Entscheidungsstichwort (Thema)
Dauerhaft defizitäre Pferdezucht einer GbR führt zur Annahme eines Liebhabereibetriebs
Leitsatz (NV)
1. Aus der Bezugnahme auf eine Entscheidung des BFH folgt nicht, dass das FG vom Vorliegen eines identischen Sachverhalts ausgegangen ist.
2. Kein Verfahrensmangel infolge Rügeverzichts, wenn die Nichteinholung eines schriftsätzlich angeregten Gutachtens in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt wurde.
3. Neues Vorbringen im Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich unbeachtlich.
4. Die Einstufung einer in der Rechtsform einer GbR betriebenen, dauerhaft defizitären Pferdezucht als Liebhabereibetrieb richtet sich (auch) nach den persönlichen Beweggründen der Gesellschafter.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3; ZPO § 295
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Urteil vom 27.06.2008; Aktenzeichen 16 K 449/07) |
Gründe
Die Beschwerde ist teilweise unzulässig und im Übrigen, ungeachtet erheblicher Zweifel an ihrer Zulässigkeit, jedenfalls unbegründet.
1. Eine schlüssige Rüge, das Finanzgericht (FG) habe gegen seine Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung verstoßen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), erfordert die Darlegung der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), zu welchen konkreten Tatsachen weitere Ermittlungen geboten waren, welche Beweise zu welchem Beweisthema das FG hätte erheben müssen, wo Tatsachen vorgetragen waren, aus denen sich dem FG die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen auch ohne einen entsprechenden Beweisantrag hätte aufdrängen müssen, welches Ergebnis die zusätzliche Erhebung von Beweisen aller Voraussicht nach gehabt hätte und inwieweit die unterlassene Beweiserhebung oder Ermittlungsmaßnahme zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24. Februar 1998 I R 143/84, BFHE 152, 500, BStBl II 1988, 819, unter II.1. der Gründe; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 120 Rz 70, m.w.N.). Außerdem muss vorgetragen werden, dass der Verstoß in der Vorinstanz gerügt wurde oder weshalb eine derartige Rüge nicht möglich war (Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 70 i.V.m. Rz 67, m.w.N.).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
a) Zur Begründung der Sachaufklärungsrüge stützt sich die Klägerin zum einen auf das Vorbringen, dass das FG im Rahmen der Entscheidungsfindung davon ausgegangen sei, dass die Gesellschafter die Pferdezucht auch nach der Betriebsaufgabe noch fortgeführt hätten.
Tatsächlich wird die Frage der Fortführung der Pferdezucht als Hobby nach der Aufgabe des Pferdezuchtbetriebs der Klägerin an keiner Stelle des Urteils erwähnt. Das Ob und Wie der Fortführung des Betriebs der Klägerin nach der Betriebsaufgabe hat für die Entscheidung des FG ersichtlich keinerlei Bedeutung gehabt. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus dem in der Vorentscheidung enthaltenen Hinweis auf das BFH-Urteil vom 27. Januar 2000 IV R 33/99 (BFHE 191, 119, BStBl II 2000, 227) entnehmen. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass in dem dort zu entscheidenden Fall der zu beurteilende Pferdezuchtbetrieb nach dessen Aufgabe als Hobbybetrieb fortgeführt worden ist. Daraus folgt indes nicht, dass das FG im Streitfall von dem Vorliegen eines identischen Sachverhalts ausgegangen ist.
b) Auch das weitere Vorbringen, das FG habe den Sachverhalt vor der Betriebseröffnung nicht ausreichend aufgeklärt, genügt den Darlegungserfordernissen nicht. Es ist bereits nicht ersichtlich, weshalb sich dem Gericht eine Aufklärung des Umfangs und der Art und Weise der hobbymäßigen Zuchtaktivitäten der Gesellschafter der Klägerin vor der Betriebseröffnung hätte aufdrängen sollen. Das FG ist ausweislich der Entscheidungsgründe lediglich davon ausgegangen, dass die Gesellschafter der Klägerin eine bereits als Hobby betriebene Pferdezucht durch die Einbringung ihrer Pferde dem Grunde nach weiterbetrieben haben. Die Klägerin folgert daraus, dass das FG, wiederum in Anlehnung an den Sachverhalt in dem BFH-Urteil in BFHE 191, 119, BStBl II 2000, 227, von einer seit Jahren bestehenden umfangreichen Hobbyzucht ausgegangen ist. Diese Schlussfolgerung lässt sich weder aus der von der Klägerin zitierten Urteilspassage noch aus den weiteren Gründen der Vorentscheidung entnehmen.
