Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit einer auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO gestützten NZB
Leitsatz (NV)
1. Den formellen Anforderungen aus § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Begründung einer NZB ist nicht genügt, wenn die als grundsätzlich aufgeworfene Frage derart allgemein gehalten ist, daß sie nicht zur Grundlage der weiteren Prüfung taugt, inwieweit Klärungsbedürftigkeit dargelegt worden ist.
2. Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit können nicht berücksichtigt werden, wenn sie erstmals nach Ablauf der Beschwerdefrist vorgebracht werden und nicht lediglich eine Erläuterung bzw. Vervollständigung des insoweit bereits - rechtzeitig - Vorgetragenen darstellen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Die - lt. Handelsregisterauszug vom 16. Januar 1987 durch Ablehnung der Konkurseröffnung mangels Masse aufgelöste - Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betrieb im Streitjahr (1984) einen Handel mit Textilien. Sie nahm die Steuerfreiheit für Ausfuhrlieferungen (Export über den Ladentisch) in Anspruch.
Bei einer das Streitjahr betreffenden Umsatzsteuerprüfung kam der Prüfer zu dem Ergebnis, daß die Klägerin die Ausfuhrumsätze zusammen mit den steuerpflichtigen Umsätzen erfasse und erst beim Vorliegen der Ausfuhrbescheinigungen als steuerfrei behandelte.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) vertrat daraufhin die Ansicht, daß der Klägerin der erforderliche Buchnachweis fehle, weil Aufzeichnungen i. S. des § 13 Abs. 2 der Umsatzsteuer - Durchführungsverordnung (UStDV 1980) nicht vorgenommen worden seien. Das FA unterwarf demzufolge mit Umsatzsteuerbescheid 1984 vom 29. November 1985 auch die als steuerfrei erklärten Umsätze der Umsatzsteuer; dieser Bescheid wurde später durch Bescheid vom 29. August 1986 geändert, der auf einen entsprechenden Antrag der Klägerin zum Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens wurde (vgl. § 68 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, das FA sei zutreffend davon ausgegangen, daß der für die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferungen nach § 6 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980) i. V. m. § 13 UStDV 1980 erforderliche Buchnachweis nicht erst im Zeitpunkt des Vorliegens des Ausfuhrnachweises erbracht werden dürfe, sondern unmittelbar nach der Ausführung des betreffenden Umsatzes erstellt werden müsse (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. Februar 1980 V R 118/76, BFHE 130, 118, BStBl II 1980, 415).
Eine andere Beurteilung sei nicht im Hinblick darauf gerechtfertigt, daß die Klägerin davon abgesehen habe, im Vorgriff auf die zu erwartende Steuerfreiheit eine Versteuerung der Ausfuhrlieferungen bei gleichzeitiger Unterrichtung des FA zu unterlassen (Hinweis auf das BFH-Urteil in BFHE 130, 118, BStBl II 1980, 415, unter I. 5.), sondern erst nach dem Vorliegen der Ausfuhrbelege die zunächst versteuerten Lieferungen als steuerfrei behandelt habe. Denn auch unter solchen Umständen hätten die notwendigen buchmäßigen Aufzeichnungen laufend und zeitnah vorgenommen werden müssen. Dies sei jedoch von der Klägerin verabsäumt worden. Aufzeichnungen habe die Klägerin nicht einmal dann angefertigt, wenn sie die Ausfuhrbelege erhalten habe. Ihre Ansicht, daß der Ausfuhrnachweis gleichzeitig als Buchnachweis anzusehen sei, könne schon deshalb nicht richtig sein, weil lezterer nur einen Belegnachweis darstelle, so daß die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nicht aus Büchern unter Zuhilfenahme der die Buchungen ergänzenden Belege ersichtlich seien.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, die Rechtsfrage, wie in den Fällen der Ausfuhrlieferung über den Ladentisch der Buchnachweis zu führen sei, habe über den entschiedenen Fall hinaus für eine Vielzahl von Steuerbürgern Bedeutung, so daß ein Bedürfnis nach einheitlicher Sachentscheidung bestehe. Nach der Kenntnis ihres Prozeßbevollmächtigten habe die Finanzverwaltung das im Streitfall angewendete Verfahren in anderen Fällen anerkannt bzw. zumindest geduldet; die Geheimhaltungspflicht hindere ihren Prozeßbevollmächtigten jedoch daran, die ihm bekannten Fälle zu offenbaren. Ein entsprechender Hinweis sei ferner dem Verhalten des Prüfers zu entnehmen, der bei der Umsatzsteuerprüfung (siehe oben) sich nicht für eine vollständige Verweigerung der Steuerfreiheit ausgesprochen habe. Dem vorliegenden Rechtsstreit komme jedenfalls grundsätzliche Bedeutung zu, da mangels einheitlicher Praxis in Rechtsprechung und Verwaltung aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit ein allgemeines Interesse an einer einheitlichen Entscheidung bestehe.
