verhandlungstag angesetzten Termine zu kurz gewesen sei. Eine solche pauschale unsubstantiierte Behauptung reicht für eine ordnungsgemäße Richterablehnung nicht aus.
dd) Da das Ablehnungsgesuch mißbräuchlich und daher offensichtlich unzulässig war, waren die abgelehnten Richter an der Mitwirkung an der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch nicht gehindert (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 51 Rdnr. 55 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen). Eine dienstliche Äußerung der abgelehnten Richter war ebenfalls nicht erforderlich.
b) Das FG hat nicht den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör durch Verweigerung von Akteneinsicht verletzt.
aa) Das FG hat den Klägern bzw. ihrem Prozeßbevollmächtigten die Akteneinsicht nicht verweigert. Vielmehr ist sie unstreitig am 27. September 1991 in der Geschäftsstelle des FG ermöglicht worden. Damit ist das FG seiner Pflicht zur Gewährung der Akteneinsicht nachgekommen.
Die Gewährung der Akteneinsicht erfolgt grundsätzlich auf der Geschäftsstelle des mit der Streitsache befaßten Gerichts. Die Übersendung der Akten an das FA oder an ein anderes Gericht am Geschäftsort des Prozeßbevollmächtigten steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (vgl. Gräber/Koch, a.a.O., § 78 Rdnr.10 m.w.N.). Das Gericht handelt dann nicht ermessensfehlerhaft, wenn es die Versendung der Akten ablehnt, weil die Akten bei Gericht benötigt werden oder bei bevorstehender mündlicher Verhandlung eine rechtzeitige Rücksendung der Akten nicht mehr gewährleistet ist. Das FG durfte daher im Streitfall die Versendung der Akten an das FA oder an das Amtsgericht . . . ablehnen.
bb) Eine Verweigerung der Akteneinsicht kann nicht darin gesehen werden, daß die Akteneinsicht unter zeitlichen Umständen ermöglicht worden ist, die nach den Behauptungen der Kläger die Einsichtnahme durch ihren Prozeßbevollmächtigten praktisch unmöglich machten. Denn der Prozeßbevollmächtigte hat diese zeitlichen Umstände zu vertreten. Er hat es sich selbst zuzuschreiben, daß das FG die Akteneinsicht erst am 24. September 1991 und nur unter kurzfristiger, ihn möglicherweise erst verspätet erreichender Benachrichtigung ermöglichen konnte.
Der Prozeßbevollmächtigte wußte bereits vor seinem Urlaub auf Grund des Schreibens des Vorsitzenden des FG vom 30. Juli 1991, daß am 20. September 1991 wegen mehrerer Untätigkeitsklagen von ihm vertretener Kläger mündliche Verhandlungen stattfinden sollten. Es mußte ihm daher klar sein, daß zwischen seinem Urlaubsende am 26. September 1991 und dem vorgesehenen Termin der mündlichen Verhandlungen nur wenig Zeit für eine Akteneinsicht blieb. Er hätte daher schon vor seinem Urlaub dafür sorgen müssen, daß ihm das FG in den Verfahren, die auf den 30. September 1991 anberaumt werden sollten, unmittelbar nach seinem Urlaub Akteneinsicht gewährt.
Zumindest hätte der Prozeßbevollmächtigte organisatorische Vorkehrungen treffen müssen, daß der Antrag auf Gewährung der Akteneinsicht auch während seines Urlaubs alsbald nach Erhalt der Ladung hätte gestellt werden können. Die Kläger haben selbst vorgetragen, daß ihr Prozeßbevollmächtigter in der Zeit vom 27. August bis zum 6. September 1991 stunden- bzw. tageweise in seinem Büro anwesend gewesen sei. Die Ladung zur mündlichen Verhandlung hat der Prozeßbevollmächtigte sogar eigenhändig am 31. August 1991 entgegengenommen. Er hatte bis zum 6. September 1991 also noch ausreichend Zeit, den Antrag auf Akteneinsicht zu stellen und dafür Sorge zu tragen, daß er frühzeitig vor der mündlichen Verhandlung an das FG abgesandt wurde. Außerdem tragen die Kläger vor, daß sich ihr Prozeßbevollmächtigter bis zu dessen Urlaubsende am 26. September 1991 in A aufgehalten habe. Auch dort war er also für sein Büro nicht unerreichbar. Der Prozeßbevollmächtigte hätte daher verhindern können und müssen, daß sein Antrag vom 6. September 1991 auf Gewährung der Akteneinsicht erst so spät beim FG einging, daß die Akteneinsicht - wie in dem Antrag selbst ausgeführt worden ist - praktisch vor der mündlichen Verhandlung kaum noch möglich war.
