Leitsatz (amtlich)
Ein Grundstück wird auch dann nach § 17 Abs. 2 GrEStG steuerbefreit zurückerworben, wenn der ursprüngliche Veräußerer das Grundstück nochmals an einen Dritten verkauft und dieser das Grundstückseigentum unmittelbar von dem ursprünglichen Erwerber erhält. Dagegen genügt es nicht, daß der ursprüngliche Erwerber selbst - wenn auch im Einvernehmen mit dem ursprünglichen Veräußerer - das Grundstück an den Dritten weiterverkauft.
Normenkette
GrEStG § 17 Abs. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Tatbestand
I. 1. Der Kläger und Beschwerdeführer sowie seine Ehefrau erwarben durch Vertrag vom 29. November 1961 je zur Hälfte ein Grundstück für 19 145 DM. Sie verpflichteten sich gegenüber dem Verkäufer, das Grundstück innerhalb von drei Jahren mit einem Wohnhaus zu bebauen. Bei Verstoß gegen diese Vertragsklausel sollte dem Verkäufer ein Wiederkaufsrecht zustehen. Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau wurden als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen.
Das Grundstück wurde von dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau nicht bebaut. Daraufhin erklärte der Verkäufer, daß er sein Wiederkaufsrecht ausübe. Nachdem er andere Kaufinteressenten (Eheleute X) gefunden hatte, wurde zwischen diesen und dem Verkäufer sowie dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau am 24. April 1967 eine notariell beurkundete Vereinbarung geschlossen. Diese wurde als "Vergleich und Kaufvertrag" bezeichnet. Darin wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer und seine Ehefrau die Bebauungsfrist nach dem Vertrag vom 29. November 1961 nicht eingehalten hätten und der Verkäufer deshalb sein Wiederkaufsrecht ausgeübt habe. "Im Wege des Vergleichs" wurde dann unter anderem folgendes vereinbart:
a) Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau leisteten wegen nicht rechtzeitiger Bebauung eine "Aufzahlung" (24 830 DM) in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Verkehrswert (im Jahre 1967) und dem ursprünglich (am 29. November 1961) vereinbarten Kaufpreis;
b) der Verkäufer sowie der Beschwerdeführer und seine Ehefrau waren sich darüber einig, daß sie aus dem Wiederkauf keine Rechte herleiten;
c) die Bebauungsfrist wurde nunmehr dahin festgesetzt, daß das Grundstück innerhalb von drei Jahren seit Vertragsdatum (24. April 1967) zu bebauen war. Gleichzeitig vereinbarten die vorgenannten Beteiligten ein neues Wiederkaufsrecht für den Fall, daß auch diese Frist nicht eingehalten würde;
d) der Beschwerdeführer und seine Ehefrau erhielten die Auflage, das Grundstück an die Eheleute X zu verkaufen. Ein entsprechender Kaufvertrag wurde beurkundet. Der Kaufpreis (43 975 DM) entsprach dem Verkehrswert (im Jahre 1967) und den Schätzungs- und Vermessungskosten, welche der Beschwerdeführer und seine Ehefrau für das Grundstück gezahlt hatten. Einen Teilbetrag in Höhe von 24 830 DM hatten die Eheleute X nach dem Inhalt der Urkunde bereits für Rechnung des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau an den Verkäufer gezahlt. Den Rest sollten sie teilweise in bar und zum Teil durch Übernahme von Schulden entrichten;
e) die Eheleute X übernahmen die Verpflichtung des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau zur Bebauung des Grundstückes sowie die Verpflichtungen aus dem zu c genannten Wiederkaufsrecht.
2. Der Beschwerdegegner hatte für den Kaufvertrag vom 29. November 1961 gemäß Art. 1 Nr. 1 Buchst. a des Bayerischen Gesetzes über die Grunderwerbsteuerbefreiung für den sozialen Wohnungsbau (GrESWG) in der Fassung vom 12. November 1958 (GVBl 1958, 330) zunächst keine Grunderwerbsteuer erhoben. Er setzte diese Steuer nachträglich mit Bescheid vom 19. März 1968 gegen den Beschwerdeführer auf 710,20 DM fest, nachdem dieser und seine Ehefrau ihre Baupläne aufgegeben hatten. Der Steuerbescheid ist unanfechtbar geworden. Einen Antrag des Beschwerdeführers, die gezahlte Steuer nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG zu erstatten, lehnte der Beschwerdegegner ab. Der Einspruch des Beschwerdeführers wurde zurückgewiesen. Das FG hat die Klage abgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
II. Mit seiner Beschwerde, welcher das FG nicht abgeholfen hat, begehrt der Beschwerdeführer die Zulassung der Revision. Die Beschwerde ist nicht begründet.
