Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB und Antrag auf PKH ‐ Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Leitsatz (NV)
Der mittellose Steuerpflichtige ist bis zur Entscheidung über seinen PKH-Antrag unverschuldet verhindert, Rechtsmittel einzulegen. Nach Bewilligung von PKH ist ihm jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur zu gewähren, wenn er in der Rechtsmittelfrist den PKH-Antrag gestellt und die Erklärung gemäß § 117 Abs. 2, Abs. 4 ZPO vorgelegt oder unter Bezugnahme auf eine früher vorgelegte Erklärung versichert hat, dass die Verhältnisse unverändert sind.
Normenkette
FGO §§ 56, 142 Abs. 1; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1; ZPO §§ 114, 117 Abs. 2, 4
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage als unzulässig abgewiesen mit der Begründung, der Kläger, Beschwerdeführer und Antragsteller (Kläger) habe den Gegenstand des Klagebegehrens nicht bezeichnet (§ 65 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Das klagabweisende Urteil ist dem Kläger am 10. August 1999 durch Niederlegung bei der Post zugestellt worden. Hiergegen hat er durch seinen vor dem Bundesfinanzhof (BFH) nicht vertretungsberechtigten Bevollmächtigten Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, mit der er Verfahrensfehler rügt.
Entscheidungsgründe
1. Das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig.
Vor dem BFH muss sich ―wie auch aus der Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Urteil hervorgeht― jeder Beteiligte, sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelt, durch eine Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten lassen (Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ―BFHEntlG―). Fehlt es, wie offensichtlich im Streitfall, an diesem Erfordernis der ordnungsgemäßen Vertretung durch einen Angehörigen der in Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG aufgeführten Berufsgruppen, so ist die betreffende Prozesshandlung ―im Streitfall die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde― unwirksam.
2. Der beim BFH am 4. Januar 2000 eingegangene Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) für eine Nichtzulassungsbeschwerde ist zwar zulässig. Für diese Verfahrenshandlung besteht beim BFH kein Vertretungszwang (ständige Rechtsprechung; BFH-Beschluss vom 31. Juli 1996 V S 7/96, V B 50-51/96, BFH/NV 1997, 196). Der Antrag auf PKH ist jedoch unbegründet.
Gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) wird einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten erbringen kann, auf Antrag PKH gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Die beantragte PKH kann deshalb nicht bewilligt werden.
An der Erfolgsaussicht fehlt es allerdings nicht schon deshalb, weil die Beschwerde wegen Nichteinhaltung des Vertretungszwangs (Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG) unzulässig ist und die Fristen für die Einlegung von Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer abgelaufen sind. Der mittellose Beteiligte wird in der Regel bis zur Entscheidung über seinen PKH-Antrag als jemand angesehen, der ohne sein Verschulden an der wirksamen Einlegung des Rechtsmittels verhindert ist (vgl. BFH-Beschluss vom 20. April 1988 X S 13/87, BFH/NV 1988, 728, m.w.N.). Sofern PKH bewilligt wird, müsste dem Antragsteller unter bestimmten Voraussetzungen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden (vgl. BFH-Beschluss vom 7. Juli 1994 VIII S 1/94, BFH/NV 1995, 92, m.w.N.). Es bestünde dann die Möglichkeit zu einer wirksamen formgerechten Einlegung des Rechtsmittels auch noch nach Ablauf der Rechtsmittelfrist.
Die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt jedoch voraus, dass der Antragsteller innerhalb der maßgeblichen Rechtsmittelfrist den Antrag auf Bewilligung der PKH stellt und die erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemäß § 117 Abs. 2 und 4 ZPO unter Beifügung der entsprechenden Belege vorlegt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 13. Juli 1995 VII S 1/95, BFH/NV 1996, 10, m.w.N.). Auf diese Erklärung (i.S. des § 117 Abs. 2 und 4 ZPO) kann nur verzichtet werden, wenn der Antragsteller innerhalb der Rechtsmittelfrist unter Bezugnahme auf die im vorhergehenden Verfahren abgegebene Erklärung versichert, dass die Verhältnisse unverändert sind (BFH-Beschluss vom 5. November 1986 IV S 7/86, IV B 49/86, BFHE 148, 13, BStBl II 1987, 62). Es kann dahingestellt bleiben, ob die Bezugnahme auf eine beim Amtsgericht X liegende Vermögensaufstellung für das vorliegende Verfahren genügt. Der Kläger hat sich innerhalb der Beschwerdefrist weder auf diese Erklärung bezogen noch hat er innerhalb der maßgeblichen Rechtsmittelfrist den Antrag auf Bewilligung der PKH gestellt.
3. Die das Beschwerdeverfahren betreffende Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung. Die Entscheidung über die PKH ergeht gerichtskostenfrei.
Fundstellen
Haufe-Index 424679 |
BFH/NV 2000, 958 |