Entscheidungsstichwort (Thema)

Verlustgefahr bei fehlgeschlagener Überweisung einer Steuererstattung

 

Leitsatz (NV)

1. Der Schuldner -- hier: Finanzamt -- haftet nicht für Gefahren der Geldübermittlung -- hier: Überweisung einer Steuererstat- tung --, die durch ein dem Gläubiger zuzurechnendes Verhalten verursacht worden sind.

2. Der Gläubiger muß eine auf Grund seiner Angaben fehlgeschlagene Überweisung (1.) nach Treu und Glauben gegen sich gelten lassen. Für seine gegen die Ablehnung erneuter Überweisung gerichtete Rechtsverfolgung kann er mangels Erfolgsaussicht Prozeßkostenhilfe nicht beanspruchen.

 

Normenkette

AO 1977 § 224 Abs. 3; BGB § 270 Abs. 1, 3; FGO § 142 Abs. 1; ZPO § 114

 

Tatbestand

Den Antragstellern und Beschwerdeführern -- Eheleuten -- stand aufgrund des geänderten Einkommensteuerbescheids 1987 vom ... ein Steuererstattungsanspruch gegen den Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt -- FA --) zu. Im Änderungsbescheid wurde die Erstattung auf das Konto X bei der V-Bank angekündigt. Dieses Konto, das am 10. April 1991 in den Grunddaten vermerkt worden war, wurde bis August 1991 von dem Antragsteller, der seinerzeit auch als Unternehmer tätig war, unterhalten. In ihren Einkommensteuererklärungen 1986 bis 1988 und 1989 und 1990, die beiden letzteren eingereicht im April und Mai 1992, gaben die Antragsteller als Bankverbindung das Konto Y bei der Z-Bank an. Das FA änderte dementsprechend in seinen Daten den Vermerk über die Bankverbindung der Antragsteller und überwies den Erstattungsbetrag auf das Konto bei der Z- Bank (August 1992). Im Mai 1993 beanstandeten die Antragsteller die Überweisung auf das nicht mehr an sie vergebene Z-Konto und ersuchten das FA um erneute Überweisung an die V-Bank. Das FA erteilte darauf einen (ablehnenden) Abrechnungsbescheid, gegen den die Antragsteller Klage vor dem Finanzgericht (FG) erhoben.

Ihr zugleich gestellter Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe wurde abgelehnt. Das FG entschied, die Rechtsverfolgung biete bei summarischer Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das FA habe zwar den Anspruch der erstattungsberechtigten Antragsteller an sich nicht wirksam erfüllt, doch müßten diese die Gefahr des Verlustes tragen, da sie durch ihr Verhalten -- Angabe des Z-Kontos Y noch in den gemeinsamen Einkommensteuererklärungen 1989 und 1990 -- die Gefahr verursacht hätten. Angesichts dessen sei das FA zu einer Überweisung auf das Bankkonto X, das der Antragsteller für seine Unternehmen 1988 angegeben und unterhalten hätte, nicht verpflichtet gewesen. Dieses Konto habe das FA als Geschäftskonto des Antragstellers, das Z-Konto hingegen als Privatkonto der Antragsteller ansehen dürfen. Die Speicherung des Bankkontos und die Ankündigung der Erstattung auf dieses Konto habe das FA nicht zu einer entsprechenden Überweisung verpflichtet. Die Kontoangabe in den Einkommensteuererklärungen 1989 und 1990 lasse sich als Widerruf aller früheren Angaben werten.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde, zu deren Begründung die Antragsteller im wesentlichen ausführen, falls überhaupt auf das Z-Konto überwiesen worden sei, sei zu beachten, daß dieses bereits 1987/1988 aufgelöst worden sei. Durch die Bekanntgabe des Bankkontos sei das FA auch darüber in Kenntnis gesetzt worden, daß das Z-Konto nicht mehr bestanden hätte.

Das FA verweist darauf, daß die Überweisung auf das Z-Konto allein durch die wiederholte Kontoangabe in den Einkommensteuererklärungen 1989 und 1990 veranlaßt worden sei. Die Überweisung auf dieses Konto (mit Gutschrift zugunsten eines Dritten) ergebe sich aus der vorgelegten Auskunft der Z-Bank.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Das FG hat zutreffend entschieden, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung bei summarischer Beurteilung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, den Antragstellern Prozeßkostenhilfe mithin nicht bewilligt werden kann (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung, § 114 der Zivilprozeßordnung).

An der hinreichenden Erfolgsaussicht fehlt es, weil aufgrund der vorliegenden Umstände davon ausgegangen werden kann, daß die Antragsteller die Verlustgefahr für die fehlgeschlagene Erstattungsüberweisung zu tragen haben, mit der Folge, daß sie sich nicht mit Erfolg gegen den angefochtenen Abrechnungsbescheid werden wenden können.

Wie der Senat entschieden hat (Urteil vom 10. November 1987 VII R 171/84, BFHE 151, 123, 126 f., BStBl II 1988, 41; vgl. auch Urteil vom 8. Januar 1991 VII R 18/90, BFHE 163, 505, 508, BStBl II 1991, 442), haftet der Schuldner, der grundsätzlich die Verlustgefahr trägt (vgl. § 270 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches -- BGB --), -- ausnahmsweise -- nicht für Gefahren der Geldübermittlung, die durch das Verhalten des Gläubigers, das dessen Sphäre zuzurechnen ist, verursacht worden sind. In einem solchen Falle muß der erstattungsberechtigte Steuerpflichtige die Gefahr tragen, wenn eine für ihn bestimmte Erstattungszahlung des FA (§ 224 Abs. 3 der Abgabenordnung -- AO 1977 --) verlorengeht, weil die Gutschrift zwar auf einem von ihm angegebenen Konto erfolgt, dieses aber nicht mehr für ihn, sondern für einen Dritten besteht (auch arg. § 270 Abs. 3 BGB). In Anwendung dieser Grundsätze, die weiterhin als maßgeblich zu erachten sind (vgl. Urteil des Hessischen FG vom 28. Juni 1993 2 K 4907/92, Entscheidungen der Finanzgerichte -- EFG -- 1994, 3) ergibt sich, daß die Antragsteller die erfolgte Überweisung, die sie tatsächlich nicht erreicht hat, nach Treu und Glauben gegen sich gelten lassen müssen. Wenn das Z- Konto bereits 1987/1988 aufgelöst wurde, so ist nicht verständlich, daß sie dieses Konto in ihren Einkommensteuererklärungen 1989 und 1990 -- noch im Jahre 1992 -- angegeben haben. Aufgrund dieser Angabe jüngeren Datums, durfte das FA indes davon ausgehen, daß die Überweisung der Einkommensteuererstattung 1987 -- in 1992 -- auf das Z-Konto der Antragsteller erfolgen sollte, nicht auf das Bankkonto (des Antragstellers). Das FA war nicht gehalten, entsprechend seiner Ankündigung an die Bank zu überweisen. Es konnte die Bankverbindung (nunmehr) allein für den Zahlungsverkehr wegen geschäftlicher Beziehungen des Antragstellers für maßgebend erachten und, soweit es früher auch von den Antragstellern (als gemeinsames Privatkonto) bezeichnet worden sein sollte, in den 1992 gemachten Angaben (Z-Konto) einen Widerruf der vorherigen Mitteilung der Bankverbindung sehen. Der für die Fehlüberweisung maßgebende Anschein, den die Antragsteller durch ihre Angaben geschaffen haben, wirkt zu ihren Lasten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420081

BFH/NV 1995, 179

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