c) Das FG mußte das Verfahren auch nicht wegen eines beim BFH anhängigen Musterprozesses nach § 74 FGO aussetzen. Zwar ging es bei dem beim erkennenden Senat anhängig gewesenen Verfahren . . ., das durch Zurücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde erledigt worden ist, um einen vergleichbaren Fall einer Untätigkeitsklage. Eine Aussetzung des Verfahrens im Streitfall kam nach der Entscheidung des erkennenden Senats vom 8. Juni 1990 III R 41/90 (BFHE 161, 1, BStBl II 1990, 944) aber nicht schon deshalb in Betracht, weil in derselben Rechtsfrage beim BFH ein Musterprozeß anhängig war. Der BFH-Beschluß in BFHE 164, 194, BStBl II 1991, 641, aus dem die Kläger ihre gegenteilige Auffassung herleiten, betrifft nur Musterverfahren vor dem BVerfG und nicht vor dem BFH.
d) Die weiter erhobene Verfahrensrüge, das FG habe seine Sachermittlungspflicht verletzt, weil es die Klage irrtümlich wegen Einkommensteuer 1989 statt wegen Lohnsteuer-Jahresausgleich 1989 abgewiesen habe, ist haltlos. Es geht lediglich um eine falsche Bezeichnung des Klagegegenstandes im Rubrum des Urteils. Diese falsche Bezeichnung ist eine offenbare Unrichtigkeit und daher bedeutungslos. Aus den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils geht eindeutig hervor, daß es sich um ein Klageverfahren wegen Lohnsteuer-Jahresausgleich 1989 handelt.
e) Die Rüge der Kläger, das FG habe gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen, ist zwar insoweit berechtigt, als das FG tatsächlich von einem falschen Inhalt der Mitteilung des FA an den Prozeßbevollmächtigten der Kläger über die Gründe für die Verzögerung der Einspruchsentscheidung ausgegangen ist. Trotzdem kann auch diese Rüge der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Das Urteil des FG erweist sich nämlich aus anderen Gründen als richtig (zur entsprechenden Anwendung des § 126 Abs. 4 FGO im Verfahren über die auf Verfahrensmängel gestützte Nichtzulassungsbeschwerde vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rdnr.35 m.w.N.). Denn nach Auffassung des erkennenden Senats kommt es für die Zulässigkeit der von den Klägern erhobenen Untätigkeitsklage nicht darauf an, ob den Klägern der Grund für die Untätigkeit des FA mitgeteilt worden ist oder nicht. Es kann daher auch keine Rolle spielen, ob der richtige Grund mitgeteilt worden ist. Da die Klageerhebung durch die Kläger mißbräuchlich ist (s. dazu näher unten), ist sie unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 FGO unzulässig.
2. Die Sache hat entgegen der Auffassung der Kläger keine grundsätzliche Bedeutung. Die nach Auffassung der Kläger durch den Streitfall aufgeworfenen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung sind zum Teil durch die Rechtsprechung des BFH geklärt und daher nicht klärungsbedürftig. Zum anderen Teil mögen sie zwar klärungsbedürftig sein. Sie sind in dem etwaigen späteren Revisionsverfahren aber nicht klärungsfähig. Der Streitfall weist nämlich derartige Besonderheiten auf, daß sich die von den Klägern aufgeworfenen klärungsbedürftigen Fragen überhaupt nicht stellen.
