Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Tätigt ein Halbzeugwerk für NE-Metalle nur Umarbeitungsgeschäfte und liefert der Kunde das zu verarbeitende Metall (einschließlich Schwund) vor Beginn der Umarbeitung an, so tritt beim Umlaufmetallstock des Halbzeugwerkes keine Gewinnrealisierung ein. Es sind lediglich Metall des Halbzeugwerkes mit Metallen des Kunden vermischt worden.
Gewinnrealisierung ist auch dann beim Umarbeitungsgeschäft nicht gegeben, wenn das Halbzeugwerk mit eigenen Metallen vorleistet und der Kunde das verarbeitete Metall (einschließlich Schwund) nach der Umarbeitung ersetzt. Der Senat hält an den Grundsätzen seiner Entscheidung I 4/52 U vom 17. Mai 1952 (BStBl 1952 III S. 208, Slg. Bd. 56 S. 536) fest.
Wird beim Umarbeitungsgeschäft der Schwund des Umlaufmetallstockes vom Halbzeugwerk durch Zukauf ersetzt und dem Kunden in dem Preis für die Umarbeitung berechnet, so tritt insoweit Gewinnrealisierung ein.
Beim Vollpreisgeschäft kann der hierauf entfallende Umlaufmetallstock nicht getrennt vom Deckungsmetall behandelt werden. Die Vermischung dieser Metalle mit eigenen zugekauften Metallen des Halbzeugwerkes führt zur Durchschnittsbewertung der gesamten Metallvorräte (Deckungsmetall und Umlaufmetallstock) nach den allgemein für Vorräte geltenden Grundsätzen.
Tätigt ein Halbzeugwerk sowohl Umarbeitungsgeschäfte als auch Vollpreisgeschäfte, so kann es den buchmäßig auf das Umarbeitungsgeschäft entfallenden Teil des Umlaufmetallstockes nach den unter Ziff. 1 und 2 ausgesprochenen Grundsätzen behandeln.
Den Halbzeugwerken steht für das Metall des Umlaufmetallstockes, der buchmäßig auf das Vollpreisgeschäft entfällt, die Vergünstigung der Rücklage für Preissteigerung (ß 74 EStDV 1958) zu.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Ziff. 2, § 51/1/2/b; EStDV § 74
Tatbestand
Der Bundesminister der Finanzen hat den Bundesfinanzhof gemäß § 63 AO um ein Gutachten zu folgender Frage ersucht:
Kann ein NE-Metall-Halbzeugwerk den Teil seines Metallvorrats, der als "Umlaufmetallstock" bezeichnet wird, trotz Steigens der Metallpreise in der Schlußbilanz mit dem gleichen Wert ansetzen, mit dem der entsprechende Bestand am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres angesetzt war?
Der I. Senat des Bundesfinanzhofs hat nach mündlicher Erörterung des Rechtsproblems am 8. Juli und am 17. August 1960 mit Vertretern des Bundesministers der Finanzen und des Deutschen Industrie- und Handelstages in der Sitzung vom 26. August 1960 wie folgt Stellung genommen:
1.-6. siehe obige Rechtssätze Nrn. 1-6.
Entscheidungsgründe
Gründe
A. Sachverhalt I. Dem Gutachten liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Ein Unternehmen verarbeitet Nichteisenmetalle (NE-Metalle), z. B. Kupfer, Blei, Zinn oder Zink zu Halbzeugfabrikaten wie Blechen, Drähten, Röhren, Stangen usw. Die Herstellung des Halbzeugs erfordert eine erheblich größere Menge Metall der gewünschten Art, als der Auftraggeber nach Durchführung des Auftrages als sogenanntes Ausstoßmetall in Form der bestellten Menge Halbzeug erhält. Der Fabrikationsvorgang führt in der Gießerei durch Verdampfen und Oxydieren und bei der Oberflächenbehandlung im Zuge der Weiterbearbeitung des Metalls (z. B. im Walzwerk) bis zu dem zu liefernden Halbzeug zu unwiederbringlichen Metallverlusten (Abbrand und Schwund), die im folgenden als Schwund bezeichnet werden. Für die Herstellung des Halbzeugs ist ferner eine zusätzliche Menge Metall erforderlich, die als Bearbeitungsabfall, z. B. in Form von Schmelzrückständen oder Preß-, Walz- und Stanzabfällen dem Halbzeugwerk verbleibt. Der gesamte Bestand dieser zusätzlichen Menge Metall, die das Halbzeugwerk entsprechend der allgemeinen Auftragslage im Rahmen seiner Kapazität benötigt um laufend die für die einzelnen Aufträge erforderliche zusätzliche Menge Metall zur Verfügung zu haben, wird nach Darstellung des Bundesministers der Finanzen als Umlaufmetallstock (Metall der Betriebsbereitschaft oder Produktionsmetall) bezeichnet.
Die Aufträge zur Herstellung des Halbzeugs werden im wesentlichen in den folgenden beiden Arten ausgeführt:
Der Besteller liefert vor oder nach Ausführung des Auftrages durch das Halbzeugwerk NE-Metall in der Menge an, die in dem bestellten Halbzeug enthalten sein soll oder durch Schwund unwiederbringlich verlorengeht. Das Werk stellt nur einen Bearbeitungslohn in Rechnung (Werkvertrag, Facongeschäft, Umarbeitungsgeschäft).
Der Besteller liefert kein Metall, sondern das Halbzeugwerk stellt das Metall selber und berechnet neben dem Bearbeitungslohn das mitgelieferte Metall (Werklieferungsvertrag, sogenanntes Vollpreisgeschäft).
Das Halbzeugwerk unterscheidet bei beiden Auftragsarten buchmäßig zwei Vorgänge:
Werklohn: Der Preis für die Verarbeitung des Metalls zu dem bestellten Halbzeug wird als eine Art Werklohn in Geld berechnet.
Metallrechnung: Das Metall wird buchmäßig getrennt vom Werklohn verrechnet.
Beim Umarbeitungsgeschäft bleibt die für den Ausstoß bestimmte und die durch Schwund verlorengehende Metallmenge geldmäßig außer Ansatz. Dem Kunden wird in der "Metallbuchhaltung" die angelieferte Menge gutgeschrieben. Mit der im ausgelieferten Halbzeug enthaltenen Metallmenge wird er zuzüglich des pauschal berechneten Schwunds belastet. Der Saldo des Metallkontos wird entweder mengenmäßig bei der nächsten Bestellung des Kunden verrechnet oder unter Zugrundelegung des Tagespreises des Metalls am Tage der Bestellung wertmäßig umgerechnet und in das Konto des Kunden in der Finanzbuchhaltung übernommen.
