Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksame Sicherungsabtretung -- Rückforderung vom Zessionar
Leitsatz (NV)
Ist ein Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch an eine Bank abgetreten worden, die Abtretung aber wegen ihrer Anzeige an das FA vor der Entstehung des Anspruchs unwirksam (§ 46 Abs. 2 AO 1977), so richtet sich der Rückforderungsanspruch auch dann gegen die Bank (Zessionarin) als Leistungsempfängerin, wenn das FA das Geld auf Weisung der Zessionarin auf ein Konto des Zedenten ausgezahlt hat, ohne zu wissen, daß es sich bei dem Konto um ein Konto des Zedenten handelt. Das gilt auch in den Fällen der Sicherungsabtretung.
Normenkette
AO 1977 § 37 Abs. 2, § 46 Abs. 2-3, 5
Tatbestand
Der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer Bank, wurde von einer KG der Vorsteuererstattungsanspruch aufgrund der Umsatzsteuervoranmeldung für Januar ... der KG in Höhe von ... DM abgetreten. Der Vorsteueranspruch beruhte auf dem Erwerb eines Grundstücks durch die KG durch notariellen Kaufvertrag vom ... Die Abtretungsanzeige ging am ... bei dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt -- FA --) ein. Das FA überwies, nachdem es der Klägerin den Eingang der Abtretungsanzeige bestätigt hatte, den abgetretenen Steuerbetrag auf das in der Abtretungsanzeige angegebene, bei der Klägerin geführte Bankkonto. Die Kassenanordnung trägt den Bearbeitungsvermerk: "Die Finanzkasse wird angewiesen, den Erstattungsbetrag auszuzahlen, auch wenn die Abtretung vor der Entstehung des Steueranspruchs eingegangen ist. Weitere Abtretungserklärungen wurden nämlich nicht übersandt." Als Zahlungsempfänger ist die Klägerin (Bank) bezeichnet. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) wurde das o. g. Konto bei der Klägerin für die KG eröffnet, die auch später über den gutgeschriebenen Erstattungsbetrag verfügt hat. Am ... hatte die Klägerin mit der KG bezüglich der Vorsteuererstattung eine Sicherungsabtretung vereinbart, in der auch ihre Ansprüche gegen die Zahlungsempfänger, zu deren Gunsten die KG später verfügt hat, abgesichert worden waren.
Nachdem die KG in der Umsatzsteuervoranmeldung für April 1990 unter Hinweis auf die inzwischen erfolgte Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrags den geltend gemachten Vorsteuerabzug berichtigt hatte, erließ das FA am 3. Mai 1991 gegen die Klägerin einen Rückforderungsbescheid über ... DM. Einspruch und Klage gegen den Rückforderungsbescheid blieben erfolglos. Das Urteil des FG ist mit seinen wesentlichen Entscheidungsgründen in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1994, 1072 veröffentlicht.
Mit der Revision macht die Klägerin geltend, ein Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) sei nicht gegeben, weil sie (die Klägerin) nicht Leistungsempfängerin sei und die Zahlung nicht ohne rechtlichen Grund erfolgt sei.
Leistungsempfängerin sei die KG als formell und materiell Berechtigte, weil es an einer wirksamen Abtretung fehle und nur die KG objektiv bereichert sei. Die Zahlung des FA sei auf ein Konto der KG erfolgt, über das diese allein die Verfügungsbefugnis gehabt und auch tatsächlich verfügt habe. Die subjektive Fehlvorstellung des FA über den Leistungsempfänger sei nicht maßgebend. Entgegen der Ansicht des FG könne aufgrund der Zahlungsanweisung in der Abtretungsanzeige die KG nicht als bloße Zahlstelle der Klägerin und damit diese als Leistungsempfängerin angesehen werden; denn nach der Ausgestaltung des amtlichen Vordrucks könnten die entsprechenden Angaben nicht allein als Anweisung der Klägerin gedeutet werden.
