Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassungsfreie Revision nach § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO; Wirksamkeit einer Ladung zur mündlichen Verhandlung; Ablehnung eines Antrags auf Terminverlegung als Verletzung des rechtlichen Gehörs
Leitsatz (NV)
1. Eine zulassungsfreie Revision, die damit begründet wird, daß ein Verfahrensbeteiligter nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war (§ 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO), kann nur auf schwerwiegende Verfahrensverstöße gestützt werden.
2. Die Wirksamkeit einer Ladung zur mündlichen Verhandlung entfällt nicht schon bei jeder Unzulänglichkeit, sondern erst dann, wenn der Adressat der Ladung auch bei verständiger Auslegung nicht zu erkennen vermag, für wen und wozu geladen werden soll.
3. In der Ablehnung des Antrags auf Terminverlegung liegt nur dann eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, wenn erhebliche Gründe für eine Terminverlegung vorgelegen haben.
Normenkette
FGO § 116 Abs. 1 Nr. 3, § 91 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Rechtsanwalt und Notar, der sowohl mit dem Rechtsanwalt X in Sozietät verbunden ist als auch daneben eine Einzelpraxis betreibt. Der Kläger hat Beschwerden wegen Nichtzulassung der Revision in den Urteilen des Hessischen Finanzgerichts (FG) vom 20. Februar 1986 10 K 255/84 (Einkommensteuer 1978), vom 20. Februar 1986 X 368/82 und 10 K 345/84 (Einkommensteuer 1979), vom 20. Februar 1986 X 482/82 und 10 K 346/84 (Einkommensteuer 1980) und vom 20. Februar 1986 X 483/82 (Umsatzsteuer 1980) erhoben. Die vorbezeichneten Urteile des Hessischen FG sind dem Kläger am 15. März 1986 zugestellt worden. Der Kläger hat durch Schreiben vom 14. April 1986, beim FG am 15. April 1986 eingegangen, mit inhaltlich gleicher Begründung die Nichtzulassungsbeschwerden eingelegt. Die Beschwerden werden in erster Linie auf § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO - (Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäßer Ladung und unberechtigter Ablehnung des Antrags auf Terminverlegung) und ergänzend auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO (grundsätzliche Rechtsfrage bezüglich der Zuordnung eines betrieblich genutzten PKW zum Betriebsvermögen) gestützt.
Der erkennende Senat verbindet die Beschwerden zu einheitlicher Entscheidung (§ 73 FGO).
I.
Den Beschwerden liegen folgende Sachverhalte zugrunde:
1. Für das Jahr 1978 ist zunächst der Einkommensteuerbescheid vom 14. September 1981 ergangen, mit dem die Besteuerungsgrundlagen geschätzt wurden. Klage gegen die Einspruchsentscheidung vom 2. Februar 1982, mit der die Steuerfestsetzung aufrechterhalten wurde, ist nicht erhoben. Durch Bescheid vom 28. Juli 1983 wurde die erstmals vorgenommene Steuerfestsetzung gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) geändert. Hiergegen erhob der Kläger Klage zum FG, die dort unter dem Aktenzeichen 10 K 255/84 registriert wurde.
Nach Abgabe der Einkommensteuererklärung 1978 am 1. Oktober 1984 änderte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) die Steuerfestsetzung erneut durch den auf § 172 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 132 AO 1977 gestützten Bescheid vom 14. August 1985. Die hiergegen erhobene Klage wurde vom Hessischen FG unter dem Aktenzeichen 10 K 354/85 registriert. Mit Schriftsatz vom 13. Februar 1986 hat der Kläger beantragt, gemäß § 68 FGO den im Verfahren 10 K 354/85 angefochtenen Steuerbescheid vom 14. August 1985 zum Gegenstand des Klageverfahrens 10 K 255/84 zu machen.
