Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlehensverträge unter Angehörigen; Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
Leitsatz (NV)
- Ein Darlehensvertrag zwischen nahen Angehörigen ist nur anzuerkennen, wenn der Vertrag als solcher und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten dem zwischen fremden Dritten Üblichen entspricht. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, wenn die Geldmittel aus der Vermögenssphäre des Vaters vor Abschluss der Darlehens- und Schenkungsverträge auf betriebliche Konten überwiesen werden, auch wenn die Mittel aus dem privaten Bereich stammen. Da die Trennung zwischen Vermögens- und Einkunftssphäre von Eltern und Kindern in diesem Fall nicht gewährleistet ist, liegen nicht abziehbare Zuwendungen i.S. des § 12 Nr. 2 EStG vor.
- Aufwendungen für eine durch berufliche Anlässe unterbrochene Fahrt zwischen Wohnung und Betriebsstätte sind grundsätzlich nur im Rahmen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG abziehbar. Nur die Aufwendungen für den durch den beruflichen Anlass erforderlichen Mehrweg sind uneingeschränkt als Betriebsausgaben anzuerkennen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6, § 12 Nr. 2
Gründe
Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757 ―FGO n.F.―) erfordert.
1. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) zur Begründung seines Rechtsmittels aufgeworfenen Rechtsfragen,
welche Bedeutung § 41 der Abgabenordnung (AO 1977) bei der steuerlichen Anerkennung von Darlehensverträgen unter Angehörigen zukommt und ob die Herkunft der Darlehensmittel zu berücksichtigen ist bzw.
ob die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auch dann mit den Pauschbeträgen nach § 4 Abs. 5 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG), § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG anzusetzen sind, wenn anlässlich dieser Fahrten Kunden beliefert, Geschäftspartner kontaktiert oder Lieferanten besucht werden,
haben keine grundsätzliche Bedeutung.
a) Die Rechtsfrage, wem die Zinsen für ein von einem Familienangehörigen überlassenes Darlehen steuerlich zuzurechnen sind, ist durch die Rechtsprechung des BFH im Wesentlichen geklärt. Ein Darlehensvertrag zwischen nahen Angehörigen ist danach nur anzuerkennen, wenn der Vertrag als solcher und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten dem zwischen fremden Dritten Üblichen entspricht. Zwar kann ein Darlehensvertrag auch dann steuerlich anzuerkennen sein, wenn die Valutabeträge aus Mitteln stammen, die den Kindern zuvor von den Eltern geschenkt worden sind, sofern Schenkung und Darlehen "unabhängig voneinander" vereinbart werden (BFH-Urteile vom 18. Dezember 1990 VIII R 1/88, BFHE 163, 444, BStBl II 1991, 911; vom 18. Januar 2001 IV R 58/99, BFHE 194, 377, BStBl II 2001, 393). An der betrieblichen Veranlassung kann es jedoch dann fehlen, wenn der Betriebsinhaber seinen Kindern Geldbeträge unentgeltlich zuwendet, die die Kinder dem Vertrag zufolge sogleich wieder als "Darlehen" zur Verfügung zu stellen haben (BFH-Urteile vom 12. Februar 1992 X R 121/88, BFHE 167, 119, BStBl II 1992, 468; vom 15. April 1999 IV R 60/98, BFHE 188, 556, BStBl II 1999, 524). Dieser Rechtsprechung liegt die Erwägung zugrunde, dass in diesen Fällen im Zeitpunkt der "Schenkung" noch keine endgültige Vermögensverschiebung zwischen Eltern und Kindern, sondern lediglich ein privat veranlasstes Versprechen gegeben ist, künftig (mit "Darlehensrückgewähr") Geldbeträge zuzuwenden. Nichts anderes kann gelten, wenn ―wie im Streitfall― die Geldmittel aus der Vermögenssphäre des Vaters vor Abschluss der Darlehens- und Schenkungsverträge auf betriebliche Konten überwiesen werden (vgl. Urteil in BFHE 188, 556, BStBl II 1999, 524), auch wenn die Mittel aus dem privaten Bereich stammen. Dies hat zur Folge, dass die Zinsen keine abziehbaren Betriebsausgaben, sondern nicht abziehbare Zuwendungen i.S. des § 12 Nr. 2 EStG sind, da die Trennung der Vermögens- und Einkunftssphäre von Eltern und Kindern nicht gewährleistet ist (BFH-Urteil vom 7. November 1990 X R 126/87, BFHE 163, 49, BStBl II 1991, 291). Auf die Frage, ob die fehlende notarielle Beurkundung des Schenkungsvertrags der steuerrechtlichen Wirksamkeit entgegensteht oder ob durch die unmittelbare Überweisung der Geldmittel auf ein betriebliches Konto gemäß § 518 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs der Mangel der Form geheilt wurde und dies auch im Steuerrecht zu beachten ist, kommt es nach alledem nicht an.
b) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Aufwendungen für eine durch berufliche Anlässe unterbrochene Fahrt zwischen Wohnung und Betriebsstätte grundsätzlich nur im Rahmen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG abziehbar und demzufolge nur die Aufwendungen für den durch den beruflichen Anlass erforderlichen Mehrweg uneingeschränkt als Betriebsausgaben anzuerkennen (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juni 1995 IV R 74/94, BFH/NV 1996, 117 m.w.N.). Als Ziel und Zweck der Fahrt steht in aller Regel das Aufsuchen der Betriebsstätte, d.h. des Ortes, der den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit bildet, im Vordergrund. Wenn dabei nebenher durch Fahrtunterbrechung besondere berufliche Angelegenheiten miterledigt werden, ändert dies nichts an dem im Vordergrund stehenden eigentlichen Zweck der Fahrt. Die Beschränkung auf eine Pauschale, die den tatsächlichen Aufwand nicht erreicht, ist für die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte auch deshalb gerechtfertigt, weil sie nicht nur durch den Betrieb bzw. den Beruf allein veranlasst sind, sondern auf der Grenze zwischen betrieblicher bzw. beruflicher Veranlassung und privater Lebensführung liegen (vgl. BFH-Urteil vom 24. Juli 1973 IV R 27/72, BFHE 110, 265, BStBl II 1973, 817). Die hiermit zusammenhängenden Rechtsfragen sind als grundsätzlich geklärt anzusehen.
