Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Prozeßkostenhilfe bei Inanspruchnahme als Haftender nach § 71 AO 1977
Leitsatz (NV)
1. Im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von PKH muß, solange eine Klage noch beim FG anhängig ist, auch neues tatsächliches Vorbringen berücksichtigt werden.
2. In der Regel sind die Erfolgsaussichten der Klage als hinreichend anzusehen, wenn die Gründe für und gegen einen Erfolg als gleichwertig zu bewerten sind.
3. Für eine Inanspruchnahme nach § 71 AO 1977 ist die Feststellung vorsätzlichen Handelns in der Regel nicht ohne Vernehmung des Beschuldigten zu der ihm zur Last gelegten Tat und Wertung seiner Einlassung sowie der seiner Entlastung dienenden Beweisanträge möglich.
Normenkette
AO 1977 §§ 71, 370; FGO § 142; StPO §§ 163a, 166; ZPO § 114
Tatbestand
Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) erließ gegen den Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) einen Haftungsbescheid gemäß § 71 der Abgabenordnung (AO 1977), wonach dieser für Umsatzsteuerrückstände einer GmbH, deren Geschäftsführer der Antragsteller war, mit der Begründung haften soll, er habe durch Nichtabgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate ... und im übrigen durch unrichtige Voranmeldungen im Zeitraum ... vorsätzlich Steuern verkürzt. Die Nichtabgabe bzw. unrichtige Abgabe der Voranmeldungen sei mit seinem Wissen und Wollen geschehen, denn er sei durch den Buchhalter der Firma über die tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen informiert gewesen.
In der Einspruchsschrift versichert der Antragsteller, er habe niemals veranlaßt, daß Voranmeldungen unkorrekte Daten enthielten, geschweige denn, daß Steuerbeträge dem FA vorenthalten wurden. Seine Angaben würden von dem neuen Buchhalter, durch dessen Einstellung diverse Unklarheiten hätten aufgedeckt werden können, und dem Steuerberater als Zeugen bestätigt werden.
In der Einspruchsentscheidung wird ausgeführt, die GmbH habe sich in den Jahren ... in erheblichen Liquiditätsschwierigkeiten befunden. Bereits die Umsatzsteuererklärung ... habe eine Nachzahlung und die Aufforderung zu einer Stellungnahme hierzu nach sich gezogen; die GmbH habe seinerzeit erklärt, es hätte erhebliche Schwierigkeiten mit der hauseigenen EDV-Anlage gegeben und der Fehler sei erst im Jahresabschluß aufgetaucht.
Zum Vorbringen des Antragstellers heißt es: Aus weiteren Ermittlungen habe sich ergeben, daß zwar die Erstellung der Umsatzsteuer-Voranmeldungen im Kompetenzbereich des Buchhalters gelegen habe, daß die Unterschrift unter die Voranmeldung durch den Buchhalter grundsätzlich aber erst nach Rücksprache mit dem Antragsteller erfolgt sei und daß in Abstimmung mit dem Antragsteller die Voranmeldungen für ... zur Erlangung einer Steuerpause erst im Jahre ... hätten gefertigt werden sollen. Es sei gängige Praxis der Firma gewesen, Umsatzsteuer-Voranmeldungen der jeweiligen finanziellen Lage der Firma anzupassen. Dies sei durch Abstimmung der Buchhaltung mit dem Antragsteller erfolgt. Möglicherweise habe die Absicht zur späteren Berichtigung der Voranmeldungen bestanden. Als der Buchhalter vom Antragsteller eine schriftliche Rückendeckung gefordert und der Antragsteller das abgelehnt habe, habe dies dazu geführt, daß der Antragsteller die Voranmeldungen ab ... selbst unterschrieben habe.
Welche Ermittlungen (Zeugenaussagen, Beschuldigtenvernehmungen) dem zugrunde liegen, läßt die Einspruchsentscheidung nicht erkennen. Unter der ausdrücklichen Voraussetzung, daß eine Steuerhinterziehung auch grob fahrlässig begangen werden könne, wird vielmehr dargelegt, es sei nicht entscheidend, daß der Buchhalter sich möglicherweise ebenfalls der Steuerhinterziehung strafbar gemacht habe. Der Antragsteller habe von der Steuerpause sowie von der Manipulation der abgegebenen Anmeldungen gewußt und sie gebilligt. Es habe im größten Interesse der Geschäftsführung gelegen, die Firma aus den Liquiditätsproblemen herauszubekommen. Insoweit habe vorrangig der Antragsteller Nutzen von der Nichtabgabe bzw. fehlerhaften Abgabe von Voranmeldungen gehabt. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse sei das FA davon überzeugt, daß der Antragsteller in Kenntnis und Mitveranlassung die Handlungen des Buchhalters unterstützt habe.