Beim Vollpreisgeschäft wird nach der Darstellung des Bundesministers der Finanzen das Konto des Kunden in der Finanzbuchhaltung in Höhe des Wertes des im Halbzeug enthaltenen Metalls zuzüglich des Bearbeitungsschwunds unter Zugrundelegung des Einkaufspreises am Tage der Bestellung belastet. Die von dem übrigen Aufwand getrennte und auf die Preisverhältnisse am Tage der Auftragserteilung abgestellte Berechnung des Metalls bewirkt, daß Schwankungen des Metallpreises, die zwischen dem Tage der Bestellung und dem der Lieferung des Halbzeugs erfolgen, zu Lasten oder zu Gunsten der Kunden gehen und das Halbzeugwerk nicht berühren.
Entsprechend der verschiedenen wirtschaftlichen Verwendung wird der am Bilanzstichtag vorhandene Bestand an NE-Metall buchtechnisch wie folgt aufgeteilt:
Vorratsmetall oder Deckungsmetall: Das ist der Bestand, der als Ausstoßmetall zur Veräußerung bestimmt ist und zu dem auch das Metall gehört, das durch Schwund unwiederbringlich verlorengeht. Dieser Bestand steht nur mit den Vollpreisgeschäften im Zusammenhang. Ein Zusammenhang mit den Umarbeitungsgeschäften besteht nur in den Fällen, in denen das Halbzeugwerk mit eigenem Metall für den Besteller in Vorlage tritt. Die am Bilanzstichtag vorhandene, von Kunden zur Ausführung von Umarbeitungsgeschäften angelieferte Metallmenge wird vom Gesamtmetallbestand abgezogen, weil das angelieferte Metall den Auftraggebern gehört.
Umlaufmetallstock: Das ist die Metallmenge, die zur Wiederverwendung im Bearbeitungsprozess bestimmt ist und nach Beendigung jedes Fertigungsvorgangs in Form von Abfällen wieder im Fertigungsprozeß eingesetzt werden kann (Kreislaufmetall).
Die Unterscheidung zwischen Vorratsmetall und Umlaufmetall erfolgt nur gedanklich (rechnerisch). Die verschiedenen Metallarten werden nicht getrennt nach Vorratsmetall und Umlaufmetall gelagert. Es werden nur die einzelnen Metallarten und Legierungen getrennt verwahrt. Dementsprechend kann der Bestand an Umlaufmetall mengenmäßig nur rechnerisch bestimmt werden. Die gedankliche Trennung ist auch beim Herstellungsprozeß ohne Bedeutung; für diesen ist nur wesentlich, daß zur Lieferung einer bestimmten Gewichtseinheit Halbzeug eine größere Gewichtseinheit Metall gleicher Art und Legierung als das im Endprodukt enthaltene Metall erforderlich ist.
B. Stellungnahmen DER Beteiligten und des Senats
I. Umarbeitungsgeschäfte Es erscheint zweckmäßig, zunächst die Behandlung des Umlaufmetallstockes bei Umarbeitungsgeschäften zu prüfen.
Stellungnahme des Bundesministers DER Finanzen
Der Bundesminister der Finanzen hielt es in seiner schriftlichen Stellungnahme für bedenklich, die vom Bundesfinanzhof im Urteil I 4/52 U vom 17. Mai 1952 (BStBl 1952 III S. 208, Slg. Bd. 56 S. 536) für Umarbeitungsgeschäfte dargelegten Grundsätze nach dem 1. Januar 1955 anzuwenden. Es sei zu prüfen, ob durch die Einführung des § 51 Abs. 1 Ziff. 2 b EStG 1955 nicht nur die im Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs I D 2/49 S vom 3. Juni 1949 (Ministerialblatt des Bundesministers der Finanzen - MinBlFin - 1949 S. 333; Amtsblatt des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen - Bay. FMBl - 1949 S. 205; Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 6 Abs. 1 Ziff. 2 Rechtsspruch 1) über den "eisernen Bestand" enthaltenen Grundsätze (Urteile des Bundesfinanzhofs I 140/52 U vom 1. März 1955 und IV 203/53 U vom 3. März 1955, BStBl 1955 III S. 144, 222, Slg. Bd. 60 S. 376, Slg. Bd. 61 S. 63), sondern auch die des Urteils I 4/52 U gegenstandslos geworden seien. Wenn die vom Bundesfinanzhof in dem zuletzt genannten Urteil anerkannte wirtschaftliche Nämlichkeit des Metallvorrats eines Edelmetall-Halbzeugwerkes identisch sei mit der Nämlichkeit der zu einem eisernen Bestand gehörenden Gegenstände, könne dieses Urteil mit Rücksicht auf das Urteil des Bundesfinanzhofs I 140/52 U nach dem 1. Januar 1955 nicht mehr angewandt werden. Halte man die im Urteil I 4/52 U ausgesprochenen Gedanken nach Einführung der Preissteigerungsrücklage noch für anwendbar - dieser Auffassung neigte der Vertreter des Bundesministers der Finanzen in der letzten mündlichen Erörterung der Gutachtenfrage zu -, dürften sie nicht über den dort entschiedenen Fall hinaus ausgedehnt werden.
Stellungnahme des deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT)
Der DIHT hält die Grundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs I 4/52 U a. a. O. auch nach Einführung der Preissteigerungsrücklage durch § 51 Abs. 1 Ziff. 2 b EStG 1955, § 74 EStDV 1955 für anwendbar. Dieses Urteil behandle nicht das Problem der Scheingewinne infolge von Preissteigerungen, sondern die Frage der Gewinnverwirklichung. Im gleichen Sinne habe auch der Finanzminister Baden-Württemberg in dem Erlaß S 2158 - 12/56 - vom 11. April 1956 (Deutsche Steuer-Zeitung B 1956 S. 258), der im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen ergangen sei, anerkannt, daß die Grundsätze des Urteils I 4/52 U über die Gewinnverwirklichung durch § 51 Abs. 1 Ziff. 2 b EStG 1955 nicht berührt worden seien. Die gleiche Auffassung habe auch der Bundesfinanzhof im Urteil I 14/52 U zum Ausdruck gebracht. Er habe unter Bezugnahme auf das Urteil I 4/52 U ausgeführt, beim Ersatz von Produktionsmitteln durch Tausch spreche die Vermutung nicht für die Absicht des Kaufmanns, stille Reserven zu realisieren.
Ein Halbzeugwerk brauche den seiner Kapazität entsprechenden Metallstock. Auf den Umfang des Umlaufmetallstockes habe es keinen Einfluß, ob Umarbeitungs- oder Vollpreisgeschäfte getätigt würden. Umarbeitungsgeschäfte würden auch heute noch durchgeführt, weil bei fast allen Kunden der Halbzeugwerke in erheblichem Umfang Metallabfälle anfielen und weil es naheliege, diese Abfälle bei der Herstellung von Halbzeug wieder zu verwenden. Ferner komme es vor, daß Kunden, die unter Ausnutzung der Marktlage selbst Metall eingekauft hätten, dieses Metall vom Halbzeugwerk umarbeiten ließen.