Das FG hat den Umstand, dass die Gesellschafter bereits vor der Betriebseröffnung eine Hobbypferdezucht betrieben haben, ersichtlich nur als Indiz dafür herangezogen, dass die spätere verlustbringende Zuchttätigkeit aus im Bereich der Lebensführung der Gesellschafter der Klägerin liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausgeübt worden ist. Dass die hobbymäßige Pferdezucht im Vorfeld der Gründung eines Zuchtbetriebs auch im Rahmen der Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht eines später eröffneten und dauerhaft defizitären Zuchtbetriebs herangezogen wird, musste sich der fachkundig vertretenen Klägerin geradezu aufdrängen. Insoweit oblag es der Klägerin, den aus ihrer Sicht maßgeblichen Sachverhalt, der eine andere als die vom FG gezogene Schlussfolgerung zugelassen hätte, umfassend vorzutragen und ggf. weitere Sachverhaltsermittlungen durch das FG anzuregen.
Auf dieses Vorbringen der Klägerin kann deshalb ebenso wenig das Vorliegen einer Überraschungsentscheidung gestützt werden.
Soweit die Klägerin nunmehr erstmals im Beschwerdeverfahren entgegen der bisherigen Einlassung im Klageverfahren vorträgt, dass die Gesellschafter vor der Betriebseröffnung keine hobbymäßige Pferdezucht betrieben haben, handelt es sich um neues und zudem widersprüchliches Vorbringen, welches bei einer Revisionsentscheidung nicht mehr zu berücksichtigen wäre. Die Zulassung der Revision kann darauf deshalb nicht gestützt werden.
c) Mit dem Vorbringen, das FG habe die persönlichen Neigungen und Interessen nicht ausreichend aufgeklärt, was besonders angezeigt gewesen wäre, da der Gesellschafter sich in seinem erlernten Beruf selbständig gemacht habe, wird ebenfalls keine schlüssige Aufklärungsrüge erhoben. Auch insoweit fehlt es an der Darlegung, wo Tatsachen vorgetragen worden sind, aus denen sich dem FG die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen auch ohne einen entsprechenden Beweisantrag hätte aufdrängen müssen.
2. Soweit die Klägerin eine mangelhafte Sachaufklärung wegen der Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens rügt, hat sie nicht dargelegt, warum sie diesen Mangel nicht bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt hat. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 2008 hat die Klägerin eine solche Rüge nicht erhoben, so dass von einem Rügeverzicht auszugehen ist (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung).
3. Den von der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen,
ob eine Personengesellschaft aus persönlichen Interessen und Neigungen handeln kann,
ob für die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht der Personengesellschaft auch heranzuziehen ist, dass ein Gesellschafter die von der Personengesellschaft ausgeübte Tätigkeit vor der Betriebsaufnahme und wiederum nach der Betriebsaufgabe als Hobby ausgeübt hat,
ob es bei einer Personengesellschaft überhaupt persönliche Interessen und Neigungen geben kann, wenn sie erhebliche Investitionen tätigt,
kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, so dass eine Zulassung der Revision weder auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO noch auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO gestützt werden kann. Es ist bereits nicht ersichtlich, inwieweit an der Entscheidung der Rechtsfragen ein über die Entscheidung des Einzelfalls hinausgehendes Interesse der Allgemeinheit bestehen könnte. Zudem fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfragen, da sie offensichtlich so zu beantworten sind, wie es das FG getan hat.
Nach der im Anschluss an die Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 765) ständigen Rechtsprechung müssen alle ein gewerbliches Unternehmen kennzeichnenden Merkmale bei der Personengesellschaft, hier der Klägerin, gegeben sein. Die Gewinnerzielungsabsicht muss deshalb auf eine Mehrung des Betriebsvermögens der Gesellschaft, einschließlich des Sonderbetriebsvermögens der Gesellschafter (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes), in Gestalt eines Totalgewinns zwischen der Gründung und der Beendigung des Betriebs der Personengesellschaft gerichtet sein. Ob im konkreten Einzelfall nicht das Streben nach einem Totalgewinn, sondern persönliche Beweggründe für die Gründung und Fortführung des Unternehmens bestimmend waren, muss sich allerdings zwangsläufig nach den Beweggründen der einzelnen Gesellschafter richten. Dies liegt im Streitfall umso mehr auf der Hand, als die Gesellschafter der Klägerin vor der Gründung des Pferdezuchtbetriebs ebenfalls gemeinsam eine Hobbypferdezucht betrieben haben. Allein die Höhe der Investition lässt keine Rückschlüsse darauf zu, ob diese zum Zwecke der Gewinnerzielung erfolgt ist oder ausschließlich der Befriedigung persönlicher Interessen der Gesellschafter gedient hat.
Fundstellen
Haufe-Index 2263992 |
BFH/NV 2010, 207 |