a) Im wesentlichen geklärt ist die Frage, welche Auswirkungen beim BVerfG anhängige Musterverfahren auf gleichgelagerte Rechtsbehelfs- und Klageverfahren haben. Der I.Senat des BFH hat entschieden, daß in Fällen, in denen wegen der gleichen Rechtsfrage beim BVerfG eine Verfassungsbeschwerde anhängig ist, unter bestimmten Voraussetzungen eine Aussetzung des Klageverfahrens geboten ist (Beschluß in BFHE 164, 194, BStBl II 1991, 641). Der erkennende Senat hat sich mit Beschluß vom 7. Februar 1992 III B 24, 25/91 (BFHE 166, 418, BStBl II 1992, 408) dieser Rechtsprechung angeschlossen und die Voraussetzungen für die Aussetzung des Klageverfahrens näher konkretisiert.
Danach ist eine Aussetzung des Klageverfahrens nach § 74 FGO (oder ein stillschweigendes Ruhenlassen) geboten, wenn vor dem BVerfG bereits ein nicht als aussichtslos erscheinendes Musterverfahren gegen eine im Streitfall anzuwendende Norm anhängig ist, bei den FG zahlreiche Parallelverfahren anhängig sind (Massenverfahren) und keiner der Beteiligten des Klageverfahrens ein besonderes berechtigtes Interesse an einer Entscheidung des FG über die Verfassungsmäßigkeit der umstrittenen gesetzlichen Regelung trotz des beim BVerfG anhängigen Verfahrens hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese Entscheidung Bezug genommen.
Diese Entscheidung gilt nicht nur für Klageverfahren, sondern auch für Einspruchsverfahren (s. dort § 363 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Die Gleichstellung beider Verfahren ist darin begründet, daß eine unnötige Überschwemmung des BVerfG und auch des BFH mit einer Vielzahl gleichgelagerter Verfahren verhindert werden soll. Diese Erwägungen gelten in gleichem Maße für den Schutz der FG vor unnötigen Verfahren, wenn bei den FÄ Einsprüche in einer Vielzahl von Parallelfällen zu den beim BVerfG anhängigen Musterverfahren vorliegen. Einspruchsentscheidungen der FÄ in solchen Fällen würden nur bedeuten, daß diese Verfahren auf die FG verlagert würden, ohne daß dadurch Fortschritte in der Sache zu erzielen wären. Da die FG nämlich die Verfahren bis zur Entscheidung des BVerfG in den Musterprozessen aussetzen müßten, ist kein Grund ersichtlich, warum die Aussetzung nicht bereits in den Einspruchsverfahren erfolgen sollte.
Im Streitfall sind die in dem Beschluß des Senats vom 7. Februar 1992 III B 24, 25/91 BFHE 166, 418, BStBl II 1992, 408 dargelegten Voraussetzungen für die Aussetzung (oder das formlose Ruhenlassen) des Einspruchsverfahrens gegeben. Die von den Klägern mit ihrer Klage geltend gemachte Verfassungswidrigkeit des Grundfreibetrages für das Streitjahr (1989) war im Zeitpunkt der Klageerhebung schon in einem Parallelverfahren beim BVerfG anhängig. Das Niedersächsische FG hatte mit Vorlagebeschluß vom 15. Januar 1991 IX 427 und 437/90 (EFG 1991, 260) die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Grundfreibeträge 1986 und 1988 beim BVerfG eingeleitet. Außerdem war das Urteil des erkennenden Senats vom 8. Juni 1990 III R 14-16/90 (BFHE 161, 109, BStBl II 1990, 969), wonach die Grundfreibeträge für die Jahre 1986 bis 1988 verfassungsgemäß sind, durch Verfassungsbeschwerde angefochten worden. Der Grundfreibetrag für das Jahr 1988 stimmte mit demjenigen für das Streitjahr (1989) überein. Mit der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrages für das Jahr 1988 steht also zugleich die Prüfung des Grundfreibetrages für das Jahr 1989 durch das BVerfG an.
