Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinzuschätzungen aufgrund einer Nachkalkulation wegen fehlender Registrierkassenbelege
Leitsatz (NV)
- Der Steuerpflichtige muss, wenn er Waren von geringerem Wert an eine Vielzahl zumeist unbekannter Personen verkauft und deshalb die Bareinnahmen nicht einzeln aufzuzeichnen hat, grundsätzlich die Registrierkassenstreifen, Kassenzettel, Bons und sonstige Belege aufbewahren.
- Es ist kein Verfahrensfehler, wenn das Finanzgericht den Vortrag des Steuerpflichtigen über die Gründe für die angeblich geringeren Aufschlagsätze zwar zur Kenntnis nimmt, ihn aber nicht für überzeugend hält und ihm daher nicht folgt.
Normenkette
AO 1977 § 162 Abs. 2 S. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Tatbestand
1. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ―eine GmbH― betrieb u.a. in den Jahren 1989 bis 1991 (Streitjahre) eine Gaststätte. Ihre Bareinnahmen flossen zum Teil in offene Ladenkassen, im Wesentlichen jedoch in eine elektronische Registrierkasse. Aufgrund der Feststellungen einer Außenprüfung vertrat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) die Auffassung, die Buchführung der Klägerin für die Streitjahre sei nicht ordnungsmäßig und wegen nicht erfasster Betriebseinnahmen seien die Umsätze um geschätzte Beträge zu erhöhen (1989 und 1991 jeweils 60 000 DM, 1990 40 000 DM) und die entsprechenden Beträge zuzüglich der Umsatzsteuer als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) anzusetzen. Gegen den Körperschaftsteuersammelbescheid für die Streitjahre, dem diese Rechtsauffassung zugrunde liegt, erhob die Klägerin ohne Erfolg Einspruch.
Im anschließenden Klageverfahren beauftragte das Finanzgericht (FG) seine Prüfungsbeamtin mit einer Nachkalkulation. Die Prüferin gelangte zu dem Ergebnis, die Buch- und Kassenführung der Klägerin sei nicht ordnungsgemäß, da die Klägerin zwar die Bareinnahmen und Barausgaben in den täglichen Kassenberichten erfasst habe, die Registrierstreifen und Endsummenbons der Registrierkasse aber nicht aufbewahrt habe. Die Hinzuschätzungen des FA waren nach den Feststellungen der Prüferin nicht überhöht. Das FG schloss sich dem an und wies die Klage ab, ohne die Revision zuzulassen.
Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache, Divergenz und eines Verfahrensmangels.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
2. Die Beschwerde ist unzulässig, soweit die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung begehrt. Im Übrigen ist sie unbegründet. Sie war daher insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.
a) Das Begehren der Klägerin, die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―), ist unzulässig. Die Klägerin hat in der Beschwerdeschrift nicht ―auch nicht andeutungsweise― dargelegt, aus welchen Gründen ihrer Ansicht nach der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung hat (s. § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
b) Die Revision ist nicht wegen Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zuzulassen. Das FG-Urteil weicht nicht von den Entscheidungen des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 13. Juli 1971 VIII 1/65 (BFHE 103, 34, BStBl II 1971, 729) und vom 7. Juli 1977 IV R 205/72 (BFHE 124, 157, BStBl II 1978, 307) ab.
Beide BFH-Urteile enthalten den Rechtssatz, der Steuerpflichtige müsse, wenn er Waren von geringerem Wert an eine Vielzahl zumeist unbekannter Personen verkaufe und deshalb die Bareinnahmen nicht einzeln aufzuzeichnen habe, grundsätzlich die Registrierkassenstreifen, Kassenzettel, Bons und sonstige Belege aufbewahren; ausnahmsweise müssten diese Unterlagen nicht aufbewahrt werden, soweit der Aufbewahrungszweck auf andere Weise gesichert und die Gewähr der Vollständigkeit der übertragenen Aufzeichnungen nach den tatsächlichen Verhältnissen gegeben sei. Das FG hat diesen Rechtssatz in seinem Urteil zitiert und ihn seiner Entscheidung ausdrücklich zugrunde gelegt.
c) Auch eine Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) kommt nicht in Betracht.
Das FG hat den Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung über die Gründe für die in den Streitjahren angeblich geringeren Aufschlagsätze zur Kenntnis genommen. Dies ergibt sich aus dem angefochtenen Urteil und wird auch von der Klägerin in der Beschwerdeschrift eingeräumt. Dass das FG den Vortrag für nicht überzeugend gehalten hat, ist kein Verfahrensfehler, sondern Teil der dem materiellen Recht zuzuordnenden Sachverhaltswürdigung durch das FG (s. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 28).
Auch der Vortrag der Klägerin, das FG habe die Hinzuschätzungen für die Streitjahre mit früheren Hinzuschätzungen für die Jahre 1985 und 1986 begründet und damit gegen den Grundsatz der Abschnittsbesteuerung verstoßen, enthält keine Bezeichnung eines Verfahrensmangels, sondern die Rüge eines materiell-rechtlichen Fehlers. Im Übrigen hat das FG die Hinzuschätzungen für die Streitjahre mit den Kassenführungsmängeln in den Streitjahren und einer die Streitjahre betreffenden Nachkalkulation begründet.
Fundstellen