Das FG hat in der Streitsache Einkommensteuer 1978 am 20. Februar 1986 mündlich verhandelt. Es hat dazu am 17. Januar 1986 geladen. Die Ladung hat in ihrem vom Beschwerdevorbringen berührten Teil folgenden Wortlaut:
,,Herrn Geschäftsnummer
Rechtsanwalt 10 K 357/85; 10 K 358/85 (X 483/82);
.................... 10 K 354/85 (10 K 255/84);
.................... 10 K 355/85 (X 368/82, 10 K 345/84);
10 K 356/85 (X 482/82, 10 K 346/84)
Ladung
In Ihrer Sache
gegen Finanzamt A - 12 017 0042 8 -
wegen Einkommensteuer 1978 (10 K 354/85), Einkommensteuer 1979 (10 K 355/85),
Einkommensteuer 1980 (10 K 356/85), Umsatzsteuer 1978 (10 K 357/85),
Umsatzsteuer 1980 (10 K 358/85)
ist Termin zur mündlichen Verhandlung auf
Donnerstag, den 20. Februar 1986, um 9.45 Uhr
im Sitzungssaal des Hessischen Finanzgerichts in Kassel, Ständeplatz 19 (Eingang Fünffensterstraße), VI. Stock, Zimmer 604, bestimmt.
Sie werden zu diesem Termin geladen.
Sie brauchen jedoch im Termin nicht zu erscheinen, da beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 91 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung). Wenn Sie den Termin nicht wahrnehmen und sich auch nicht durch einen schriftlich Bevollmächtigten vertreten lassen, wird das Gericht davon ausgehen, daß Sie Ihr schriftsätzliches Vorbringen aufrechterhalten ..."
."Mit Schreiben vom 11. Februar 1986 hat der Kläger beantragt, die Terminanberaumung auf den 20. Februar 1986 aufzuheben. Nach dem nicht näher begründeten Hinweis auf die Verhinderung durch anderweitige Verhandlung für einen Mandanten legt der Kläger des näheren dar, daß er wegen Arbeitsüberlastung auf die Verhandlung in eigener Sache nicht vorbereitet sei. Ferner führt er aus, daß es ihm aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich sei, in dieser Jahreszeit nach Kassel zu reisen. Auch sei die Terminstunde von 9.45 Uhr nicht einzuhalten. Das FG hat dem Antrag auf Terminverlegung nicht entsprochen und dem Kläger mit Schreiben des Vorsitzenden vom 13. Februar 1986 zusätzlich mitgeteilt, daß die Terminzeit so gewählt worden sei, daß der Kläger oder sein Vertreter den Termin bei Wahl eines Zuges ab Frankfurt/Main-Hauptbahnhof 7.02 Uhr wahrnehmen könne. In Entgegnung hierauf hat der Kläger mit Schreiben vom 19. Februar 1986 (beim FG am 20. Februar 1986 eingegangen) seinen Antrag auf Terminverlegung erneuert und auf die Witterungslage und einen anderen unaufschiebbaren Gerichtstermin hingewiesen. Ferner hat er wegen seines Wohnsitzes in B vorgetragen, es sei nicht sichergestellt, morgens eine rechtzeitige Fahrgelegenheit zum Frankfurter Hauptbahnhof zu bekommen. Außerdem macht er geltend, eine einheitliche Ladung hätte die vorherige Verbindung der Verfahren nach § 73 FGO vorausgesetzt.
Der Kläger ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen; er hat sich zur Festsetzung der Einkommensteuer 1978 mit Schriftsatz vom 18. Februar 1986 (beim FG eingegangen am 19. Februar 1986) geäußert. Das FG hat zu Beginn der mündlichen Verhandlung am 20. Februar 1986 u.a. beschlossen, die Verfahren 10 K 255/84 und 10 K 354/85 zur gemeinsamen Verhandlung zu verbinden. Das FG hat durch weiteren Beschluß vom 20. Februar 1986 wegen beiderseitiger Erledigungserklärungen in der Hauptsache im Verfahren 10 K 354/85 nur noch über die Kosten entschieden. Durch Urteil vom gleichen Tage hat es unter dem Aktenzeichen 10 K 255/84 die Einkommensteuer 1978 unter teilweiser Stattgabe der Klage anderweitig festgesetzt.