Stellungnahme des Senats Es muß unterschieden werden, ob der Kunde (Abnehmer) das benötigte Metall, das in das fertige Produkt eingeht (sogenanntes Deckungsmetall), vor Beginn der Verarbeitung zur Verfügung stellt oder ob er erst im Laufe der Verarbeitung oder nach Abnahme der Ware Ersatz liefert.
Der Kunde stellt das benötigte Metall vor Herstellung der Ware dem Halbzeugwerk zur Verfügung. Dies kann auch in der Weise geschehen, daß das Halbzeugwerk im Auftrag und im Namen des Kunden (losgelöst von dem Umarbeitungsgeschäft mit gesonderter Rechnungstellung) die Metallmenge einkauft, die in das zu liefernde Halbzeug eingeht und durch Schwund verlorengeht.
Hier wird sich der Vorgang in der Weise abspielen, daß das vom Kunden angelieferte Metall mit dem Metall vermischt wird, das das Halbzeugwerk als eigenes Metall besitzt. Dieses Metall kann bestehen aus dem Metall des Umlaufmetallstockes und aus sonstigen Vorräten an Metall. Ein Teil des Gesamtbestandes des nunmehr vermischten Metalles gehört dem Kunden und ein Teil dem Halbzeugwerk (§§ 947, 948 BGB). Es ist nun möglich, daß die Preise im Zeitpunkt der Hereingabe des Metalles durch den Kunden höher liegen als die bisher angesetzten Werte des Metalles des Halbzeugwerkes. Es ist somit die Preisveränderung bei derartigen Vermischungstatbeständen zu beurteilen. Ein gleichartiger Vorgang vollzieht sich bei Wertpapieren, wenn sie in das Girosammeldepot des Kassenvereins genommen werden, das sich aus Wertpapieren zusammensetzt, die zu den verschiedensten Kursen erworben worden sind.
Grundsätzlich tritt nach dem Einkommensteuerrecht Gewinnrealisierung nur dadurch ein, daß der Gewerbetreibende betriebliche Gegenstände, insbesondere Waren über dem Buchwert veräußert. Die Veräußerung kann sich in der Form des Kaufes oder des Tausches vollziehen. Des weiteren kennt unser Einkommensteuerrecht Gewinnverwirklichung, wenn der Kaufmann aus dem Betriebsvermögen Gegenstände durch Entnahme in das Privatvermögen überführt.
Bei der Vermischung ist keiner dieser Fälle gegeben. Die Vermischung ist auch kein Anschaffungsgeschäft. Bereits hieraus folgt, daß bei der Vermischung in der oben dargestellten Form Gewinn nicht verwirklicht sein kann. Der Anspruch der Beteiligten an dem Gesamtbestand tritt an die Stelle des früheren Eigentums an dem Gegenstand. Wie in dem Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 1047/28 vom 27. Oktober 1928 (RStBl 1929 S. 35) ausgeführt wird, kann es nicht im Sinne des EStG liegen, den Anspruch auf den Gegenstand höher zu bewerten als das Eigentum an dem Gegenstand selbst.
Gewinnrealisierung bei Ersatzbeschaffung. Dies führt zu der weiteren Frage, wie Fälle zu behandeln sind, bei denen der Kunde das für die Ware benötigte Rohmaterial nicht vor Beginn der Herstellung schon zur Verfügung stellt, sondern es während der Fabrikation oder nach der Fabrikation ersetzt. Sie behandelt die Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 4/52 U. Es ist hier auch denkbar, daß der Kunde einen Rohmaterialscheck dem Halbzeugwerk zur Verfügung stellt, das den Scheck zu gegebener Zeit bei einer Firma einlöst, die entsprechendes Material auf Lager hat. Der Fall war bedeutsam bei Edelmetall-Halbzeugwerken. Hier trat das Werk oft mit seinem eigenen Metall zunächst in Vorlage.
Der Bundesfinanzhof hat in dem Urteil I 4/52 U in derartigen Fällen die Gewinnverwirklichung verneint. Für ihn war hierbei die wirtschaftliche Betrachtung von Bedeutung. Wirtschaftlich unterscheide sich der Vorgang nicht von den unter Buchst. a) behandelten Fällen. Es sei deshalb steuerlich nicht gerechtfertigt, zu einem anderen Ergebnis zu gelangen.
In der Entscheidung I 4/52 U wird der Begriff des Umlaufmetallstockes in einem weiteren Rahmen gebraucht, als es für das Gutachten bei NE-Metallen angenommen wird. Rechtlich ist das ohne Bedeutung. Die umfassendere Abgrenzung in dem seinerzeitigen Urteil hängt damit zusammen, daß ein Fall behandelt wurde, in dem sich das Halbzeugwerk auf Umarbeitungsgeschäfte beschränkte. Das Edelmetall wurde seinerzeit durch die öffentliche Hand bewirtschaftet.
Der Senat verbleibt bei den Grundsätzen der Entscheidung I 4/52 U (vgl. auch Abschn. II 3 b). Die Frage, ob bei Ersatzbeschaffung Gewinnverwirklichung eintritt, hängt von den Besonderheiten des einzelnen Falles ab (Urteile des Reichsfinanzhofs VI A 1361/29 vom 2. April 1930, RStBl 1930 S. 363; VI 754/39 vom 10. April 1940, RStBl 1940 S. 595, Slg. Bd. 48 S. 263; Urteil des Bundesfinanzhofs I 246/54 U vom 13. September 1955, BStBl 1955 III S. 320, Slg. Bd. 61 S. 314). Ersatzbeschaffung kann auf verschiedenartigen wirtschaftlichen Vorgängen beruhen. Es wird hierzu auf das Gutachten des Senats I D 1/57 S vom 16. Dezember 1958 (BStBl 1959 III S. 30, Slg. Bd. 68 S. 78) verwiesen, daß eine Reihe unterschiedlicher Fälle von Ersatzbeschaffungen bei Wertpapieren behandelt.