Da das FA positive Kenntnis von der Unwirksamkeit der Abtretung wegen verfrühter Anzeige (§ 46 Abs. 2 AO 1977) gehabt habe, könne aus seiner Sicht auch nicht die Klägerin (Zessionarin) als Leistungsempfängerin bestimmt werden. Die Schuldnerschutzvorschrift des § 46 Abs. 5 AO 1977 greife hier zugunsten des FA nicht ein. Maßgeblich für die Bestimmung des Leistungsempfängers sei vielmehr, daß die KG (Zedentin) durch die Überweisung des FA objektiv bereichert worden sei und dies auch den Vereinbarungen der Beteiligten (Zahlung auf ein Konto der KG) entsprochen habe.
Im Streitfall habe es sich zudem -- wie dem FA bekannt gewesen sei -- um eine Sicherungsabtretung gehandelt. In einem solchen Fall habe bereits der erkennende Senat bei der Zahlung auf ein Konto des Zedenten beim Zessionar den Zedenten als Leistungsempfänger angesehen. Wenn dem FA die Eigenschaft der Abtretung als Sicherungsabtretung bekannt sei, könne nicht allein auf die rechtsformalen Gegebenheiten abgestellt werden. Es könne auch keinen qualitativen Unterschied machen, ob dem FA der Sicherungszweck im einzelnen etwa durch Übersendung der Vertragsunterlagen erläutert worden sei oder nur -- wie im vorliegenden Falle -- durch die formalisierte Information auf dem amtlichen Vordruck. Vielmehr sei bei einer offenen Sicherungszession dem Schuldner regelmäßig erkennbar, daß der Zessionar zwar formal Vollrechtsinhaber sei, sein Status aber materiell nicht dem eines typischen Zessionars entspreche, der eine eigene und uneingeschränkte rechtliche Dispositionsbefugnis über den abgetretenen Anspruch habe. Bei der offenen Sicherungszession sei es deshalb gerechtfertigt, allein den Zedenten als Leistungsempfänger anzusehen. Das müsse insbesondere für den Streitfall gelten, in dem das FA auf das Konto der KG, über das diese uneingeschränkt verfügungsbefugt gewesen sei, gezahlt habe. Dem entspreche es auch, daß der öffentlich-rechtliche Rückforderungsanspruch dazu diene, von demjenigen, der vom Staat auf Kosten der Allgemeinheit etwas erhalten habe, das Erhaltene zurückzuverlangen.
Falls die Klägerin doch Leistungsempfängerin sein sollte, habe sie -- entgegen der Vorentscheidung -- die Vorsteuererstattung nicht bereits deshalb ohne rechtlichen Grund i. S. des § 37 Abs. 2 AO 1977 erlangt, weil die Abtretung an sie unwirksam gewesen sei. Das FA könne sich nämlich wegen seiner positiven Kenntnis von der Unwirksamkeit der Abtretung nach § 46 Abs. 2 AO 1977 nicht auf das Fehlen eines rechtlichen Grundes berufen. Anderenfalls könne die Finanzverwaltung bei materiell bestehender Erstattungspflicht jederzeit aufgrund einer unwirksamen Abtretung ausgezahlte Beträge zurückfordern, selbst wenn kein anderer Rückforderungsgrund ersichtlich sei. Dies sei aus Gründen der Rechtssicherheit nicht möglich. Wenn das FA -- wie im Streitfall -- in Kenntnis der Rechtslage und unter Berufung auf § 46 Abs. 5 AO 1977 die unwirksame Abtretung nachhaltig wie eine wirksame Abtretung behandelt wissen wolle, müsse es sich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben daran festhalten lassen.
Das FA könne deshalb nur dann einen Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO 1977 gegen die Klägerin als Leistungsempfängerin geltend machen, wenn der Rechtsgrund für die Vorsteuererstattung Januar nachträglich weggefallen sei. Das sei aber -- entgegen der Vorentscheidung -- nicht der Fall, weil die von der KG vorgenommene Berichtigung des Vorsteuerabzugs gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) für den späteren Besteuerungszeitraum, in dem der Grundstückskauf rück gängig gemacht worden sei (April), keine Änderung der Umsatzsteuervoranmeldung für Januar darstelle und somit die Festsetzung der negativen Umsatzsteuer als Rechtsgrund für die damalige Zahlung unverändert fortbestehe.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanz hat ohne Rechtsfehler erkannt, daß der gegen die Klägerin erlassene Rückforderungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung rechtmäßig ist. Denn der Vorsteuerüberschuß aus der Umsatzsteuervoranmeldung Januar ... ist ohne Rechtsgrund an die Klägerin als Zessionarin ausgezahlt worden; der Rückforderungsanspruch ist danach zu Recht gegen die Klägerin geltend gemacht worden.