Das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) nicht zugelassen und der hiergegen erhobenen Beschwerde auch nicht abgeholfen. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist beim BFH unter dem Aktenzeichen IV B 59/86 registriert.
2. Für das Jahr 1979 ist zunächst der Einkommensteuerbescheid vom 3. Mai 1982 ergangen, mit dem die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Hiergegen ist Klage erhoben worden, die beim FG unter dem Aktenzeichen X 368/82 registriert wurde. Durch Bescheid vom 20. September 1983 wurde diese Steuerfestsetzung gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 erstmals geändert. Hiergegen richtete sich die beim FG unter dem Aktenzeichen 10 K 345/84 registrierte Klage. Nach Abgabe der Einkommensteuererklärung 1979 am 1. Oktober 1984 änderte das FA die Steuerfestsetzung erneut durch den auf § 172 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 132 AO 1977 gestützten Bescheid vom 14. August 1985. Die hiergegen erhobene Klage wurde vom FG unter dem Aktenzeichen 10 K 355/85 registriert. Mit Schriftsatz vom 13. Februar 1986 hat der Kläger beantragt, gemäß § 68 FGO den im Verfahren 10 K 355/85 angefochtenen Bescheid vom 14. August 1985 zum Gegenstand des Klageverfahrens 10 K 345/84 zu machen.
Zum weiteren Verfahrensverlauf wird auf die Sachverhaltsdarstellung in Abschn. 1 mit der Maßgabe nachfolgender Abweichungen verwiesen. Der Kläger hat sich mit Schriftsatz vom 18. Februar 1986 zur Festsetzung der Einkommensteuer 1979 geäußert. Das FG hat zu Beginn der mündlichen Verhandlung am 20. Februar 1986 (vgl. die Wiedergabe der Ladung in Abschn. 1) u.a. beschlossen, die Verfahren X 368/82, 10 K 345/84 und 10 K 355/85 zur gemeinsamen Verhandlung zu verbinden. Außerdem hat es beschlossen, die Verfahren X 368/82 und 10 K 345/84 zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden. Das FG hat nachfolgend durch weiteren Beschluß vom 20. Februar 1986 wegen beiderseitiger Erledigungserklärungen in der Hauptsache im Verfahren 10 K 355/85 nur noch über die Kosten entschieden. Durch Urteil vom gleichen Tage hat es in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Verfahren X 368/82 und 10 K 345/84 die Einkommensteuer 1979 unter teilweiser Stattgabe der Klage anderweitig festgesetzt.
Das FG hat die Revision zum BFH nicht zugelassen und der hiergegen erhobenen Beschwerde nicht abgeholfen. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist beim BFH unter dem Aktenzeichen IV B 60/86 registriert.
3. Für das Jahr 1980 ist zunächst der Einkommensteuerbescheid vom 25. Mai 1982 ergangen, mit dem die Besteuerungsgrundlagen geschätzt wurden. Hiergegen ist Klage erhoben worden, die beim FG unter dem Aktenzeichen X 482/82 registriert wurde. Durch Bescheid vom 20. September 1983 wurde diese Steuerfestsetzung gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 erstmals geändert. Hiergegen richtete sich die beim FG unter dem Aktenzeichen 10 K 346/84 registrierte Klage. Nach Abgabe der Einkommensteuererklärung 1980 am 1. Oktober 1984 änderte das FA die Steuerfestsetzung erneut durch den auf § 172 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 132 AO 1977 gestützten Bescheid vom 14. August 1985. Die hiergegen erhobene Klage wurde vom FG unter dem Aktenzeichen 10 K 356/85 registriert. Mit Schriftsatz vom 13. Februar 1986 hat der Kläger beantragt, gemäß § 68 FGO den im Verfahren 10 K 356/85 angefochtenen Bescheid vom 14. August 1985 zum Gegenstand des Verfahrens 10 K 346/84 zu machen.