Für das vorliegende Problem ist es von Bedeutung, daß das Halbzeugwerk lediglich aus Gefälligkeit vorleistet, auch nach seiner Buchführung und Kalkulation nicht die Absicht zum Ausdruck bringt, hier aus dem eigenen Metall Gewinne zu erzielen, und daß das Ersatzmetall mit dem verarbeiteten Metall vollkommen wesensgleich ist. Siehe hierzu auch die Ausführungen in dem Buch "Rechnungslegung der Aktiengesellschaften" von Adler-Düring-Schmaltz - Dritte Auflage -, § 131 Ziff. 62, die wohl zu dem gleichen Ergebnis kommen, sowie die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs zur Abgrenzung der sogenannten Umtauschgeschäfte von den Tauschgeschäften für das Umsatzsteuerrecht (Umtauschmüllerei, Entscheidungen des Reichsfinanzhofs Gr. S. 5/24 vom 24. Januar 1925, Slg. Bd. 15 S. 282; V A 269/26 vom 7. Mai 1926, Slg. Bd. 19 S. 84; Umtauschbäckerei, Gutachten des Reichsfinanzhofs V D 7/25 vom 16. Juli 1925, Slg. Bd. 17 S. 70; Umtauschkupferarbeiten, Entscheidung des Reichsfinanzhofs V A 10/30 vom 30. Januar 1931, Steuer und Wirtschaft 1931 Nr. 608; Umtauschwalzwerk, Entscheidung des Reichsfinanzhofs V A 194/30 vom 7. November 1930, RStBl 1931 S. 163; Umtauschweberei, Entscheidung des Reichsfinanzhofs V A 182/25 vom 23. Oktober 1925, Slg. Bd. 17 S. 228, und insbesondere Umtausch von Edelmetallen, Entscheidung des Bundesfinanzhofs II 13/51 U vom 24. August 1951, BStBl 1952 III S. 97, Slg. Bd. 56 S. 246).
Der Schwund. Wie bereits ausgeführt, tritt beim Umlaufmetallstock während der Verarbeitung ein Schwund ein. Der Oxydationsvorgang bewirkt, daß Metall in allerdings geringem Umfange als Schwund verlorengeht. Es ist denkbar, daß das Halbzeugwerk den Schwund selbst ersetzt und deshalb das Entgelt für die Umarbeitung höher bemißt; meist soll allerdings beim Umarbeitungsgeschäft auch das Schwundmetall von dem Kunden in Verbindung mit dem umzuarbeitenden Metall zur Verfügung gestellt werden.
Ersetzt der Kunde den Schwund, so müssen die Grundsätze, wie sie unter Buchst. a) und b) dargestellt sind, auch hier angewandt werden. Der Schwund wird durch gleichartige und gleichwertige Metalle ersetzt. Es tritt deshalb keine Gewinnrealisierung beim Umlaufmetallstock ein. Es fehlt an der Anschaffung von Metall.
Anders ist die Rechtslage, wenn der Schwund von dem Halbzeugwerk durch Kauf wieder ersetzt werden muß und in dem Werkleistungsanspruch seinen Ausgleich findet. Hier liegt ein Anschaffungsgeschäft des Halbzeugwerkes vor. Das neu beschaffte Metall muß mit seinen Anschaffungskosten in der Bilanz angesetzt werden. Das hat zur Folge, daß der Umlaufmetallstock dort, wo den Schwund das Halbzeugwerk trägt, durch Anschaffung des Schwundmetalls sich stets um den Betrag ändern muß, mit dem die Anschaffungskosten für das Ersatzmetall über (oder unter) dem Durchschnittspreis des Metallstockes liegen. Wie bereits in dem Urteil I 4/52 U zum Ausdruck kommt, müssen deshalb beim Schwund im einzelnen Fall die Geschäftsbedingungen zwischen dem Halbzeugwerk und dem Kunden geprüft werden.
II. Vollpreisgeschäfte
Stellungnahme des Bundesministers DER Finanzen
Ausgehend von den für die Umarbeitungsgeschäfte geäußerten Bedenken ist der Bundesminister der Finanzen der Ansicht, daß die Grundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs I 4/52 U auf den Umlaufmetallstock bei Vollpreisgeschäften nicht anwendbar seien. Die Halbzeugwerke der NE-Metallindustrie begehrten die Fortführung des früheren Bilanzwertes für den Umlaufmetallstock nicht aus Vereinfachungsgründen; sie wollten durch den Festwert die Preisschwankungen ausgleichen. Diesen Ausgleich regle jedoch § 51 Abs. 1 Ziff. 2 b EStG 1955. Auch wenn man bezüglich des Umlaufmetallstockes bei Umarbeitungsgeschäften die Gewinnrealisierung verneine, sei es bedenklich, den aus dem Gesichtspunkt der Funktionsgleichheit abgeleiteten Grundsatz der wirtschaftlichen Nämlichkeit auf Vollpreisgeschäfte auszudehnen. Im Gegensatz zum Umarbeitungsgeschäft werde beim Vollpreisgeschäft Metall veräußert. Das Halbzeugwerk gebe zwar das im Halbzeug gelieferte Ausstoßmetall gewissermaßen zu Einkaufspreisen ab; es handle sich hierbei jedoch um eine echte Lieferung von Metall, ohne daß eine Rückerstattungspflicht bestehe. Selbst wenn man dem Umstand keine Bedeutung zumesse, daß Umlaufmetall mit an die Kunden auszulieferndem Metall zusammengeschmolzen und vermischt werde, könne wegen des Schwundes, der auch beim Umlaufmetall eintrete, nicht mehr davon gesprochen werden, daß das Metall des Umlaufmetallstockes am Ende eines Wirtschaftsjahres mit dem Metall zu Beginn des Wirtschaftsjahres wirtschaftlich gesehen identisch sei Es spreche aber manches dafür, die wirtschaftliche Nämlichkeit des Umlaufmetalls bei Vollpreisgeschäften ebenso zu beurteilen wie bei Umarbeitungsgeschäften.
Stellungnahme des DIHT Der DIHT hält die Frage der Behandlung des Umlaufmetallstockes für ein Sonderproblem der Halbzeugwerke der NE-Metallindustrie. ähnlich lägen die Verhältnisse, von gewissen Besonderheiten abgesehen, lediglich bei den Edelmetall-Halbzeugwerken und bei den NE-Metallhütten. Soweit das Problem in anderen Wirtschaftszweigen auftreten sollte, sei es von untergeordneter Bedeutung. Entgegen der Ansicht des Bundesministers der Finanzen hält der DIHT die für Umarbeitungsgeschäfte ausgesprochenen Grundsätze des Urteils I 4/52 U auch auf Vollpreisgeschäfte für anwendbar. Im technischen Betriebsablauf bestehe kein Unterschied zwischen Umarbeitungs- und Vollpreisgeschäften. Auf den Umfang des für den Betrieb erforderlichen Umlaufmetallstockes habe es daher keinen Einfluß, ob das Halbzeugwerk Vollpreis- oder Umarbeitungsgeschäfte durchführe. Die den Umlaufmetallstock bildende Metallmenge sei zur Wiederverwendung in der Produktion und nicht zum Umsatz bestimmt. Sie bilde den betriebstechnisch notwendigen, ein Produktionsmittel darstellenden Metallbestand, dessen Umfang von der nachhaltig genutzten Kapazität abhänge. Der Umlaufmetallstock lasse sich berechnen nach der Formel: "Metallinhalt des Einsatzgewichtes abzüglich Metallinhalt des Ausstoßes (einschließlich Schwund) mal mittlere Verweilzeit im Betrieb".
