Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Entstehung des Wirtschaftsguts „Bodenschatz“
Leitsatz (NV)
Dem Urteil des BFH vom 7. Dezember 1989 IV R 1/88 (BFHE 159, 177, BStBl II 1990, 317) kann nicht der Rechtssatz entnommen werden, daß bei der Veräußerung eines bodenschatzenthaltenden Grundstücks eine Konkretisierung des Wirtschaftsguts "Bodenschatz" nur in Betracht komme, wenn die Genehmigung zum Abbau bereits im Veräußerungszeitpunkt vorliege oder der auf den Bodenschatz bezogene Kaufpreis nur unter der Bedingung vereinbart sei, daß die Genehmigung später erteilt wird.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1 S. 2, § 5 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 1
Gründe
Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.
Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet.
1. Divergenz gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) rügen, daß die Vorentscheidung von insgesamt 4 Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) abweicht, die sie wie folgt bezeichnen: Urteile vom 7. Dezember 1989 IV R 1/88 (BFHE 159, 177, BStBl II 1990, 317); vom 28. Mai 1979 I R 66/76 (BFHE 128, 226, BStBl II 1979, 624); vom 14. Februar 1978 III R 176/73 ―richtig wohl: VIII R 176/73― (BFHE 124, 450, BStBl II 1978, 343), und vom 19. September 1996 IV R 88/96. Die zuletzt genannte Entscheidung ist ein Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts (FG), die die Kläger aufgrund des angegebenen Aktenzeichens der Revision irrtümlich für eine BFH-Entscheidung gehalten haben. Nach Ablauf der Frist für die Beschwerdebegründung haben die Kläger ihre Divergenzrüge insoweit auf das Senatsurteil vom 4. September 1997 IV R 88/96 (BFHE 184, 400, BStBl II 1998, 657) ausgedehnt.
a) Die das Senatsurteil in BFHE 159, 177, BStBl II 1990, 317 betreffende Divergenzrüge entspricht nicht den formellen Anforderungen, die nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Bezeichnung der Divergenz zu stellen sind. Die Kläger haben vorgetragen, das FG habe sich bei seinen Ausführungen zur Verselbständigung des Bodenschatzes mit der Aussage auf dieses Urteil gestützt, es habe bereits festgestanden, "daß ein Abbau … rechtlich nicht möglich und deshalb vom Erwerber auch nicht beabsichtigt sei". Statt dessen habe der Senat in BFHE 159, 177, BStBl II 1990, 317 festgestellt, daß die Abgrabungsgenehmigung endgültig versagt sein müsse. Damit aber sind keine abstrakten, divergierenden Rechtssätze bezeichnet. Im übrigen besteht die vorgetragene Abweichung nicht, denn der Senat hat mit der Formulierung, wonach die Abbaugenehmigung "endgültig versagt worden" sei, nicht die Tatbestandsvoraussetzungen für die Entstehung eines Wirtschaftsguts umschrieben, sondern lediglich eine Sachverhaltswürdigung getroffen. Tatsächlich ist es in dem in BFHE 159, 177, BStBl II 1990, 317 entschiedenen Fall ―wie in dem nachfolgenden Satz der Entscheidungsgründe ausgeführt― auch nicht zu einer förmlichen Ablehnung einer beantragten Genehmigung gekommen.