1. a) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, nach § 37 Abs. 2 AO 1977 an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrages. Das gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder die Rückzahlung später wegfällt (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO 1977).
Für die Finanzverwaltung ergibt sich aus dieser Vorschrift ein öffentlich-rechtlicher Rückforderungsanspruch, wenn der Rechtsgrund für eine Steuererstattung/-vergütung von Anfang an fehlt und später weggefallen ist. Als Rückforderungsanspruch im Sinne dieser Vorschrift sieht der Senat seit dem Urteil vom 21. Mai 1985 VII R 191/82 (BFHE 143, 412, BStBl II 1985, 488) auch den Anspruch auf Rückzahlung zu Unrecht ausbezahlter Vorsteuerüberschüsse an, da der Vorsteuerabzugsanspruch seinem Wesen nach -- unbeschadet seiner verfahrensrechtlichen Unselbständigkeit -- ein Vergütungsanspruch ist (vgl. das im Urteil zitierte Schrifttum, ferner: Tipke/Kruse, Abgabenordnung -- Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., § 37 AO 1977 Tz. 2).
b) Der Rückforderungsanspruch richtet sich gegen den "Leistungsempfänger", der in den Fällen, in denen an dem Erstattungsvorgang mehrere Personen beteiligt waren, mit dem Empfänger der Zahlung (Überweisung) nicht identisch sein muß.
Für den Fall der Abtretung eines Steuererstattungs- bzw. -vergütungsanspruchs und der Auszahlung des Erstattungs-/Vergütungsbetrages an den Abtretungsempfänger (Zessionar) hat der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß sich der Rückforderungsanspruch des FA wegen rechtsgrundloser Erstattung (Vergütung) gegen den Zessionar richtet. Dieser wird als Leistungsempfänger i. S. des § 37 Abs. 2 AO 1977 angesehen; denn das FA hat an ihn willentlich geleistet, da er in die Rechtsstellung des Zedenten eingetreten ist und er folglich den ohne rechtlichen Grund ausgezahlten Betrag aus eigenem -- erworbenen -- Recht erhalten hat (Urteile vom 6. Dezember 1988 VII R 206/83, BFHE 155, 40, BStBl II 1989, 223, und vom 14. Februar 1989 VII R 55/86, BFH/NV 1989, 751 mit Hinweisen auf das Schrifttum und die vorangegangene Rechtsprechung).
Das gilt -- wie der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden hat -- nicht nur für vorgetäuschte (vermeintliche) Steuerschuldverhältnisse, sondern auch dann, wenn zwischen dem FA und dem Zedenten -- wie im Streitfall -- ein wirksames Steuerschuldverhältnis besteht sowie unabhängig davon, ob die Abtretung formell (§ 46 AO 1977) und materiell wirksam ist. Auch in den Fällen der Sicherungsabtretung ist der Senat regelmäßig davon ausgegangen, daß der Rückforderungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO 1977 gegenüber dem Zessionar als Leistungsempfänger besteht (Urteil vom 31. August 1993 VII R 69/91, BFHE 173, 1, 6, 7).
Mit der Zahlung des Erstattungs- oder Vergütungsbetrages ohne rechtlichen Grund an den Abtretungsempfänger entsteht somit gegen diesen ein in § 37 Abs. 2 AO 1977 geregelter, eigenständiger Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis, der als solcher -- wie der Senat entschieden hat (BFHE 155, 40, BStBl II 1989, 223, 224; BFH/NV 1989, 751, 752; Urteil vom 27. Oktober 1992 VII R 44/91, BFH/NV 1993, 344) -- mit dem ursprünglichen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis zum Zedenten gemäß § 37 Abs. 1 AO 1977 nicht identisch ist. Da der Zessionar im Wege der Abtretung nur eine vermeintliche Forderung erworben hat und das FA in der fehlerhaften Annahme, die Forderung bestehe, bewußt und gewollt an ihn als den vermeintlichen Rechtsträger dieser Forderung geleistet hat, ist es gerechtfertigt, für den Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO 1977 allein den Zessionar -- und nicht den Zedenten (Steuerpflichtigen, Unternehmer) -- als Leistungsempfänger in Anspruch zu nehmen (Urteile des Senats vom 14. September 1993 VII R 3/93, BFH/NV 1994, 441; vom 22. Februar 1994 VII R 129/92, BFH/NV 1994, 447; Senatsbeschluß vom 12. April 1994 VII B 278/93, BFHE 174, 8).
