Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlen der Vollmacht; Verlängerung der Ausschlußfrist
Leitsatz (NV)
1. Die Vorlage der schriftlichen Prozeßvollmacht ist Prozeßvoraussetzung. Die Frist zur Vorlage der Vollmacht kann verlängert werden.
2. Legt der angeblich Bevollmächtigte trotz Aufforderung die Vollmacht nicht vor, so ergeht die gerichtliche Entscheidung gegenüber dem Rechtsmittelführer persönlich, während die Kosten des Verfahrens der Bevollmächtigte zu tragen hat (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urt. v. 2. Mai 1969 III R 123/68, BFHE 95, 430, BStBl. II 1969, 438)
Normenkette
FGO § 62 Abs. 3, § 79; VGFGEntlG Art. 3 § 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) beantragte beim Finanzgericht (FG) den Erlaß einer einstweiligen Anordnung, mit der der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Zentralfinanzamt - ZFA -) verpflichtet werden sollte, die gegen ihn betriebene Zwangsvollstreckung einstweilig einzustellen. Das FG lehnte den Antrag ab.
Der als Bevollmächtigte aufgetretene Rechtsanwalt legte für den Antragsteller gegen den Beschluß des FG Beschwerde ein. Er kam der Aufforderung der Geschäftsstelle des Senats vom 2. Februar 1988, eine Prozeßvollmacht für das Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) zu übersenden und die Beschwerde bis zum 1. April 1988 zu begründen, nicht nach. Auf die Verfügung des Vorsitzenden des Senats vom 31. März 1988, mit der dem Bevollmächtigten gemäß Art. 3 § 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (VGFGEntlG) zur Vorlage der Prozeßvollmacht eine Frist mit ausschließender Wirkung bis zum 5. Mai 1988 gesetzt worden war, beantragte der Bevollmächtigte mit Schreiben vom 3. Mai 1988, die Ausschlußfrist um 14 Tage zu verlängern. Daraufhin verlängerte der Vorsitzende des Senats durch Verfügung vom 6. Mai 1988 die Frist zur Einreichung der Prozeßvollmacht sowie zur Begründung der Beschwerde bis zum 6. Juni 1988. Weder die Prozeßvollmacht noch die Begründung der Beschwerde sind bis zum Ablauf der Frist eingegangen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig, da es an einer Prozeßvoraussetzung fehlt, denn der Prozeßbevollmächtigte des Antragstellers hat keine schriftliche Vollmacht vorgelegt (vgl. Urteil des BFH vom 11. Januar 1980 VI R 11/79, BFHE 129, 305, BStBl II 1980, 229). Der Mangel der Prozeßvoraussetzung kann auch nicht mehr beseitigt werden, weil die für die Vorlage der Vollmacht gesetzte Frist abgelaufen ist (vgl. Urteil des BFH vom 15. Mai 1981 VI R 212/78, BFHE 133, 344, BStBl II 1981, 678).
Die Vollmacht im finanzgerichtlichen Verfahren ist nach § 62 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) schriftlich zu erteilen. Sie kann nach Satz 2 dieser Vorschrift nachgereicht werden. Nach Art. 3 § 1 VGFGEntlG kann der Vorsitzende oder der von ihm nach § 79 FGO bestimmte Richter für das Einreichen der Vollmacht eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, die verlängert werden kann (vgl. Urteil des BFH vom 21. Februar 1980 V R 71-73/79, BFHE 130, 240, BStBl II 1980, 457). Das gilt auch für das Beschwerdeverfahren vor dem BFH (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., 1987, § 62 Rdnr. 84).
Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht gegenüber dem Antragsteller persönlich. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind jedoch dem Prozeßbevollmächtigten aufzuerlegen, weil er als vollmachtloser Vertreter das erfolglose Beschwerdeverfahren veranlaßt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluß vom 2. Mai 1969 III R 123/68, BFHE 95, 430, BStBl II 1969, 438).
Fundstellen
Haufe-Index 424274 |
BFH/NV 1990, 48 |