Leitsatz (amtlich)
Einbauküchen werden zu wesentlichen Bestandteilen des Gebäudes, wenn sie durch Einpassen in die für sie bestimmte Stelle mit den sie umschließenden Gebäudeteilen (Seitenwände und Rückwand) vereinigt werden (Zustimmung zum BFH-Urteil III 348/60 U vom 4. M 1962, BFH 75, 178, BStBl III 1962, 333).
Normenkette
BGB §§ 93, 94 Abs. 2; BHG 1964 § 19 Abs. 2
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin, die eine Fabrikation von Waffeln betreibt, hat auf ihr gehörenden Grundstücken Wohn- und Geschäftshäuser errichtet, in denen sich ein Hotel-Restaurant, ein von ihr betriebenes Hotel, mehrere Läden und zahlreiche Appartements befinden. Auf dem Dach der Gebäude ist ein Freibad mit einem Schwimmbecken eingebaut, das den Hotelgästen und den Mietern der Appartements zur Verfügung steht. Sämtliche Appartements enthalten Einbauküchen.
Das FA und auch das FG lehnten die Gewährung einer Investitionszulage für die Einbauküchen ab. Das FG führte u. a. aus: Es könne dahinstehen, ob die Gegenstände wesentliche Bestandteile des Gebäudes im Sinne des § 93 BGB seien, d. h. solche, die nicht voneinander getrennt werden könnten, ohne daß der eine oder der andere zerstört oder in seinem Wesen verändert werde. Denn jedenfalls seien die eingebauten Küchenmöbel wesentliche Bestandteile im Sinne des § 94 Abs. 2 BGB und damit keine selbständigen beweglichen Sachen. Zur Herstellung eines Gebäudes eingefügt in diesem Sinne seien Sachen, die durch Einpassen in die für sie bestimmte Stelle mit den umliegenden Stücken derartig vereinigt seien, daß durch sie das Gebäude in seiner Sonderart und zu seinem Sonderzweck mithergestellt sei. Es stehe außer Streit und sei auch durch die Augenscheinseinnahme des Berichterstatters bestätigt, daß die hier streitigen Küchenmöbel genau in den für die Küche vorhandenen Raum hineinpaßten und nicht in den sich anschließenden Wohnraum hineinragten. Wohn- und Küchenraum könnten daher ohne weiteres durch einen Vorhang voneinander getrennt werden, wie dies bei einigen der besichtigten Appartements auch geschehen sei. Bei den Möbeln handele es sich zum Teil um Sonderanfertigungen. Um einen genauen Anschluß von Wand zu Wand zu erreichen, seien teilweise auch Blenden verwendet worden. Daß die Küchenmöbel mit Ausnahme der hängenden Wandschränke und der Abwaschtische keine feste Verbindung mit dem Gebäude hätten, sondern nur auf dem Fußboden aufständen, sei unerheblich, wie sich aus dem Urteil des BFH III 348/60 U vom 4. Mai 1962 (BFH 75, 178, BStBl III 1962, 333) ergebe. Allein das Vorhandensein des Schwimmbeckens zeige, daß hier etwas nicht Alltägliches geschaffen worden sei. Bei einem exklusiven Bau unterstreiche das Vorhandensein von Einbauküchen in den Appartements den Stil der gesamten Anlage und trage mithin dazu bei, das Gebäude zu dem zu machen, was es sei. In dem ähnlich liegenden Fall des Urteils III 348/60 U vom 4. Mai 1962 (a. a. O.), das sog. Dassbach-Küchen betreffe, habe der BFH ebenfalls keine selbständigen beweglichen Wirtschaftgüter angenommen.
Mit der Revision weist die Revisionsklägerin darauf hin, daß im Falle des BFH-Urteils III 348/60 U, a. a. O., die Möbel keine Rückwände hätten, sondern die Wände des Gebäudes gleichzeitig als Rückwände benutzt wurden. Derartige Möbelstücke seien ohne das Gebäude nicht gebrauchsfähig und könnten deshalb nicht als selbständige Wirtschaftsgüter angesehen werden. Im vorliegenden Rechtsstreit handele es sich demgegenüber um Serienanfertigungen, die keineswegs auf irgendein besonderes Gebäude zugeschnitten seien. Es sei in der Möbelindustrie üblich, daß Möbelstücke serienmäßig angefertigt und den räumlichen Verhältnissen so angepaßt würden und daß man jeweils nur eine oder zwei bis drei Einheiten der Serienanfertigung solange nebeneinander stelle, bis der zur Verfügung stehende Raum optimal ausgenutzt sei. Bei Einbauküchen ergebe sich lediglich als Besonderheit, daß Arbeitsplatten auf die Maße eines Raumes zugeschnitten würden, was aber keineswegs die selbständige Nutzung und Verwertbarkeit dieser Einrichtungsgegenstände ausschließe. Da die Einbauküchen keine Verbindung mit dem Gebäude hätten, könnten sie jederzeit an jedem beliebigen anderen Ort aufgestellt werden.
