Entscheidungsstichwort (Thema)
Modellbautechniker: freiberuflich oder gewerblich?
Leitsatz (NV)
1. Hat der BFH eine Rechtsfrage ausdrücklich offen gelassen, so ist eine Divergenz in dieser Frage im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ausgeschlossen.
2. Die Frage, ob ein Modellbautechniker freiberuflich oder gewerblich tätig ist, ist nicht klärungsbedürftig.
Normenkette
EStG § 18
Verfahrensgang
Gründe
1. Die Beschwerde ist, soweit sie sich auf Divergenz stützt, unbegründet.
Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen, wenn das Urteil des Finanzgerichts (FG) von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Die abweichenden Entscheidungen des BFH sind in der Beschwerdebegründung zu bezeichnen (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Das FG hat keinen Rechtssatz aufgestellt, der von den in den genannten BFH-Entscheidungen aufgestellten Rechtssätzen abweicht. In den Entscheidungen vom 30. Mai 1973 I R 35/71 (BFHE 109, 368, BStBl II 1973, 668) und vom 25. April 1978 VIII R 149/74 (BFHE 125, 369, BStBl II 1978, 565) hat der BFH die Frage, ob als ähnlich auch ein Beruf angesehen werden kann, der jeweils in einem wesentlichen Punkt mehreren in § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) angeführten Berufen gleicht und damit als Zusammenfassung mehrerer freier Berufe auf Teilgebieten erscheint, ausdrücklich offengelassen. Solange der BFH zu einer Rechtsfrage noch keinen abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, ist eine Abweichung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ausgeschlossen. Im Urteil vom 16. Januar 1975 IV R 75/74 (BFHE 115, 42, BStBl II 1975, 558) wird der Rechtssatz aufgestellt, daß ein ähnlicher Beruf i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG immer dann gegeben sei, wenn die Tätigkeit in wesentlichen Punkten mit der selbständigen Berufstätigkeit des zu vergleichenden namentlich aufgeführten Berufs übereinstimmt und, sofern der zu vergleichende im Gesetz aufgeführte Beruf eine bestimmte Ausbildung verlangt, auch der ähnliche Beruf auf entsprechender Grundlage ausgeübt wird. In dieser Entscheidung wird damit ausdrücklich von der Vergleichbarkeit mit einem Katalogberuf ausgegangen. Das FG ist derselben Auffassung gewesen.
2. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben im Rahmen ihrer Divergenzrüge auch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO aufgeworfen.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich um eine aus rechtsystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Die Rechtsfrage muß klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig sein (vgl. z.B. BFH-Beschluß vom 27. Februar 1991 II B 27/90, BFHE 163, 495, BStBl II 1991, 465).
Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, ob ein dem Katalogberuf ähnlicher Beruf auch dann vorliegt, wenn er in einem wesentlichen Punkt mehreren Katalogberufen gleicht, ist im Streitfall nicht klärungsfähig. Das FG hat unter Berufung auf das von ihm eingeholte Sachverständigengutachten in tatsächlicher Hinsicht gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend festgestellt, daß die Tätigkeit des Klägers auch nicht im Kernbereich der eines Architekten entspricht. Die Rechtsfrage, ob ein ähnlicher Beruf in wesentlichen Punkten mit den im Gesetz genannten Berufen übereinstimmen muß, ist nicht klärungsbedürftig. Sie wird in ständiger Rechtsprechung bejaht (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 26. November 1992 IV R 109/90, BFHE 170, 88, BStBl II 1993, 235).
3. Soweit die Kläger als grundsätzlich bedeutsam die Rechtsfrage aufwerfen, ob die Tätigkeit eines Modellbautechnikers als gewerbliche oder als freiberufliche zu beurteilen ist, ist die Beschwerde unzulässig.
Gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO ist eine auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO gestützte Beschwerde nur zulässig, wenn die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt wird. Die Beschwerdebegründung muß erkennen lassen, daß nach Ansicht des Beschwerdeführers die Entscheidung der Rechtsfrage durch den BFH aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. z.B. BFH-Beschluß vom 13. November 1991 II B 71/91, BFH/NV 1992, 261). Die Behauptung, der BFH habe die Rechtsfrage noch nicht entschieden, entspricht diesen Anforderungen nicht (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Rdnr. 62 m.w.N.). Dies gilt besonders in den Streitfällen der vorliegenden Art, weil der BFH bereits wiederholt allgemeingültige Kriterien zur Abgrenzung zwischen freiem und gewerblichem Beruf einerseits und Katalogberuf und ähnlichen Berufen andererseits aufgestellt hat. Im Grundsatz müssen diese für das Allgemeininteresse bedeutsamen Fragen als geklärt angesehen werden. Im übrigen wird auf die Entscheidung des BFH vom 11. Juli 1991 IV R 73/90 (BFHE 165, 221, BStBl II 1991, 878), die zu einem Modellbauer ergangen ist, hingewiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 419540 |
BFH/NV 1994, 470 |