Entscheidungsstichwort (Thema)
Urteilserlaß nach Tod des Prozeßbevollmächtigten
Leitsatz (amtlich)
Stirbt im Revisionsverfahren der Prozeßbevollmächtigte nach dem Verzicht auf mündliche Verhandlung, so kann das Urteil trotz der Unterbrechung des Verfahrens erlassen und bekanntgemacht werden.
Normenkette
FGO § 90 Abs. 2, § 155; ZPO §§ 128, 244, 249 Abs. 3
Gründe
Gründe
Der Senat hat am 15.November 1990 ein Urteil beschlossen, das dem ursprünglichen Prozeßbevollmächtigten der Kläger und Revisionskläger (Kläger) nicht zugestellt werden konnte, weil dieser, was dem Senat bis dahin unbekannt war, am 16.Juli 1989 gestorben war. Da das Rubrum des Urteils einen verstorbenen Prozeßbevollmächtigten bezeichnet, ist es nach § 107 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu berichtigen.
Im übrigen war der Senat an der ―nach §§ 121, 90 Abs.2 FGO im beiderseitigen Einvernehmen der Parteien ohne mündliche Verhandlung ergangenen― Entscheidung nicht dadurch gehindert, daß das Verfahren durch den Tod des Prozeßbevollmächtigten unterbrochen war (§ 244 Abs.1 der Zivilprozeßordnung ―ZPO― i.V.m. § 155 FGO). Dies folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 249 Abs.3 ZPO. Nach dieser Vorschrift wird die Verkündung der aufgrund einer mündlichen Verhandlung zu erlassenden Entscheidung nicht durch die nach dem Schluß dieser Verhandlung eintretende Unterbrechung gehindert. Dies gilt entsprechend, wenn nach § 128 Abs.2 ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden wird. Es treten dann an die Stelle der mündlichen Verhandlung die Anträge auf schriftliche Entscheidung (herrschende Meinung zum Zivilprozeß, vgl. Bayerisches Oberstes Landesgericht, Urteil vom 3.Juli 1959 1 Z 8/57, Amtliche Sammlung des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen 1959, 241; Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 20.Aufl., 1984, § 249 Tz.25; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 48.Aufl., 1990, § 249 Anm.4; Zöller, Zivilprozeßordnung, 16.Aufl., 1990, § 249 Tz.4; Rosenberg, Lehrbuch des Zivilprozeßrechts, 14.Aufl., 1986, § 126 IV 3).
Der Senat folgt dieser Auffassung auch für das finanzgerichtliche Verfahren, wenn dieses durch den Tod des Prozeßbevollmächtigten unterbrochen wird. Zwar gibt es Unterschiede des Verfahrens der Entscheidung ohne mündliche Verhandlung im Zivilprozeß und im Finanzgerichtsprozeß. Die FGO kennt keine der Regelung in § 128 Abs.2 Satz 2 und 3 ZPO entsprechende Vorschrift. Entscheidend ist jedoch, daß nach beiden Verfahrensordnungen durch den Verzicht auf die mündliche Verhandlung ein Verfahrensabschnitt eröffnet wird, in dem es weiterer Handlungen eines Beteiligten nicht mehr bedarf. Es ist deshalb nicht sinnvoll, auch während solcher Verfahrensabschnitte vom Beteiligten die Bestellung eines postulationsfähigen Vertreters zu verlangen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 24.Oktober 1978 VII R 17/77, BFHE 126, 506, BStBl II 1979, 265 zur Niederlegung des Mandats eines Prozeßvertreters im Revisionsverfahren). Die entsprechende Anwendung des § 249 Abs.3 ZPO ist durch den Grundsatz der Prozeßökonomie geboten, der dieser Vorschrift zugrunde liegt.
Allerdings fehlt auf seiten des Klägers, dessen Prozeßvertreter gestorben ist, regelmäßig ein Bevollmächtigter, dem nach § 62 Abs.3 Satz 2 FGO zugestellt werden kann. Dies hindert aber die Zustellung der Urteilsformel nicht; in Ermangelung eines Zustellungsbevollmächtigten ist an die Partei selbst zuzustellen. Im Streitfall haben die Kläger einen neuen Prozeßbevollmächtigten bestellt; deshalb ist ihm das Urteil zuzustellen (§ 62 Abs.3 Satz 2 FGO).
Gerichtskosten entstehen durch diesen Beschluß nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 63746 |
BFH/NV 1991, 36 |
BStBl II 1991, 466 |
BFHE 163, 410 |
BFHE 1991, 410 |
BB 1991, 969 (L) |
DB 1991, 1206 (S) |
HFR 1991, 413 (LT) |
StE 1991, 176 (K) |