Leitsatz (amtlich)
Hebt der BFH im ersten Rechtsgang die Entscheidung des FG auf und verweist die Sache mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen an das FG zurück, so kann, wenn sich die Hauptsache im zweiten Rechtsgang erledigt, bei der Kostenentscheidung grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, der Rechtsbeschwerdeführer (Revisionskläger) habe im Rechtsbeschwerdeverfahren (Revisionsverfahren) im vollen Umfang obgesiegt.
Normenkette
AO a.F. § 307 Abs. 1; FGO §§ 135, 138
Tatbestand
Das FA (Beschwerdegegner) stellte den Einheitswert für das Geschäftsgrundstück der Beschwerdeführerin zum 1. Januar 1956 mit 783 000 DM fest. Auf Grund des Einspruchs wurde er auf 772 800 DM herabgesetzt; hinsichtlich des begehrten Sonderabschlags von 15 v. H. wegen unorganischen Aufbaus war der Einspruch erfolglos.
Die gegen die Einspruchsentscheidung erhobene Berufung wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Auf die Rechtsbeschwerde hob der BFH das Urteil des FG auf und verwies mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück; der BFH übertrug dem FG die Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens (BFH-Urteil III 25/63 vom 12. November 1965).
Die Beschwerdeführerin stellte im zweiten Rechtsgang erneut den Antrag, einen Sonderabschlag wegen unorganischen Aufbaus in Höhe von 15 v. H. zu gewähren. Das FA stellte daraufhin mit Änderungsbescheid den Einheitswert für das Geschäftsgrundstück der Beschwerdeführerin unter Gewährung eines Sonderabschlags wegen unorganischen Aufbaus in Höhe von 10 v. H. mit 698 700 DM fest. Daraufhin erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Entsprechend dieser Erklärung stellte das FG das Verfahren ein und entschied durch Beschluß über die Kosten des gesamten Verfahrens unter Bezugnahme auf § 138 Abs. 2 Satz 1 und § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO dahingehend, daß die Beschwerdeführerin die Kosten des Berufungs- bzw. Klageverfahrens und des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu 1/3 und das FA zu 2/3 zu tragen habe; die Kosten des Einspruchsverfahrens wurden der Beschwerdeführerin zu 3/10 und dem FA zu 7/10 auferlegt.
Mit der Beschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin dagegen, daß ihr auch ein Anteil an den Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens auferlegt worden sei, obwohl sie in diesem Verfahren obgesiegt habe; denn der BFH habe das FG-Urteil in vollem Umfange aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Die Beteiligten haben vor dem FG übereinstimmend erklärt, der Rechtsstreit sei in der Hauptsache erledigt. Damit war es dem FG verwehrt, eine Sachentscheidung zu treffen (vgl. BFH-Beschluß VI R 35/67 vom 23. Februar 1968, BFH 91, 403, BStBl II 1968 352). Es konnte nur noch durch Beschluß über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen entscheiden; dabei mußte der bisherige Sach- und Streitstand berücksichtigt werden (§ 138 Abs. 1 FGO). Soweit der Rechtsstreit sich durch Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts erledigt hat, sind die Kosten dem FA aufzuerlegen (§ 138 Abs. 2 Satz 1 FGO). Nach dem BFH-Beschluß VI B 47/67 vom 25. April 1968 (BFH 92, 469, BStBl II 1968, 608) entspricht es in der Regel billigem Ermessen, wenn der Kläger insoweit die Kosten trägt, als durch den geänderten Bescheid seinem Klagebegehren nicht entsprochen wurde. Diesen Grundsatz hat das FG bei seiner Entscheidung beachtet. Im vorliegenden Fall sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die eine Abweichung von dieser Handhabung rechtfertigen könnten. Insbesondere irrt die Beschwerdeführerin darin, daß sie im Rechtsbeschwerdeverfahren in vollem Umfang obgesiegt habe. Sie verkennt dabei, daß mit dem BFH-Urteil III 75/63 vom 12. November 1965 im ersten Rechtsgang der Rechtsstreit nicht beendet wurde. Es bedurfte vielmehr eines zweiten Rechtsganges, um die tatsächlichen Feststellungen zu treffen, die für die Entscheidung erforderlich waren. Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren hängt vom Umfang des endgültigen Obsiegens bzw. Unterliegens der Beteiligten ab (§§ 135 Abs. 1 und 136 Abs. 1 FGO, § 307 Abs. 1 AO a. F.). Deshalb hatte auch der BFH die Kostenentscheidung dem FG gemäß § 318 Abs. 2 AO a. F. übertragen, da er auf Grund der für ihn verbindlichen tatsächlichen Feststellungen des FG den endgültigen Ausgang des Prozesses nicht überschauen konnte. Eine Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren durch den BFH wäre nur möglich gewesen, wenn das FA in dem Rechtsbeschwerdeverfahren dadurch unterlegen wäre, daß durch den BFH der vom Beschwerdeführer begehrte Einheitswert festgestellt (§ 135 Abs. 1 FGO bzw. § 307 Abs. 1 AO a. F.) oder die Revision als unbegründet zurückgewiesen worden wäre (§ 135 Abs. 2 FGO bzw. § 307 Abs. 1 AO a. F.). Der BFH konnte mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen keine dieser Rechtsfolgen aussprechen. Damit wurde das Verfahren in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht beendet. Es bedurfte eines zweiten Rechtsgangs. Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren hing von dem endgültigen Ausgang des Prozesses im zweiten Rechtsgang ab. Dies hat das FG bei seiner Kostenentscheidung berücksichtigt.
Fundstellen
Haufe-Index 68768 |
BStBl II 1970, 550 |
BFHE 1970, 23 |