Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Zustellung eines gesonderten Feststellungsbescheids nach Beendigung einer Bauherrengemeinschaft
Leitsatz (NV)
Ist eine Bauherrengemeinschaft mit Zweckerreichung erloschen, so muß das Finanzamt in Kenntnis dessen seinen gesonderten Feststellungsbescheid allen Betroffenen einzeln bekannt geben. Die Bekanntgabe an einen Gesellschafter wird nicht dadurch unwirksam, daß der Bescheid anderen noch nicht zugegangen ist. Das Finanzamt kann dies nachholen.
Normenkette
FGO § 48 Abs. 2, § 69 Abs. 3; AO 1977 § 180 Abs. 1-2, § 183 Abs. 1-2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Antragsteller und Beschwerdeführer zu 1. und 2. (Antragsteller) waren neben 12 weiteren Gesellschaftern an der Bauherrengemeinschaft . . . beteiligt. Zweck dieser Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) war es nach § 2 ihres Gesellschaftsvertrages, über die Planung des Bauvorhabens gemeinsam zu entscheiden und nach Beginn der Bauarbeiten entstehende Bauherrenrechte aller Bauherren auszuüben, soweit dies für die Errichtung der Gesamtbaumaßnahme erforderlich erschien. Eine gesamtschuldnerische Haftung der Bauherren wurde in § 4 des Gesellschaftsvertrages ausdrücklich ausgeschlossen. Nach § 5 endet die Gesellschaft, ohne daß es einer Kündigung bedarf, mit Zweckerreichung. Diese gilt als eingetreten mit Bezugsfertigstellung der Gesamtbaumaßnahme, spätestens jedoch mit dem Entstehen einer Eigentümergemeinschaft nach den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG). Die Gesellschafter beauftragten mit der Bearbeitung und Durchführung des Bauvorhabens in gleichlautenden Treuhandverträgen die . . . Steuerberatungsgesellschaft mbH (GmbH). Zu deren Aufgabenbereich gehörte es u.a., ,,die jährlichen Steuererklärungen für die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung bis zur Abnahme des Bauvorhabens zu erstellen" sowie ,,Anträge, Erklärungen und Bewilligungen . . . gegenüber . . . Behörden . . . abzugeben und entgegenzunehmen". Jeder der Gesellschafter bevollmächtigte die GmbH zur Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben. Das Treuhandverhältnis sollte mit Zweckerreichung enden, d. h. mit Erwerb des Grundstücks und Erteilung der Abrechnung über das errichtete Bauwerk.
Am 28. Mai 1979 wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) erließ am 20. Juli 1979 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -) einen Bescheid zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der Bauherrengemeinschaft . . . für das Streitjahr 1978. Das FA richtete den Bescheid, in welchem ein Verlust festgestellt wurde, an die GmbH entsprechend ihrem Auftreten als Empfangsbevollmächtigte. Am 23. Dezember 1982 ging beim FA eine gesonderte und einheitliche Erklärung für das Jahr 1980 ein, in der sich die GmbH wiederum als Empfangsbevollmächtigte der Bauherrengemeinschaft bezeichnete. Die Antragsteller behaupten unwidersprochen, die GmbH habe dieser Erklärung eine vorgefertigte Mitteilung des Betriebs-FA an die Wohnsitz-FA der Gesellschafter beigefügt, in der es heißt: ,,Die Bauherrengemeinschaft ist mit Bezugsfertigkeit des Objekts am 31. 5. 1980 erloschen."
Das FA änderte seine ursprüngliche gesonderte und einheitliche Feststellung für das Jahr 1978 mit Bescheid, aufgegeben zur Post am 25. Mai 1983, und sodann unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung mit Bescheid, aufgegeben zur Post am 15. Dezember 1983, indem es den Werbungskostenüberschuß jeweils weiter herabsetzte. Bei den Werbungskosten beschränkte es die Kreditbeschaffungskosten auf 2 v. H. der vermittelten Darlehen; Notarkosten berücksichtigte es mit 0,5 v. H. der Gesamtkosten. Eine Bürgschaftsprovision erkannte es nicht als Werbungskosten an, weil eine Bürgschaft nach den vorgelegten Unterlagen keine Voraussetzung für eine Kreditgewährung gewesen sei. Es richtete seinen Bescheid vom 15. Dezember 1983 an die GmbH als Empfangsbevollmächtigte mit Wirkung für und gegen die Bauherrengemeinschaft . . .
