Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinnützigkeit von Religionsgesellschaften
Leitsatz (NV)
1. Die Rechtsfrage, ob eine Förderung der Allgemeinheit i. S. von § 17 Abs. 2 StAnpG auch dann gegeben ist, wenn die satzungsmäßigen Ziele und Zwecke einer Körperschaft mit dem Grundgesetz nicht in Einklang stehen, hat keine grundsätzliche Bedeutung.
2. Zur Abweichung i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3; StAnpG § 17
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage im zweiten Rechtszug abgewiesen. Der Kläger stützt die Nichtzulassungsbeschwerde u. a. auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und eine Abweichung von der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) im ersten Rechtszug.
Entscheidungsgründe
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 115 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat die vorgebrachten Zulassungsgründe in ausreichender Form dargelegt. Die Beschwerde ist auch im übrigen zulässig, weil sie form- und fristgerecht eingelegt wurde.
2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet, da die Voraussetzungen einer Revisionszulassung gemäß § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO nicht vorliegen.
a) Die vorliegende Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist einer Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beizumessen, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (Beschluß vom 15. Juli 1966 VI B 2/66, BFHE 86, 708, BStBl III 1966, 628, ständige Rechtsprechung). Danach kommt eine Zulassung der Revision nur dann in Betracht, wenn die für die Entscheidung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage klärungsbedürftig und klärungsfähig ist (BFH-Beschluß vom 17. September 1974 VII B 122/73, BFHE 113, 409, BStBl II 1975, 196).
Eine Rechtsfrage ist dann nicht mehr klärungsbedürftig, wenn sie bereits durch eine Entscheidung des BFH geklärt worden ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen (BFH in BFHE 113, 409, BStBl II 1975, 196).
Im Streitfall geht es um die Rechtsfrage, ob eine Förderung der Allgemeinheit i. S. von § 17 Abs. 2 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) auch dann gegeben ist, wenn die satzungsmäßigen Ziele und Zwecke einer Körperschaft mit dem Grundgesetz (GG) nicht im Einklang stehen. Diese Frage hat der erkennende Senat bereits im Urteil vom 13. Dezember 1978 I R 39/78 (BFHE 127, 330, BStBl II 1979, 482) und im Urteil vom 29. August 1984 I R 215/81 (BFHE 142, 243, BStBl II 1985, 106) verneint.
Der Kläger hat auch keine Gesichtspunkte vorgetragen, die eine neuerliche Befassung des Senats mit der vorliegenden Rechtsfrage erforderlich machen.
Zwar betrafen die bisherigen Entscheidungen keine religiösen Vereinigungen, die sich selbst im Verhältnis zum Staat auf Grundrechte, insbesondere aus Art. 4 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG, hätten berufen können. Dieser Gesichtspunkt ist aber für die hier zu entscheidende Rechtsfrage ohne eine besondere Bedeutung, die eine Befassung des Senats erfordern würden: Es geht um die Auslegung des Begriffs ,,Förderung der Allgemeinheit" i. S. des § 17 Abs. 1 StAnpG, welche nach der Rechtsprechung des Senats unter Einbeziehung der Wertentscheidungen des GG zu geschehen hat. Als Förderung der Allgemeinheit sind danach solche Bestrebungen nicht anzuerkennen, die sich gegen verfassungsrechtlich garantierte Freiheiten richten. Soweit deshalb dem Kläger die Anerkennung als gemeinnützig verwehrt worden ist, werden hierdurch Grundrechte aus Art. 4 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG als Abwehrrechte nicht berührt. Zum einen betreffen diese nur die Gewährung bestimmter durch die Bekenntnisfreiheit gewährleisteter Rede- und Handlungsfreiheiten, nicht aber die Teilhabe an bestimmten steuerlichen Privilegien. Zum anderen finden die Grundrechte, und zwar auch soweit sie wie Art. 4 GG ohne Gesetzesvorbehalt ausgestaltet sind, ihre Schranken in den Grundrechten anderer Personen, welche gerade bei der Auslegung des Begriffs der Förderung der Allgemeinheit Berücksichtigung finden.
Soweit der Kläger darüber hinaus die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache unter dem allgemeinen Gesichtspunkt der Gemeinnützigkeit von Religionsvereinigungen behauptet, fehlt es bereits an der Klärungsbedürftigkeit einer solchen allgemein formulierten Rechtsfrage. Der Senat kann im vorliegenden Fall nur zur Gemeinnützigkeit des Klägers Stellung nehmen, nicht aber, wie es der Kläger begehrt, dazu, ob und welche Religionsgemeinschaften im einzelnen in den Genuß staatlicher Förderung als gemeinnützig kommen.
b) Das Finanzgericht (FG) ist in seiner Entscheidung auch nicht von dem Urteil des erkennenden Senats vom 11. Dezember 1985 I R 305/82 (nicht veröffentlicht) abgewichen.
Eine Abweichung i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO liegt nur dann vor, wenn das FG in den Gründen des angefochtenen Urteils einen allgemeinen Rechtssatz aufgestellt hat, der die Entscheidung trägt und der von einem ebenfalls tragenden allgemeinen Rechtssatz in einer Entscheidung des BFH abweicht (vgl. BFH-Beschluß vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479).
Es kann dahinstehen, ob die behauptete Abweichung überhaupt einen allgemeinen Rechtssatz betrifft. Denn soweit der Kläger eine Abweichung des FG von der Feststellung des erkennenden Senats betreffend die formelle Satzungsmäßigkeit des Klägers in dem bezeichneten Vorbescheid rügt, fehlt es bereits an einer solchen Abweichung. Das FG hat diese Feststellung weder in Frage gestellt noch ist es hiervon abgewichen. Es hat vielmehr auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats unter Heranziehung der Schrift ,, . . ." geprüft, welche Ziele der Kläger tatsächlich verfolgte.
Fundstellen