Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur schlüssigen Dar legung eines Verfahrensmangels wegen Nichtaussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO
Leitsatz (NV)
Wird mit der Nichtzulassungsbeschwerde als Verfahrensmangel geltend gemacht, daß das FG das Klageverfahren nach § 74 FGO bis zum Abschluß des Grundlagenverfahrens hätte aussetzen müssen, muß der Beschwerdeführer dartun, warum die besonderen Umstände des Einzelfalles ausnahmsweise das FG zu einer Aussetzung des Verfahrens zwingen und damit das dem FG in § 74 FGO eingeräumte Ermessen auf Null reduziert gewesen sein soll.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den gesetzlichen Erfordernissen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Wird die Beschwerde auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels gestützt (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), muß der Verfahrensmangel "bezeichnet" werden. Dafür genügt es nicht, die angeblich verletzte Rechtsnorm anzugeben. Es sind vielmehr genau die Tatsachen darzutun, aus denen sich schlüssig ein Verfahrensmangel ergibt. Ferner ist in der Beschwerdebegründung darzulegen, daß die angefochtene Entscheidung auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann, d. h., daß das Finanzgericht (FG) -- ausgehend von seiner sachlich-rechtlichen Auffassung -- ohne den geltend gemachten Verfahrensfehler möglicherweise anders entschieden hätte (ständige Rechtsprechung; vgl. u. a. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 13. März 1995 XI B 160/94, BFH/NV 1995, 817, und vom 7. März 1995 III B 163/94, BFH/NV 1995, 814 m. w. N.).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) macht zwar unter Hinweis auf zahlreiche, von ihr zitierte BFH-Entscheidungen geltend, daß das FG das Klageverfahren nach § 74 FGO wegen der inhaltlichen und verfahrensrechtlichen Vorgreiflichkeit der gesonderten Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen bis zum rechtskräftigen Abschluß des Grundlagenverfahrens hätte aussetzen müssen; daher liege im Streitfall ein Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens vor. Doch wird mit diesem Vortrag ein Verfahrensverstoß nicht schlüssig dargelegt. Da es sich bei der Vorschrift des § 74 FGO um eine Ermessensvorschrift handelt, hätte die Klägerin dartun müssen, warum die besonderen Umstände des Einzelfalles ausnahmsweise das FG zu einer Aussetzung des Verfahrens zwingen und damit das dem FG in § 74 FGO eingeräumte Ermessen im Streitfall auf Null reduziert gewesen sein soll. Die bloße Behauptung der Klägerin, bei dem Rechtsstreit um die Frage der gesonderten Feststellung des Werts der Anteile an der X-S. A. Schweizer Rechts handele es sich im Sinne der BFH- Rechtsprechung um eine vorgreifliche Entscheidung, von der die Entscheidung des Streitfalles abhänge, reicht nicht aus. Die Klägerin hätte vielmehr, ausgehend von der Rechtsauffassung der Vorinstanz, darlegen müssen, ob und inwieweit die Entscheidung des Streitfalles, so wie er sich nach der Zurücknahme der Einsprüche gegen die Vermögensteuerbescheide 1977 und 1978 sowie nach der nicht mehr angefochtenen Änderung des Vermögensteuerbescheids 1979 darstellte, von der Frage der gesonderten Feststellung des Werts der Anteile an der X-S. A. beeinflußt werden konnte, obwohl -- so das FG -- die Einsprüche der Klägerin vom 5. und 25. Januar 1989 aufgrund der Anfechtungsbeschränkung des § 351 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) unzulässig waren.
Da die von der Klägerin angegriffenen Vermögensteuerbescheide ohnehin bei einem späteren Ergehen des von der Klägerin begehrten Feststellungsbescheids (über den Wert der Anteile an der X-S. A.) als Grundlagenbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 geändert werden müssen, hätte die Klägerin näher begründen müssen, warum dennoch für die Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO ein rechtliches Bedürfnis besteht, das die Ablehnung der beantragten Aussetzung als ermessenswidrig erscheinen läßt. Das gilt um so mehr, als im Streitfall nach Auffassung des FG ein Grundlagenverfahren bezüglich der Feststellung des Werts der Anteile an der X- S. A. nicht durchzuführen ist, das FG somit die Ausübung seines Ermessens im Sinne der Nichtaussetzung des Verfahrens ausdrücklich begründet hat.
Fundstellen
Haufe-Index 421028 |
BFH/NV 1996, 237 |