Die GmbH sandte den geänderten Feststellungsbescheid vom 15. Dezember 1983 am 21. Dezember 1983 an das FA mit dem Bemerken zurück, die Bauherrengemeinschaft und das Treuhandverhältnis seien beendet. Daraufhin gab das FA seinen Feststellungsbescheid vom 15. Dezember 1983 an die Antragsteller am 23. Dezember 1983 zur Post auf. Die GmbH legte am 16. Januar 1984 Einspruch gegen den Feststellungsbescheid vom 15. Dezember 1983 ein; am 24. Januar 1984 wiederholte sie den Rechtsbehelf im Namen der Antragsteller. Das FA hat hierüber noch nicht entschieden.
Die Antragsteller beantragten zunächst beim FA und sodann beim Finanzgericht (FG) erfolglos Aussetzung der Vollziehung des geänderten Feststellungsbescheids für das Jahr 1978 vom 15. Dezember 1983.
Mit ihrer vom FG zugelassenen Beschwerde machen die Antragsteller geltend, die Vollziehung des Bescheids vom 15. Dezember 1983 sei auszusetzen, weil dieser nicht wirksam bekanntgegeben sei. Nach Beendigung der Bauherrengemeinschaft hätte das FA den Bescheid an alle Gesellschafter senden müssen. Die GmbH habe den Bescheid nicht als Empfangsbevollmächtigte wirksam entgegennehmen können. Dem FA sei die Beendigung der Gesellschaft aus der zusammen mit der Erklärung für das Jahr 1980 am 23. Dezember 1982 empfangenen Mitteilung für die Wohnsitz-FÄ bekannt gewesen.
Die Antragsteller beantragen, den ablehnenden Beschluß des FG aufzuheben und die Vollziehung des geänderten Festsetzungsbescheids vom 15. Dezember 1983 auszusetzen.
Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Es trägt vor, es habe den geänderten Bescheid vom 15. Dezember 1983 der GmbH als Empfangsbevollmächtigten der Bauherrengemeinschaft bekanntgeben können, da die GmbH in ihren Erklärungen stets als solche aufgetreten sei. Es habe am 15. Dezember 1983 keine Kenntnis von der behaupteten Beendigung der Bauherrengemeinschaft gehabt. Es habe davon ausgehen müssen, daß diese so lange fortbestehe, bis auch die steuerlichen Pflichten abgewickelt seien.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung ist zulässig. Das FG hat die Beschwerde zugelassen (Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG -). Die Antragsteller sind auch beschwerdebefugt. Denn die Entscheidung des FG ist gegen sie ergangen (§ 128 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Zwar sind die Antragsteller als Mitglieder der Bauherrengemeinschaft . . . nach § 48 Abs. 2 FGO berechtigt, die Aussetzung der Vollziehung des geänderten Feststellungsbescheids vom 15. Dezember 1983 zu beantragen. Dieser Bescheid ist auch ein Verwaltungsakt, dessen Vollziehung ausgesetzt werden kann. Eine Aussetzung der Vollziehung würde den voraufgegangenen, für die Antragsteller günstigeren Feststellungsbescheid vom 25. Mai 1983 vorläufig fortbestehen lassen.
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist jedoch unbegründet. Bei summarischer Prüfung bestehen keine ernstlichen Zweifel i. S. von § 69 Abs. 3 FGO an der Rechtsmäßigkeit des Feststellungsbescheids vom 15. Dezember 1983.
Adressaten eines Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften nach § 180 Abs. 1 oder Abs. 2 AO 1977 sind alle an den Einkünften beteiligten Personen (§ 179 Abs. 2 AO 1977). Solange die von ihnen gebildete Gesellschaft oder Gemeinschaft besteht, kann der Feststellungsbescheid einem gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten mit Wirkung für und gegen alle Gesellschafter bekanntgegeben werden (§ 183 Abs. 1 AO 1977). Wenn die Gesellschaft oder Gemeinschaft jedoch nicht mehr besteht, muß das FA in Kenntnis dessen den Feststellungsbescheid allen Betroffenen einzeln bekanntgeben (§ 183 Abs. 2 AO 1977, Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30. März 1978 IV R 72/74, BFHE 125, 116, BStBl II 1978, 503).