2. Das FG hat auf der Grundlage der vorstehenden Rechtsprechung den Rückforderungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO 1977 des FA gegenüber der Klägerin zu Recht bejaht. Die Klägerin ist aufgrund der Abtretung und Überweisung des Vorsteuererstattungsbetrages der KG auf das bei ihr bestehende Konto Leistungsempfängerin des Auszahlungsbetrages geworden. Sie hat diese Leistung schon deshalb ohne Rechtsgrund erlangt, weil die Abtretung des Vorsteueranspruchs der KG an sie unwirksam war (3.).
a) Das FA konnte aufgrund der ihm mitgeteilten Abtretung davon ausgehen, daß der Vorsteuererstattungsanspruch der KG auf die Klägerin übertragen worden war (§ 398 des Bürgerlichen Gesetzbuches -- BGB --). Es hat demnach nach den obigen Ausführungen bewußt und gewollt an die Klägerin als neue Rechtsinhaberin (nach bürgerlichem Recht) geleistet, was sich auch daraus ergibt, daß nach den Feststellungen des FG die Klägerin in der Auszahlungsanordnung des FA als Zahlungsempfängerin bezeichnet worden ist.
Daß die Abtretung -- wie zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig ist -- nach § 46 Abs. 2 AO 1977 unwirksam war, weil sie dem FA schon vor der Entstehung des Erstattungsanspruchs (hier mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums Januar) angezeigt worden war und dies dem FA -- wie sich aus seiner Kassenanordnung ergibt -- auch bekannt war, ändert nichts daran, daß die Klägerin als Zessionarin Leistungempfängerin i. S. des § 37 Abs. 2 AO 1977 geworden ist (so Senatsurteile in BFHE 155, 40, BStBl II 1989, 223, 224, und BFH/NV 1989, 751, 752).
Nach § 46 Abs. 5 AO 1977 (ebenso § 409 Abs. 1 Satz 1 BGB) müssen Abtretender und Abtretungsempfänger der Finanzbehörde gegenüber die angezeigte Abtretung gegen sich gelten lassen, auch wenn sie nicht erfolgt oder nicht wirksam ist. Das FA braucht also die Wirksamkeit der Abtretung nicht zu prüfen. Es kann, wenn ihm die Abtretung angezeigt ist, grundsätzlich auch dann mit befreiender Wirkung an den Abtretungsempfänger leisten, wenn es positiv weiß, daß die Abtretungsanzeige nicht der vorgeschriebenen Form entspricht oder die Abtretung aus sonstigen Gründen unwirksam ist (vgl. Klein/Orlopp, Abgabenordnung, 5. Aufl., § 46 Anm. 7; Tipke/Kruse, a.a.O., § 46 AO 1977 Tz. 7).
Der gegen dieses Ergebnis gerichtete Einwand, das FA bedürfe nicht des Schutzes des § 46 Abs. 5 AO 1977, wenn es die Fehlerhaftigkeit der Abtretungsanzeige erkannt hat (vgl. Urban, Anzeige der Abtretung nach § 46 Abs. 2 AO und Schutzwirkung des § 46 Abs. 5 AO; Deutsche Steuer- Zeitung -- DStZ -- 1980, 329), betrifft allein das Verhältnis des FA zum Zedenten (Altgläubiger). Diesem gegenüber soll das FA nicht frei werden, wenn es trotz Kenntnis der Unwirksamkeit oder Nichtigkeit der Abtretung an den Zessionar leistet. Der Zessionar kann sich aber -- wie der Senat in BFHE 155, 40, BStBl II 1989, 223, 224 und BFH/NV 1989, 751, 752 entschieden hat -- nicht auf eine fehlerhafte Ermessensausübung des FA berufen, wenn der Erstattungsbetrag der Abtretungsanzeige entsprechend an ihn ausgezahlt worden ist. Er ist weder in den Schutzzweck der formalisierten Abtretungsanzeige (§ 46 Abs. 3 AO 1977: Schutz des Zedenten und des FA) einbezogen, noch gilt der Schutzgedanke des § 46 Abs. 5 AO 1977, der hier eingeschränkt auszulegen sein mag, ihm gegenüber (vgl. Klein/Orlopp, a.a.O., § 46 Anm. 7). Das FA kann deshalb den erstatteten Betrag nach § 37 Abs. 2 AO 1977 von dem nichtberechtigten Abtretungsempfänger zurückverlangen (vgl. Senat, a.a.O., mit Hinweisen auf das Schrifttum).