b) Soweit die Kläger vortragen, die Beweisaufnahme habe ergeben, daß "die Tatbestandsvoraussetzungen für die Anwendung dieses BFH-Urteils vom 28. 5. 1979 unstreitig" vorlägen, fehlt es ebenfalls an einer Bezeichnung divergierender Rechtssätze. Die Kläger wenden sich vielmehr gegen die vom FG getroffenen Schlußfolgerungen, die der Entscheidung des BFH in BFHE 128, 226, BStBl II 1979, 624 nicht entsprächen. Auch insoweit fehlt es in der Sache an einer Abweichung. Zwar hat der I. Senat des BFH (in BFHE 128, 226, BStBl II 1979, 624) ausgeführt, als Wirtschaftsgut werde ein Bodenschatz auch dann greifbar, wenn ein Abbauunternehmer ein den Bodenschatz enthaltendes Grundstück erwerbe und einen entsprechenden Preis nicht nur für das Grundstück, sondern auch für den unter der Erdoberfläche lagernden Bodenschatz zahle. Allerdings ergibt sich aus den weiteren Entscheidungsgründen, daß auch diese Aussage unter dem Vorbehalt der Abbaumöglichkeit steht. Der I. Senat des BFH bezieht sich nämlich auf das Urteil in BFHE 124, 450, BStBl II 1978, 343 und führt aus, "daß auch im privaten Bereich ein Bodenschatz erst zu einem Wirtschaftsgut wird, wenn mit dem Abbau des Vorkommens zu rechnen ist". Auch diese Entscheidung und das Urteil vom 18. März 1980 VIII R 148/78 (BFHE 133, 359, BStBl II 1981, 794) haben die Kläger als Divergenzentscheidungen angeführt, aber lediglich ausgeführt, die Beweisaufnahme habe einen Sachverhalt ergeben, der "exakt unter den Leitsatz des Urteils des BFH vom 14. Februar 1978 subsumiert werden" könne. Auch dies ist ein im Rahmen einer Divergenzrüge unzulässiger Angriff auf die Beweiswürdigung der Vorentscheidung. Eine hiergegen gerichtete Divergenzrüge kann grundsätzlich keinen Erfolg haben. Denn mit der Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme stellt das FG keinen abstrakten Rechtssatz auf. Vielmehr ist die Würdigung einerseits einzelfallbezogen und gehört andererseits zum Bereich der Tatsachenfeststellungen durch das FG, an die der Senat grundsätzlich gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO; vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 118 Rz. 23).
c) Schließlich fehlt es an einer Abweichung der Vorentscheidung von der nachträglich ergangenen Entscheidung des Senats in BFHE 184, 400, BStBl II 1998, 657. Die Kläger begründen die Divergenz, in dem sie die Ausführungen des Senats wörtlich wiedergeben. Danach kann dem BFH-Urteil in BFHE 159, 177, BStBl II 1990, 317 nicht der Rechtssatz entnommen werden, daß bei der Veräußerung eines bodenschatzenthaltenden Grundstücks eine Konkretisierung des Wirtschaftsguts "Bodenschatz" nur in Betracht komme, wenn die Genehmigung zum Abbau bereits im Veräußerungszeitpunkt vorliege oder der auf den Bodenschatz bezogene Kaufpreis nur unter der Bedingung vereinbart sei, daß die Genehmigung später erteilt wird. Die Kläger haben auch insoweit keinen abstrakten Rechtssatz bezeichnet, vor allem aber nicht dargelegt, daß das FG in seiner Entscheidung etwa davon ausgegangen sei, ein Bodenschatz entstehe erst, wenn die Abbaugenehmigung vor dem Verkauf erteilt werde. Diese Folgerung hat das FG ersichtlich nicht gezogen und so weicht die Vorentscheidung auch nicht von dem Senatsurteil in BFHE 184, 400, BStBl II 1998, 657 ab. Dort hat der Senat nämlich ausgeführt: "Nach den Feststellungen des FG waren auch keine Umstände ersichtlich, die die Vermutung entkräften könnten, daß das Abbauunternehmen in absehbarer Zeit mit der Aufschließung des Bodenschatzes beginnen würde. Die Vermutung wird im Gegenteil durch die Feststellung bestätigt, daß das Unternehmen von Anfang an eine Ausbeutung des Bodenschatzes beabsichtigte. Nach den Feststellungen im Flächennutzungsplan und im Hinblick auf die bereits in dem Gebiet stattfindende Auskiesung war auch nicht zu erwarten, daß eine Abbaugenehmigung versagt werden würde." Alle diese Umstände hat das FG im Streitfall gerade nicht feststellen können.
