Leitsatz (amtlich)
Der Vertretungszwang vor dem BFH nach dem BFH-EntlastG vom 8. Juli 1975 gilt auch für Beschwerden gegen Beschlüsse der FG, mit denen Anträge auf Bewilligung des Armenrechts abgewiesen worden sind.
Normenkette
BFH-EntlastG vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932) Art. 1 Nr. 1 Sätze 2-3, Art. 2 Nr. 1, Art. 4; FGO § 142 Abs. 1 S. 1; ZPO § 78 Abs. 2, § 118 Abs. 1 Hs. 2, § 569 Abs. 2 S. 2
Gründe
Die Beschwerden der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) gegen die Beschlüsse, mit denen das FG ihre Anträge auf Bewilligung des Armenrechts für die Klagen gegen die Einkommensteuerbescheide 1971 bis 1973 abgewiesen hat, sind unzulässig, weil die Antragsteller sich bei der Einlegung der Beschwerden nicht durch einen Bevollmächtigten haben vertreten lassen.
Nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFH-EntlastG) vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932), das im Streitfall anzuwenden ist, weil die Beschlüsse des FG den Antragstellern nach seinem Inkrafttreten am 15. September 1975 (Art. 4), nämlich am 2. Oktober 1975 zugestellt worden sind (Art. 2 Nr. 1), muß sich vor dem BFH jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer oder nach Maßgabe des Art. 2 Nr. 1 letzter Satz BFH-EntlastG durch einen Steuerbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung einer Beschwerde (Art. 1 Nr. 1 Satz 2 BFH-EntlastG). In Armenrechtssachen kommt eine Ausnahme vom Vertretungszwang nur für die Stellung des Antrags auf Bewilligung des Armenrechts in Betracht. Nach den entsprechend anwendbaren Vorschriften der ZPO (§ 142 Abs. 1 Satz 1 FGO) entfällt der Vertretungszwang bei Prozeßhandlungen, die - wie das Gesuch um Bewilligung des Armenrechts - vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden können (§ 78 Abs. 2 i. V. m. § 118 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO). Diese Möglichkeit besteht nach § 569 Abs. 2 Satz 2 ZPO zwar auch für eine Beschwerde, die das Armenrecht betrifft. Diese für den Zivilprozeß vorgesehene Ausnahme gilt jedoch nicht für das Verfahren vor dem BFH, weil insoweit der Sonderregelung in Art. 1 Nr. 1 Satz 2 BFH-EntlastG der Vorrang gebührt. In dieser Vorschrift wird der Vertretungszwang ausdrücklich auch auf die Einlegung von Beschwerden erstreckt, ohne daß für Armenrechtsbeschwerden eine Ausnahme vorgesehen ist. Eine entsprechende Anwendung der §§ 78 Abs. 2, 569 Abs. 2 Satz 2 ZPO kommt daher nicht in Betracht, zumal der Vertretungszwang in § 78 ZPO anders geregelt ist als in dem Gesetz zur Entlastung des Bundesfinanzhofs.
Fundstellen
Haufe-Index 71584 |
BStBl II 1976, 62 |
BFHE 1976, 223 |