Allerdings bestehen bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel, ob das FA seinen am 15. Dezember 1983 zur Post aufgegebenen Feststellungsbescheid an die GmbH als Empfangsbevollmächtigte mit Wirkung für und gegen die Bauherrengemeinschaft wirksam bekanntgeben konnte. Denn aufgrund der Darlegungen der Antragsteller sprechen gewichtige Umstände dafür, daß in diesem Zeitpunkt die Bauherrengemeinschaft . . . nicht mehr bestand und dies dem FA schon damals bekannt war.
Die Bauherrengemeinschaft endete bei summarischer Prüfung schon vor dem 15. Dezember 1983 nach § 726 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) dadurch, daß ihr vereinbarter Zweck erreicht war. Zweck dieser GbR war es nach § 2 ihres Gesellschaftsvertrages, über die Planung des Bauvorhabens gemeinsam zu entscheiden und nach Beginn der Bauarbeiten entstehende Bauherrenrechte aller Bauherren auszuüben, soweit dies für die Errichtung des Gesamtbauvorhabens erforderlich erschien. Eine gesamtschuldnerische Haftung der Bauherren wurde in § 4 des Gesellschaftsvertrages ausdrücklich ausgeschlossen. Nach § 5 endete die Gesellschaft, ohne daß es einer Kündigung bedurfte, mit Zweckerreichung. Diese galt als eingetreten mit Bezugsfertigstellung der Gesamtbaumaßnahme, spätestens jedoch mit Entstehen einer Eigentümergemeinschaft nach den Vorschriften des WEG. Außerdem haben die Antragsteller unwidersprochen vorgetragen, die GmbH habe am 23. Dezember 1982 dem FA als dem zuständigen Betriebs-FA zusammen mit der Feststellungserklärung für das Jahr 1980 eine vorgefertigte Mitteilung für die Wohnsitz-FÄ eingereicht, in der es heißt, die Bauherrengemeinschaft sei mit Bezugsfertigkeit des Objekts am 31. Mai 1980 erloschen.
Selbst wenn man mit den Antragstellern aufgrund dessen annimmt, daß das FA am 15. Dezember 1983 seinen Feststellungsbescheid gemäß § 183 Abs. 2 AO 1977 nicht mehr der GmbH als Empfangsbevollmächtigter mit Wirkung für und gegen die Bauherrengemeinschaft . . . wirksam bekanntgeben konnte, so ist der Feststellungsbescheid dennoch jedenfalls gegenüber den Antragstellern dadurch wirksam geworden, daß das FA nach Wiederempfang seines Feststellungsbescheids am 21. Dezember 1983 diesen daraufhin am 23. Dezember 1983 an die beiden Antragsteller sandte. Dies ergibt sich nach Aktenlage und auch aus dem eigenen Vorbringen der Antragsteller. Zwar haben die Antragsteller außerdem behauptet, der Feststellungsbescheid sei ihnen zunächst nur unvollständig bekanntgegeben worden; jedoch haben sie hinzugefügt, das FA habe dem am 8. Oktober 1984 abgeholfen.
Sofern der Feststellungsbescheid den übrigen Gesellschaftern der Bauherrengemeinschaft auch jetzt noch nicht zugegangen sein sollte, wird dadurch die Bekanntgabe an die beiden Antragsteller nicht unwirksam. Denn das FA kann die Bekanntgabe an die einzelnen übrigen Gesellschafter erforderlichenfalls noch nachholen. In diesem Sinne hat der BFH bereits in seinen Urteilen in BFHE 125, 116, BStBl II 1978, 503, und vom 19. Mai 1983 IV R 125/82 (BFHE 139, 1, BStBl II 1984, 15) entschieden.
Bezüglich der Höhe des festgestellten Verlustes haben die Antragsteller keine Umstände tatsächlicher oder rechtlicher Art vorgetragen, die Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheids vom 15. Dezember 1983 ergeben könnten. Derartige Umstände sind auch nicht nach Aktenlage erkennbar.
Fundstellen
Haufe-Index 422925 |
BFH/NV 1986, 250 |