b) Der rechtlichen Beurteilung der Klägerin als Leistungsempfängerin steht die Überweisung des Erstattungsbetrages auf das in der Abtretungsanzeige angegebene, bei der Klägerin als Bankinstitut geführte Konto nicht entgegen. Wie das FG festgestellt hat, konnte das FA aus der ihm vorliegenden Abtretungsanzeige nicht erkennen, daß es sich bei dem angegebenen Bankkonto nicht um ein Konto der Klägerin handelte, sondern daß dieses -- im übrigen erst nach Erstellung und Eingang der Abtretungsanzeige -- für die KG eröffnet worden war. Wegen der Plazierung des anzugebenden Überweisungskontos in der Abtretungsanzeige unmittelbar unter den Unterschriften für den Abtretungsempfänger konnte das FA mangels gegenteiliger Angaben davon ausgehen, daß die Klägerin als Abtretungsempfängerin auch Kontoinhaberin sei. Daß in dem für den Streitfall geltenden amtlichen Vordruck der Abtretungsanzeige -- im Gegensatz zu späteren Formularen -- nach dem Namen des Kontoinhabers, wenn dieser vom Abtretungsempfänger abweicht, nicht ausdrücklich gefragt war, ist für die Beurteilung des Leistungsempfängers aus der Sicht des FA unerheblich. Im Zeitpunkt der Überweisung war dem FA auch die Verfügungsbefugnis der KG über das bezeichnete Bankkonto nicht erkennbar, die im übrigen dadurch relativiert wird, daß die KG über den ausgezahlten Betrag später nur zugunsten solcher Firmen verfügt hat, hinsichtlich deren Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin die Abtretung des Vorsteuererstattungsanspruchs durch die KG ebenfalls als Sicherheit diente. Das FG hat deshalb zu Recht ausgeführt, daß dem FA von der Klägerin das bezeichnete Bankkonto wie ein eigenes Konto als Zahlstelle für die zu bewirkende Überweisung benannt worden ist.
Nach der Rechtsprechung des Senats wird aber der tatsächliche Empfänger einer Zahlung dann nicht als Leistungsempfänger i. S. des § 37 Abs. 2 AO 1977 angesehen, wenn er lediglich als Zahlstelle für den Erstattungsberechtigten aufgetreten bzw. von diesem benannt worden ist oder wenn das FA aufgrund einer Zahlungsanweisung des Erstattungsberechtigten an einen Dritten ausgezahlt hat (Beschluß vom 8. April 1986 VII B 128/85, BFHE 146, 229, BStBl II 1986, 511, und Urteil in BFHE 155, 40, BStBl II 1989, 223, 224, 225). Die tatsächliche Auszahlung des Erstattungsbetrages auf das Konto der KG und die etwaige Bereicherung der KG sind deshalb -- entgegen der Auffassung der Revision -- für die Bestimmung des Leistungsempfängers nicht entscheidend.
Die Revision wendet auch zu Unrecht ein, daß in der Angabe des Überweisungskontos in der Abtretungsanzeige nach der Ausgestaltung des amtlichen Vordrucks eine Zahlunganweisung der Klägerin als Erstattungsberechtigte und Leistungempfängerin nicht gesehen werden könne. Da in der vorliegenden Abtretungsanzeige die Angabe des Bankkontos, auf das die Überweisung erfolgen sollte, unmittelbar unter den Unterschriften für die Abtretungsempfängerin (Klägerin), die durch einen Trennungsstrich und eigenständige Datumsangabe von den Unterschriften für die Abtretende (KG) abgesetzt sind, plaziert ist, ist die Anweisung zur Zahlung auf das genannte Konto jedenfalls auch der Klägerin zuzurechnen. Das FA hat deshalb mit der Überweisung auf das angegebene Konto die Zahlung mit befreiender Wirkung zugunsten der erstattungsberechtigten Klägerin bewirken wollen, so daß der Rückforderungsanspruch nicht gegenüber der KG, sondern nur gegenüber der Klägerin als Leistungsempfängerin besteht.
