Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang einer Rechtsbehelfsbelehrung
Leitsatz (NV)
Eine Rechtsbehelfsbelehrung braucht keine Angaben darüber zu enthalten, daß die Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs gegen einen nicht zugegangenen Verwaltungsakt nicht beginnt.
Normenkette
AO 1977 § 356; FGO § 55 Abs. 1
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) wies die am 11. November 1994 erhobene Klage gegen die unstreitig am 29. März 1994 durch Zustellung mittels Postzustellungsurkunde gegenüber dem damaligen Bevollmächtigten des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) bekanntgegebene Entscheidung über die Einsprüche gegen die Umsatzsteuerbescheide für 1989 und 1990 als unzulässig ab. Zur Begründung legte das FG dar, die Klage sei nicht innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung erhoben worden. Die Klagefrist sei nicht gemäß § 55 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf ein Jahr verlängert worden, weil die der Einspruchsentscheidung beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung vollständig und richtig gewesen sei. In der Rechtsbehelfsbelehrung heißt es u. a. " ... Die Frist für die Erhebung der Klage beträgt einen Monat. Sie beginnt mit Ablauf des Tages, an dem diese Entscheidung bekanntgegeben worden ist. Tag der Bekanntgabe ist bei Zustellung mit Postzustellungsurkunde der Tag der Zustellung ... "
Mit der Beschwerde begehrt der Kläger Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache. Er meint, es sei von grundsätzlicher Bedeutung zu klären, ob die Rechtsbehelfsbelehrung unvollständig sei, wenn der Hinweis fehle, daß die Klagefrist gegen einen nicht zugegangenen Verwaltungsakt "nicht" beginne. Es sei von allgemeinem Interesse zu klären, ob die Rechtsbehelfsbelehrung das Wort "nicht" für eine Belehrung über den Fristbeginn bei einem nicht zugegangenen Verwaltungsakt enthalten müsse.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
a) Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) kommt nur in Betracht, wenn eine klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgeworfen wird. Klärungsbedürftigkeit fehlt, wenn sich die von dem Beschwerdeführer aufgeworfene Rechtsfrage ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten läßt (ständige Rechtsprechung, z. B. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 23. Februar 1994 IX B 90/93, BFH/NV 1994, 712; vgl. auch Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Anm. 9 m. w. N.).
b) Die von dem Kläger gestellte Rechtsfrage, ob die Rechtsbehelfsbelehrung das Wort "nicht" für eine Belehrung über den Fristbeginn bei einem nicht zugegangenen Verwaltungsakt enthalten müsse, ist nach § 55 Abs. 1 Satz 1 FGO ohne weiteres zu verneinen.
Für eine ordnungsgemäße Belehrung über die Rechtsbehelfsfrist zur Erhebung einer Anfechtungsklage (§ 55 Abs. 1 Satz 1 FGO) reicht es aus, daß die Beteiligten verständlich über den Beginn der Klagefrist unterrichtet werden (BFH-Urteil vom 29. März 1990 V R 19/85, BFH/NV 1992, 783). § 55 Abs. 1 FGO fordert keine Belehrung, unter welchen Voraussetzungen die Rechtsbehelfsfrist nicht beginnt. Die Rechtsbehelfsbelehrung nach § 55 Abs. 1 FGO soll über den Beginn der Klagefrist (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juli 1986 III R 216/81, BFH/NV 1987, 12 zu dem insoweit wortgleichen § 356 Abs. 1 der Abgabenordnung -- AO 1977 --), nicht aber über ihren Nichtbeginn belehren. Daß die Frist für die Erhebung einer Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt nicht beginnt, wenn der Verwaltungsakt nicht bekanntgegeben worden ist, kann der Belehrung ohne weiteres entnommen werden, wenn die positive Schlußfolgerung umgekehrt wird.
Fundstellen
Haufe-Index 420941 |
BFH/NV 1996, 106 |