Entscheidungsstichwort (Thema)
Einnahmen aus einer Beteiligung an einer Spielbank einkommensteuerfrei; Kreditzinsen für Erwerb einer Spielbankenbeteiligung auch nach Anteilsveräußerung steuerlich nicht abzugsfähig
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen einer Schuld und den für sie gezahlten Zinsen und einem Vermögensgegenstand ist nur dann gegeben, wenn die Entstehung der Schuld ursächlich und unmittelbar auf Vorgänge zurückzuführen ist, die den belasteten Gegenstand betreffen.
2. Die Einnahmen aus der Beteiligung an einer Spielbank, die nach § 6 Abs. 1 der VO über öffentliche Spielbanken vom 27.07.1938 (RGBl I S 955) der Spielbankabgabe unterliegen, sind nicht einkommensteuerpflichtig.
3. Schuldzinsen für Kredite, die zum Erwerb von Anteilen an öffentlichen Spielbanken aufgenommen wurden, sind bei der Einkommensteuer weder als Werbungskosten noch als Sonderausgaben zu berücksichtigen. An dieser steuerlichen Behandlung ändert sich auch nichts, wenn die Spielbankanteile verkauft und das geliehene Geld nunmehr zum Erwerb anderer Vermögenswerte, z.B. zum Kauf eines Hauses verwendet wird, weil der Zweck der Darlehensaufnahme über die ganze Laufzeit der Schuld maßgebend für die Besteuerung bleibt. (Leitsätze nicht amtlich)
Normenkette
EStG § 9 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 1; SpielbkV § 6 Abs. 1
Gründe
Die Beschwerdeführer (Bf.) erhielten im Jahre 1955 ein mit 4,5 v.H. verzinsliches und nach fünf Jahren rückzahlbares Darlehen von 130.000 DM zum Erwerb von Anteilen an Spielbanken. Im gleichen Jahr verkauften sie einen Teil der Anteile für 95.000 DM. Davon verwendeten sie nach ihren Angaben 83.600 DM zum Ankauf eines Grundstücks in B.. Mit dem Einspruch gegen die nach ihrer Steuererklärung durchgeführte Einkommensteuerveranlagung für 1959 machten sie von den Zinsen für das zum Erwerb der Spielbankanteile aufgenommene Darlehen 3.762 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzamt erkannte diesen Betrag nicht als Werbungskosten an. Der Einspruch und die Berufung dagegen hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht führte aus: Schuld Zinsen seien nur dann Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wenn sie mit ihnen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang ständen. Im Streitfall seien die Zinsen für ein Darlehen gezahlt worden, das zum Erwerb von Anteilen an Spielbanken aufgenommen worden sei. Sie hingen daher unmittelbar mit den nicht der Einkommensteuer unterliegenden Einnahmen aus den Spielbankanteilen zusammen. Wenn der Erlös aus dem Verkauf dieser Anteile statt zur Tilgung des Darlehens zum Kauf eines Grundstücke verwendet worden sei, genüge dies nicht zur Annahme eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen den weiter entrichteten Zinsen und dem erworbenen Hausgrundstück. Der Verkaufserlös der Spielbankanteile sei für die Bf. eigenes Geld. Sie hätten daher das Haus mit eigenen Mitteln und nicht unter Verwendung eines Darlehens erworben. Zwischen dem Darlehen und den Einkünften aus der Vermietung des Hauses bestehe allenfalls ein mittelbarer Zusammenhang, der aber nicht genüge, um die Darlehnszinsen, von denen nach Auffassung der Bf. 3.762 DM für einen Werbungskostenabzug in Betracht kämen, zu Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu machen.
Die Bf. rügen mit ihrer Rechtsbeschwerde (Rb.) unrichtige Anwendung des geltenden Rechts. Das Einkommensteuergesetz (EStG) fordere nur einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Schuldzinsen und den Einnahmen. Dieser sei zwischen den von ihnen gezahlten Zinsen und den Hauseinnahmen gegeben. Das Geld aus dem Verkaufserlös der Spielbankanteile sei nicht ihr eigenes Geld gewesen. Sie hätten das zum Erwerb der Anteile aufgenommene Darlehen im Streitjahr noch nicht zurückzahlen können. Wenn ihnen die Rückzahlung des Darlehens nach dem Verkauf der Anteile möglich gewesen wäre und sie ein neues Darlehen für den Erwerb des Hauses aufgenommen hatten, könnte an der Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen kein Zweifel bestehen. Bei den im Streitfall gegebenen Verhältnissen müsse ebenso verfahren werden.
Die Rb. ist nicht begründet.
Die Bf. haben im Jahre 1955 ein Darlehen von 130.000 DM aufgenommen, um damit Anteile an zwei Spielbanken zu kaufen. Die Erträge aus diesen Anteilen wurden vom Finanzamt nicht zur Einkommensteuer herangezogen, weil es sie nach § 6 Abs. 1 der Verordnung über öffentliche Spielbanken vom 27. Juli 1938 (Reichsgesetzblatt 1938 I S. 955) als einkommensteuerfrei ansah. Diese Sachbehandlung Ist nicht zu beanstanden. Dar V. Senat des Bundesfinanzhofs hat im Gutachten V D 1/53 S vom 21. Januar 1954 (Bundessteuerblatt –BStBl– 1954 III S. 122, Slg. Bd. 58 S. 556) ausgeführt, daß diese Vorschrift nicht gegen das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland verstößt und noch gegenwärtig anwendbares Recht darstellt. Das Gutachten ist zwar damals auf Ersuchen des Bundesministers der Finanzen wegen der Befreiung der Spielumsätze von der Umsatzsteuer erstattet worden. Seine Ausführungen haben aber allgemeine Bedeutung für alle in § 6 der Verordnung genannten Steuern, zu denen auch die Einkommensteuer gehört. Das Finanzgericht ist daher ohne Rechtsirrtum davon ausgegangen, daß die Bf. mit den Einnahmen aus den von ihnen erworbenen Spielbankanteilen nicht der Einkommensteuer unterlegen haben.