c) Auch aus der Tatsache, daß die Abtretung in der Anzeige durch Ankreuzen als Sicherungsabtretung gekennzeichnet war, konnte und mußte das FA nicht schließen, daß das angegebene Konto ein solches der KG (Zedentin) sei.
Der Senat hat in dem Urteil in BFHE 173, 1, 6, 7 entschieden, daß auch im Falle der Sicherungsabtretung eines Vorsteuererstattungsanspruchs an eine Bank die Zessionarin und nicht der Abtretende als Leistungsempfängerin i. S. des § 37 Abs. 2 AO 1977 anzusehen ist. Er hat dies u. a. damit begründet, daß im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Rückforderungsanspruchs -- anders als etwa beim zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch, bei dem nur privatrechtliche Interessen auszugleichen sind -- nicht auf die besonderen, jeweils unterschiedlichen privaten Rechtsbeziehungen zwischen den Zessionsbeteiligten abgestellt werden kann. Denn diese entziehen sich regelmäßig der Kenntnis des rückforderungsberechtigten FA, was sich auch im Streitfall daraus ergibt, daß der Sicherungsabtretungsvertrag und damit der Inhalt der Sicherungsabrede zwischen der Klägerin und der KG erst im Klageverfahren dem FA bekanntgeworden ist. Ebenso wie das FA bei einer Sicherungsabtretung bei der Auszahlung des Steuererstattungs-(Vergütungs-)Betrages nicht zu prüfen braucht, ob der Abtretungsempfänger nach der bestehenden Sicherungsabrede zur Einziehung des abgetretenen Betrages befugt ist, kann es im Regelfall auch eine zu Unrecht geleistete Zahlung unabhängig vom Bestand und Inhalt der Sicherungsabrede vom Abtretungsempfänger zurückverlangen (BFHE 173, 1, 7).
Diese Beurteilung steht nicht im Widerspruch zu dem Senatsurteil vom 27. Oktober 1992 VII R 46/92 (BFHE 169, 570), in dem für die Rückforderung zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen i. V. m. § 48 Abs. 2 Satz 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes, bei der ebenfalls der Erstattungsanspruch zur Sicherheit an eine Bank abgetreten worden war, entschieden worden ist, daß der Abtretende Leistungsempfänger bleibe mit der Folge, daß der Rückforderungsanspruch nur gegen ihn gegeben sei. Es kann dahinstehen, ob die Entscheidung auch so getroffen worden wäre, wenn der Anspruch auf § 37 Abs. 2 AO 1977 hätte gestützt werden müssen, dessen Anwendung der Senat dort ausdrücklich abgelehnt hat. Das Bestehen eines Rückforderungsanspruchs gegen die Bank ist in dem vorstehend zitierten Urteil nicht allein wegen der Sicherungsabtretung, sondern wegen der besonderen Gestaltung der Beziehungen zwischen den Beteiligten, die im Streitfall in dieser Form nicht vorliegen, verneint worden. Der Abtretende war dort aufgrund der Sicherungsabreden, die dem Hauptzollamt (HZA) vor der Auszahlung vorgelegt worden waren (BFHE 169, 570, 571), berechtigt, die abgetretenen Rechte für die Bank mit der Maßgabe geltend zu machen, daß die Zahlung auf sein eigenes, bei der Bank geführtes Konto zu erfolgen hatte. Da das HZA die Ausfuhrerstattungen auch auf dieses Konto des Abtretenden, über das er weiter verfügen konnte, überwiesen hatte, ging der Senat von einer wirtschaftlich und tatsächlich an den Zedenten -- und nicht an die Bank -- geleisteten Zahlung aus mit der Folge, daß er einen Rückforderungsanspruch nur gegenüber dem Abtretenden als tatsächlichen Leistungsempfänger bejahte (BFHE 169, 570, 571, 575, 576).
