Leitsatz (amtlich)
Erfüllt der Bewerber um die Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 StBerG im Zeitpunkt der Entscheidung des Zulassungsausschusses nicht, so kann die spätere Erfüllung seinem Rechtsbehelf gegen die ablehnende Entscheidung nicht zum Erfolg verhelfen.
Normenkette
StBerG § 6 Abs. 1 Nr. 1; DVStBerG § 4 Abs. 3 Nr. 2
Tatbestand
Die durch einen Rechtsanwalt im Prozeß vertretene frühere Klägerin, die während des Revisionsverfahrens verstorben ist, hatte mit Schreiben vom 6. Juni 1964 die Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung beantragt, die vom 8. Dezember 1964 ab stattfinden sollte. Zu der Frage nach der Vorbildung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten (StBerG) hatte sie in dem Zulassungsantrag erklärt, sie habe die erforderlichen Kenntnisse durch praktische Erfahrungen erworben und werde an einem Kursus des Verbandes der steuerberatenden Berufe teilnehmen, der zu diesem Zweck demnächst beginnen werde. Der Zulassungsausschuß bei der OFD hatte den Antrag der (früheren) Klägerin abgelehnt, weil sie weder die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 StBerG noch diejenigen des § 6 Abs. 1 Nr. 3 StBerG erfülle. Auf ihre Berufung hatte das FG die OFD "verurteilt, die Berufungsführerin zum nächstmöglichen Termin zur Steuerbevollmächtigtenprüfung zuzulassen". Das FG hatte dabei die Tatsache berücksichtigt, daß die Klägerin eine Bescheinigung des Verbandes der steuerberatenden Berufe vom 20. Februar 1965 beigebracht hatte, nach der sie zum Nachweis der in § 6 Abs. 1 Nr. 1 StBerG geforderten "entsprechenden Kenntnisse" an dem von dem Verband in der Zeit vom 27. August 1964 bis 13. Februar 1965 durchgeführten Sonderlehrgang regelmäßig teilgenommen hätte, und daß sie weiter ein Gutachten der nach Abschluß des Lehrgangs eine Prüfung (in Deutsch, Gemeinschaftskunde, Wirtschafts- und Betriebswirtschaftskunde und Wirtschaftsrechnen) Abnehmenden vorgelegt hatte, nach dem sie diejenigen Kenntnisse nachgewiesen hätte, die von Absolventen der kaufmännischen Berufsfachschule in diesen Fächern gefordert würden. Die Vorinstanz hatte die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 StBerG durch die (frühere) Klägerin als erfüllt angesehen.
Mit der gegen die Vorentscheidung eingelegten Rb., die nunmehr als Revision zu behandeln ist, erstrebte die OFD zunächst die Aufhebung der Vorentscheidung und die kostenpflichtige Abweisung der Berufung. Nach dem Tod der Klägerin beantragt die OFD, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären, über die Kosten des Verfahrens zu ihren (der OFD) Gunsten gemäß § 138 FGO zu entscheiden und den Streitwert festzusetzen. Die OFD ist der Meinung, daß sie im Fall der Entscheidung zur Hauptsache obgesiegt hätte, da die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 StBerG bei der Klägerin im Zeitpunkt der Entscheidung des Zulassungsausschusses nicht vorgelegen hätten; auf diesen Zeitpunkt, nicht auf denjenigen der letzten mündlichen Verhandlung des FG, komme es aber für den erforderlichen Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 (Nrn. 1 und 3) StBerG an.
Der Prozeßbevollmächtigte der (früheren) Klägerin ist der Ansicht, daß der BFH im Fall der Entscheidung zur Hauptsache genauso wie das FG hätte entscheiden müssen. Er beantragt gleichfalls, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären, im übrigen aber die gesamten Kosten des Verfahrens der Beklagten aufzuerlegen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
1. Der Rechtsstreit über die Berechtigung des Antrags auf Zulassung der Klägerin zur Steuerbevollmächtigtenprüfung ist - wie Klägerin und Beklagte zutreffend dargelegt haben - durch den Tod der Klägerin in der Hauptsache erledigt. Gemäß § 138 Abs. 1 FGO hat der Senat nur noch nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß zu entscheiden; dabei ist der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen.
2. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand hätte die (frühere) Klägerin im Falle der Entscheidung zur Hauptsache nicht obgesiegt. Es kann im Streitfall dahingestellt bleiben, ob die Klägerin die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 3 StBerG erfüllte, ferner ob sie durch die Bescheinigung über den von ihr besuchten Lehrgang und über die abgelegte Prüfung "die entsprechenden Kenntnisse" im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 StBerG überhaupt nachgewiesen hatte (vgl. dazu auch das Urteil des erkennenden Senats VII 255/64 U vom 8. Februar 1966, BFH 84, 496, BStBl III 1966, 180/1). Da ein solcher "Nachweis" sich nur auf den Erwerb von Kenntnissen zu einer Zeit bezog, die nach dem Zeitpunkt der Entscheidung des Zulassungsausschusses lag, ist dessen Entscheidung, daß die (frühere) Klägerin im Zeitpunkt dieser Entscheidung die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 StBerG nicht erfüllte, zutreffend gewesen. Der Bewerber um die Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung muß gewisse Voraussetzungen im Zeitpunkt der Entscheidung durch den Zulassungsausschuß erfüllen (vgl. auch Klöcker-Mittelsteiner-Gehre, Handbuch der Steuerberatung, Bem. 4b zu § 6, 1 Abs. 2 zu § 7 StBerG); dazu gehören auch die Vorbildungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 StBerG. Das ergeben der eindeutige Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 6 Abs. 1 Nr. 1 StBerG. So heißt es in § 6 Abs. 1: "Ein Bewerber ist zur Prüfung als Steuerbevollmächtigter zuzulassen, wenn er ..."; dementsprechend beginnt § 7 Abs. 1 StBerG mit den Worten: "Die Zulassung zur Prüfung setzt ferner voraus, daß der Bewerber ...". Der Zulassungsausschuß muß nachprüfen können, ob die vom Gesetz für die Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung geforderten Voraussetzungen in dem einzelnen Fall gegeben sind. Deshalb muß der Bewerber den Erwerb "entsprechender Kenntnisse" "auf andere Weise" im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 StBerG nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des Steuerberatungsgesetzes vom 1. August 1962 (DVStBerG) BGBl I S. 537 - in der Weise nachweisen, daß er dem Antrag auf Zulassung zur Prüfung beglaubigte Abschrift der Zeugnisse über die in § 6 Abs. 1 StBerG geforderte Vorbildung für die Steuerbevollmächtigtenprüfung "beizufügen" hat. Es reicht nicht aus, einen Antrag auf Zulassung zur Prüfung gewissermaßen "auf Vorrat" zu stellen und zu erklären, die erforderlichen Kenntnisse würden noch erworben werden; in einem solchen Falle kann der Zulassungsausschuß gemäß § 6 Abs. 1 StBerG in Verbindung mit § 4 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4 und § 1 DVStBerG dem Antrag auf Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung nicht stattgeben. So liegt es aber im Streitfall. Die (frühere) Klägerin hatte in dem Antrag auf Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung auf die Frage, ob sie sich Kenntnisse nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 StBerG "auf andere Weise" erworben hätte, angegeben: "1. ja durch praktische Erfahrungen" - was zur Begründung und zum Nachweis nicht ausreichte - und 2. "Teilnahme am Kursus des Verbandes der steuerberatenden Berufe, der zu diesem Zweck demnächst beginnt". Das genügte nicht den Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 1 StBerG in Verbindung mit § 4 Abs. 3 Nr. 2 DVStBerG. Nach dem Dargelegten entspricht es den bezeichneten Vorschriften nicht, wenn der Bewerber um die Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung im Zeitpunkt seines Zulassungsantrags und nach der Entscheidung des Zulassungsausschusses die von § 6 Abs. 1 Nr. 1 StBerG für die Zulassung zur Prüfung geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt, sie vielmehr erst im Laufe des finanzgerichtlichen Verfahrens schafft und nachweist.
Fundstellen
Haufe-Index 67752 |
BStBl II 1968, 671 |
BFHE 1968, 139 |