Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Anordnung bezüglich der Teilnahme eines GmbH-Gesellschafters an der Außenprüfung bei der GmbH
Leitsatz (NV)
1. Es besteht kein Anspruch des (nichtgeschäftsführenden) Gesellschafters einer GmbH, an der bei der Gesellschaft stattfindenden Außenprüfung uneingeschränkt beteiligt zu werden. Der Antrag des Gesellschafters auf Erlaß einer dahingehenden einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO kann deshalb mangels Vorliegens eines Anordnungsanspruchs keinen Erfolg haben.
2. Richtiger (passivlegitimierter) Antragsgegner i.S. des § 63 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 FGO ist in den Fällen der Ziffer 1 nicht das Veranlagungsfinanzamt (Betriebsfinanzamt), sondern das nach § 195 Satz 2 AO 1977 mit der Außenprüfung beauftragte Betriebsprüfungsfinanzamt.
Normenkette
FGO § 63 Abs. 1, § 114; AO 1977 §§ 30, 193, 195 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) ist als Gesellschafter mit einem Kapitalanteil von 10 v.H. an der X-GmbH und mit 12,5 v.H. an der Y-GmbH beteiligt. Bei beiden Gesellschaften wird eine steuerliche Außenprüfung für die Jahre 1985 bis 1988 durchgeführt. Auf den 5. Februar 1991 war eine Schlußbesprechung anberaumt worden. Diese ist inzwischen vertagt worden.
Mit Schreiben vom 25. Januar 1991 teilten die Bevollmächtigten des Antragstellers dem Antragsgegner und Beschwerdegegner (Antragsgegner) zu 2 (Betriebs-FA) mit, daß sie beabsichtigten, an der vorgesehenen Schlußbesprechung teilzunehmen. Der Grund für dieses Begehren bestand darin, daß der Prüfer die Absicht geäußert hatte, den gemeinen Wert der Anteile an den beiden Gesellschaften für solche Gesellschafter, deren Anteile - wie die des Antragstellers - an den Stammkapitalien 10 v.H. und mehr betrugen, nicht mehr - wie bisher - gemäß Abschn. 80 der Vermögensteuer-Richtlinien - VStR - (Anteile ohne Einfluß auf die Geschäftsführung), sondern nach den Abschn. 77 bis 79 VStR (=Regelbewertung) zu ermitteln.
Der zuständige Sachgebietsleiter des Antragsgegners zu 1 (Betriebsprüfungs-FA) lehnte das Begehren des Antragstellers in einem Telefonat mit dessen Bevollmächtigten unter Hinweis auf das Steuergeheimnis ab und bot statt dessen eine gesonderte Besprechung mit dem Antragsteller und seinen Bevollmächtigten an.
Wegen dieser Ablehnung beantragte der Antragsteller beim Finanzgericht (FG), den Antragsgegnern im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihn an der anhängigen Außenprüfung für die Jahre 1985 bis 1988 betreffend die steuerlichen Verhältnisse der beiden genannten Gesellschaften zu beteiligen, insbesondere
a) ihm die bisher getroffenen Zwischenfeststellungen zu übersenden sowie
b) die Teilnahme an der für den 5. Februar 1991 vorgesehenen Schlußbesprechung zu ermöglichen, hilfsweise,
den Antragsgegnern aufzugeben, die für den 5. Februar 1991 vorgesehene Schlußbesprechung auf einen späteren Zeitpunkt zu vertagen und den Ort der Schlußbesprechung so zu wählen, daß seine - des Antragstellers - Teilnahme ermöglicht werde.
Das FG lehnte die Anträge ab, weil der für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsanspruch (§ 114 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO - i.V.m. § 920 Abs. 1 und 2 der Zivilprozeßordnung - ZPO -) nicht vorliege. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Teilnahme an der Außenprüfung.