Die Abwicklung eines Vollpreisgeschäftes gleiche im Prinzip der eines Umarbeitungsgeschäftes. Wenn ein Halbzeugwerk einen Auftrag für ein Vollpreisgeschäft erhalte, nehme es gleichzeitig einen Deckungskauf vor; es kaufe die in das Halbzeug eingehende und die im Herstellungsprozeß durch Schwund verlorengehende Metallmenge zum Tagespreis ein. Dieser Tagespreis liege auch dem Angebot des Halbzeugwerkes an den Auftraggeber zugrunde. Die Deckungskäufe erfolgten mit Rücksicht auf das bei NE-Metallen besonders große Preisrisiko. Wie bei dem Umarbeitungsgeschäft behandelten die Halbzeugwerke auch bei dem Vollpreisgeschäft das Metall "sozusagen" nur als durchlaufend, indem sie die dem Auftrag zugrunde liegenden Metallmengen zum Tagespreis einkauften und verkauften. Sie erfüllten den Auftrag also buch- (deckungs-) mäßig mit der jeweils dafür eingekauften Menge. Dies sei international üblich. Aus dem Deckungsprinzip ergebe sich, daß nur die eingekaufte Metallmenge (Ausstoßmetall und durch Schwund verlorengehendes Metall), nicht aber auch der entsprechende Teil des Umlaufmetallstockes veräußert werde.
Im Rechnungswerk der NE-Halbzeugwerke werde die Verrechnung der Metalle von der Umarbeitungskosten- und Umarbeitungserlösrechnung auch beim Vollpreisgeschäft getrennt gehalten. Bei Ergänzung des Deckungsmetalls werde in der Finanzbuchhaltung das Metallkonto belastet. Eine wertmäßige Belastung des Kunden, etwa unter Erkennung des Warenkontos Metall und unter mengenmäßiger Gutschrift auf einem Gewichtskonto des Kunden finde nicht statt; dies ändere jedoch nichts daran, daß die entsprechenden Mengen als für den Auftrag des Kunden eingekauft in der Deckungsrechnung und auch in der Kalkulation für die Erlösaufteilung festgehalten würden. Mit dem vereinbarten Preis werde der Kunde erst bei der Rechnungserteilung in der Finanzbuchhaltung auf dem Debitorenkonto belastet.
Die Kalkulation erstrecke sich auch beim Vollpreisgeschäft nur auf die Umarbeitungskosten. Der Metallpreis für den Auftrag werde dem Kunden im Angebot genannt oder könne von ihm aus der Tagespresse entnommen werden. In der Rechnung werde meist nur eine Summe für den Metallpreis und das Entgelt für die Umarbeitung ausgewiesen; der zugrunde gelegte Metallpreis werde jedoch besonders aufgeführt.
Die Vorschriften über die Preissteigerungsrücklage seien auf den Umlaufmetallstock nicht anwendbar, weil sie sich nur auf Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens bezögen. Das Problem des Schwundes habe mengenmäßig eine geringe Bedeutung; im Durchschnitt betrage die in einem Produktionsvorgang durch Schwund unwiederbringlich verlorengehende Metallmenge 1,5 v. H. des Metalleinsatzgewichtes. Der Schwund werde dem Kunden beim Vollpreisgeschäft zum gleichen Preis wie das Ausstoßmetall berechnet. Die Schwundmengen würden also lediglich ersetzt.
Stellungnahme des Senats Das Wesen des Vollpreisgeschäftes besteht darin, daß der Kunde nicht das Metall anliefert, sondern von dem Halbzeugwerk eine Ware in derselben Form kauft, wie es allgemein bei Geschäften mit Fabrikationsbetrieben üblich ist. Es mag allerdings zutreffen, daß für den Abschluß des Kaufvertrages der Tag eine besondere Rolle spielt, an dem das Metall auf den internationalen Märkten besonders günstig erworben werden kann. Nach Darstellung des DIHT kommt hierbei der Kalkulation und der Preisgestaltung für den Kunden dem Preis des NE-Metalles an diesen Märkten am Stichtage eine wesentliche Bedeutung zu. Es sei deshalb üblich, im Zeitpunkt der Hereinnahme des Auftrages den Deckungskauf für das Metall einschließlich des Schwundes vorzunehmen, der bei der Herstellung des Fabrikates verlorengeht. Trotzdem wird man davon ausgehen können, daß die Halbzeugwerke je nach dem Umfange ihrer Kapazität doch einen gewissen Vorrat an entsprechendem Deckungsmetall auf Lager haben.
Beim Vollpreisgeschäft stellt somit das Halbzeugwerk das Produkt aus eigenen Vorräten her. Es muß deshalb Bestände besitzen, die über den Umlaufmetallstock hinausgehen. Es muß Rohstoffe haben, die - wie bei jedem anderen Fabrikationsunternehmen - bestimmt sind, in das Fertigprodukt einzugehen. Für die rechtliche Beurteilung des Deckungsmetalles ist es ohne Bedeutung, ob das Halbzeugwerk das Metall erst an dem Tage kauft, an dem der Auftrag eingeht, oder Metallvorräte sich zu Zeiten beschafft, wo nach Auffassung des Halbzeugwerkes der Einkauf besonders günstig ist. Die Halbzeugwerke bezeichnen dieses Vorratsmetall als Deckungsmetall. Es ist nicht umstritten, daß für das Deckungsmetall die allgemeinen Grundsätze für die Bewertung von Vorräten gelten, d. h. daß das Deckungsmetall stets mit seinen Anschaffungskosten oder mit seinem niedrigeren Teilwert anzusetzen ist. Strittig ist lediglich, ob der Umlaufmetallstock einheitlich mit dem Deckungsmetall zu bewerten oder in derartigen Fällen einer Sonderbewertung zugänglich ist. Dies wirft die Frage nach der rechtlichen und wirtschaftlichen Natur des Umlaufmetallstockes in seinem Verhältnis zum Deckungsmetall auf.
Die rechtliche und wirtschaftliche Natur des Umlaufmetallstockes.
Es ist umstritten, ob der Umlaufmetallstock zum Anlagevermögen oder zum Umlaufvermögen gehört. Er weist Wesenszüge auf, die sowohl dem Anlagevermögen wie dem Umlaufvermögen eigentümlich sind.
Im allgemeinen pflegt man Vorräte, die bei der Produktion verbraucht werden, wie z. B. Kohle, öle und Putzmaterial dem umlaufenden Betriebsvermögen als Hilfsstoffe zuzuweisen (siehe Aktiengesetz, § 131 A III Ziff. 1). Zum Anlagevermögen rechnet man im allgemeinen Gegenstände, die wie Maschinen und Gebäude keine Rohstoffe mehr sind, sondern Fertigprodukte, die der Abnutzung unterliegen. Diese Abgrenzung ist allerdings nicht eindeutig. Sie paßt z. B. nicht für Grundstücke. Auch bei Beteiligung ist sie anders. Wertpapiere können sowohl zum Anlagevermögen wie zum umlaufenden Betriebsvermögen gehören.
