Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehrenamtliche Richter nur aus West-Berlin als gesetzliche Richter
Leitsatz (NV)
Der VI.Senat des BFH schließt sich dem BFH-Beschluß vom 18. August 1992 VIII R 9/92 (BFHE 168, 508) an, daß das FG Berlin wegen der im Dezember 1990 für eine Amtsperiode von vier Jahren durchgeführten Wahl der ehrenamtlichen Richter nicht vorschriftswidrig besetzt ist (§ 119 Nr. 1 FGO).
Normenkette
FGO § 119 Nr. 1
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger), für die Streitjahre weitere Werbungskosten zu berücksichtigen, mit Urteil vom 23. Oktober 1991 statt. Hiergegen hat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) Nichtzulassungsbeschwerde und Revision eingelegt.
Mit der Revision rügt das FA als Verfahrensmangel, das FG sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen (§ 116 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Denn an dem Urteil hätten ehrenamtliche Richter mitgewirkt, die nicht aus der Bevölkerung des gesamten Gerichtsbezirks vorgeschlagen und gewählt worden seien. Die nach dem 3. Oktober 1990 fertiggestellte Vorschlagsliste, sowie ab dem 1. Janur 1991 beginnende Amtsperiode habe nur Personen aus dem Westteil Berlins enthalten. Dementsprechend seien bei der Wahl vom 12. Dezember 1990 auch nur solche Personen berücksichtigt worden, wodurch ein Drittel der Gesamtbevölkerung Berlins für die Dauer von vier Jahren von der Mitwirkung an der Rechtsprechung des FG Berlin ausgeschlossen worden sei. Die darin liegende Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 des Grundgesetzes - GG -) könne, da es sich um einen Verstoß gegen die Grundordnung der Wahl ehrenamtlicher Richter handele, auch nicht für eine Übergangszeit hingenommen werden, zumal der Einigungsvertrag zu dieser Frage keine Regelung enthalte.
Der Kläger macht geltend, mit dem Urteil des FG Berlin vom 8. Mai 1991 VI 552/89 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1991, 555) sei die Ordnungsmäßigkeit der Gerichtsbesetzung jedenfalls für eine Übergangszeit zu bejahen, um einen Stillstand der Rechtspflege zu vermeiden. Der Gesetzgeber des Einigungsvertrages habe auch auf anderen Gebieten der Gerichtsverfassung bewußt Übergangsregelungen in Kauf genommen, die für den Staatsbürger wesentlich schwerwiegender seien, als die Nichtberücksichtigung aller Ostberliner bei der Wahl zu ehrenamtlichen Richtern am FG Berlin. Ungeachtet dessen sei die Bevölkerung Ostberlins deshalb bei der Besetzung ehrenamtlicher Richterstellen nicht zu berücksichtigen gewesen, weil sie nicht die Sollvoraussetzung des § 17 Satz 2 FGO erfüllt habe, daß sie während des letzten Jahres vor der Wahl ihren Wohnsitz bzw. die gewerbliche oder berufliche Niederlassung innerhalb des Gerichtsbezirks gehabt hätte.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht zulässig.
Gegen das Urteil des FG ist die Revision nur zulässig, wenn sie das FG oder - auf Beschwerde hin - der Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen hat oder wenn wesentliche Mängel des Verfahrens i.S. des § 116 FGO gerügt werden (Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Da das FG die Revision nicht zugelassen hat, der BFH die Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluß vom heutigen Tage zurückgewiesen hat und der Mangel nicht vorschriftsmäßiger Besetzung des erkennenden Gerichts (§ 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO) nicht schlüssig gerügt worden ist, war die Revision als unzulässig zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO). Der Vortrag, an der 1991 ergangenen Entscheidung hätten als ehrenamtliche Richter nur solche aus dem Westteil von Berlin mitgewirkt, enthält keine Tatsachen, die einen Verfahrensfehler i.S. von § 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO schlüssig belegen. Der VIII.Senat des BFH hat mit Beschluß vom 18. August 1992 VIII R 9/92, BFHE 168, 508, BStBl II 1993, 55, entschieden, daß das FG Berlin nicht wegen der im Dezember 1990 für eine Amtsperiode von vier Jahren durchgeführten Wahl der ehrenamtlichen Richter als solcher nicht vorschriftsmäßig besetzt ist. Dem schließt sich der erkennende Senat an und verweist zur näheren Begründung auf obigen Beschluß.
Fundstellen
Haufe-Index 418793 |
BFH/NV 1993, 257 |