Das FA trägt demgegenüber u. a. vor: Aus der Tatsache, daß heute in Berlin in allen Fällen üblicherweise beim Bau von Gebäuden die Küchen miteingerichtet würden, folge zwingend, daß sie durch diese Usance notwendigerweise Bestandteil der Gebäude würden, in die sie eingefügt seien. Denn eine Verwendung dieser Küchen in anderen Gebäuden wäre nur theoretisch denkbar, tatsächlich aber ausgeschlossen, weil die hierfür in Betracht kommenden Neubauten sämtlich mit Einbauküchen ausgestattet seien.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Zutreffend ist die Vorinstanz davon ausgegangen, daß die Investitionszulage nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BHG 1964 nur für neue, abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gewährt wird. Das Einkommenteuerrecht, von dem auch für den Bereich der Investitionszulage auszugehen ist, knüpft bei der Unterscheidung zwischen beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern an das bürgerliche Recht an. Abweichungen, wie sie etwa mit der Beurteilung von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden (vgl. das BFH-Urteil VI R 170/69 vom 1. Dezember 1970, BStBl II 1971, 159) oder von in Gebäuden fest eingebauten Betriebsvorrichtungen (vgl. die in Abschn. 43 Abs. 2 EStR wiedergegebene Rechtsprechung) als bewegliche Wirtschaftsgüter gegeben sind, kommen im Streitfall nicht in Betracht. Der Senat vermag jedoch der Auffassung des FG nicht zu folgen, daß hier die Einbauküchen nach bürgerlichem Recht wesentliche Bestandteile der Gebäude geworden seien und deshalb nicht mehr als bewegliche Wirtschaftsgüter angesehen werden könnten.
Wesentliche Bestandteile sind nach § 93 BGB solche Bestandteile, die voneinander nicht getrennt werden können, ohne daß der eine oder andere Teil zerstört oder in seinem Wesen verändert wird. Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören u. a. die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude (§ 94 Abs. 1 Satz 1 BGB). Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen.
Die Eigenschaft der Küchenmöbel als eines wesentlichen Bestandteils des Gebäudes ergibt sich nicht aus der Vorschrift des § 93 BGB. Nach den Feststellungen der Vorinstanz sind lediglich in den einzelnen Kücheneinrichtungen jeweils zwei Schränke durch eine gemeinsame Arbeitsplatte miteinander verbunden, während alle anderen Möbelteile zwar eingepaßt, aber jeweils in sich selbständig sind. Sie könnten deshalb, ohne daß eines der Teile zerstört oder in seinem Wesen verändert würde, durchaus in anderen Kombinationen und an anderen Stellen wieder aufgestellt werden, und sind daher jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt keine wesentlichen Bestandteile des Gebäudes. Ob die jeweils durch eine Arbeitsplatte verbundenen beiden Möbelstücke für sich zu wesentlichen Bestandteilen einer neuen einheitlichen Sache geworden sind, kann in diesem Zusammenhang dahinstehen. Ohne Einfluß auf die Entscheidung wäre es indessen, wenn die Möbel, wie das FA meint, lediglich deshalb nicht anderweit verwendet werden könnten, weil Neubauwohnungen in Berlin üblicherweise mit Einbauküchen versehen werden.
Auch eine feste Verbindung im Sinne des § 94 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt nicht vor. Die bei der Spüle durch den Wasserzu- und -ablauf gegebene Verbindung mit dem Gebäude ist aus der Natur der Sache heraus unvermeidbar und zwangsläufig, jedoch leicht und ohne Beschädigung des Gebäudes und der Spüle zu lösen. Auch durch die Aufhängung der Wandschränke wird keine feste Verbindung mit dem Gebäude hergestellt, genauso wenig wie bei der Aufhängung eines Bildes, das mittels eines in die Wand eingeschlagenen Hakens an der Wand befestigt wird.
Schließlich greift auch § 94 Abs. 2 BGB nicht ein. Im Urteil III 348/60 U vom 4. Mai 1962 (a. a. O.) hat der BFH herausgestellt, daß Küchenmöbel u. a. dann durch Einfügung zur Herstellung eines Gebäudes wesentliche Bestandteile des Gebäudes werden, wenn sie durch Einpassen in die für sie bestimmte Stelle mit den sie umschließenden Stücken des Gebäudes (Seitenwände und Rückwand) vereinigt und damit ihrer Zweckbestimmung zugeführt werden. Dieser Auffassung schließt der Senat sich an.
