Leitsatz (amtlich)
Richtet sich der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gegen einen Beschluß des BFH, durch den die Revision als unzulässig verworfen worden ist, und ist dieser Antrag unzulässig, so ergeht die Entscheidung durch Beschluß ohne mündliche Verhandlung.
Normenkette
FGO § 10 Abs. 3, § 90 Abs. 1 S. 2, § 126 Abs. 1, § 134; ZPO § 584 Abs. 1, § 589 Abs. 1
Tatbestand
Der Senat hat durch Beschluß vom 24. Januar 1979 I R 59/77 (nicht veröffentlicht) die Revision der Klägerin, Revisionsklägerin und Antragstellerin (Klägerin) als unzulässig verworfen, weil die Revisionsbegründungsfrist versäumt war.
Die Klägerin hat "Restitutionsklage nach § 134 FGO in Verbindung mit § 580 Ziff. 7 ZPO" erhoben und beantragt, das Verfahren (I R 59/77) wegen "Unrichtigkeit der sachlichen Grundlagen" wiederaufzunehmen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens I R 59/77 ist nicht zulässig.
1. Der Senat ist für die Entscheidung über den Antrag der Klägerin zuständig. Die Regelung in § 584 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) steht nicht entgegen. Die Klägerin begehrt keine Sachentscheidung, sondern greift die tatsächlichen Feststellungen des Senats an, die der Verwerfung der Revision zugrunde liegen (vgl. das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30. Oktober 1967 VI K 1/67, BFHE 90, 454, BStBl II 1968, 119).
Auch ist das Wiederaufnahmeverfahren an sich statthaft. Anders als § 578 ZPO spricht § 134 FGO nicht von einem durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahren, sondern nur von einem "rechtskräftig beendeten Verfahren". Hierunter fallen auch Verfahren, die - wie im Streitfall - durch einen nicht mehr anfechtbaren Beschluß rechtskräftig abgeschlossen worden sind (vgl. BFH-Beschluß vom 7. November 1969 III K 1/69, BFHE 97, 502, BStBl II 1970, 216).
2. Gleichwohl ist der Antrag der Klägerin, der offenbar auf § 580 Nr. 7 b ZPO gestützt ist, als unzulässig zurückzuweisen (§ 134 FGO i. V. m. § 589 Abs. 1 ZPO).
Nach § 580 Nr. 7 b ZPO findet die Restitutionsklage statt, "wenn die Partei ... eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde" (vgl. BFH-Urteil vom 30. November 1967 V K 2/67, BFHE 90, 459, BStBl II 1968, 180). Die Klägerin hat nichts vorgetragen, was diesen Anfechtungsgrund belegen könnte. (Wird ausgeführt.)
3. Der Senat entscheidet über den Wiederaufnahmeantrag durch Beschluß ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 1 Satz 2 FGO).
a) Wird die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen einen das Verfahren abschließenden rechtskräftigen Beschluß betrieben, so hat das Gericht über den Wiederaufnahmeantrag nach überwiegender Meinung ebenfalls durch Beschluß zu entscheiden (s. insbesondere Gräber, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 134 Anm. 2 am Ende, mit weiteren Nachweisen; für den Fall einer vorausgegangenen Nichtzulassungsbeschwerde BFH-Beschluß III K 1/69, unter Hinweis auf den Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 11. Mai 1960 V A 1/58, Deutsches Verwaltungsblatt 1960 S. 641 - DVBl 1960, 641 -). Nicht abschließend geklärt ist, ob dies auch dann zutrifft, wenn sich der Wiederaufnahmeantrag - wie im Streitfall - gegen einen Beschluß des Revisionsgerichts richtet, durch den die Revision als unzulässig verworfen worden ist. Der VI. Senat des BFH hat in dem Verfahren VI K 1/67 durch Urteil erkannt; er hatte die Restitutionsklage als zulässig, aber unbegründet angesehen. Ist der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens aber - wie hier - unzulässig, so sind keine Gründe erkennbar, weshalb das zur Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag (gemäß § 584 Abs. 1 ZPO) zuständige Revisionsgericht in einer anderen Form (und Besetzung) den Antrag als unzulässig sollte verwerfen müssen, als in der es über die Zulässigkeit der Revision selbst zu erkennen hatte (§ 126 Abs. 1 FGO).
b) Mit dieser Rechtsansicht weicht der Senat nicht von dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 6. Dezember 1973 IX ZR 154/72 (BGHZ 62, 19) ab. Die Voraussetzungen einer Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes nach § 2 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Juni 1968 - RsprEinhG - (BGBl I 1968, 661) sind nicht gegeben. Der BGH hat in jener Sache über das Wiederaufnahmegesuch gegen einen - wie im Streitfall - die Revision als unzulässig verwerfenden Beschluß zwar durch Urteil erkannt. Die Entscheidung läßt aber nicht erkennen, ob die Wiederaufnahmeklage - entsprechend dem Ergebnis des Streitfalles - ebenfalls als unzulässig verworfen worden ist. Außerdem handelt es sich nicht um dieselbe Rechtsfrage i. S. des § 2 Abs. 1 RsprEinhG. Im Gegensatz zu § 134 FGO enthält § 578 ZPO eine ausdrückliche Regelung nur für die Wiederaufnahme der Verfahren, die durch rechtskräftiges End urteil abgeschlossen worden sind, die in Betracht kommenden Verfahren sind als Klagen bezeichnet. Daher kann es im Zivilprozeß näherliegen, über einen Wiederaufnahmeantrag gegen ein durch einen Beschluß abgeschlossenes Verfahren ebenfalls im Klage- oder Urteilsverfahren zu entscheiden. Hinzu kommt, daß der BGH in jenem Urteilsfall die vorausgegangene Revision auch durch Urteil hätte verwerfen können (§ 554 a ZPO), so daß der Art des Verfahrens und der Form der vorausgegangenen Entscheidung nicht die gleiche Bedeutung beizumessen war wie im Streitfall.
Fundstellen
Haufe-Index 72927 |
BStBl II 1979, 710 |
BFHE 1979, 349 |