Die Verfahren vor dem BVerfG erscheinen nicht als offensichtlich aussichtslos. Dies hat der erkennende Senat in seinem Beschluß vom 7. Februar 1992 III B 24, 25/91 näher dargelegt. Bei den FÄ waren auch eine Vielzahl von Einspruchsverfahren in gleichartigen Fällen (Massenverfahren) anhängig. Irgendwelche Gründe, die ein berechtigtes Interesse der Kläger an einer Einspruchsentscheidung trotz der beim BVerfG anhängigen Musterverfahren begründen könnten, sind nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden.
Die Kläger haben die Untätigkeitsklage folglich zu einem Zeitpunkt erhoben, als das FA eine Einspruchsentscheidung nicht treffen durfte, sondern das Einspruchsverfahren aussetzen oder formlos ruhen lassen mußte. Deshalb hatte das FA einen zwingenden Grund für die Untätigkeit, der noch fortbesteht.
Der Senat kann jedoch entgegen der Auffassung der Kläger offenlassen, ob dieser zwingende Grund für die Untätigkeit des FA für sich allein die Untätigkeitsklage bereits unzulässig machte. Auf diese Frage kommt es nicht an.
b) Entscheidend ist, daß nicht nur das FA an einer Einspruchsentscheidung gehindert war. Auch das FG konnte zum Zeitpunkt der Klageerhebung keine Entscheidung über die Höhe des den Klägern zu gewährenden Grundfreibetrages treffen. Denn das FG hätte nach dem Beschluß des erkennenden Senats vom 7. Februar 1992 III B 24, 25/91 das Klageverfahren ebenso wie das FA das Einspruchsverfahren bis zur Entscheidung des BVerfG in den anhängigen Musterverfahren aussetzen oder formlos ruhen lassen müssen, wenn die Untätigkeitsklage zulässig gewesen wäre. Die Kläger können deshalb die von ihnen begehrte Sachentscheidung über einen höheren Grundfreibetrag mit ihrer Untätigkeitsklage nicht weiter als im Einspruchsverfahren vorantreiben. Eine solche Untätigkeitsklage widerspricht dem Zweck des § 46 Abs. 1 Satz 1 FGO.
Nach dieser Bestimmung ist eine Untätigkeitsklage zulässig, wenn über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Die Klage ist entgegen ihrer mißverständlichen Bezeichnung als Untätigkeitsklage nicht darauf gerichtet, die Untätigkeit der Behörde im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren zu beenden (vgl. Gräber/von Groll, a.a.O., § 46 Rdnr.2 m.w.N.). Es soll vielmehr bereits vor der außergerichtlichen Rechtsbehelfsentscheidung ein Erfolg in der Sache durch das Gericht ermöglicht werden, wenn die Finanzbehörde das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren unangemessen verzögert. Dieser Zweck wird verfehlt, wenn eine Untätigkeitsklage eingereicht wird, obwohl das FG - ebenso wie das FA - verfahrensrechtlich nicht in der Lage ist, eine Entscheidung in der Sache zu treffen. Eine solche zweckwidrige Klageerhebung muß als mißbräuchlich und daher als unzulässig angesehen werden, unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des § 46 FGO im einzelnen vorliegen oder nicht.
c) Allerdings konnten die Kläger im Zeitpunkt der Klageerhebung die Entscheidung des erkennenden Senats vom 7. Februar 1992 III B 24, 25/91 über die gebotene Verfahrensvoraussetzung bei anhängigen Musterverfahren vor dem BVerfG noch nicht kennen. Auch die Entscheidung des I.Senats des BFH in BFHE 164, 194, BStBl II 1991, 641 kannten sie möglicherweise noch nicht. Das ändert aber nichts an der Mißbräuchlichkeit ihrer Klageerhebung.