Im Streitfall liegt dagegen -- außer der Sicherungsabtretung -- eine derartige Gestaltung der vom FA geleisteten Zahlung nicht vor. Das FA kannte weder den Inhalt der Sicherungsabrede noch war es in Kenntnis darüber, daß es sich bei dem für die Überweisung genannten Konto um ein Konto der KG (Zedentin) handelte; außerdem war hier -- im Gegensatz zu dem vorgenannten Urteilsfall -- die Erstattung nicht von dem Abtretenden (KG), sondern von der Klägerin als Abtretungsempfängerin beantragt worden. Es ist daher gerechtfertigt, die Klägerin (Bank) als Leistungsempfängerin und Rückzahlungsverpflichtete nach § 37 Abs. 2 AO 1977 anzusehen, zumal das FA -- wie oben ausgeführt -- allein aufgrund der Sicherungsabtretung keine Veranlassung hatte, vor seiner Zahlung die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse zwischen Abtretendem und Abtretungsempfänger näher festzustellen.
Der Grundsatz der Rückforderung vom Zessionar als Leistungsempfänger auch in den Fällen der Sicherungsabtretung wird schließlich -- entgegen dem Vorbringen der Revision -- auch durch die Ausführungen des Senats in seinem Beschluß in BFHE 174, 8 nicht in Zweifel gezogen.
Der Senat hat die in dem dortigen Verfahren der Aussetzung der Vollziehung maßgebliche Frage, ob im Falle der Verpfändung von negativen Umsatzsteuervorauszahlungen der Rückforderungsanspruch des FA gegenüber dem Pfandgläubiger besteht, als ernstlich zweifelhaft beurteilt. Soweit er dort auf den Rückforderungsanspruch in den Fällen der Sicherungsabtretung eingegangen ist, hat er lediglich seine vorstehend dargestellte Rechtsprechung referiert und darauf hingewiesen, daß eine besondere Gestaltung der Rechtsbeziehungen, wie sie in dem Urteilsfall in BFHE 169, 570 vorgelegen hat, in dem Entscheidungsfall in ähnlicher Weise gegeben sei, soweit dort das FA -- wie in der Verpfändungsanzeige beantragt -- seine Überweisung ebenfalls auf das bei der Pfandgläubigerin geführte Konto des Steuerpflichtigen und Verpfänders vorgenommen habe (BFHE 174, 8, 18, 19).
Für den Streitfall ist dies aber -- wie aus geführt -- für die Bestimmung des Leistungsempfängers schon deshalb nicht entscheidungserheblich, weil dem FA nicht bekannt war, daß die KG als Abtretende Inhaberin des in der Abtretungsanzeige genannten Überweisungskontos war.
3. Der Rückforderungsanspruch des FA gegenüber der Klägerin ist nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 begründet, weil der abgetretene Vorsteuererstattungsbetrag von vornherein ohne rechtlichen Grund an die Klägerin ausgezahlt worden ist.
a) Der fehlende Rechtsgrund für die Leistung an die Klägerin ergibt sich -- wie oben ausgeführt -- bereits daraus, daß die Abtretung wegen ihrer Anzeige an das FA vor der Entstehung des Anspruchs nicht rechtswirksam war (§ 46 Abs. 2 AO 1977). Eine vor der Entstehung des Anspruchs angezeigte Abtretung wird nicht mit der Entstehung des Anspruchs wirksam, weil die Finanzbehörde sich nach der Gesetzesbegründung nicht schon vor der Entstehung des Anspruchs mit dessen Abtretung befassen soll (BRDrucks 23/71, 171; Tipke/Kruse, a.a.O., § 46 AO 1977 Tz. 2 und Tz. 5 c).
b) Wie oben ausgeführt, kann sich das FA -- entgegen der Auffassung der Revision -- für seinen Rückforderungsanspruch auch dann auf die Unwirksamkeit der Abtretung nach § 46 Abs. 2 AO 1977 berufen, wenn ihm diese im Zeitpunkt der Auszahlung bekannt war. Denn es ist auch bei Kenntnis der Unwirksamkeit der Abtretung nach § 46 Abs. 5 AO 1977 zur Auszahlung an den in der Abtretungsanzeige genannten Zessionar befugt, der seinerseits weder in den Schutzzweck der Abtretungsanzeige (§ 46 Abs. 3 AO 1977) noch in den Schutzgedanken des § 46 Abs. 5 AO 1977 einbezogen ist (Senat in BFHE 155, 40, BStBl II 1989, 223, 225, und BFH/NV 1989, 751, 752).
c) Die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs verstößt -- entgegen der Auffassung der Revision -- auch nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben.