Zum weiteren Verfahrensverlauf wird auf die Sachverhaltsdarstellung in Abschn. 1 mit der Maßgabe nachfolgender Abweichungen verwiesen. Der Kläger hat sich mit Schriftsatz vom 18. Februar 1986 zur Festsetzung der Einkommensteuer 1980 geäußert. Das FG hat zu Beginn der mündlichen Verhandlung am 20. Februar 1986 (vgl. die Wiedergabe der Ladung in Abschn. 1) u.a. beschlossen, die Verfahren X 482/82, 10 K 346/84 und 10 K 356/85 zur gemeinsamen Verhandlung zu verbinden. Außerdem hat es beschlossen, die Verfahren X 482/82 und 10 K 346/84 zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden. Das FG hat nachfolgend durch weiteren Beschluß vom 20. Februar 1986 wegen beiderseitiger Erledigungserklärungen in der Hauptsache im Verfahren 10 K 356/85 nur noch über die Kosten entschieden. Durch Urteil vom gleichen Tage hat es in dem zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Verfahren X 482/82 und 10 K 346/84 die Einkommensteuer 1980 unter teilweiser Stattgabe der Klage anderweitig festgesetzt.
Das FG hat die Revision zum BFH nicht zugelassen und der hiergegen erhobenen Beschwerde nicht abgeholfen. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist beim BFH unter dem Aktenzeichen IV B 61/86 registriert.
4. Für das Jahr 1980 ist des weiteren der Umsatzsteuerbescheid vom 25. Mai 1982, mit dem die Besteuerungsgrundlagen geschätzt wurden, ergangen. Hiergegen ist Klage erhoben worden, die beim FG unter dem Aktenzeichen X 483/82 registriert wurde. Nach Abgabe der Umsatzsteuererklärung am 1. Oktober 1984 änderte das FA die Steuerfestsetzung durch den auf § 172 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 132 AO 1977 gestützten Bescheid vom 14. August 1985; diese Steuerfestsetzung folgte uneingeschränkt den Angaben in der Steuererklärung. Die hiergegen erhobene Klage wurde beim FG unter dem Aktenzeichen 10 K 358/85 registriert. Mit Schriftsatz vom 13. Februar 1986 hat der Kläger beantragt, gemäß § 68 FGO den im Verfahren 10 K 358/85 angefochtenen Bescheid vom 14. August 1985 zum Gegenstand des Verfahrens X 483/82 zu machen.
Zum weiteren Verfahrensverlauf wird auf die Sachverhaltsdarstellung in Abschn. 1 mit der Maßgabe nachfolgender Abweichungen verwiesen. Der Kläger hat sich weder im Einspruchsverfahren noch in den Klageverfahren X 483/82 und 10 K 358/85 zur Sache geäußert und hat auch keine Anträge gestellt. Das FG hat zu Beginn der mündlichen Verhandlung am 20. Februar 1986 (vgl. die Wiedergabe der Ladung in Abschn. 1) u.a. beschlossen, die Verfahren X 483/82 und 10 K 358/85 zur gemeinsamen Verhandlung zu verbinden. Das FG hat nachfolgend durch weiteren Beschluß vom 20. Februar 1986 wegen beiderseitiger Erledigungserklärungen im Verfahren 10 K 358/85 nur noch über die Kosten entschieden. Durch Urteil vom gleichen Tage hat es unter dem Aktenzeichen X 483/82 die Klage gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid vom 14. August 1985 als unzulässig abgewiesen.
Das FG hat die Revision zum BFH nicht zugelassen und der hiergegen erhobenen Beschwerde nicht abgeholfen. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist beim BFH unter dem Aktenzeichen IV B 66/86 registriert.
5. Zu sämtlichen in den vorstehenden Abschnitten angeführten Verfahren hat der Gerichtsvorsitzende mit Schreiben vom 5. Dezember 1985 eine Fristsetzung gemäß Art. 3 § 3 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (VGFGEntlG) vorgenommen. Dazu hat er zu allen anhängigen Verfahren die Sach- und Rechtslage dargestellt, an die bestimmte, vom Kläger zu beantwortende Fragen geknüpft waren. In Abschn. 6 dieser Verfügung wird angekündigt, daß voraussichtlich am 20. Februar 1986 mündlich verhandelt werde; deshalb werde Frist zur Äußerung bis zum 10. Januar 1986 gesetzt. Der Gerichtsvorsitzende begründete die gesetzte Ausschlußfrist damit, daß die zum Teil schon sehr alten Verfahren nach Möglichkeit abgeschlossen werden sollten.