Gegen den Haftungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung erhob der Antragsteller Klage und beantragte zugleich Prozeßkostenhilfe (PKH) unter Beiordnung des Prozeßbevollmächtigten.
Das Finanzgericht (FG) lehnte den Antrag auf PKH mit der Begründung ab, nach Lage der Akten sei bei einer vorzunehmenden summarischen Prüfung ein Fehler des Haftungsbescheides nicht ersichtlich. Es erscheine plausibel, daß der Antragsteller als verantwortlicher Gesellschafter-Geschäftsführer von den unrichtigen Umsatzsteuer-Voranmeldungen gewußt und diese zur zeitweisen Behebung der Liquiditätsprobleme der GmbH auch gewollt habe.
Mit der Beschwerde macht der Antragsteller - erneut - geltend, er habe von den nicht korrekt gefertigten Umsatzsteuer-Voranmeldungen keine Kenntnis gehabt. Er sei in der Führung von Büchern nicht ausreichend geschäftlich erfahren und habe sich stets auf seinen Buchhalter verlassen. Bereits in den Vorjahren seien zwar Unstimmigkeiten in der Buchführung festgestellt worden, diese seien vom Buchhalter aber ausschließlich auf die unzureichenden Möglichkeiten der Computer-Anlage zurückgeführt worden. Er - der Antragsteller - habe daraufhin Mitte ... einen neuen wesentlich größeren Computer gekauft. Dieser sei hauptsächlich von dem Buchhalter bedient worden. Als im Jahre ... - dennoch - Unstimmigkeiten in der Buchführung festgestellt worden seien, habe er den Buchhalter darauf hingewiesen, daß die Firma dringend konkrete Zahlen benötige, und den Buchhalter zur schnellstmöglichen Abstimmung der Buchführung veranlaßt. Die Voranmeldungen ab ... seien von ihm, dem Antragsteller, unterschrieben worden, weil der Buchhalter diese nicht mehr habe unterschreiben wollen. Sie seien aber weiterhin von dem Buchhalter erstellt worden. Aufgrund der mangelnden Erfahrung habe er die Vielzahl der zu buchenden Belege und die dadurch oftmals aufgetretenen Fehlbuchungen nicht überprüfen können. Er habe keine Kenntnis von fortlaufend manipulierten Voranmeldungen gehabt und die Voranmeldungen auch nicht gefälscht. Der subjektive Tatbestand des § 370 AO 1977 sei daher nicht erfüllt.
Das FA meint demgegenüber, der Antragsteller habe zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt. Soweit für die Monate ... keine Voranmeldungen abgegeben worden seien, sei dies aller Wahrscheinlichkeit nach auf Veranlassung des Antragstellers erfolgt. Dieser sei jedenfalls über die Nichtabgabe informiert gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist begründet.
Im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von PKH durch das FG ist der Senat nicht darauf beschränkt, die Entscheidung der Vorinstanz auf ihre Richtigkeit hin zu kontrollieren; vielmehr hat er das Begehren des Antragstellers - im Rahmen des Beschwerdeantrags - erneut in jeder Hinsicht zu prüfen (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18. Januar 1988 V B 106/87, BFH/NV 1990, 76). Die Prüfung führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) ist PKH zu bewilligen, wenn der Kläger nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und wenn ferner die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund dessen Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält, in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist und deshalb bei summarischer Prüfung für einen Eintritt des angestrebten Erfolges eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (vgl. BFH-Beschluß vom 16. Dezember 1986 VIII B 115/86, BFHE 148, 215, BStBl II 1987, 217). Aus der Regelung in § 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO, nach der der Antragsteller in dem Antrag auf PKH das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen hat, ist zu entnehmen, daß der Antragsteller die hinreichende Erfolgsaussicht mit eigenen Angaben aufzuzeigen hat, und zwar durch Darlegungen, aus denen das Gericht erkennen kann, ob und in welchem Umfang die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Zur Darlegung einer hinreichenden Erfolgsaussicht reicht ein schlüssiges Vorbringen mit Beweisantritt aus, wenn infolge dessen eine Beweisaufnahme im Hauptverfahren ernsthaft in Betracht kommt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 2. Juni 1987 VII B 20/87, BFH/NV 1988, 261, 262, und vom 25. August 1989 VI B 173/88, BFH/NV 1990, 187, 188). Eine Vorwegnahme der Beweiswürdigung ist auch im Rahmen des PKH-Verfahrens grundsätzlich nicht zulässig. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es um die erstmalige Vernehmung von Zeugen geht, deren Ergebnis typischerweise nicht zuverlässig vorausgesagt werden kann (vgl. BFH-Beschluß vom 13. Juni 1988 IV B 114/86, BFH/NV 1988, 804, 805, m.w.N.).