Diese gebieten, daß im Rechtsverkehr jeder auf die berechtigten Belange des anderen Teils angemessen Rücksicht nimmt und sich nicht mit seinem eigenen früheren Verhalten, auf das der andere vertraut hat, in Widerspruch setzt (so Senatsurteil in BFH/NV 1989, 751, 753 mit Hinweisen auf die vorangegangene Rechtsprechung). Der Vertrauenstatbestand besteht in einem bestimmten Verhalten des einen Teils, aufgrund dessen der andere bei objektiver Beurteilung annehmen kann, jener werde an seinem Verhalten festhalten. Wie der Senat entschieden hat, muß das Verhalten so nachhaltig sein, daß der andere Teil daraus Schlüsse ziehen konnte und durfte.
An einem derartigen Verhalten des FA fehlt es im Streitfall. Bei der Auszahlung eines Erstattungsbetrages an einen Zessionar handelt es sich grundsätzlich immer um einen einmaligen Vorgang, aus dem heraus der Zessionar kein Vertrauen darin entwickeln kann, das FA werde den Erstattungsbetrag nicht zurückfordern, wenn er zu Unrecht an ihn ausgezahlt worden ist. Für die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben ist somit kein Raum (ebenso BFH/NV 1989, 751, 753).
Entgegen dem Vorbringen der Revision hat das FG keine nachhaltigen Rechtsbeziehungen zwischen dem FA und der Klägerin festgestellt, aufgrund deren die Klägerin davon ausgehen konnte, das FA werde ihr trotz Unwirksamkeit der Abtretung den Erstattungsbetrag belassen. Bis zum Zeitpunkt der Rückforderung war der Klägerin im übrigen lediglich die Auszahlung, nicht aber die Unwirksamkeit der Abtretung und die Kenntnis des FA hiervon bekannt; sie selbst hat noch bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten, die Abtretung sei wirksam.
Das FA hat sich zudem mit der Rückforderung schon deshalb nicht in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten (Erstattung) gesetzt, weil sich im Zeitpunkt des Erlasses des Rückforderungsbescheids die tatsächlichen Verhältnisse insoweit geändert hatten, daß infolge der Rückgängigmachung des Grundstückskaufvertrages der an die Klägerin abgetretene Vorsteuererstattungsanspruch jedenfalls materiell-rechtlich nicht mehr bestand. Die Unwirksamkeit der Abtretung war daher nicht der einzige Grund, der das FA zur Rückforderung veranlaßt hat.
d) Aus dem Senatsurteil in BFH/NV 1989, 751 folgt ferner, daß für die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs nach § 37 Abs. 2 AO 1977 allein die Unwirksamkeit der Abtretung ausreicht und daß es dazu -- im Gegensatz zur Auffassung der Revision -- des nachträglichen Wegfalls des Rechtsgrundes für den Erstattungsanspruch nicht bedarf. Der Senat hat seine dortige Entscheidung allein auf die Unwirksamkeit der späteren im Verhältnis zu einer früheren Abtretung (Prioritätsgrundsatz) abgestellt. Für das Bestehen des Rückforderungsanspruchs kommt es deshalb -- neben der Unwirksamkeit der Abtretung nach § 46 Abs. 2 AO 1977 -- nicht darauf an, ob die Festsetzung des abgetretenen Vorsteuererstattungsanspruchs durch die Umsatzsteuervoranmeldung Januar (§ 168 AO 1977) durch die spätere Berichtigung der Bemessungsgrundlage durch die KG gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG in der Voranmeldung für April ihre formelle Wirksamkeit verloren hat. Diese zwischen den Beteiligten streitige und vom FG bejahte Rechtsfrage braucht der Senat deshalb nicht zu entscheiden.
Fundstellen
Haufe-Index 420886 |
BFH/NV 1996, 5 |