Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsrecht Verfahrensrecht/Abgabenordnung Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Der Antrag auf Berichtigung des Tatbestandes eines Urteils des Bundesfinanzhofs ist jedenfalls dann unzulässig, wenn der Bundesfinanzhof an die Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz gebunden ist.
Normenkette
ZPO § 320; VwGO § 119; AO § 288; FGO § 115; AO § 296/3; FGO § 126/3
Tatbestand
Der erkennende Senat beschloß in der Sitzung vom 28. Oktober 1964 in der einheitlichen Gewinnfeststellungssache 1956 und 1957 der KG ein Urteil, das am 16. Januar 1965 an den Bevollmächtigten der KG abgesandt wurde. Mit Schreiben vom 28. Januar 1965 beantragt die KG, den Tatbestand des Urteils zu berichtigen, da er Unrichtigkeiten enthalte, auf denen die Urteilsbegründung aufgebaut sei. Wegen der Zulässigkeit des Antrags bezieht sich die KG auf § 119 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist unzulässig.
Eine Tatbestandsberichtigung im Sinn einer Berichtigung des Sachverhalts eines Urteils, wie sie in § 320 der Zivilprozeßordnung (ZPO) und in § 119 VwGO geregelt ist, sieht die AO nicht vor. Es braucht jedoch nicht entschieden zu werden, ob diese Vorschriften entsprechend anwendbar sind. Denn jedenfalls ist ihre Anwendbarkeit im Rechtsbeschwerdeverfahren grundsätzlich ausgeschlossen. Nach feststehender höchstrichterlicher Rechtsprechung ist § 119 VwGO im Revisionsverfahren nicht anwendbar. Dies hat seinen Grund darin, daß das Revisionsgericht im allgemeinen keine eigenen tatsächlichen Feststellungen trifft, sondern an die in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellungen gebunden ist (vgl. Koehler, Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung, Anm. V 2 zu § 119). Diese Auffassung ist auch im Zivilprozeßrecht anerkannt (vgl. Bundesgerichtshof, Neue Juristische Wochenschrift 1956 S. 1480; Baumbach-Lauterbach, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 28. Aufl., Anm. 2 B zu § 320; Stein-Jonas-Schönke, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 18. Aufl., § 320 I 1; Wieczorek, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 320, A I b). Nur aus praktischen Gründen, zur Erreichung besserer übersichtlichkeit des Prozeßstoffes und zum leichteren Verständnis der Entscheidungsgründe pflegt auch im Revisionsurteil eine dem Tatbestand des Berufungsurteils entsprechende kurze Darstellung des Sachverhalts den Entscheidungsgründen vorangeschickt zu werden. Diese hat aber als Tatbestand keine selbständige rechtliche Bedeutung. Weicht sie vom Tatbestand des Berufungsurteils ab, so kommt diese Abweichung für die Entscheidung, deren alleinige Grundlage der sachliche Inhalt des Tatbestandes des Berufungsurteils bildet, nicht in Betracht (vgl. Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 80 S. 172). Eine Tatbestandsberichtigung ist nur so lange sinnvoll, als der Sachverhalt der Entscheidung dadurch beeinflußt werden kann, vor allem also, wenn dadurch die Grundlage für eine Rechtsmittelentscheidung geschaffen werden soll. Dafür ist jedoch nach dem Erlaß der Revisionsentscheidung kein Raum mehr (ß 288 AO). Diese Grundsätze treffen für das Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzhof zumindest insoweit zu, als der Senat nur als Revisionsinstanz tätig geworden und nicht im Wege der Aufhebung der Vorentscheidung (ß 296 Abs. 3 AO) die verfahrensrechtliche Stellung des Finanzgerichts eingenommen hat. Da im Streitfall die Rb. der Antragstellerin als unbegründet zurückgewiesen wurde, liegt eine reine Revisionsentscheidung in diesem Sinne vor. Der Antrag auf Berichtigung des Tatbestandes ist deshalb unzulässig.
Fundstellen
Haufe-Index 411543 |
BStBl III 1965, 268 |
BFHE 1965, 62 |
BFHE 82, 62 |