Der Umlaufmetallstock umfaßt Rohstoffe. Diese Tatsache allein für sich betrachtet spricht mehr für umlaufendes Betriebsvermögen. In dem Falle des Urteils I 4/52 U hatte die Firma ihren gesamten Edelmetallbestand, also einschließlich des Umlaufmetallstockes, zum Vorratsvermögen und damit zum umlaufenden Vermögen gerechnet. Das Urteil selbst hat die Frage nicht endgültig entschieden, lediglich darauf hingewiesen, daß man hinsichtlich des Umlaufmetallstockes auch an Betriebsausstattung im Sinne des § 131 A II 4 des Aktiengesetzes denken könnte. Der Umlaufmetallstock verzehrt sich nicht (vom Schwund abgesehen) und ist damit von den Hilfsstoffen, die das Handelsrecht zum umlaufenden Betriebsvermögen rechnet, verschieden. Er verbleibt als Dauerbestand im Betriebe. Es hängt dies, worauf der DIHT in den Besprechungen immer wieder hingewiesen hat, mit der physikalischen Natur der Metalle zusammen. Diese Erwägungen führen zu dem Ergebnis, daß der Umlaufmetallstock zu den Wirtschaftsgütern gehört, die an der Grenze des Anlagevermögens und des umlaufenden Betriebsvermögens liegen. Die Frage, welchen Betriebsvermögen man den Umlaufmetallstock zuweist, ist zwingend nicht zu beantworten und war wohl auch noch nicht Gegenstand von Entscheidungen der ordentlichen Gerichte, da ihr für das Handelsrecht keine wesentliche Bedeutung zukommen dürfte. Unter Würdigung aller Verhältnisse (siehe auch die Ausführungen weiter unten) neigt der Senat aber doch mehr der Ansicht zu, den Umlaufmetallstock dem umlaufenden Betriebsvermögen zuzuweisen. Nach der Darstellung des DIHT gibt es wohl Halbzeugwerke, die den Umlaufmetallstock unter dem Anlagevermögen ausweisen. Meistens werde er aber zum Umlaufvermögen gerechnet. Die aktienrechtliche Gliederung weise für derartige Güter keine besondere Bilanzposition aus.
Der Umlaufmetallstock und die Rechtsprechung zum eisernen Bestand.
Im Rahmen der Erörterungen mit den Vertretern des Bundesministers der Finanzen und der Wirtschaftsverbände wurde die Frage angeschnitten, ob das Rechtsproblem des Umlaufmetallstockes sich nicht mit dem Rechtsproblem des eisernen Bestandes decke und deshalb durch die Urteile des Bundesfinanzhofs I 140/52 U und IV 203/53 U seine Erledigung gefunden habe. Diese Ansicht ist jedoch nicht zutreffend.
Der eiserne Bestand umfaßt unter anderem bestimmte Vorräte, die ihrer Natur nach in das Endprodukt eingehen und im Rahmen dieses Endproduktes mit Gewinn veräußert werden sollen, so z. B. Rohgarne in der Strickerei und Wirkerei oder NE-Metall des Deckungsmetalls im Halbzeugwerk. Der Umlaufmetallstock, insbesondere in den unter Abschn. I Ziff. 3 behandelten Fällen, soll dem Halbzeugwerk erhalten bleiben. Er soll, worauf die Vertreter der Wirtschaft hingewiesen haben, nicht in das Endprodukt eingehen und damit veräußert werden. Hierzu führte der DIHT aus, der Umlaufmetallstock sei nicht identisch mit dem "eisernen Bestand" im Sinne der Lehre Schmalenbachs. Er sei nicht zum Umsatz bestimmt, stelle vielmehr ein Produktionsmittel dar und bleibe wirtschaftlich stets Eigentum des Halbzeugwerkes. Seine funktionelle Identität bleibe trotz der Vermengung, Vermischung und Verarbeitung der Metalle erhalten, denn Metall bleibe Metall. Er soll lediglich ein Hilfsmittel bei der Herstellung des Endproduktes sein.
Es handelt sich hier wie im Falle des eisernen Bestandes um das Rechtsproblem der wirtschaftlichen Identität im Rahmen der Gewinnverwirklichung. Die Vorbedingungen für die Bejahung der wirtschaftlichen Identität sind beim Umlaufmetallstock in einem ganz anderen Umfange erfüllt als beim eisernen Bestand im Sinne Schmalenbachs. Die Grundsätze der Entscheidung I 4/52 U werden durch die Entscheidungen I 140/52 U und IV 203/53 U nicht berührt. Das Urteil I 140/52 U hat nicht die Festbewertung in vollem Umfange ab 1. Januar 1955 für unzulässig erklärt, sondern lediglich insoweit, als die Grundsätze des Gutachtens des Obersten Finanzgerichtshofs I D 2/49 S über die bisherige Rechtsprechung hinausgegangen sind. Wie aber der oben unter Buchst. a) dargestellte Tatbestand zeigt, weicht der Umlaufmetallstock für das Vollpreisgeschäft in tatsächlicher Beziehung wesentlich von dem Umlaufmetallstock im Sinne des Urteils I 4/52 U (Umarbeitungsgeschäft) ab. Hieraus die Folgerungen zu ziehen, ist Aufgabe des Gutachtens. Der Bundesminister der Finanzen führt in seiner Stellungnahme aus, die Halbzeugwerke begehrten die Festbewertung nicht aus Vereinfachungsgründen, sondern zum Ausgleich der Preisschwankungen. Diese Betrachtungsweise wird der Rechtslage nicht voll gerecht; denn im Vordergrund steht das Problem der wirtschaftlichen Identität.
Das Rechtsproblem der Vermischung in Fällen, in denen nur eigene Wirtschaftsgüter des Kaufmannes vermischt werden.