II.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger für alle vier anhängigen Verfahrenskomplexe geltend, die Entscheidung des FG in den Verfahren 10 K 255/84 (Einkommensteuer 1978), X 368/82 und 10 K 345/84 (Einkommensteuer 1979), X 482/82 und 10 K 346/84 (Einkommensteuer 1980) und X 483/82 (Umsatzsteuer 1980) beruhten auf einem Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 1 Nr. 3 FGO). Für die vorbezeichneten Verfahren sei nicht zur mündlichen Verhandlung geladen worden. Zwar seien diese Verfahren in der Ladung unter der Rubrik ,,Geschäftsnummer" angeführt. Nachfolgend seien in der Ladung nur diejenigen Aktenzeichen angeführt, die das Klageverfahren hinsichtlich des letzten Änderungsbescheides beträfen. Damit sei zum Ausdruck gebracht, daß nur diese Verfahren Gegenstand der mündlichen Verhandlung sein sollten. Bei diesen Verfahren habe es sich aber ausschließlich nur noch um solche gehandelt, in denen wegen seiner Anträge gemäß § 68 FGO und der vorliegenden Erledigungserklärungen nur noch über die Kosten zu entscheiden gewesen wäre. In diesen Verfahren hätte für die Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung keine Notwendigkeit bestanden, zumal die Reise nach Kassel angesichts der winterlichen Verhältnisse mit einem außergewöhnlichen Risiko verbunden gewesen wäre. Außerdem sei er, der Kläger, durch einen anderen für einen Mandanten wahrzunehmenden Termin verhindert gewesen. Hätte er jedoch eine Ladung zu denjenigen Verfahren erhalten, in denen das FG durch Urteil über die Festsetzung von Einkommensteuer 1978 bis 1980 und Umsatzsteuer 1980 entschieden habe, dann wäre er, der Kläger, auf jeden Fall nach Kassel gefahren, notfalls schon am Vortage. Wegen seiner anderweitigen beruflichen Verpflichtung hätte das FG den Termin verlegen müssen.
In den Verfahren betreffend Einkommensteuer 1978 bis 1980 macht der Kläger zusätzlich den Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO geltend. Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage, ob die Absetzung für Abnutzung (AfA) für einen bereits vor Sozietätsgründung von ihm erworbenen PKW im Rahmen der einheitlichen Gewinnfeststellung der Sozietät oder bei den Betriebsausgaben seiner Einzelpraxis zu berücksichtigen sei.
Das FA ist den Anträgen des Klägers, in den vorbezeichneten Verfahren die Revision zum BFH zuzulassen, entgegengetreten. Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO seien dem FG nicht unterlaufen. In der Ladung vom 17. Januar 1986 seien unmißverständlich als Verhandlungsgegenstände die Einkommensteuer 1978, 1979 und 1980 sowie die Umsatzsteuer 1980 angeführt. Aus der prozeßleitenden Verfügung des Gerichtsvorsitzenden vom 5. Dezember 1985 ergebe sich mit hinreichender Deutlichkeit, daß am 20. Februar 1986 in allen anhängigen Verfahren verhandelt werden sollte. Auch sei der Kläger durch die frühzeitige Ankündigung des Termins mit der richterlichen Verfügung vom 5. Dezember 1985 in der Lage gewesen, den Termin vom 20. Februar 1986 wahrzunehmen. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liege bei den Einkommensteuersachen nicht vor.
Entscheidungsgründe
III.
Die Beschwerden des Klägers sind unbegründet.
1. Die vom Kläger vorgebrachte Rüge nicht ordnungsgemäßer Ladung kann als Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs i.S. des § 119 Nr. 3 FGO und als Rüge nicht ordnungsgemäßer Vertretung i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO gedeutet werden.
a) Läge, wie der Kläger am Ende seiner Beschwerdeschrift ausführt, ein Verfahrensmangel des § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO vor, könnte dieser jedoch nicht mit einer Nichtzulassungsbeschwerde, sondern nur mit der zulassungsfreien Revision gerügt werden.