Im Streitfall sind die Küchenmöbel zwar unstreitig in die für sie bestimmte Stelle des Gebäudes eingepaßt und damit ihrer Zweckbestimmung zugeführt worden. Sie sind aber nicht mit den sie umschließenden Stücken des Gebäudes vereinigt worden. Während im Falle des Urteils III 348/60 U, a. a. O., bei den eingebauten Küchenmöbeln die Seiten- und Rückwände durch die Gebäudewände gebildet wurden, stellen die Möbel im Streitfall in sich voll ausgebildete Möbelstücke dar mit Seiten- und Rückwänden, die mit den übrigen Bestandteilen der Möbel fest und untrennbar, nicht aber mit dem Gebäude verbunden sind. Wenn, wie der BFH bereits in dem Urteil III 348/60 U, a. a. O., ausgeführt hat, es auch als unerheblich anzusehen ist, daß die Küchenmöbel insgesamt keine feste Verbindung mit dem Gebäude haben, sondern nur auf dem Fußboden aufstehen, so genügt es für die Annahme, daß die Möbel zur Herstellung des Gebäudes eingefügt sind, jedoch nicht, daß sie nur den Maßen des Raumes angepaßt sind. Würde man dieses Merkmal allein genügen lassen, ohne zusätzlich noch die Vereinigung der Möbel mit den umschließenden Stücken des Gebäudes zu verlangen, so müßten letztlich auch Anbaumöbel oder zusammengebaute Einzelmöbelstücke, wenn sie genau in bestimmte Raumteile passen, als deren wesentliche Bestandteile angesehen werden. Es kann aber nicht als richtig angesehen werden, daß lediglich eine geschickte Möblierung unter optimaler Raumausnutzung schon Möbelstücke zu wesentlichen Bestandteilen des Gebäudes macht.
Diese Auffassung steht, soweit ersichtlich, auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dieser hat in der vom FG angeführten Entscheidung IV ZR 22/54 vom 8. April 1954 (Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, § 93 BGB Nr. 2) eine mit Gewindestiften montierte Kegelbahnanlage nicht als zur Herstellung des Gebäudes eingefügt angesehen, weil die Anlage nicht mitgewirkt habe, das Gebäude mit dieser charakteristischen Eigenart als Baulichkeit erst als vollendet erscheinen zu lassen. Die Kegelbahnanlage sei nicht mehr zur Herstellung des Gebäudes als Baulichkeit verwendet worden, sondern zur Einrichtung des Kegelbahnbetriebes. Auch die Küchenmöbel im Streitfall dienen zwar der Herstellung der Bewohnbarkeit der Appartements, nicht aber der Herstellung des Gebäudes als solcher.
Der Senat folgt nicht der Auffassung der Vorinstanz, daß sich der Charakter der Küchenmöbel als wesentlicher Bestandteil der Gebäude schon aus dem Zweck ergebe, den Gesamtcharakter der Gebäude und der Appartements als anspruchsvoll herauszustellen. Einrichtungsgegenstände einer Wohnung können nicht dadurch zu wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes werden, daß durch ihre Zurverfügungstellung ein bestimmter gehobener Charakter einer Wohnung erreicht werden soll. Etwas Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem BFH-Urteil III 23/53 S vom 8. Mai 1953 (BFH 57, 495, BStBl III 1953, 192). In diesem Falle waren unstreitig Schränke, Betten und Büfetts fest eingebaut gewesen. Sie konnten nicht ohne Beschädigung wieder herausgenommen werden. Aus diesem Grunde nahm der BFH wesentliche Bestandteile an. Dies wurde also nicht etwa von der Werterhöhung der Räume durch die Möbel abgeleitet, sondern von der Tatsache des festen Einbaus.
Das Urteil des Senats VI 240/61 S vom 27. November 1962 (BFH 76, 313, BStBl III 1963, 115), nach dem besondere Anlagen wie Küchenmöbel nur dann zu einem Wohngebäude im Sinne des § 7b EStG zu rechnen sind, wenn sie üblich sind, setzt einen besonderen, aus dem Ziel und dem Zweck des § 7b EStG sich ergebenden Begriff des Wohngebäudes voraus. Die Überlegungen dieses Urteils können auf den Streitfall nicht ohne weiteres übertragen werden. Aber auch in dieser Entscheidung ist der Senat davon ausgegangen, daß - unabhängig von der Üblichkeit - nur solche besonderen Anlagen für eine Einbeziehung in die erhöhten Absetzungen in Betracht kommen, die als wesentliche Bestandteile in das Gebäude fest eingebaut sind.
Aus den vorstehenden Erwägungen, nach denen die Kücheneinrichtungen bewegliche Wirtschaftsgüter geblieben sind, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist jedoch noch nicht entscheidungsreif. Zutreffend hat das FA darauf hingewiesen, daß eine Investitionszulage nicht für Wirtschaftsgüter in Betracht kommt, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten 600 DM nicht übersteigen und die einer selbständigen Bewertung und Nutzung fähig sind (§ 19 Abs. 2 letzter Satz BHG 1964). Die Vorinstanz wird zu prüfen haben, inwieweit durch diese Vorschrift eine Investitionszulage ausgeschlossen wird.
Fundstellen
Haufe-Index 69338 |
BStBl II 1971, 162 |
BFHE 1971, 1 |