Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde gegen die Aussetzung des Verfahrens
Leitsatz (NV)
1. Die Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens nach §46 Abs. 1 Satz 3 FGO ist in das Ermessen des Gerichts gestellt. Damit wird der besonderen prozessualen Lage Rechnung getragen, in der sich das Verfahren durch den unerledigten Rechtsbehelf und das (neu und daneben) eingeleitete gerichtliche Rechtsbehelfsverfahren befindet.
2. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Aussetzung ist das Datum des Aussetzungsbeschlusses.
Normenkette
FGO § 46 Abs. 1 Sätze 1, 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Unternehmensberater. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) änderte aufgrund einer Außenprüfung (Betriebsprüfungsbericht vom 4. Mai 1995) mit Bescheid vom 2. Januar 1996 die Umsatzsteuerfestsetzungen 1990 bis 1992 des Klägers. Das FA ließ dabei unter anderem in den Besteuerungszeiträumen 1991 und 1992 den Abzug von Umsatzsteuerbeträgen als Vorsteuer nicht zu, die in Rechnungen der ... GmbH (GmbH) an den Kläger gesondert ausgewiesen waren. Zugleich setzte das FA, ebenfalls mit Bescheid vom 2. Januar 1996, Zinsen zur Umsatzsteuer 1991 und 1992 fest. In Textziffer 13 des Betriebsprüfungsberichts vom 4. Mai 1995 ist ausgeführt, bei der GmbH handle es sich nach Mitteilung des Finanzamtes X um ein "Strohmannunternehmen, dessen Rechnungen über die Scheinumsätze zu keinem Vorsteuerabzug" berechtigten. "Auch aus den mit diesen Scheinumsätzen in Verbindung stehenden Rechnungen" der Fa. Y-KG (KG) bestehe "keine Vorsteuerberechtigung".
Der Kläger legte mit Schreiben vom 2. Februar 1996 Einspruch ein. Er wendete gegen die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen 1991 und 1992 ein, Anhaltspunkte dafür, daß seine Geschäfte mit der GmbH Scheingeschäfte seien, lägen nicht vor. Der Kläger führte weiter aus, das FA möge seiner Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts gemäß §88 der Abgabenordnung (AO 1977) nachkommen.
Das FA setzte auf Antrag des Klägers jeweils mit Verwaltungsakt vom 6. Februar 1996 die Umsatzsteuerbescheide 1991 und 1992 des Klägers und die Zinsbescheide hierzu in der streitigen Höhe aus.
Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 1996 -- beim Finanzgericht (FG) eingegangen am 10. Dezember 1996 -- erhob der Kläger "gemäß §46 Abs. 1 FGO Untätigkeitsklage". Zur Begründung führte er aus, über seine mit Schreiben vom 2. Februar 1996 eingelegten Einsprüche sei bislang nicht entschieden. Ein Grund hierfür sei ihm nicht mitgeteilt worden. Das FA führte im Rahmen des finanzgerichtlichen Verfahrens aus, der Kläger habe nicht nachweisen können, daß die ihm von der GmbH und der KG in Rechnung gestellten Leistungen tatsächlich erbracht worden seien.
Das FG beschloß am 7. April 1997, das Verfahren gemäß §46 Abs. 1 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bis zum 1. September 1997 auszusetzen. Zur Begründung führte es aus, die Aussetzung erfolge, um dem FA Gelegenheit zu geben, im Rahmen der Einspruchsbearbeitung die zur Aufklärung des Sachverhalts notwendigen Ermittlungen durchzuführen. Die Frist für die weiteren Ermittlungsmaßnahmen des FA werde im Hinblick darauf, daß die GmbH nicht im Zuständigkeitsbereich des FA ansässig sei, großzügig bemessen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers. Der Kläger trägt vor, der Beschluß des FG sei rechtswidrig. Es sei mit dem von §46 FGO bezweckten Beschleunigungs- und Konzentrationsgedanken unvereinbar, daß das FG einer weiteren Untätigkeit der Behörde Vorschub leiste.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet, sie war deshalb zurückzuweisen. Das FG hat das Verfahren zu Recht gemäß §46 Abs. 1 Satz 3 FGO zeitlich befristet ausgesetzt.
1. Ist über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von §44 FGO ohne vorherigen Abschluß des Vorverfahrens zulässig (§46 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das Gericht kann das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aussetzen (§46 Abs. 1 Satz 3 FGO). Die Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens ist in das Ermessen des Gerichts gestellt (" ... kann ... "). Damit wird der besonderen prozessualen Lage Rechnung getragen, in der sich das Verfahren durch den unerledigten Rechtsbehelf und das (neu und daneben) eingeleitete gerichtliche Rechtsbehelfsverfahren befindet.
2. Das FG hat das ihm eingeräumte Ermessen weder mißbraucht noch fehlerhaft gebraucht. Die aus dem Beschluß ersicht lichen Erwägungen rechtfertigen die angeordnete -- befristete -- Aussetzung des Verfahrens. Das FG durfte im Zeitpunkt des Beschlusses annehmen, daß das FA aufgrund seiner größeren Sachnähe die Entscheidung schneller treffen könne als das FG. Es hat deutlich gemacht, welche Punkte nach dem bisherigen Akteninhalt aufklärungsbedürftig seien. Es hat weiter zum Ausdruck gebracht, daß es die Durchführung der erforderlichen Ermittlungen vom FA erwarte. Die Fristsetzung erscheint hierfür angemessen und ausreichend.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Aussetzung ist das Datum des Aussetzungsbeschlusses. Die erst mit Schreiben des FA vom 10. April 1997 (beim FG eingegangen am 16. April 1997) mitgeteilte Anhängigkeit eines Rechtsstreits der GmbH vor einem anderen FG, der möglicherweise auch zur Klärung der den Streitfall betreffenden Fragen führen kann, hat deshalb auf die Rechtsmäßigkeit der Vorentscheidung keine Auswirkung.
Fundstellen