Die gleichwohl eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wäre unzulässig (Beschlüsse des BFH vom 2. Oktober 1969 I B 14/69, BFHE 97, 1, BStBl II 1969, 735, und vom 25. Juli 1979 VI R 3/79, BFHE 128, 176, BStBl II 1979, 654; Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 21. Februar 1973 IV CB 68/72, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Finanzgerichtsordnung, § 115, Rechtsspruch 132).
Der BFH hat im Beschluß in BFHE 128, 176, BStBl II 1979, 654 jedoch ausgeführt, daß der Anwendungsbereich des § 116 Abs. 1 FGO auf Fälle schwerwiegender Verfahrensverstöße beschränkt bleiben müsse und infolgedessen im Bereich des § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO eine zulassungsfreie Revision insbesondere nur in Betracht komme bei Verstößen gegen die materiell-rechtlichen Vorschriften über die gesetzliche Vertretung sowie bei fehlender Vertretung eines Beteiligten im Verfahren infolge mangelnder Partei- und Prozeßfähigkeit sowie bei Verletzung der prozeßrechtlichen Vorschriften über die gewillkürte Vertretung durch Prozeßbevollmächtigte. Für alle diese Fälle sei kennzeichnend, daß der Verfahrensbeteiligte im Prozeß überhaupt nicht vertreten sei.
b) Mit dem Vorbringen des Klägers, nicht ordnungsgemäß geladen gewesen zu sein und aus diesem Grund die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung versäumt zu haben, ist ein schwerwiegender Verfahrensverstoß im dargestellten Sinne nicht vorgetragen worden. Der Kläger macht nicht geltend, im Verfahren nicht vertreten gewesen zu sein. Er legt vielmehr dar, wegen Mängel in der Ladungsschrift einen Verhandlungstermin versäumt und damit in seinen Rechten als Beteiligter benachteiligt zu sein. Es wird hiermit die Verletzung des rechtlichen Gehörs i.S. des § 119 Nr. 3 FGO gerügt. Mit der Geltendmachung einer solchen Rüge wird das Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes i.S. des § 119 FGO behauptet, der bei Nichtzulassung der Revision durch das FG im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vorzubringen ist (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die erhobene Verfahrensrüge ist demnach zulässig.
c) Sie ist jedoch nicht begründet. Im Streitfall ist eine Ladung gemäß § 91 Abs. 1 FGO unter Einhaltung der Ladungsfrist (vgl. § 217 der Zivilprozeßordnung - ZPO -) ergangen. Fälle der Verhandlung ohne Ladung, der Ladung unter Verstoß gegen die Ladungsfrist und der Falschbezeichnung des zu Ladenden, in denen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs bejaht wird, liegen nicht vor (vgl. BVerwG-Urteil vom 1. Dezember 1982 9 CB 748/80, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 310, § 133 VwGO Nr. 39; BFH-Urteil vom 21. Januar 1981 II R 91/79, BFHE 132, 394, BStBl II 1981, 401, und Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 30. Januar 1985 1 BvR 393/84, BVerfGE 69, 141). Der Kläger sieht vorliegend den Verfahrensverstoß darin, daß nicht zu allen von ihm betriebenen Klageverfahren geladen, gleichwohl aber in allen Verfahren verhandelt worden sei.
Anhängig waren zwei Klageverfahren betreffend Einkommensteuer 1978, drei Klageverfahren betreffend Einkommensteuer 1979, drei Klageverfahren zur Einkommensteuer 1980 und zwei Klageverfahren zur Umsatzsteuer 1980, die jeweils unter gesonderten Aktenzeichen beim FG registriert waren. Das FG hat am 17. Januar 1986 zur mündlichen Verhandlung über alle vier Steuerfestsetzungen geladen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Wirksamkeit dieser Ladung nicht dadurch beeinträchtigt worden, daß die Geschäftszeichen derjenigen Verfahren, zu denen geladen werden sollte, nicht alle im eigentlichen Ladungstext, sondern räumlich abgesetzt davon in der Rubrik ,,Geschäftsnummern" aufgeführt sind.
