Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis für Ausfuhrlieferungen
Leitsatz (NV)
Der Ausfuhrnachweis ist materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung einer Ausfuhrlieferung. Die Beschaffung ist Sache des Steuerpflichtigen.
Normenkette
UStG 1993 § 6 Abs. 4; AO 1977 § 363 Abs. 3
Tatbestand
1. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), lieferte im Streitjahr 1995 Ersatzteile für Kfz nach Russland und machte dafür die Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen geltend (§ 4 Nr. 1 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes ―UStG― 1993). Weil die Klägerin die dafür erforderlichen Nachweise (§ 6 Abs. 4 UStG 1993) nicht vorlegen konnte, besteuerte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) diese Umsätze und hob in dem Umsatzsteuerbescheid für 1995 den Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1, 3 der Abgabenordnung ―AO 1977―) auf.
Im Einspruchsverfahren setzte das FA die Umsatzsteuer für 1995 aus anderen Gründen herab, hielt aber an der Besteuerung der bezeichneten Lieferungen nach Russland fest, weil die angeforderten Ausfuhrnachweise nach wie vor von der Klägerin nicht vorgelegt worden waren. Die Einspruchsentscheidung ist der seinerzeit anwaltlich vertretenen Klägerin am 8. Dezember 1997 bekannt gegeben worden. Am 16. Februar 1998 übersandte sie dem FA eine berichtigte Umsatzsteuererklärung für 1995, fügte 20 Ausfuhrbescheinigungen bei und beantragte Änderung der Steuerfestsetzung.
Diesen Antrag lehnte das FA unter Hinweis auf die Bestandskraft der Steuerfestsetzung ab. Die Klägerin erfülle ―so das FA― nicht die Voraussetzungen, die zur Änderung der Steuerfestsetzung berechtigten. Den dagegen eingelegten Einspruch wies es zurück.
Auch die Klage gegen die Ablehnung, die Umsatzsteuerfestsetzung für 1995 zu ändern, hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies zur Begründung der Klageabweisung darauf hin, dass die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung einer Änderung nach § 164 Abs. 2 AO 1977 entgegenstehe und dass die Klägerin eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 nicht erreichen könne, weil sie grobes Verschulden daran treffe, dass Beweismittel erst nachträglich bekannt geworden seien. Sie müsse sich das Verschulden ihres Vertreters zurechnen lassen, der in der mündlichen Verhandlung am 19. März 1997 vor dem FG wegen der Steuerfestsetzung für das Vorjahr 1994 ausdrücklich auf die besondere Bedeutung der Ausfuhrnachweise für die Steuerbefreiung von Ausfuhrlieferungen hingewiesen worden sei.
Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Zur Begründung führt sie u.a. aus, das FG habe nicht ermittelt, weshalb die Ausfuhrbescheinigungen erst 1998 vorgelegt worden seien. Dadurch habe das FG gegen § 76 Abs. 2 FGO verstoßen.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig.
a) Die Rüge der Klägerin, das FG habe Verfahrensrecht verletzt, weil es den Sachverhalt nicht von Amts wegen aufgeklärt habe, genügt nicht den Anforderungen, die § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Bezeichnung des Verfahrensmangels stellt. Wer einen Verstoß des FG gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) wegen unvollständiger Aufklärung des Sachverhalts rügt, muss nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO innerhalb der dafür bestimmten Frist von einem Monat nach Zustellung des Urteils (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO) in der Beschwerdebegründung bezeichnen, welche weitere Aufklärung sich dem FG ―nach dessen maßgebender sachlich-rechtlicher Auffassung― von Amts wegen hätte aufdrängen müssen, welche Tatsachen aufklärungsbedürftig waren, welche Beweise das FG zu welchem Beweisthema nicht erhoben hat, weshalb ein entsprechender Beweisantrag nicht in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG gestellt worden ist und inwieweit die als unterlassen gerügte Sachverhaltsaufklärung und Beweisaufnahme zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 4. Juni 1998 VII B 67/98, BFH/NV 1999, 54, m.w.N., und vom 19. Juni 1998 IX B 13/98, BFH/NV 1999, 58).
Die Beschwerdeschrift enthält dazu keine näheren Angaben. Insbesondere wird nicht dargelegt, dass der vertretungsberechtigte Gesellschafter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem FG die Sachaufklärung beantragt hat, deren Unterlassung sie als Verfahrensmangel rügt. Ausweislich der Sitzungsniederschrift des FG (§ 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 4 der Zivilprozeßordnung ―ZPO―) sind weder Beweisanträge gestellt worden noch ist eine weitere Sachverhaltsaufklärung angeregt worden. Die Klägerin hat es aber auch in der Beschwerdebegründung versäumt, konkrete Umstände dafür vorzutragen, weshalb es ihr nicht möglich war, Ausfuhrnachweise für Lieferungen nach Russland im Streitjahr 1995 vor dem Eintritt der Bestandskraft der Steuerfestsetzung im Januar 1998 vorzulegen oder weshalb sie dem FA die etwa bestehenden Schwierigkeiten, die Urkunden von den russischen Behörden oder Geschäftspartnern zu beschaffen, nicht geschildert und deshalb um Aufschub der Einspruchsentscheidung (§ 363 Abs. 2 Satz 1 AO 1977) gebeten hatte. Durch den Rechtsstreit wegen der Steuerbefreiung von Ausfuhrlieferungen für das Vorjahr war ihr bekannt, dass die Ausfuhrnachweise materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen sind (BFH-Urteil vom 28. Februar 1980 V R 118/76, BFHE 130, 118, BStBl II 1980, 415). Den Steuerpflichtigen, der sich auf die Voraussetzungen der Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen beruft, trifft eine erhöhte Mitwirkungspflicht an der Aufklärung des Sachverhalts, der sich teilweise im Ausland ereignet (§ 90 Abs. 2 AO 1977).
Unter diesen Umständen reicht es nicht aus, dass sich die Klägerin damit begnügt hat, dem FG eine Aufklärungspflichtverletzung vorzuwerfen, ohne näher zu begründen, was das FG hätte ermitteln sollen, und darzulegen, weshalb sie, die Klägerin, dies nicht rechtzeitig angeregt hatte.
b) Zulassungsgründe, die die Klägerin nach Ablauf der Frist zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht hat, dürfen bei der Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht berücksichtigt werden (BFH-Beschluss vom 16. Januar 1989 V B 4/88, BFH/NV 1989, 791; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 115 FGO Tz. 87). Eine am Fristende fehlende Darlegung i.S. von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO kann später nicht mehr mit der Wirkung nachgeholt werden, dass die Unzulässigkeit der Beschwerde nachträglich entfällt. Somit sind die Ausführungen der Klägerin in ihrem am 6. April 2000 bei dem BFH eingegangenen Schriftsatz nicht zu berücksichtigen, weil die Begründungsfrist am 7. Januar 2000 abgelaufen war.
3. Im Übrigen ergeht die Entscheidung ohne weitere Begründung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs.
Fundstellen
Haufe-Index 510253 |
BFH/NV 2001, 212 |