1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Das FG hat mit seinem Urteil nach feststehenden Rechtsgrundsätzen entschieden. Danach erfordert die Steuervergünstigung des § 17 Abs. 2 GrEStG zwar nicht, daß der Erwerber das Grundstück wieder dem Veräußerer übereignet. Es genügt, daß er mit dessen Einverständnis das Eigentum unmittelbar auf einen Dritten überträgt. Voraussetzung ist jedoch, daß der Veräußerer selbst mit diesem Dritten ein schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft abgeschlossen hat und nur dessen dingliche Erfüllung sich unmittelbar zwischen dem Dritten und dem bisherigen Erwerber vollzieht (vgl. das Urteil des BFH II 35/64 vom 21. März 1968, BFH 92, 245). Der hier zu beurteilende Sachverhalt ist kein Ausnahmefall, dessen Entscheidung eine Fortentwicklung der Rechtsprechung erwarten läßt. Die vorgenannten Rechtsgrundsätze ziehen eindeutige Grenzen für die Anwendung des § 17 Abs. 2 GrEStG. Mit dieser Vergünstigung verzichtet das Gesetz trotz Erfüllung des steuerpflichtigen Tatbestandes ausnahmsweise dann auf die Steuer, wenn nachträglich der frühere Rechtszustand, wie er vor Abschluß des steuerpflichtigen Vorganges bestanden hatte, wiederhergestellt wird. Sinn und Zweck der Vorschrift setzen demnach grundsätzlich voraus, daß der Veräußerer zum mindesten schuldrechtlich das Grundstück zurückerwirbt. Geschieht dies nicht und verkauft der Erwerber selbst das Grundstück an einen Dritten weiter, so entfällt die Berechtigung für einen Verzicht auf die Steuer. Dabei spielt es keine Rolle, welcher wirtschaftliche Zweck mit dieser Veräußerung angestrebt wird.
Eine Entscheidung des vorliegenden Falles wäre daher allenfalls davon abhängig, ob der ursprüngliche Verkäufer oder der Beschwerdeführer (gemeinsam mit seiner Ehefrau) das Grundstück an die Eheleute X verkauft hat. Die Beantwortung dieser Frage wiederum richtet sich nur danach, wie die Vereinbarung vom 24. April 1967 auszulegen ist. Die eingangs genannten Rechtsgrundsätze werden hierdurch nicht berührt.
2. Das Urteil des FG weicht auch nicht von einer Entscheidung des BFH ab (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Mit dem vom Beschwerdeführer zitierten Urteil II 33/59 U vom 14. Juni 1961 (BFH 73, 747, BStBl III 1961, 538) hatte der BFH über einen Fall zu entscheiden, in welchem trotz unveränderter Eintragung des Eigentümers im Grundbuch Erstattung der Steuer nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG begehrt wurde. Dieser Antrag hatte auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz keinen Erfolg. Der Sachverhalt ist mit dem hier vorliegenden Fall nicht zu vergleichen. Überdies hatte der Senat aber auch in diesem Urteil betont, daß § 17 Abs. 2 GrEStG allenfalls dann noch angewandt werden könne, wenn der Veräußerer eines Grundstücks dieses selbst nochmals an einen Dritten veräußert und lediglich zur Vermeidung von Formalitäten der bisherige Erwerber das Grundstück unmittelbar auf den Dritten aufläßt (BFH 73, 751, BStBl III 1961, 539). Auch hier wird also vorausgesetzt, daß das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft zwischen dem Veräußerer und dem Dritten, nicht aber zwischen dem bisherigen Erwerber und dem Dritten abgeschlossen wird. Dieser Grundsatz wird in dem Urteil II 35/64 vom 21. März 1968 (BFH 92, 245) wiederholt. Die Entscheidung des FG weicht davon nicht ab, denn dieses Gericht hat die Vereinbarung vom 24. April 1967 dahin ausgelegt, daß der Beschwerdeführer (gemeinsam mit seiner Ehefrau) und nicht etwa der ursprüngliche Veräußerer zur Übertragung des Grundstückes auf die Eheleute X verpflichtet war (Seite 13 der Urteilsausfertigung).
Der Beschwerdeführer meint, die vertraglichen Beziehungen zwischen ihm und seiner Ehefrau einerseits sowie den Eheleuten X andererseits seien nur aus formellen Gründen mit Wirkung für eine juristische Sekunde begründet worden. Damit will er aber lediglich die Vereinbarung vom 24. April 1967 anders auslegen als das FG. Außerdem läßt der Inhalt der notariellen Urkunde vom 24. April 1967 nicht erkennen, daß das Vertragsverhältnis nur eine juristische Sekunde gedauert habe und nur formellen Charakter haben sollte. Partner des Kaufvertrages mit den Eheleuten X waren nur der Beschwerdeführer und seine Ehefrau, und zwar mit sämtlichen sich daraus ergebenden Pflichten und Rechten. Sie mußten insbesondere den Eheleuten X das Grundstückseigentum verschaffen und handelten insoweit nicht im Namen eines anderen Verkäufers; auch hafteten sie für etwaige Sachmängel (§ 433 Abs. 1 Satz 1, § 459 Abs. 1 BGB). Ihnen stand auch der Anspruch auf Zahlung des restlichen Kaufpreises in Höhe von 9 545 DM nach Abschn. B Nr. II 2b des Vertrages zu. Der Umstand, daß dem ursprünglichen Veräußerer ein Wiederkaufsrecht eingeräumt wurde, spielt keine Rolle. Ein solches Recht kann auch einem Dritten eingeräumt werden. Dieser erhält dadurch noch nicht eine dem Verkäufer ähnliche oder gleichartige Stellung. Auch die Frage, ob eine andere zivilrechtliche Gestaltung des Vertrages vom 24. April 1967 den wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau besser entsprochen hätte, ist nicht Gegenstand dieser Entscheidung.
Fundstellen
Haufe-Index 69663 |
BStBl II 1972, 636 |
BFHE 1972, 287 |