Es kann schon zweifelhaft sein, ob diese räumliche Trennung überhaupt zu beanstanden ist. Die Art der Anordnung der Geschäftszeichen legt für einen verständigen Leser durchaus den Schluß nahe, daß die hinter der jeweiligen Steuerart angegebene Geschäftsnummer angesichts des Raummangels nur eine Kurzbezeichnung derjenigen Verfahren sein soll, die zu dem Verfahrenskomplex der angegebenen Steuerart ebenfalls gehören. Hierfür spricht, daß die jeweilige Geschäftsnummer in der dafür vorgesehenen Rubrik wiederholt und ihr in Klammern die übrigen zum jeweiligen Verfahrenskomplex hinzugehörigen Geschäftsnummern hinzugefügt worden sind. Hinzu kommt, daß der Terminzweck durch Angabe derjenigen Steuerstreitigkeiten, zu denen verhandelt werden sollte, benannt ist. Die Hinzufügung der Geschäftsnummern hatte insoweit nur eine dienende Funktion. Auch war dem Kläger, was seine schriftsätzlichen Äußerungen und die Anträge nach § 68 FGO belegen, geläufig, daß zur Festsetzung der jeweiligen Steuer unabhängig von der Zahl der Verfahren nur eine Entscheidung ergehen konnte.
Geht man zugunsten des Klägers davon aus, daß die Behandlung der Geschäftsnummern in der Ladung Unklarheiten oder Mißverständnisse habe schaffen können, führen Mängel dieser Art nicht zu einem Verfahrensverstoß. Die Wirksamkeit einer Ladung zur mündlichen Verhandlung entfällt nicht schon bei jeder Unzulänglichkeit oder irrtümlichen Bezeichnung, sondern erst dann, wenn der Adressat der Ladung auch bei verständiger Auslegung nicht zu erkennen vermag, für wen und wozu geladen werden soll (so Beschluß des BVerwG vom 22. September 1983 9 B 50/81, Buchholz, a.a.O., 310, § 102 VwGO Nr. 6). Diese hinreichende Deutlichkeit, zu welchen Rechtsstreitigkeiten verhandelt werden sollte (vgl. Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 20. Aufl., § 214 II) ist im Streitfall gegeben. Sie ergibt sich aus den Gesamtumständen der Verfahren, in die die Ladungsschrift vom 17. Januar 1986 eingebettet ist. Aus dem Schreiben des Gerichtsvorsitzenden vom 5. Dezember 1985, welches mit einer Fristsetzung gemäß Art. 3 § 3 VGFGEntlG verbunden war und eine eingehende Darstellung der Sach- und Rechtslage zu allen Verfahren aus der Sicht des Gerichts enthielt, konnte der Kläger die Absicht des Gerichts entnehmen, am 20. Februar 1986 zu allen Verfahren zu verhandeln. Der Kläger hat dies auch so verstanden, denn er hat sich in eingehenden getrennten Schriftsätzen vom 18. Februar 1986 zur Rechtmäßigkeit der Einkommensteuerfestsetzungen 1978, 1979 und 1980 mit der materiellen Rechtslage auseinandergesetzt. Ferner hat der Kläger seinen Terminverlegungsantrag vom 11. Februar 1986 u.a. damit begründet, es fehle ihm die Zeit, ,,die Akten von insgesamt 8 Verfahren durchzuarbeiten". Das FG hat diesem Wunsche nicht entsprochen und dem Kläger noch am 17. Februar 1986 mitgeteilt, daß im mündlichen Termin genügend Zeit gegeben sei, über alle vom Kläger erwähnten Fragen (d.h. die in dessen Schriftsätzen vom 13. Februar 1986 angeführten) eingehend zu sprechen. Diese Umstände belegen in hinreichender Weise, daß die Ladungsschrift vom Kläger in verständiger Weise dahin ausgelegt werden mußte und aufgrund seines Verhaltens von ihm auch so verstanden worden ist, daß am 20. Februar 1986 in allen zehn registrierten Verfahren zur Einkommensteuer 1978 bis 1980 und zur Umsatzsteuer 1980 verhandelt werden würde.
