Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundförderung nach § 10 e EStG bei Vereinigung von Miteigentumsanteilen
Leitsatz (NV)
Hat der Miteigentümer eines eigengenutzten Einfamilienhauses noch im Jahr der Fertigstellung den anderen Miteigentumsanteil hinzuerworben, steht ihm der Abzugsbetrag nach § 10 e Abs. 1 EStG in voller Höhe und nicht nur anteilig zu (BFH-Urteil vom 9. November 1994 X R 69/91, BFHE 176, 110, BStBl II 1995, 258). Hat das FA aufgrund der Erklärung der ursprünglichen Miteigentümer zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für das Fertigstellungsjahr durch Feststellungsbescheid den Abzugsbetrag beiden Miteigentümern je zur Hälfte zugerechnet und entsprechend im Einkommensteuerbescheid berücksichtigt, kann der volle Abzugsbetrag beim späteren Alleineigentümer nur dann berücksichtigt werden, wenn der Feststellungsbescheid noch änderbar ist.
Normenkette
AO 1977 § 173 Abs. 1; EStG § 10e Abs. 1, 7
Verfahrensgang
Gründe
1. Die Entscheidung ergeht gemäß Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs.
Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind vorher davon unterrichtet und gehört worden.
Auch wenn man davon ausgeht, daß das Haus erst 1988 fertiggestellt worden ist und somit die Miteigentumsanteile im ersten Jahr des Abzugszeitraums vereinigt worden sind, kann dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) für die Streitjahre 1989 und 1990 die Grundförderung nach § 10 e Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht für das gesamte Gebäude gewährt werden, weil die Vereinigung der Miteigentumsanteile nur zu berücksichtigen ist, wenn der Steuerpflichtige für den zunächst erworbenen Miteigentumsanteil noch keine Abzugsbeträge in Anspruch genommen hat, die Abzugsbeträge sich nicht ausgewirkt haben oder die Auswirkung noch rückgängig gemacht werden kann (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28. Juli 1993 IX R 74/91, BFHE 171, 562, BStBl II 1994, 921). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben.
Nach den dem Senat vorliegenden Feststellungsakten hat die aus dem Kläger und seiner Verlobten bestehende Grundstücksgemeinschaft im Januar 1989 eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Einkommenbesteuerung 1988 abgegeben. Den Angaben in der Erklärung folgend hat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) den Abzugsbetrag nach § 10 e Abs. 1 EStG mit 16 375 DM festgestellt und dem Kläger und seiner Verlobten jeweils zur Hälfte zugerechnet. In dem Abzugsbetrag ist ein Nachholungsbetrag in Höhe von 3 542 DM für das Jahr 1987 enthalten. Im Einkommensteuerbescheid für 1988 hat das FA der Einkommensteuer erklärung des Klägers und der Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen entsprechend einen Abzugsbetrag für den Miteigentumsanteil des Klägers an dem Einfamilienhaus in Höhe von 8 188 DM berücksichtigt. Sowohl der Feststellungsbescheid als auch der Einkommensteuerbescheid sind bestandskräftig.
2. Der Antrag des Klägers, das Verfahren bis zur Entscheidung über seine "Selbstanzeige" ruhen zu lassen, wird abgelehnt, da die Entscheidung über die Selbstanzeige den Ausgang des vorliegenden Verfahrens nicht berührt.
Bereits im Klageverfahren gegen die Einkommensteuerbescheide für 1989 und 1990 hat der Kläger vorgetragen, das Einfamilienhaus sei erst im Februar 1988 fertiggestellt und bezogen worden. Aufgrund des neuen Sachverhaltsvortrags hat das FA den Feststellungsbescheid für 1987 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) geändert und als ingesamt abziehbaren Betrag nur die Vorkosten in Höhe von 26 462 DM angesetzt. Den Einkommensteuerbescheid des Klägers für 1987 hat es entsprechend angepaßt und keine Grundförderung mehr berücksichtigt.
Den Feststellungsbescheid für 1988 hat es nicht geändert. Eine Änderung aufgrund der Selbstanzeige des Klägers nach § 173 AO 1977 kommt nicht in Betracht. Es liegt zwar eine neue Tatsache vor, weil das FA aufgrund der Angaben des Klägers davon ausging, das Gebäude sei bereits Ende 1987 fertiggestellt worden. Die neue Tatsache (Fertigstellung und Bezug im Februar 1988) hat rechtlich zur Folge, daß der Abzugszeitraum erst 1988 beginnt und somit die Miteigentumsanteile im ersten Jahr des Abzugszeitraums vereinigt worden sind. Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Vereinigung im ersten Jahr des Abzugszeitraums zu berücksichtigen (Urteil vom 9. November 1994 X R 69/91, BFHE 176, 110, BStBl II 1995, 258). Dem Kläger stünde daher im Jahr 1988 nicht nur der halbe, sondern der volle Abzugsbetrag zu. Jedoch wäre der nachgeholte Betrag abzurechnen. Insgesamt würde die Änderung aufgrund der neuen Tatsache aber zu einer niedrigeren Steuer führen. Eine Änderung ist in diesen Fällen nur zulässig, wenn den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden der neuen Tatsache trifft (§ 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977). Diese Voraussetzung liegt im Streitfall nicht vor, weil der Kläger und seine Verlobte bewußt als Fertigstellungszeitpunkt Ende 1987 angegeben hatten, um bereits 1987 in den Genuß des Abzugsbetrages zu kommen.
Fundstellen
Haufe-Index 421846 |
BFH/NV 1997, 291 |