Mit der dagegen erhobenen Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Er trägt im wesentlichen vor:
Die Außenprüfungen bei den beiden Gesellschaften erstreckten sich u.a. auf die Anteilsbewertung. Bei den Prüfungsermittlungen seien die steuerlichen Verhältnisse aller ,,Beteiligten" zu berücksichtigen, also nicht nur die der beiden Kapitalgesellschaften, sondern auch die derjenigen Gesellschafter, die Beteiligte des Feststellungsverfahrens i.S. des § 5 der Verordnung zur gesonderten Feststellung des gemeinen Werts nichtnotierter Anteile an Kapitalgesellschaften (AntBewV) vom 19. Januar 1977 (BGBl I 1977, 171) seien. Bei der Frage des ,,Einflusses auf die Geschäftsführung" sei nicht nur die Sicht dieser Geschäftsführung zu berücksichtigen, sondern auch die Betrachtungsweise der übrigen am Feststellungsverfahren Beteiligten.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das FG die Anträge auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
1. Soweit sich der Antrag gegen den Antragsgegner zu 2 (Betriebs-FA) richtet, muß ihm schon deswegen der Erfolg versagt bleiben, weil dieser als passivlegitimierter Antragsgegner nicht in Betracht kommt.
Nach der im Rahmen des § 114 FGO entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 63 Abs. 1 FGO ist ,,richtiger" Antragsgegner im vorliegenden Streitfall allein der Antragsgegner zu 1 (Betriebsprüfungs-FA); weil dieser mit der Durchführung der Außenprüfung durch den Antragsgegner zu 2 gemäß § 195 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) beauftragt war und im Rahmen dieser Befugnis das Begehren des Antragstellers auf Teilnahme an der Außenprüfung, insbesondere auf Teilnahme an der Schlußbesprechung, abgelehnt hat.
Der gegen den Antragsgegner zu 2 (Betriebs-FA) gerichtete Antrag ist deshalb unzulässig (vgl. z.B. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., § 114 FGO Rdnr.32 i.V.m. Rdnr.2 Vor § 40 FGO, Buchst. j). Dies hat zur Folge, daß die Beschwerde insoweit von vornherein unbegründet ist.
2. Auch soweit sich der Antrag gegen den Antragsgegner zu 1 (Betriebsprüfungs-FA) richet, kann er keinen Erfolg haben. Zu Recht hat das FG angenommen, daß der von dem Antragsteller behauptete Anspruch auf eine uneingeschränkte Teilnahme an den Außenprüfungen nicht besteht. Dabei kann der Senat offenlassen, ob der Antragsteller - neben den beiden geprüften Gesellschaften - als Steuerpflichtiger i.S. der §§ 193 ff. AO 1977 anzusehen ist. Dies wäre allenfalls insoweit zu erwägen, als es um die Feststellung des gemeinen Werts der Anteile des Antragstellers geht; denn nur insoweit kann er von den anhängigen Außenprüfungen betroffen sein. Soweit es hingegen die Prüfung von Verhältnissen der Gesellschaften anbelangt, die für deren betriebliche Steuern (z.B. Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer etc.) von Bedeutung sind, wird der Antragsteller davon von vornherein nicht berührt und kann deswegeninsoweit auch keinen Anspruch auf Teilnahme an den Außenprüfungen haben. Zu Recht hat der zuständige Sachgebietsleiter des Antragsgegners zu 1 in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, daß der uneingeschränkten Beteiligung des Antragstellers an den Außenprüfungen das Steuergeheimnis (§ 30 AO 1977) entgegenstehe. Entgegen der Auffassung des Antragstellers hat die Finanzbehörde das Steuergeheimnis auch im Verhältnis der GmbH zu ihren (nicht geschäftsführenden) Gesellschaftern zu wahren (vgl. z.B. Tipke/Kruse, a.a.O., § 30 AO 1977 Rdnr.13).
Bei dieser Sachlage kann dem Antragsteller rechtliches Gehör dadurch gewährt werden, daß der Antragsgegner zu 1 mit ihm - in einer gesonderten Besprechung - diejenigen bei der Prüfung zutage getretenen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte erörtert, die für die Feststellung des gemeinen Werts der Anteile des Antragstellers erheblich sind. Eine Besprechung solchen Inhalts hat der Antragsgegner zu 1 dem Antragsteller bereits vor Ingangsetzung des Antragsverfahrens nach § 114 FGO angeboten.
Fundstellen
Haufe-Index 418543 |
BFH/NV 1993, 151 |