Der Mißbrauch liegt darin, daß weder das Klageverfahren noch das Einspruchsverfahren vor der Entscheidung des BVerfG in den Musterverfahren in der Sache Erfolg haben konnten. Selbst wenn nämlich das FG eine Entscheidung in der Sache hätte treffen können, hätte diese nur in einem weiteren Vorlagebeschluß an das BVerfG oder in einer Klageabweisung hinsichtlich des Grundfreibetrages bestehen können. Bei einer Klageabweisung wären die Kläger zu einer Anrufung des BFH und bei Erfolglosigkeit dort zu einer Verfassungsbeschwerde gezwungen gewesen, wenn sie ihr Klagebegehren aufrecht erhalten wollten. Sie hätten nur ein zusätzliches Kostenrisiko gehabt. In der Sache wäre dadurch für sie nichts gewonnen worden, da ihr Steuerrechtsstreit weiterhin bis zur Entscheidung des BVerfG über die bereits dort anhängigen Musterverfahren in der Schwebe geblieben wäre. Die Erhebung der Untätigkeitsklage erscheint daher im Hinblick auf den Zweck des § 46 FGO, bei Verzögerung durch das FA bereits vor der außergerichtlichen Rechtsbehelfsentscheidung einen Erfolg in der Sache zu ermöglichen, als sinnlos.
Den Klägern ging es auch nicht darum, über das Klageverfahren und eine evtl. Vorlage des FG nach Art.100 des Grundgesetzes (GG) oder über eine - nach Anrufung des BFH - sich anschließende Verfassungsbeschwerde neue Gesichtspunkte gegenüber den beim BVerfG anhängigen Musterverfahren an das BVerfG heranzutragen. Sie haben ihre Klage im wesentlichen nur mit den bereits beim BVerfG anhängigen Verfahren begründet. Würden die FG in solchen Fällen bei Vorliegen einer Vielzahl von Parallelfällen eigene Entscheidungen treffen, würde dies nur bedeuten, daß die gleiche Rechtsfrage in einer Vielzahl von konkreten Normenkontrollverfahren oder Verfassungsbeschwerden immer wieder an das BVerfG herangetragen würde.
d) Die Mißbräuchlichkeit der Erhebung der Untätigkeitsklage trotz des vorhandenen Grundes für die Untätigkeit des FA zeigt sich schließlich besonders deutlich darin, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger nach Auskunft des Präsidenten des FG vom 12. Februar 1992 1252 vergleichbare Untätigkeitsklagen für von ihm vertretene Mandanten eingereicht hat. Wenn man dieses Verhalten des Prozeßbevollmächtigten der Kläger weiterdenkt bis zu der Vorstellung, daß sich alle steuerlichen Berater so verhielten, wäre eine derartige Überschwemmung der FG mit Klagen zu befürchten, daß die Funktionsfähigkeit der FG (insbesondere der Geschäftsstellen) schwer beeinträchtigt würde. Diese Beeinträchtigung würde erfolgen, ohne daß sich für die betroffenen Steuerpflichtigen irgendein Fortschritt in der Sache ergeben würde. Das mißbräuchliche Verhalten ihres Prozeßbevollmächtigten müssen sich die Kläger zurechnen lassen.
e) Entgegen der Auffassung der Kläger bzw. ihres Prozeßbevollmächtigten konnte die Entstehung von Prozeßzinsen ab Rechtshängigkeit gemäß § 236 AO 1977 allein die Klageerhebung nicht rechtfertigen. Prozeßzinsen sind eine Folge der berechtigten Inanspruchnahme eines Gerichts. Ihre Entstehung kann daher nicht Selbstzweck einer Klageerhebung sein und die sinnlose Inanspruchnahme eines Gerichts ermöglichen.
Im übrigen werden ab dem Veranlagungszeitraum 1989, also für das Streitjahr, Steuererstattungsansprüche der Kläger, die ihnen aufgrund einer etwaigen Erhöhung des Grundfreibetrages oder des Kinderfreibetrages zustehen könnten, ohnehin gemäß § 233a AO 1977 verzinst. Die Untätigkeitsklage ist zu einem Zeitpunkt erhoben worden, als der etwaige Zinslauf schon begonnen hatte. Die Entstehung von Prozeßzinsen konnte folglich nicht das Motiv für die Klageerhebung sein. Für den Senat ist daher keinerlei Vorteil ersichtlich, den die Kläger selbst von der Klageerhebung haben könnten.
f) Eine Rechtfertigung und damit die Zulässigkeit des Klageverfahrens läßt sich ferner nicht daraus herleiten, daß die Kläger zusätzlich zur Höhe des Grundfreibetrages auch die Verfassungsmäßigkeit des Kinderfreibetrages angegriffen hatten und hierüber im Einspruchsverfahren ebenfalls noch nicht entschieden worden war.
