Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine grundsätzliche Bedeutung bei Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls; Unterlassen der Einvernahme des Geschäftsführers der Komplementärin der Klägerin begründet keine Verletzung der Sachaufklärungspflicht, wenn andere Beweismittel möglich wären
Leitsatz (NV)
1. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache liegt nicht vor, wenn die Entscheidung auf die Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls beruht.
2. Das Angebot, den Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin als Zeugen zu vernehmen, steht einer beantragten Parteieinvernahme gleich, die im Steuerprozess nur als “letztes Hilfsmittel” zur Aufklärung des Sachverhalts gilt. Die Beteiligtenvernehmung ist nicht angezeigt, wenn andere Nachweise möglich wären und der Beteiligte insoweit nicht in gebotenem Umfang mitwirkt.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Urteil vom 06.01.2009; Aktenzeichen 16 K 465/07) |
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat keinen Erfolg.
1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und zur Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO zuzulassen.
a) Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde auf grundsätzliche Bedeutung und die Notwendigkeit einer Fortbildung des Rechts gestützt, so muss in der Beschwerdebegründung eine bestimmte --abstrakte-- klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausgestellt und --unter Berücksichtigung von Rechtsprechung und Literatur-- deren Bedeutung für die Allgemeinheit substantiiert dargelegt werden (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 26, 32, 38, m.w.N.). Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache liegt nicht vor, wenn die Entscheidung auf der Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls beruht (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 6. November 2008 XI B 172/07, BFH/NV 2009, 617, m.w.N.).
b) Die Klägerin trägt insoweit sinngemäß vor, die Aufforderung des Finanzgerichts (FG), den bei den Überweisungen nicht bezeichneten Zweck dieser Zahlungsflüsse zu belegen bzw. näher zu erläutern, verstoße gegen die in § 43a Abs. 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) verankerte Verschwiegenheitspflicht im Hinblick auf das Rechtsanwaltsanderkonto. Zu diesem Problemkreis gebe es bislang lediglich eine Entscheidung, wonach die Beschlagnahme von Unterlagen eines Kreditinstituts über ein Rechtsanwaltsanderkonto unzulässig sei (Amtsgericht Münster, Beschluss vom 8. August 1997 23 Gs 459/97, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht 1998, 1329). Wie im Fall eines Rechtsstreits bezüglich der Nachweisführung und der Offenlegung eines Rechtsanwaltsanderkontos zu verfahren sei und in welchem Umfang eine Nachweisführung zu erfolgen habe, sei bisher noch nicht entschieden worden.
Mit diesem Vorbringen hat die Klägerin weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, noch die Notwendigkeit einer Fortbildung des Rechts schlüssig dargelegt. Denn es fehlt jegliche Auseinandersetzung mit der Frage, weshalb insoweit keine Entbindung von der in § 43a Abs. 2 BRAO normierten Verschwiegenheitspflicht in Betracht kam (vgl. zur Beweiswürdigung bei Versagung der Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht z.B. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. April 1983 VIII ZR 46/82, Der Betrieb 1983, 1921).
2. Die geltend gemachten Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegen gleichfalls nicht vor.
a) Mit dem Vorbringen, das FG habe ihr im Schriftsatz vom September 2008 formuliertes Beweisangebot und ihre schriftliche Versicherung im Schriftsatz vom August 2008 übergangen, rügt die Klägerin die Verletzung der dem FG obliegenden Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 FGO.
Das FG hat mit der unterlassenen Einvernahme des angebotenen Zeugen aber keinen Verfahrensfehler begangen, weil es sich bei dem benannten Zeugen um den Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin handelte. Dieses Beweisangebot steht einer beantragten Parteieinvernahme gleich, die in einem Steuerprozess nur als "letztes Hilfsmittel" zur Aufklärung des Sachverhalts gilt (vgl. BFH-Urteil vom 2. Juli 1998 IV R 39/97, BFHE 186, 299, BStBl II 1999, 28, unter 5.b; Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 76 Rz 26, m.w.N.). Die Beteiligtenvernehmung ist nicht geboten, wenn andere Nachweise möglich wären und der Beteiligte --wie im Streitfall-- insoweit nicht in gebotenem Maße mitwirkt. Im Streitfall waren andere Beweise möglich, solange die Klägerin keine nachvollziehbaren Gründe dafür vorgetragen hat, dass eine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht nicht möglich gewesen sei. Einen der Beteiligtenvernehmung vergleichbaren Beweiswert hat die schriftliche Versicherung der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 20. August 2008, wonach es sich bei den streitbefangenen Zahlungen um eine Rückzahlung von Fremdgeld aus dem Rechtsanwaltsanderkonto handele.
b) Auch der Hinweis der Klägerin darauf, das FG habe den vorgelegten Darlehensvertrag und die Hinterlegungsanweisung des Notars sowie das entsprechende Beweisangebot zur Einvernahme des Notars übergangen, vermag keine Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das FG zu begründen. Denn das FG hat ausweislich der Entscheidungsgründe seines Urteils in tatsächlicher Hinsicht nicht die Existenz des Darlehens bzw. die Hinterlegungsanweisung des Notars in Frage gestellt, sondern ausschließlich die aus seiner Sicht nicht hinreichend nachgewiesene Angabe des Zahlungszwecks beanstandet. Das FG hat damit stillschweigend die den genannten schriftlichen Unterlagen zugrunde liegenden Tatsachen als wahr unterstellt bzw. diese nicht für entscheidungserheblich gehalten und durfte aus diesem Grund insoweit von einer weiteren Beweiserhebung absehen (vgl. Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 76 Rz 26).
c) Soweit die Klägerin sich im Übrigen gegen die ihres Erachtens unzutreffende Beweiswürdigung durch das FG wendet, betrifft dies die materielle Rechtmäßigkeit des Urteils, was keinen Verfahrensmangel begründen kann (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 76).
3. Der Vortrag der Klägerin, das FG habe trotz ihrer Anzeige der vollständigen bzw. teilweisen Erledigung der Hauptsache durch die Änderungsbescheide vom Juli 2008 im Urteil mit entsprechend nachteiliger Kostenfolge für sie über den ursprünglichen Klageantrag entschieden, ist erst mit Schriftsatz vom 8. Mai 2009 und damit nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO) am 9. März 2009 vorgebracht worden. Schon deshalb kann dieses Vorbringen die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 22, m.w.N.).
Fundstellen