Da die Bf. die Spielbankanteile unstreitig mit Hilfe des von ihnen im Jahre 1955 aufgenommenen Darlehens in Höhe von 130.000 DM erworben haben, stehen die von ihnen gezahlten Zinsen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit Einkünften, die bei der Einkommensbesteuerung außer Betracht bleiben. Sie sind daher weder nach § 9 EStG berücksichtigungsfähige Werbungskosten bei steuerpflichtigen Einkünften, noch sind sie angesichts der Regelung in § 10 Abs. 1 Ziff. 1 Satz 1 2. Halbsatz EStG als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Diese Beurteilung ergibt sich ohne weiteres aus den angeführten gesetzlichen Bestimmungen, solange die Bf. die Spielbankanteile besaßen, für deren Erwerb sie das Darlehen aufgenommen haben.
Diese Rechtslage hat sich nicht geändert, als die Bf. Ende 1955 einen Teil der Anteile an der einen Spielbank veräußert haben. Das Finanzgericht ist der Auffassung, daß ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Schuldzinsen und den Erträgen aus dem Haus, das die Bf. nach ihrer Angabe mit dem Erlös aus dem Verkauf eines Teils der Spielbankanteile erworben haben, nicht besteht. Der Senat ist an diese auf dem Gebiet der Tatsachenwürdigung liegende Feststellung des Finanzgerichts nach § 288 der Reichsabgabenordnung (AO) gebunden, da sie weder einen Verstoß gegen das geltende Recht, den klaren Inhalt der Akten oder die Denkgesetze erkennen läßt.
Der Senat tritt auch im übrigen der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des Finanzgerichts bei. Schon der Reichsfinanzhof hat angenommen, daß ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Schuldzinsen und Einkünften nur anzunehmen ist, wenn eine Schuld „für die Zwecke” des mit einer Hypothek belasteten Grundstücks aufgenommen wurde (Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A b 755/28 vom 19. April 1929, Reichssteuerblatt 1929 S. 362). An der Auffassung, daß ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen einer Schuld sowie den für sie gezahlten Zinsen und einem Vermögensgegenstand nur dann gegeben ist, wenn die Entstehung der Schuld ursächlich und unmittelbar auf Vorgänge zurückzuführen ist, die den belasteten Gegenstand betreffen, hat der Bundesfinanzhof festgehalten (siehe Urteile IV 215/50 U vom 14. November 1951, BStBl 1951 III S. 235, Slg. Bd. 55 S. 581; IV 523/53 U vom 25. November 1954, BStBl 1955 III S. 42, Slg. Bd. 60 S. 107). Da das Darlehen, für das die streitigen Zinsen gezahlt wurden, von den Bf. für den Erwerb von Spielbankanteilen und nicht für den Erwerb des Hauses aufgenommen wurde, fehlt ein solcher Zusammenhang zwischen der Zahlung der Schuldzinsen und den Einnahmen aus dem Haus, wie er für eine Berücksichtigung der Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erforderlich wäre.
Die streitigen Schuldzinsen können auch nicht als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Ziff. 1 EStG abgezogen werden. Dies wäre nur möglich, wenn infolge der Veräußerung der Anteile kein wirtschaftlicher Zusammenhang der Schuldzinsen mehr zu Einkünften bestünde, die bei der Einkommensbesteuerung außer Betracht bleiben. Das ist aber nicht anzunehmen; der Zweck, der mit der Aufnahme eines Darlehens verfolgt wurde, bleibt grundsätzlich während der ganzen Laufzeit der Schuld für die Besteuerung maßgebend. Für den Sonderausgabenabzug kann daher eine Trennung des wirtschaftlichen Zusammenhangs des Darlehens mit dem Erwerb der Spielbankanteile auch nach deren Veräußerung nicht angenommen werden. Im übrigen ist im Streitfall zu beachten, daß die Bf. vor 1959 nur einen Teil der mit den Darlehnsmitteln erworbenen Spielbankanteile verkauft haben, und zwar offenbar mit erheblichem Gewinn, daß sie nach diesem Verkauf eine Unterbeteiligung an Anteilen einer dritten Spielbank erworben haben, und daß sie außerdem wahrscheinlich auch noch andere Ausgaben mit dem Erlös aus dem Vorkauf eines Teils der Spielbankanteile finanziert haben, so daß es nicht möglich ist, eindeutig festzustellen, wie hoch die Schuldzinsen sind, die nicht mehr auf die Schuld entfallen, die zum Ankauf der im Streitjahr noch in ihrem Besitz befindlichen Spielbankanteile aufgenommen wurde. Da es nach Auffassung des Senats aber hierauf für die Entscheidung nicht ankommt, sondern die ursprüngliche Zweckbestimmung des Darlehens nicht nur die Berücksichtigung der Schuldzinsen als Werbungskosten, sondern ebenso auch als Sonderausgaben ausschließt, braucht dies nicht näher aufgeklärt werden. Die Rb. gegen das Urteil des Finanzgerichts, das eine steuerliche Berücksichtigung dieser Schuldzinsen im Ergebnis zutreffend abgelehnt hat, kann daher keinen Erfolg haben.
Fundstellen