Grundsätzlich ist das Gericht nicht gehalten, das Vorbringen des Antragstellers vor Stellung des PKH-Antrags von sich aus zur Substantiierung dieses Antrags heranzuziehen. Denn der Antragsteller darf nicht darauf vertrauen, daß das Gericht von Amts wegen für ihn tätig wird. Er hat vielmehr die objektiven Bewilligungsvoraussetzungen mit eigenen Angaben grundsätzlich in der Begründung des PKH-Antrags darzulegen, muß also den Sachverhalt schildern und angeben, wie er ihn ggf. beweisen kann (vgl. BFH-Beschluß vom 21. April 1986 IV B 9/86, BFH/NV 1986, 762). Der Antragsteller ist aber rechtlich auch nicht gehindert, eine Sachverhaltsdarstellung erstmals im Beschwerdeverfahren vorzubringen, wenn seine Klage noch beim FG anhängig ist und deshalb bis zu dessen Entscheidung neues tatsächliches Vorbringen sowohl für das Klageverfahren als auch für das Verfahren über die Bewilligung der PKH berücksichtigt werden muß (vgl. §§ 76, 96, 118 Abs. 2 FGO, BFH-Beschluß vom 2. Oktober 1986 VII B 39/86, BFH/NV 1987, 390, 391).
Insgesamt dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung zudem nicht überspannt werden. Die Erfolgsaussichten sind in der Regel dann als hinreichend anzusehen, wenn die Gründe für und gegen einen Erfolg als gleichwertig zu bewerten sind, so daß im Ergebnis für beide Beteiligten eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bestehen kann. Bei Abwägung der für und gegen den Erfolg sprechenden Umstände darf eine abschließende Prüfung nicht vorgenommen werden. Eine Vorwegnahme der Endentscheidung im PKH-Verfahren würde sonst zu dem sinnwidrigen Ergebnis führen, daß der Antragsteller gehindert wäre, seine Rechte aus der Gewährung der PKH in vollem Umfang wahrzunehmen (vgl. BFH-Beschuß vom 6. Februar 1987 III B 169 und 170/86, BFH/NV 1987, 322). Das schließt nicht aus, daß das Gericht die Möglichkeit einer Beweisführung dann für ganz unwahrscheinlich hält, wenn das FA für die Richtigkeit des von ihm angenommenen Sachverhalts konkrete Tatsachen und Schlußfolgerungen benennt und der Betroffene dies lediglich pauschal bestreitet (vgl. BFH-Beschluß vom 7. April 1989 VI B 70/88, BFH/NV 1989, 662, 663, m.w.N.).
2. Bei Anwendung der dargelegten Grundsätze hat die Beschwerde des Antragstellers zumindest deshalb Erfolg, weil zum einen davon auszugehen ist, daß im Hauptverfahren eine Beweisaufnahme, deren Ergebnis nicht vorhergesehen werden kann, ernsthaft in Betracht kommt, und weil es zum anderen angesichts der vom FA festgestellten Liquiditätsprobleme der GmbH im entscheidungserheblichen Zeitraum möglich ist, daß der Antragsteller nur für einen Teil der festgestellten Steuerschuld einzustehen hat (quotenmäßige Haftung auch bei Haftung nach § 71 AO 1977).
a) Im Haftungsbescheid wie in der Einspruchsentscheidung wird zwar zu Recht davon ausgegangen, daß die Finanzbehörde selbständig und unabhängig von einer etwaigen Würdigung durch die für die Strafverfolgung zuständigen Behörden und Gerichte darüber entscheidet, ob der nach § 71 AO 1977 in Anspruch genommene Täter oder Teilnehmer einer der in dieser Vorschrift genannten Steuerstraftaten ist. Schon die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung zur Feststellung der inneren Tatseite der dem Antragsteller vorgeworfenen Steuerhinterziehung (subjektiver Tatbestand) rechtfertigen jedoch die Annahme, daß die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Für eine Inanspruchnahme nach § 71 AO 1977 ist es erforderlich, daß dem Betroffenen nach den Regeln des Strafverfahrens nachgewiesen wird, daß er die Tat vorsätzlich (und nicht - wie in der Einspruchsentscheidung ausgeführt wird - auch grob fahrlässig) begangen hat, wobei es ausreicht, daß der Täter nur mit der Möglichkeit eines strafbaren Erfolges seines Handelns gerechnet, diesen aber für den Fall seines Eintritts billigend in Kauf genommen haben muß (bedingter Vorsatz). Zu den Regeln des Strafverfahrens gehört zwingend, daß der Beschuldigte zu den Ergebnissen der ihn betreffenden Ermittlungen gehört wird. Jedenfalls ist die Feststellung vorsätzlichen Handelns ohne Vernehmung des Beschuldigten (§ 163a der Strafprozeßordnung - StPO -) zu der ihm zur Last gelegten Tat und die Wertung seiner Einlassung sowie der seiner Entlastung dienenden Beweisanträge (§ 166 StPO) in aller Regel nicht möglich.