Nach Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist hat die Klägerin Ausführungen dazu gemacht, daß zu den Rechtsfragen noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen sei und daß in der Literatur sowie bei der Verwaltung Unsicherheit zur Behandlung entsprechender Fälle bestehe.
Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig; sie wird verworfen. Es kann dahingestellt bleiben, ob sich Unzulässigkeit nicht schon daraus ergibt, daß die Beschwerdeschrift statt mit einer Unterschrift bloß mit einer Paraphe gezeichnet ist; denn die Beschwerde ist jedenfalls im Hinblick darauf unzulässig, daß die formellen Anforderungen an die Begründung nicht erfüllt sind.
Wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO gestützt, so ist innerhalb der Beschwerdefrist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darzulegen (§ 115 Abs. 3 Sätze 1 und 3 FGO; vgl. hierzu Gräber / Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 115 Anm. 7 ff. und 61 f.). Hierfür reicht die bloße Behauptung, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht aus. Vielmehr muß der Beschwerdeführer eine oder mehrere für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage(n) herausstellen und konkret darauf eingehen, weswegen deren Beantwortung in dem angestrebten Revisionsverfahren das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Handhabung und Entwicklung des Rechts berührt.
Diesen Anforderungen genügt die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde in mindestens zweierlei Hinsicht nicht. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, wie in den Fällen der Ausfuhrlieferung über den Ladentisch der Buchnachweis geführt werden muß, ist derart allgemein gehalten, daß sie nicht zur Grundlage der weiteren im Rahmen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO vorzunehmenden Prüfung taugt, inwieweit Klärungsbedürftigkeit dargelegt worden ist (vgl. Gräber / Ruban, a. a. O., § 115 Anm. 8 und 62 letzter Absatz).
Die Klägerin hat es ferner unterlassen, in der Beschwerdeschrift konkret auf die Klärungsbedürftigkeit einzugehen (vgl. Gräber / Ruban, a. a. O., § 115 Anm. 9). Hierzu wäre u. a. eine Auseinandersetzung damit erforderlich gewesen, inwiefern sich die Beantwortung der aufgeworfenen Frage nach der Ansicht der Klägerin nicht bereits eindeutig aus den maßgebenden Rechtsnormen selbst ergibt, sowie mit dem diesbezüglichen Meinungsstand in Rechtsprechung, Literatur und publizierter Verwaltungsauffassung.
Zu letzteren hat sich die Klägerin zwar noch in ihrem Schriftsatz vom 25. September 1989 geäußert, der allerdings erst nach dem Ablauf der Beschwerdefrist eingereicht worden ist. Die in ihm enthaltenen Ausführungen hätten dementsprechend nur dann zur Erfüllung der Anforderungen aus § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO beitragen können, wenn sie sich im Hinblick auf das bis zum Fristende Vorgetragene bloß als Erläuterung und Vervollständigung dargestellt hätten. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Fundstellen