2. Eine Entscheidung des BFH ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und Rechtsfortbildung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO n.F. erforderlich, da der Streitfall keine im allgemeinen Interesse liegende Veranlassung bietet, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz. 147; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 115 Rz. 41). Die im Streitfall entscheidenden Rechtsfragen sind im Wesentlichen geklärt (vgl. oben 1. a und b).
a) Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert im Streitfall nicht die Zulassung der Revision, da aufgrund des Urteils des Finanzgerichts (FG) in Zukunft keine unterschiedlichen Entscheidungen zu einer Rechtsfrage zu befürchten sind. Das FG weicht weder von der Rechtsprechung des BFH oder anderer Gerichte ab noch bestehen Unterschiede in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung. Solche sind auch nicht zu erwarten (vgl. BFH-Beschluss vom 18. Juli 2001 X B 46/01, BFH/NV 2001, 1596). Die gerügte Abweichung von dem BFH-Urteil in BFHE 188, 556, BStBl II 1999, 524 liegt nicht vor. Dem Urteil in BFHE 188, 556, BStBl II 1999, 524 lag der Fall zugrunde, dass minderjährige Kinder von jedem Elternteil einen Barbetrag erhielten. Diese "Schenkungen" standen unter der ausdrücklichen Bedingung, dass die zugewendeten Beträge einer GmbH & Co. KG, deren alleiniger Kommanditist und Geschäftsführer der nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligten Komplementär-GmbH der Vater war, als Darlehen zur Verfügung gestellt wurden. Hinsichtlich der "Zuwendung" des Vaters fehlte es in BFHE 188, 556, BStBl II 1999, 524 an einer endgültigen Vermögensverschiebung zwischen Eltern und Kindern. Bezüglich der "Schenkung" der Mutter kam es jedoch entscheidend darauf an, ob die Kinder den Barbetrag auf ein eigenes Konto überwiesen bekamen und von dort auf ein betriebliches Konto weiterleiteten. In diesem Fall sollten die Darlehenszinsen als Betriebsausgaben anerkannt werden. Die Bedingung, die geschenkten Beträge der GmbH & Co. KG als Darlehen zur Verfügung zu stellen, sei unschädlich, da dies allenfalls zur Folge habe, dass die Geldbeträge nicht den Vermögensbereich der nicht an der Gesellschaft beteiligten Mutter verlassen und diese deshalb die Zinsen vereinnahmt habe. Im Streitfall wurden demgegenüber die aus einer Erbschaft des Klägers stammenden Geldmittel unmittelbar auf ein betriebliches Konto überwiesen, ohne dass die Kinder zu irgend einem Zeitpunkt Verfügungsmacht über die "geschenkten" Geldmittel erlangt hätten.
b) Soweit eine Abweichung der FG-Entscheidung von den BFH-Entscheidungen vom 20. März 1987 III R 197/83 (BFHE 149, 464, BStBl II 1988, 603), vom 13. Juli 1999 VIII R 29/97 (BFHE 191, 250, BStBl II 2000, 386) und vom 23. Oktober 1996 I R 71/95 (BFHE 181, 328, BStBl II 1999, 35) gerügt wird, fehlt die nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO n.F. gebotene Gegenüberstellung der abstrakten Rechtssätze des FG einerseits und des BFH andererseits (Senatsbeschluss vom 29. September 2000 X B 23/00, BFH/NV 2001, 437, m.w.N.). Es ist nicht ersichtlich, inwieweit das FG dem angefochtenen Urteil von diesen Entscheidungen abweichende Rechtssätze zugrunde gelegt hat.
c) Zu der Frage, ob die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auch dann mit den Pauschbeträgen nach § 4 Abs. 5 Nr. 6, § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG anzusetzen sind, wenn anlässlich dieser Fahrten Kunden beliefert, Geschäftspartner kontaktiert oder Lieferanten besucht werden, fehlt bereits die Angabe einer Entscheidung des BFH, von der das FG-Urteil abweichen soll.
3. Mit seinen Ausführungen zur Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen Angehörigen und den Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte setzt der Kläger lediglich die eigene ―vermeintlich zutreffende― Subsumtion an die Stelle der vom FG vorgenommenen. Damit rügt er die materiell-rechtlich unzutreffende Würdigung des zu beurteilenden Sachverhalts bzw. die unzutreffende Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze der angeführten BFH-Urteile durch das FG. Dieses Vorbringen richtet sich im Kern gegen die fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall, mithin die inhaltliche Richtigkeit des Urteils. Damit wird aber nicht eine behauptete Divergenz bezeichnet (vgl. BFH-Beschlüsse vom 16. August 1996 VIII B 103/95, BFH/NV 1997, 237, und vom 22. Januar 1997 X B 128/96, BFH/NV 1997, 371).
4. Im Übrigen sieht der Senat von einer Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung nach Maßgabe des § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO n.F. ab.
Fundstellen