Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordnungsgemäße Vertretung einer gelöschten GmbH in der mündlichen Verhandlung
Leitsatz (NV)
Eine gelöschte GmbH ist in der mündlichen Verhandlung vor dem FG auch dann ordnungsgemäß vertreten, wenn die von dem Geschäftsführer der werbenden Gesellschaft unterzeichnete Prozeßvollmacht nicht durch den später bestellten Liquidator bestätigt worden ist.
Normenkette
ZPO § 86; FGO § 155
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine KG in Liquidation. Sie erhob in den Jahren 1985 und 1986 zwei Klagen gegen Einspruchsentscheidungen des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -), die das Finanzgericht (FG) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat. Für diese Verfahren hatte der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH, Herr X, zwei Steuerbevollmächtigten Prozeßvollmacht erteilt. Einer von ihnen vertrat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem FG am 16. August 1990. Die Klage hatte keinen Erfolg. Die Revision gegen sein Urteil ließ das FG nicht zu.
Gegen das Urteil des FG richtet sich die Revision der Klägerin, für die es nach ihrer Auffassung gemäß § 116 Abs. 1 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) einer Zulassung nicht bedarf.
Die Klägerin macht geltend, sie sei in der mündlichen Verhandlung vom 16. August 1990 nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten gewesen. Sie sei am 8. Dezember 1989 im Handelsregister gelöscht worden. Für die Komplementär-GmbH sei am 30. November 1988 das Liquidationsverfahren eingeleitet worden. Als Liquidator sei Frau Y bestellt worden. Nach Abschluß des Liquidationsverfahrens sei die GmbH am 17. April 1990 im Handelsregister gelöscht worden.
Am 16. August 1990, dem Tag der mündlichen Verhandlung, habe die GmbH somit nicht mehr existiert. Zu diesem Zeitpunkt habe für den Prozeßbevollmächtigten im finanzgerichtlichen Verfahren lediglich eine durch den früheren Geschäftsführer, Herrn X, ausgestellte Prozeßvollmacht vorgelegen. Die Liquidatorin habe nach Einleitung der Liquidation jedoch keinen neuen Prozeßbevollmächtigten bestellt und den bisherigen auch nicht bestätigt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
Der gerügte Mangel der ordnungsmäßigen Vertretung in der mündlichen Verhandlung liegt nicht vor. Nach § 246 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) i. V. m. § 155 FGO trat eine Unterbrechung des Verfahrens trotz Erlöschens der GmbH nicht ein, weil sie durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten war. Die Unterbrechung des Verfahrens hätte eines Antrags bedurft, der nicht gestellt worden ist.
Die den Prozeßbevollmächtigten vom Geschäftsführer der GmbH erteilte Vollmacht bestand im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung fort, ohne daß es darauf ankäme, ob sie durch die Liquidatorin bestätigt wurde. Nach § 86 ZPO i. V. m. § 155 FGO wird die Vollmacht durch einen Wechsel in der gesetzlichen Vertretung des Vollmachtgebers nicht berührt.
Fundstellen
Haufe-Index 424476 |
BFH/NV 1992, 614 |