2. Der Kläger hat ergänzend seine Nichtzulassungsbeschwerde mit dem Hinweis begründet, er sei - wie bereits vorgetragen - durch die Wahrnehmung eines Termins für einen Mandanten an der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verhindert gewesen. Gleichzeitig hat er jedoch vorgetragen, er - der Kläger - wäre in jedem Fall zur Terminwahrnehmung nach Kassel gereist (notfalls auch am Vortage), falls er eine Ladung zu denjenigen Sachen erhalten hätte, in denen das FG entschieden hat.
a) In der Ablehnung des Antrags auf Terminverlegung liegt nur dann eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, wenn i.S. des nach § 155 FGO auch im finanzgerichtlichen Verfahren anwendbaren § 227 ZPO erhebliche Gründe für eine Terminverlegung vorgelegen haben. Die Nichtbeachtung solcher Gründe führt auch dann zu einer Verletzung des rechtlichen Gehörs, wenn (wie im Streitfall) in der Ladung gemäß § 91 Abs. 2 FGO darauf hingewiesen worden ist, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden könne (BVerwG-Urteil vom 21. Oktober 1971 1 C 12/71, Verwaltungs-Rechtsprechung, Bd. 24 Nr. 75). Welche Gründe i.S. des § 227 ZPO als erheblich anzusehen sind, richtet sich je nach Lage des Einzelfalles, und zwar nach dem Prozeßstoff und den persönlichen Verhältnissen der Beteiligten (Urteil des Bundessozialgerichts vom 25. Januar 1974 10 RV 375/73, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1974, 465).
b) Mit der erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht ordnungsgemäß dargelegt, daß ein Verfahrensverstoß i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO gegeben ist. Es fehlt an einer ordnungsgemäß erhobenen Verfahrensrüge deshalb, weil sie nicht in sich schlüssig ist. Wenn der Kläger einerseits dartut, er sei wegen eines Mandantentermins verhindert gewesen, andererseits aber versichert, er wäre im Falle einer - aus seiner Sicht - ordnungsgemäßen Ladung zur mündlichen Verhandlung erschienen, läßt sich hieraus zumindest entnehmen, daß der in Sozietät tätige Kläger ernsthaft selbst erwogen hat, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, seinen eigenen Termin vor dem FG wahrzunehmen. Bei dieser Sachlage ist aber nicht erkennbar, daß eine vom Kläger nicht zu beseitigende Terminüberlagerung vorgelegen hat, welche einen erheblichen Grund i.S. des § 227 ZPO hätte darstellen können. Es kann daher auf sich beruhen, daß der Kläger den Hinderungsgrund des anderweitigen Termins weder vor dem FG noch im Beschwerdeverfahren exakt und nachprüfbar bezeichnet hat. Auch kann unerörtert bleiben, daß der Kläger im Terminverlegungsantrag vom 11. Februar 1986 ganz andere Gründe vorgetragen und des näheren begründet hat, demgegenüber die Verhinderung durch einen anderen Termin für einen Mandanten eingangs nur kurz erwähnt hat.
3. Der Kläger stützt seine Beschwerde auch auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Das FG hat zutreffend entschieden, daß die Zuordnung der AfA als Betriebsausgabe von der Zugehörigkeit des PKW zum Betriebsvermögen abhängt. Es hat nach den getroffenen tatsächlichen Feststellungen, die mit Verfahrensrügen nicht angegriffen worden sind, eine Zuordnung des PKW zum Sonderbetriebsvermögen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts angenommen. Sowohl diese rechtliche Beurteilung als auch die sich aus ihr ergebenden Folgerungen sind durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt (vgl. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 5. Aufl., § 15 Anm. 75 f.).
Fundstellen
Haufe-Index 414917 |
BFH/NV 1988, 643 |