Mit der Frage, wie Wirtschaftsgüter zu bewerten sind, die dem Kaufmann gehören und in einem Sammelposten vermischt werden, hat sich die Rechtsprechung wiederholt befaßt. Das Problem ist eingehend in dem Urteil I 4/52 U dargestellt. Der Reichsfinanzhof hat, wie in der Entscheidung im einzelnen zum Ausdruck kommt, bei Wertpapieren zunächst das sogenannte last in - first out - Verfahren angewendet (VI A 593/28 vom 13. Juni 1928, RStBl 1928 S. 328). Er war der Ansicht, daß es den wirtschaftlichen Verhältnissen am besten gerecht werde, wenn man in diesen Fällen das zuletzt gekaufte Wertpapier als wiederverkauft ansehe. Die Frage war umstritten und führte dann zu der Auffassung, daß der Kaufmann ein Wahlrecht habe, welches Wertpapier er als verkauft ansehen wolle (VI A 899/28 vom 13. Dezember 1928, RStBl 1929 S. 136). Das Problem war seinerzeit von großer Bedeutung mit Rücksicht auf die Fristen für Spekulationsgeschäfte. In dem Urteil VI A 899/28 ließ der Reichsfinanzhof offen, wie Vermischungen von Waren zu behandeln seien. In dem Urteil VI A 108/27 vom 30. März 1927 (Slg. Bd. 21 S. 62, 67) führte er aus: "Ist aber bei einem Vorrat nicht mehr mit Sicherheit festzustellen, zu welchem Kaufabschlusse die einzelnen Teile gehören, weil mehrfach Abgänge und Zugänge vorgekommen seien, so bleibt an sich nur übrig, auf Grund der in Frage kommenden Kaufabschlüsse einen Durchschnittseinkaufspreis festzusetzen, und es können dabei auch die verschiedenen Kurse zu den Anschaffungszeiten entsprechend berücksichtigt werden. In dem Urteil VI A 128, 129/35 vom 6. Mai 1936 (Steuer und Wirtschaft 1936 Nr. 283) entschied der Reichsfinanzhof, daß das Warenlager eines Kaufmanns nicht als ein einheitliches Wirtschaftsgut dergestalt anzusehen sei, daß stille Reserven auch nach dem Umschlag künftig beibehalten werden könnten. Der Grundsatz des Wertzusammenhanges gelte beim Warenlager nur insoweit, als es sich um bestimmte Waren handle. Nach dem Urteil VI 593/38 vom 19. Oktober 1938 (RStBl 1939 S. 26) ist das last in - first out - Verfahren für vertretbare Waren abzulehnen und sind die jeweiligen Bestände nach den Preisen der zuletzt gekauften Waren anzusetzen, soweit diese Käufe die Vorräte deckten. Wie der Oberste Finanzgerichtshof in seinem Gutachten I D 2/49 S ausgeführt hat, sind diese Grundsätze allgemein auf die Warenbewertung anzuwenden.
Der Senat verbleibt bei dieser Rechtsprechung. Der Reichsfinanzhof hat wohl für Wertpapiere in dem Urteil VI A 292/28 vom 13. Juni 1928 (RStBl 1928 S. 378) bei der Ersatzbeschaffung von Wertpapieren im Rahmen einer Einkaufskommission zugelassen, daß das ersatzbeschaffte Wertpapier mit dem Buchwert des alten Wertpapiers angesetzt und damit eine Gewinnrealisierung verneint wird. Es handelt sich hierbei aber um einen Sonderfall, dessen Grundsatz nicht allgemein angewandt werden kann. Von diesem Sonderfall abgesehen ist es bei der Vermischung und Vermengung erworbener Gegenstände, die zum Umlaufvermögen gehören, erforderlich, einen Durchschnittswert zu bilden.
Das Rechtsproblem ist hiernach eindeutig, wenn es sich um Wirtschaftsgüter handelt, die im Betrieb die gleiche Funktion erfüllen. Im Streitfalle weist aber der DIHT auf die verschiedenartige Funktion des Deckungsmetalls und des Umlaufstockmetalls mit Nachdruck hin. Er ist der Ansicht, daß mit Rücksicht auf diese unterschiedliche Funktion die sonst allgemein angewandten Grundsätze, die auch er nicht bestreitet, für das Rechtsproblem nicht gelten können.
Es mag zutreffen, daß dort, wo Anlage- und Umlaufvermögen sich vermischen, es zweifelhaft sein kann, ob die Durchschnittsbewertung in dem oben dargestellten Umfange Platz greift. Man denke an den Fall, daß ein Unternehmen eine Beteiligung als Anlagevermögen ausweist. Es kauft aber aus markttechnischen Gründen Wertpapiere des gleichen Unternehmens zu, die es wieder abstoßen will und die deshalb den Charakter des umlaufenden Vermögens haben. Bei Beurteilung dieser letzteren Frage muß allerdings beachtet werden, daß für Wertpapiere besondere Grundsätze gelten, die nicht ohne weiteres auf andere Wirtschaftsgüter übertragen werden können, wie in dem Gutachten I D 1/57 S im einzelnen ausgeführt wird.
Im vorliegenden Falle nimmt aber der Senat, wie oben ausgeführt wird, an, daß auch der Umlaufmetallstock zum umlaufenden Betriebsvermögen in gleicher Weise wie das Deckungsmetall zählt. Man wird aber dort, wo es sich um Wirtschaftsgüter handelt, die sämtlich zum umlaufenden Betriebsvermögen zählen, gewissen Unterschieden in der Funktion nicht die Bedeutung zumessen können, wie dies dem DIHT vorschwebt, der allerdings bei dem Umlaufmetallstock den Charakter von Anlagevermögen annimmt. Es mag sein, daß man an eine getrennte Bewertung denken könnte, wenn Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Betrieb verschiedenartige Funktionen erfüllen. Der Senat ist aber der Auffassung, daß bei gleichartigen Gütern des Umlaufvermögens, die vermischt oder vermengt werden, gewichtige Gesichtspunkte für die Durchschnittsbewertung sprechen. Daher ist auch beim Vollpreisgeschäft als Folge der Vermischung der Metallbestände des Umlaufmetallstockes und des Deckungsmetalls die Durchschnittsbewertung vorzunehmen. Hierbei berücksichtigt der Senat auch folgende Erwägung.
Der Gesetzgeber hat sich bemüht, das Problem der Preisschwankungen nach der Währungsumstellung für bestimmte Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens durch eine Rücklage für Preissteigerungen abschließend zu regeln (ß 51 Abs. 1 Ziff. 2 b EStG 1955). Auch die Rechtsprechung ist von dieser Absicht ausgegangen und hat in dem Urteil I 140/52 U die Bewertung nach den Grundsätzen des eisernen Bestandes ab 1. Januar 1955 nicht mehr zugelassen. Nach § 74 EStDV 1955 kann die Rücklage für Preissteigerungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe gebildet werden. Wie oben ausgeführt, rechnet der Senat das NE-Metall des Umlaufmetallstockes zu diesen Gütern. Der Senat ist der Ansicht, daß auch die umstrittenen Vorgänge wirtschaftlich den Fällen gleichen, die durch die Rücklage für Preissteigerung geregelt werden sollen und dadurch auch den Belangen der Halbzeugwerke ausreichend Rechnung getragen werden kann. Die Frage der wirtschaftlichen Identität und damit die Festbewertung muß auf besonders gelagerte Einzelfälle beschränkt werden, soll nicht die Sachbewertung über den unbedingt notwendigen Rahmen hinaus ausgedehnt werden.