2. Verfahrensmängel gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO.
Die Rügen mangelnder Sachaufklärung sind von den Klägern nicht formgerecht erhoben worden. Wird als Verfahrensmangel unzureichende Sachaufklärung wegen Nichterhebung angebotener Beweise geltend gemacht, so sind darzulegen (vgl. BFH-Beschluß vom 4. März 1992 II B 201/91, BFHE 166, 574, BStBl II 1992, 562):
-die ermittlungsbedürftigen Tatsachen,
-die angebotenen Beweismittel und die dazu angegebenen Beweisthemen,
-Die genauen Fundstellen (Schriftsatz mit Datum und Seitenzahl, Terminprotokolle), in denen die Beweismittel und die Beweisthemen angeführt worden sind,
-das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme,
-inwiefern das Urteil des FG aufgrund dessen sachlich-rechtlicher Auffassung auf der unterbliebenen Beweisaufnahme beruhen kann,
-daß die Nichterhebung der Beweise vor dem FG rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund des Verhaltens des FG nicht mehr vor diesem gerügt werden konnte (vgl. zuletzt Beschluß des BFH vom 3. September 1998 XI B 209/95, BFH/NV 1999, 290).
Sofern die Kläger geltend machen wollten, das FG hätte auch ohne Vorliegen eines Beweisantrages aufgrund seiner Amtsermittlungspflicht den Sachverhalt näher aufklären müssen, wäre zur Erfüllung der Begründungspflicht gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO ―anstelle des Hinweises auf den Beweisantritt― die Darlegung erforderlich gewesen, aufgrund welcher Anhaltspunkte im schriftsätzlichen Vorbringen oder sonst in den Akten des FG die Beweiserhebung sich dem FG hätte aufdrängen müssen. Hierzu sind eingehende Darlegungen anhand der Aktenlage erforderlich (vgl. BFH-Beschluß vom 23. April 1992 II B 174/91, BFH/NV 1993, 243). Das FG kann nämlich davon ausgehen, daß die Beteiligten selbst auf die Wahrung ihrer Interessen bedacht sind und deshalb die erforderlichen Tatsachen und Beweismittel in das Verfahren einführen (vgl. BFH-Urteil vom 6. Februar 1991 II R 87/88, BFHE 163, 471, BStBl II 1991, 459).
Diesen Anforderungen wird die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde in keiner Weise gerecht. Auch insoweit haben die Kläger in erster Linie die Beweiswürdigung des FG bemängelt. Revisionsrechtlich sind die Grundsätze der Beweiswürdigung jedoch dem materiellen Recht zuzuordnen; mit der Rüge, die Beweiswürdigung des FG sei fehlerhaft, kann deshalb ein Verfahrensmangel regelmäßig nicht begründet werden (z.B. BFH-Beschlüsse vom 23. April 1992 VIII B 49/90, BFHE 167, 488, BStBl II 1992, 671, und vom 29. Oktober 1998 X B 132/98, BFH/NV 1999, 510). Soweit die Kläger vortragen, das FG habe zumindest die angesetzte Vernehmung des juristischen Sachbearbeiters beim Landratsamt … durchführen müssen, auf diese aber habe der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung verzichtet, fehlt es an einer Darlegung, daß sie, die Kläger, diesem Verzicht widersprochen und auf einer Durchführung der Beweisaufnahme bestanden haben. Die widerspruchslose Hinnahme des Verzichts auf eine Beweisaufnahme durch den Prozeßgegner kommt einem Rügeverzicht in mündlicher Verhandlung gleich (zum Schweigen als Rügeverzicht s. auch BFH-Beschluß vom 31. Januar 1989 VII B 162/88, BFHE 155, 498, BStBl II 1989, 372).
Fundstellen
Haufe-Index 171087 |
BFH/NV 1999, 1211 |
BBK 2000, 252 |