Zur Verfassungsmäßigkeit der Kinderfreibeträge für das Streitjahr war im Zeitpunkt der Klageerhebung zwar kein unmittelbares Musterverfahren beim BVerfG anhängig. Dem BVerfG lag aber eine Verfassungsbeschwerde gegen die Kürzung des Kindergeldes auf den Sockelbetrag durch § 10 Abs. 2 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) in den Jahren 1986 und 1987 vor. Nach der Entscheidung des BVerfG vom 29. Mai 1990 1 BvL 20/84, 26/84 und 4/86 (BStBl II 1990, 653) kann der für die Jahre 1983 bis 1985 für verfassungswidrig erachtete Familienlastenausgleich, der sich ebenso wie für die beiden Jahre 1986 und 1987 auch für das Streitjahr (1989) aus einem Zusammenwirken von Kindergeldgewährung und steuerlicher Kinderfreibetragsregelung ergibt, und bei dem sich deshalb der etwa bestehende Mangel durch eine Nachbesserung bei der einen oder anderen Regelung beheben ließe, grundsätzlich anhand jeder der betroffenen Normen zur Prüfung gestellt werden. Mit der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 10 Abs. 2 BKGG für die Jahre 1986 und 1987 ist also zugleich die Prüfung der steuerlichen Kinderfreibetragsregelung für die Jahre 1986 und 1987 beim BVerfG anhängig. Der Familienlastenausgleich für das Streitjahr (1989) entspricht demjenigen für das Jahr 1987. Die Entscheidung des BVerfG zum Familienlastenausgleich für 1987 hat danach auch Auswirkungen für das Streitjahr.
Entscheidend ist aber vor allem, daß keine Teileinspruchsentscheidung des FA oder kein Teilurteil des FG allein zu dem den Klägern für das Streitjahr zustehenden Kinderfreibetrag ergehen könnte. Bei einem Einkommensteuerbescheid läßt sich der Streitgegenstand wegen des Progressionstarifs und wegen der einkommensabhängigen Freibeträge in der Regel nicht in größenmäßig bestimmte Teile zerlegen (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 367 AO 1977 Rdnr.9, und § 98 FGO Rdnr.2). Die Einspruchsentscheidung hängt daher schon wegen des beim BVerfG anhängigen Musterverfahrens über den Grundfreibetrag für das Streitjahr insgesamt von der Entscheidung des BVerfG ab (s. auch den Beschluß des Senats vom 7. Februar 1992 III B 24, 25/91).
Diese Abhängigkeit hätte allerdings vermieden werden können, wenn das FA den mit dem Einspruch angegriffenen Einkommensteuerbescheid hinsichtlich des Grundfreibetrages für vorläufig erklärt hätte. Ein solcher Vorläufigkeitsvermerk wäre möglich gewesen (vgl. Beschluß des erkennenden Senats vom 9. August 1991 III R 48/90, BFHE 165, 162, BStBl II 1991, 868, und Urteil des erkennenden Senats vom 9. August 1991 III R 41/88, BFHE 166, 1, BSTBl II 1992, 219). Nach dem Urteil des erkennenden Senats vom 7. Februar 1992 III R 61/91, BFHE 167, 279, BStBl II 1992, 592, können die FÄ auch unter bestimmten Voraussetzungen durch die FG zur Vorläufigkeitserklärung von Steuerbescheiden hinsichtlich beim BVerfG anhängiger Streitigkeiten über die Verfassungsmäßigkeit anzuwendender Gesetze verpflichtet werden. Eine solche Verpflichtung durch die FG setzt aber immer voraus, daß der Steuerpflichtige vorher beim FA erfolglos einen Antrag auf die Vorläufigkeitserklärung gestellt hat. Die Tatsache, daß das FA im Streitfall den angegriffenen Steuerbescheid hinsichtlich des Grundfreibetrages nicht für vorläufig erklärt hat, hätte die Kläger daher nur dann zur Erhebung der Untätigkeitsklage (wegen des Kinderfreibetrages und wegen der Vorläufigkeitserklärung des Grundfreibetrages) berechtigen können, wenn sie sich vor der Klageerhebung beim FA erfolglos um die Vorläufigkeitserklärung bemüht hätten. Das ist nicht geschehen.
