Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltendmachen der Unpfändbarkeit als Anordnungsanspruch
Leitsatz (NV)
1. Der Anordnungsanspruch für eine einstweilige Anordnung zur vorübergehenden Einstellung der Vollstreckung kann mit der Unpfändbarkeit der gepfändeten Gegenstände begründet werden.
2. Zur Pfändbarkeit einer Kompaktanlage.
Normenkette
FGO § 114 Abs. 1 S. 1, Abs. 3; AO 1977 § 295; ZPO § 920 Abs. 2, § 811 Nr. 1, §§ 811a, 812
Verfahrensgang
Tatbestand
Das Finanzamt - FA - betreibt gegen den Antragsteller die Vollstreckung aus bestandskräftigen Steuerfestsetzungen und hat in dessen Privat- und Geschäftsräumen verschiedene bewegliche Sachen pfänden lassen, davon einige versteigert und andere - Kompaktanlage mit Fernbedienung und zwei Boxen; Phonoschrank (Eiche); Vitrinenschrank; Wohnzimmertisch (Eiche, gekachelt); Spiegel - im Gewahrsam des Antragstellers belassen. Im Hauptverfahren macht der Antragsteller geltend, die Gegenstände seien unpfändbar. Er hat in dem vorliegenden Verfahren beantragt, durch einstweilige Anordnung die Verwertung der Gegenstände bis zur Erledigung des Hauptverfahrens einstweilen einzustellen. Das Finanzgericht (FG) hat diesen Antrag zurückgewiesen, weil der Antragsteller nicht dargelegt habe, aus welchem Grunde er der Gegenstände für seine Berufstätigkeit und eine bescheidene Lebens- und Haushaltsführung bedürfe. Pfändungsschutz komme im übrigen allenfalls hinsichtlich des Wohnzimmertisches, des Vitrinenschranks und des Spiegels in Betracht; insoweit fehle es jedoch an einer Darlegung, welche Möbel das FA dem Antragsteller ungepfändet gelassen habe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde, mit der der Antragsteller weiterhin Schutz vor Kahlpfändung begehrt. Die ,,Radioanlage" sei acht Jahre alt und habe einen niedrigen Zeitwert; sie sei als einziges Gerät unpfändbar. Der Eichenschrank gehöre zur Radioanlage; der Vitrinenschrank sei notwendig zur Aufbewahrung von Hausrat.
Wohnzimmertisch und Spiegel sind nach Einlegung der Beschwerde versteigert worden.
Das FA trägt vor, dem Antragsteller sei ein Empfangsgerät belassen worden; auch für den Vitrinenschrank sei anderes Mobiliar von der Pfändung ausgenommen worden.
Entscheidungsgründe
Soweit in der Hauptsache noch zu entscheiden ist, ist die Beschwerde nicht begründet.
Ein Anordnungsanspruch - neben dem Anordnungsgrund Voraussetzung der beantragten einstweiligen Anordnung - ist nicht, wie erforderlich (§ 114 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -, § 920 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung - ZPO -), glaubhaft gemacht worden. Er wäre nur gegeben, wenn hinreichend wahrscheinlich erschiene, daß die in Betracht kommenden Sachen unpfändbar sind (§ 295 der Abgabenordnung, § 811 Nr. 1, § 812 ZPO). Davon kann indessen nicht ausgegangen werden. Eine (Stereo-)Kompaktanlage gehört grundsätzlich nicht zu den nach § 811 Nr. 1 ZPO unpfändbaren Sachen (vgl. Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, Zivilprozeßordnung, 45. Aufl. 1987, § 811 Anm. 3 B b, c; Thomas/Putzo, Zivilprozeßordnung, 14. Aufl. 1986, § 811 Anm. 4 a; Landgericht Duisburg, Beschluß vom 8. April 1986 4 T 56/87, Monatsschrift für Deutsches Recht 1986, 682). Anders wäre nur zu entscheiden, wenn dem Vollstreckungsschuldner kein anderes Empfangsgerät zur Verfügung stände (und eine Austauschpfändung, § 811 a ZPO, nicht in Betracht käme). Der Antragsteller hat - erst im Beschwerdeverfahren - vorgetragen, es handele sich bei der Anlage ,,um das einzige im Eigentum und sich im Haushalt des Klägers befindende Gerät", und eine eidesstattliche Versicherung seiner Ehefrau vorgelegt, in der diese bestätigt, daß die Angabe des Antragstellers zutreffe, ,,nachdem das FA durch Pfändung das Fernsehgerät, ein Kofferradio und den Phonoschrank pfändete und an sich nahm". Selbst nach dieser Erklärung, derzufolge auch der Phonoschrank - entgegen dem Parteivorbringen - nicht mehr im Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners stände, kann nicht angenommen werden, daß im Haushalt des Antragstellers ein weiteres Empfangsgerät - ggf. Eigentum eines Dritten - nicht zur Verfügung steht. Das gilt jedenfalls im Hinblick darauf, daß nach Angabe des FA dem Antragsteller ein Empfangsgerät im Haushalt belassen worden ist. Der Antragsteller ist dem zumindest nicht ausdrücklich entgegengetreten.
Der Phonoschrank gehört, wie der Antragsteller selbst ausführt, zu der Kompaktanlage; wenn diese nicht unpfändbar ist, so gilt das auch für den Phonoschrank. Hinsichtlich des Vitrinenschranks hat der Antragsteller nicht das Vorbringen des FA entkräftet, entsprechendes anderes Mobiliar sei von der Pfändung ausgenommen worden und stehe im Haushalt zur Verfügung. Daß in bezug auf die Kompaktanlage, den Phonoschrank oder auch den Vitrinenschrank die Voraussetzungen von § 812 ZPO vorlägen, hat der Antragsteller teils nicht behauptet, teils (Kompaktanlage) nicht glaubhaft gemacht.
Soweit sich das Begehren des Antragstellers auch auf einstweilige Nichtverwertung des Wohnzimmertisches und des Spiegels bezog, haben die Parteien - sinngemäß - die Hauptsache für erledigt erklärt. Insoweit hätte die Beschwerde voraussichtlich ebenfalls keinen Erfolg gehabt, weil nicht glaubhaft gemacht worden ist, daß die Voraussetzungen von § 811 Nr. 1 oder § 812 ZPO vorlagen.
Fundstellen
Haufe-Index 415329 |
BFH/NV 1988, 316 |