Zusammenfassend kommt somit der Senat zu dem Ergebnis, daß DER Umlaufmetallstock dem umlaufenden Betriebsvermögen zuzurechnen ist und für den Vermischungstatbestand mit dem Deckungsmetall die Durchschnittsbewertung nach den allgemeinen Grundsätzen vorzunehmen ist. Das hat zur Folge, daß den Halbzeugwerken für Preisschwankungen des Umlaufmetallstockes beim Vollpreisgeschäft die Rücklage für Preissteigerung zusteht. Hierbei kann der auf das Vollpreisgeschäft entfallende Umlaufmetallstock vom Deckungsmetall gesondert behandelt werden.
Der Umlaufmetallstock bei einem Unternehmen, das sowohl das Umarbeitungsgeschäft als auch das Vollpreisgeschäft betreibt
Die Grenzen zwischen Umarbeitungsgeschäften und Vollpreisgeschäften können flüssig sein. Es kommt im Einzelfall auf die Gestaltung der Bedingungen an, unter denen sich die Käufe und Verkäufe des Halbzeugwerkes vollziehen.
Nach den Ausführungen zu Abschn. I Ziff 3 kann der Umlaufmetallstock beim Umarbeitungsgeschäft, sofern der Metallschwund vom Kunden in Metall erstattet wird, in der Schlußbilanz mit dem gleichen Betrag wie in der Anfangsbilanz angesetzt werden, vorausgesetzt, daß keine mengenmäßigen änderungen des Umlaufmetallstockes gegeben sind. Wird der Metallschwund jedoch vom Kunden nicht in Metall ersetzt, sondern vom Halbzeugwerk durch Anschaffung entsprechender Mengen auf dem Markt ergänzt (Verrechnung dem Kunden gegenüber im Rahmen des Rechnungsentgelts für die Umarbeitung), so ändert sich grundsätzlich der Wertansatz für den Umlaufmetallstock um die entsprechenden Anschaffungskosten für den Ersatz des Schwundmetalls beim Umlaufmetallstock. Bei Vollpreisgeschäften gelten nach den Ausführungen unter Abschn. II Ziff. 3 die allgemeinen Grundsätze über die Bewertung der Anschaffung von Vorräten.
Nun wird es im allgemeinen dem Geschäftsbetrieb eines Halbzeugwerkes entsprechen, daß Umarbeitungsgeschäfte und Vollpreisgeschäfte nebeneinander getätigt werden. Es mag zutreffen, daß in diesen Fällen eine allgemeine Vermischung eintritt und man deshalb auch den auf das Umarbeitungsgeschäft entfallenden Umlaufmetallstock in die Durchschnittsbewertung einbeziehen konnte. Der Senat hält es aber für vertretbar, bei der Bewertung der buchmäßigen Aufgliederung Rechnung zu tragen und das Umarbeitungsgeschäft und das Vollpreisgeschäft hinsichtlich des Umlaufmetallstockes nach den dargestellten Grundsätzen getrennt zu halten. In diesen Fällen können zwei Wege eingeschlagen werden:
Der Umlaufmetallstock wird für das gesamte Unternehmen, also für Umarbeitungsgeschäfte und Vollpreisgeschäfte einheitlich in der Bilanz ausgewiesen. Hier errechnet sich der Wert des Umlaufmetallstockes für das Umarbeitungsgeschäft und für das Vollpreisgeschäft nach dem Verhältnis der Einsatzmetallmengen oder der Ausstoßmetallmengen für das Umarbeitungs- oder Vollpreisgeschäft eines Jahres.
Beispiel: Das Verhältnis des Umarbeitungsgeschäftes zum Vollpreisgeschäft sei 2 : 3. Von dem einheitlich für das Unternehmen gebildeten Umlaufmetallstock von 100 entfallen also 40 auf den Umlaufmetallstock für das Umarbeitungsgeschäft und 60 auf den Umlaufmetallstock für das Vollpreisgeschäft. Ist nun der nach den Ausführungen zu Abschn. II Ziff. 3 für das Deckungsmetall anzusetzende Durchschnittspreis auf 120 % gestiegen, so bleibt zwar der auf das Umarbeitungsgeschäft entfallende Umlaufmetallstock in Höhe von 40 unverändert, während sich der auf das Vollpreisgeschäft entfallende Umlaufmetallstock auf (60 x 120) : 100 = 72 erhöht. In der Schlußbilanz ist also der für Umarbeitungsgeschäfte und Vollpreisgeschäfte einheitlich auszuweisende Umlaufmetallstock mit 112 DM auszuweisen.
Für das Umarbeitungsgeschäft kann buchmäßig auch ein gesonderter Umlaufmetallstock gebildet werden. Dieser Umlaufmetallstock verändert sich nach der Ausweitung oder Einengung der Kapazität des Unternehmens hinsichtlich des Umarbeitungsgeschäftes. Bei gleichbleibender Kapazität des Unternehmens hinsichtlich des Umarbeitungsgeschäftes wird also der gesonderte Umlaufmetallstock am Ende des Wirtschaftsjahres mit dem gleichen Wert wie am Anfang des Wirtschaftsjahres übernommen. Bei änderung der Kapazität im Laufe des Wirtschaftsjahres ergibt sich eine entsprechende Erhöhung oder Verminderung des gesondert auszuweisenden Umlaufmetallstockes für das Umarbeitungsgeschäft.
Wie bereits dargestellt, ist bei der Bewertung des Umlaufmetallstockes auch der durch den Produktionsprozeß bedingte Metallschwund zu berücksichtigen. Wird jedoch beim Umarbeitungsgeschäft der Schwund in vollem Umfang oder doch überwiegend vom Kunden des Halbzeugwerkes getragen, so wird der Schwund beim Umlaufmetallstock nicht ins Gewicht fallen. Der Senat trägt keine Bedenken, wenn in derartigen Fällen aus Vereinfachungsgründen (vgl. das Gutachten des Bundesfinanzhofs IV D 1/53 S vom 25. März 1954, BStBl 1954 III S. 195, Slg. Bd. 58 S. 740; Urteil I 290/56 U vom 13. Mai 1958, BStBl 1958 III S. 331, Slg. Bd. 67 S. 154; Gutachten I D 1/58 S vom 26. Januar 1960, BStBl 1960 III S. 191, Slg. Bd. 70 S. 508) davon abgesehen wird, den Schwund zu berücksichtigen, zumal die Bewertung teilweise auf Schätzungen aufgebaut werden muß. Der Bundesminister der Finanzen mißt im Schriftsatz vom 15. Juli 1960 für den Fall der Bejahung der wirtschaftlichen Identität der infolge des Schwundes eintretenden Bestandsminderung des Umlaufmetallstockes allein keine Bedeutung bei, weil die allmähliche Minderung des Kreislaufmetalls im Verhältnis zum gesamten Umlaufmetallstock gering sei.
Fundstellen
Haufe-Index 409793 |
BStBl III 1961, 31 |
BFHE 72, 78 |
DB 1961, 186 |