Aus der Einspruchsentscheidung ist nicht ersichtlich, daß das FA den Antragsteller zum Vorwurf der Steuerhinterziehung gehört hat. Es finden sich auch keine Ausführungen darüber, ob der Antragsteller seiner inneren Einstellung nach den möglicherweise eintretenden strafbaren Erfolg der Hinterziehung von Steuern nicht etwa gänzlich mißbilligt, sein Eintreten gar nicht erwartet, vorhergesehen oder bedacht hat, ferner darüber, daß der Antragsteller das auch für die Steuerhinterziehung erforderliche Unrechtsbewußtsein gehabt oder sich in einem schuldausschließenden Irrtum befunden hat. Ohne die Darlegung derartiger, die Schuldfrage betreffenden inneren Tatsachen, die auch im Steuerprozeß der Regel Im Zweifel für den Angeklagten unterliegen (vgl. Senatsurteil vom 10. Oktober 1972 VII R 117/69, BFHE 107, 168, 173, BStBl II 1973, 68, 71), fehlt es an Gründen, die die Inanspruchnahme nach § 71 AO 1977 zu rechtfertigen geeignet wären.
Im Streitfall hatte die Finanzbehörde besonderen Anlaß, den Antragsteller zur Sache zu vernehmen und eine eingehende Beweiswürdigung vorzunehmen, weil offenbar nur der Buchhalter und der Antragsteller an der Nichtabgabe bzw. der Abgabe unrichtiger Voranmeldungen beteiligt waren. Hinzu kommt, daß der Antragsteller weiterhin behauptet, er habe keine Kenntnis von den unrichtigen bzw. fortlaufend manipulierten Umsatzsteuer-Voranmeldungen gehabt und den Buchhalter auch nicht veranlaßt, unrichtige Voranmeldungen zu erstellen. Dieses Vorbringen ist für die Frage, ob der Antragsteller die Steuerhinterziehung vorsätzlich begangen hat, entscheidungserheblich. Sollten nicht andere Ermittlungsergebnisse, etwa schriftliche Aufzeichnungen, vorliegen, die den Tatvorsatz des Antragstellers beweisen, wird hierzu Beweis erhoben werden müssen durch Vernehmung sowohl des Buchhalters als auch das Antragstellers, ohne daß im jetzigen Zeitpunkt feststeht, zu welchem Ergebnis die Beweiswürdigung gelangen wird.
b) Die beabsichtigte Klage hat auch deshalb hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil das FA selbst festgestellt hat, daß sich die GmbH in den Jahren ... in erheblichen Liquiditätsschwierigkeiten befand. Möglicherweise standen daher dem Antragsteller nicht genügend Mittel zur Verfügung, um auch die Steuerschulden in vollem Umfang zu begleichen. Insofern könnten die Grundsätze der Entscheidung des Senats vom 26. August 1992 VII R 50/91, BFHE 169, 13, Anwendung finden, wonach es auch in den Fällen des § 71 AO 1977 für den Umfang der Haftung darauf ankommt, inwieweit das strafrechtlich relevante Verhalten (§ 370 AO 1977) für den Schaden in Gestalt der Nichtentrichtung der geschuldeten Umsatzsteuern ursächlich gewesen ist; es könnten also die Grundsätze der für die Haftung nach § 69 AO 1977 entwickelten anteiligen Haftung auch im Streitfall anzuwenden sein. Eine Inanspruchnahme des Antragstellers als Haftungsschuldner käme dann nur in Betracht, wenn ihm die in der nicht rechtzeitigen Entrichtung oder gänzlichen Nichtentrichtung der Steuern liegende Benachteiligung des Steuergläubigers nachgewiesen würde. Hierfür trägt das FA die objektive Beweislast (vgl. BFH-Urteil vom 8. Juli 1982 V R 7/76, BFHE 137, 1, BStBl II 1983, 249; BFH-Beschluß vom 9. Juli 1985 VII B 77/84, BFH/NV 1986, 387, 388).
3. Der Senat hält es für angebracht, unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Sache an das FG zurückzuverweisen (§§ 132, 155 FGO i.V.m. § 575 ZPO). Da nach dem gegenwärtigen Sachstand die Annahme gerechtfertigt erscheint, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S. des § 114 ZPO hat, wird das FG nur noch darüber zu befinden haben, ob auch die übrigen für die Bewilligung der PKH erforderlichen Voraussetzungen des § 114 ZPO im Streitfall erfüllt sind. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die vorliegende Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers aus dem Jahre ... stammt und somit für die gegenwärtige Situation nicht mehr genügend aussagekräftig erscheint.
Fundstellen
Haufe-Index 418716 |
BFH/NV 1994, 149 |