Im übrigen spricht nichts dafür, daß die Kläger über ihre Untätigkeitsklage gezielt ein Musterverfahren zur Verfassungsmäßigkeit der Kinderfreibeträge für das Streitjahr an das BVerfG heranbringen wollten. Es handelt sich in ihrem Fall vielmehr um eine der zahlreichen Untätigkeitsklagen, die ihr Prozeßbevollmächtigter für von ihm vertretene Steuerpflichtige formularmäßig eingereicht hat. Wie die bereits beim Senat anhängigen Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren über eine Reihe dieser Klagen zeigen, hat der Prozeßbevollmächtigte diese Klagen unabhängig davon erhoben, ob nur der Grundfreibetrag oder ob auch noch Kinderfreibeträge sowie andere Fragen streitig sind und um welche Veranlagungszeiträume es geht.
g) Ebenso läßt sich das Klageverfahren nicht damit rechtfertigen, daß die Kläger zusätzlich zur Höhe des Grundfreibetrages und des Kinderfreibetrages die Adressierung des angegriffenen Steuerbescheides zu Händen ihres Prozeßbevollmächtigten gerügt hatten und hierüber im Einspruchsverfahren ebenfalls noch nicht entschieden worden war. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats führt die Adressierung des Steuerbescheids an die Kläger zu Händen des Prozeßbevollmächtigten nicht zur Ungewißheit oder Unbestimmtheit des Empfängers (Urteil vom 9. August 1991 III R 169/90, BFH/NV 1992, 433). Die Rüge der ungenauen Adressierung des Steuerbescheids war also nicht berechtigt, so daß es für die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheids allein auf die Fragen des Grundfreibetrages und des Kinderfreibetrages ankam, die bis zur Entscheidung des BVerfG über die anhängigen Musterverfahren weder vom FA im Einspruchsverfahren noch vom FG im Klageverfahren entschieden werden konnten.
h) Da die Untätigkeitsklage mißbräuchlich erhoben worden ist, konnte für das FG auch keine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 46 Abs. 1 Satz 3 FGO in Betracht kommen, um ein Hineinwachsen der Klage in die Zulässigkeit zu ermöglichen. Eine mißbräuchlich erhobene Klage kann nicht in die Zulässigkeit hineinwachsen. Der Senat braucht daher nicht zu klären, ob ansonsten bei einer unzulässigen Untätigkeitsklage eine solche Pflicht zur Verfahrensaussetzung besteht.
3. Die von den Klägern geltend gemachte Abweichung des angegriffenen FG-Urteils von den BFH-Beschlüssen in BFHE 90, 274, BStBl II 1968, 61, und in BFHE 102, 31, BStBl II 1971, 492, ist nicht ordnungsgemäß dargelegt worden.
Zur Darlegung der Divergenz muß ein abstrakter Rechtssatz bezeichnet werden, den das vorinstanzliche Gericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat und der von der Rechtsprechung des BFH abweicht (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rdnr.63 m.w.N.). Einen solchen Rechtssatz haben die Kläger nicht dargelegt. Sie führen selbst aus, das FG habe seine Entscheidung in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH darauf gestützt, daß ihnen der Grund für die Untätigkeit des FA mitgeteilt worden sei. Daß das FG hierbei von einem falschen tatsächlichen Inhalt der Mitteilung ausgegangen ist, hat nichts mit einer Abweichung von der Rechtsprechung des BFH zu tun.
Fundstellen
Haufe-Index 418450 |
BFH/NV 1993, 244 |