Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Entstehung und Berichtigung der Umsatzsteuer bei ratenweiser Vergütung einer ausgeführten Lieferung. Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Beschluss vom 28.09.2022 XI R 28/20
Leitsatz (NV)
Die Steuer entsteht auch dann mit der Leistungsausführung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG), ohne dass es zu einer Steuerberichtigung (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 1 Satz 1 UStG) kommt, wenn der Unternehmer für die Errichtung einer Photovoltaikanlage mit dessen Betreiber vereinbart, dass das Entgelt hierfür nur insoweit geschuldet wird, als es durch Einnahmen aus der Stromeinspeisung beglichen werden kann.
Normenkette
UStG § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 1, Buchst. b, § 17 Abs. 1, 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 25.10.2018 - 14 K 2379/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Rz. 1
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GbR, die am 20.09.2011 gegründet wurde.
Rz. 2
Sie unterliegt nach Rücknahme der Gestattung, ihre Umsätze nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 20 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der für das Jahr 2011 (Streitjahr) geltenden Fassung zu besteuern (sog. Ist-Besteuerung), der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 UStG (sog. Soll-Besteuerung; vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11.11.2020 - XI R 40/18, BFH/NV 2021, 668).
Rz. 3
Mit Vertrag vom 15.11.2011 verkaufte die Klägerin der … GmbH (A) Wechselrichter für eine Photovoltaikanlage (Kaufpreis: 1.002.000 € zzgl. Umsatzsteuer). Der Kaufpreis sollte jeweils nur insoweit zur Zahlung fällig werden, als er vom Käufer aus den laufenden Einnahmen aus der Stromeinspeisung beglichen werden konnte.
Rz. 4
Die Klägerin stellte A unter dem 20.12.2011 für die noch im Streitjahr ausgeführte Lieferung der Wechselrichter 450.000 € zzgl. Umsatzsteuer in Rechnung. Hierauf gingen am 21.12.2011 auf dem Konto der Klägerin 114.240 € ein.
Rz. 5
Die Klägerin gab in ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr Umsätze zu 19 % in Höhe des vereinnahmten Entgelts von (netto) 96.000 € an. Dieser zu einer Steuervergütung führenden Steueranmeldung stimmte der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt --FA--) nicht zu. Das FA nahm die Gestattung der Ist-Besteuerung nach § 130 Abs. 2 Nr. 3 und 4 der Abgabenordnung mit Wirkung für die Vergangenheit zurück und ermittelte die Steuer nach vereinbarten Entgelten. Es setzte mit Bescheid vom 23.08.2012 die Umsatzsteuer für das Streitjahr auf 76.380 € fest. Dabei ging es bei den Umsätzen zu 19 % von einer Bemessungsgrundlage von (netto) 1.002.000 € aus. Der Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 13.07.2016).
Rz. 6
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Rz. 7
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Rz. 8
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung vom 13.07.2016 aufzuheben sowie den Umsatzsteuerbescheid für 2011 vom 23.08.2012 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer für 2011 auf./. 95.760 € festgesetzt wird.
Rz. 9
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Rz. 10
II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Rz. 11
Die Revision der Klägerin ist zwar zulässig (vgl. dazu BFH-Urteil in BFH/NV 2021, 668, Rz 15 ff.), jedoch unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht dahin erkannt, dass die Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr vom 23.08.2012 rechtmäßig ist, und die Klage zu Recht abgewiesen. Die vertragliche Abrede, dass der für die Lieferung der Wechselrichter, die zur Errichtung einer Photovoltaikanlage bestimmt waren, vereinbarte Kaufpreis der Klägerin jeweils nur zur Zahlung fällig werden sollte, als er von A aus den laufenden Einnahmen aus der Stromeinspeisung beglichen werden konnte, führt weder zur Einschränkung der Soll-Besteuerung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG noch begründet sie insoweit eine Uneinbringlichkeit der Entgeltforderung i.S. des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG.
Rz. 12
1. Die Klägerin, die noch im Streitjahr die Wechselrichter an A im Inland lieferte, hat hierdurch eine steuerbare Lieferung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG ausgeführt. Dies steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit.
Rz. 13
2. Die Steuer für die gelieferten Wechselrichter ist mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums entstanden, in dem die Lieferung ausgeführt worden ist. Der Senat verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf sein Urteil vom gleichen Tag XI R 28/20 (zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt).
Rz. 14
3. Die Vereinbarung der Ratenzahlung begründet darüber hinaus keine Uneinbringlichkeit i.S. des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG. Der Senat verweist auch insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf sein Urteil vom gleichen Tag XI R 28/20.
Rz. 15
4. Die Höhe der vom FA auf Grundlage der Sollbesteuerung festzusetzenden Umsatzsteuer steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit.
Rz. 16
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
Rz. 17
6. Der Senat hat die Entscheidung in einer Videokonferenz unter den hierfür von der BFH-Rechtsprechung (Urteil vom 10.02.2021 - IV R 35/19, BFHE 272, 152) aufgestellten Voraussetzungen getroffen.
Fundstellen
Haufe-Index 15608060 |
BFH/NV 2023, 570 |