Entscheidungsstichwort (Thema)
Revisionsfrist bei Zustellung im Ausland; Vertretung durch einen ausländischen Bevollmächtigten
Leitsatz (NV)
1. Wird das Urteil des FG im Ausland zugestellt, so ist für Beginn und Ablauf der Revisionsfrist die Aufgabe zur Post maßgebend. Für die fristgerechte Einlegung der Revision kommt es darauf an, daß sie bis zum Ablauf der Revisionsfrist beim FG eingeht.
2. Die Vertretung durch einen im Ausland zugelassenen Rechtsanwalt genügt nicht dem Vertretungszwang.
Normenkette
BFHEntlG Art. 1 Nr. 1; FGO § 53 Abs. 3, 54, § 120 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt - HZA -) forderte vom Kläger und Revisionskläger (Kläger) durch Bescheid vom 28. Februar 1975 Eingangsabgaben für eingeführte gefälschte Münzen in Höhe von 9 398,62 DM nach. Die Klage führte zur Abänderung des Abgabenbescheids, indem die Eingangsabgaben auf 8 224,02 DM festgesetzt wurden. Im übrigen blieb sie erfolglos.
In dem Verfahren vor dem Finanzgericht (FG) hatte der Kläger sich durch den Prozeßbevollmächtigten, einen österreichischen Rechtsanwalt, vertreten lassen. Das FG hatte den Kläger deshalb aufgefordert, nach § 53 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) einen Zustellungsbevollmächtigten im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) zu bestellen. Die Aufforderung war ohne Erfolg geblieben. In der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils wies das FG den Kläger darauf hin, daß die Revision schriftlich einzulegen sei, daß jeder Beteiligte sich vor dem Bundesfinanzhof (BFH) durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen müsse und daß dies auch für die Einlegung der Revision gelte. Das Urteil des FG wurde am 14. Januar 1983 zur Post gegeben.
Der Kläger legte gegen das Urteil des FG mit Schriftsatz vom 11. Februar 1983 Revision ein. Die Revisionsschrift ging am 16. Februar 1983 beim FG ein.
Zur Frage, ob die Revisionsfrist gewahrt ist, macht der Kläger geltend, wenn das Urteil des FG nach § 53 Abs. 3 FGO mit dem Tag als zugestellt gelte, an dem es zur Post gegeben worden sei, so müsse das aus Gründen der Rechtsgleichheit hinsichtlich der Einlegung der Revision auch für ihn gelten, so daß die Aufgabe zur Post am 14. Februar 1983 rechtzeitig erfolgt sei.
Der Prozeßbevollmächtigte teilte mit, daß er nicht durch eine deutsche Landesjustizverwaltung zur Rechtsanwaltschaft in der Bundesrepublik zugelassen sei.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
Gegen das Urteil des FG ist nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung Revision eingelegt worden (vgl. § 120 FGO). Das Urteil des FG gilt nach § 53 Abs. 3 Satz 2 FGO mit der Aufgabe zur Post am Freitag, dem 14. Januar 1983, als zugestellt. Danach war die Revision bis zum Ablauf des 14. Februar 1983 (Montag) einzulegen (§ 54 Abs. 2 FGO, § 222 Abs. 1 der Zivilprozeßordung - ZPO -, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -).
Die Revision kann nicht mit der Begründung als fristgerecht eingelegt angesehen werden, sie sei bis zum 14. Februar 1983 zur Post gegeben worden. Für die fristgerechte Einlegung der Revision kommt es darauf an, daß sie bis zum Ablauf der Revisionsfrist beim FG eingeht (§ 120 Abs. 1 Satz 1 FGO). Auf den Zeitpunkt, in dem die Revisionsschrift zur Post gegeben worden ist, kann auch nicht unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes abgestellt werden. Der Gleichheitssatz ist nicht deshalb verletzt, weil das Gesetz für die Fälle, in denen die Zustellung eines Urteils nach § 53 Abs. 3 Satz 2 FGO zu bestimmen ist, keine besondere Regelung über den Ablauf der Revisionsfrist enthält, die derjenigen in § 53 Abs. 3 Satz 2 FGO entspricht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist der Gleichheitssatz durch eine gesetzliche Regelung nur verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für eine gesetzliche Differenzierung nicht finden läßt. Dem Gesetzgeber steht weitgehende Gestaltungsfreiheit zu (vgl. BVerfG-Beschluß vom 10. Oktober 1978 2 BvL 3/78, BVerfGE 49, 280, 283). Nach diesen Grundsätzen ist es nicht zu beanstanden, daß die FGO für die Frist zur Einlegung einer Revision gegen ein Urteil, das nach § 53 Abs. 3 Satz 2 FGO mit der Aufgabe der Post als zugestellt gilt, keine besondere Regelung enthält, zumal der Betroffene die Wirkung einer Zustellung mit der Aufgabe zur Post dadurch abwenden kann, daß er einen Zustellungsbevollmächtigten bestellt (§ 53 Abs. 3 FGO).
Die Revision ist außerdem deshalb unzulässig, weil der Kläger sich bei deren Einlegung nicht entsprechend der Bestimmung in Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG ) durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten lassen hat. Die Vertretung durch einen im Ausland zugelassenen Rechtsanwalt reicht dazu nicht aus (vgl. Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 19. Juli 1977 VIII CB 84.76, Buchholz, 310, § 67 Verwaltungsgerichtsordnung, Nr. 47, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1978, 256, und vom 3. Mai 1971 VIII B 7.69, Buchholz, 310, § 67 Verwaltungsgerichtsordnung Nr. 35).
Da die Revision aus den vorstehenden Gründen schon unzulässig ist, braucht nicht entschieden zu werden, ob ihre Unzulässigkeit sich auch daraus ergibt, daß der Streitwert 10 000 DM nicht übersteigt (Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG), oder ob die Revision ein Urteil in einer Zolltarifsache betrifft und ihre Zulässigkeit deshalb vom Wert des Streitgegenstandes unabhängig ist (§ 116 Abs. 2 FGO).
Fundstellen