Leitsatz (amtlich)
1. Die in der Vorschrift 4 zu Kapitel 49 DZT 1967 liegende Abgrenzung des Begriffs „Zeitungen und, andere periodische Druckschriften” der Tarifnr. 49.02 gilt auch für die Tarifstelle 48.01 – A.
2. Die Erläuterungen I (2) zur Tarifnr. 48.01, daß hierher nur zum Herstellen von Zeitungen und periodischen Druckschriften der Tarifnr. 49.02 bestimmtes Papier gehört, sind keine rechtsetzende Norm, sondern geben nur den Inhalt des Gesetzes wieder.
3. Der Senat hält an der ständigen Rechtsprechung fest, daß den vom Gesetzgeber in einem einheitlichen Gesetz verwendeten gleichlautenden Begriffen gleiche Bedeutung beizumessen ist, wenn der Gesetzgeber nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt hat.
Normenkette
DZT 1967, Vorschrift 4 zu Kapitel 49, Tarifstelle 48.01 – A; DZT 1967, Vorschrift 4 zu Kapitel 49, Tarifstelle 49.02; ErlZT I (2) zu 48.01; ErlZT 1 (6) zu Kap. 49; GG Art. 3, 5
Tatbestand
Die Klägerin stellt eine Zeitung her, die wöchentlich einmal erscheint und kostenlos verteilt wird. Die Ausgaben enthalten zu etwa 30 v. H. Informationen über lokale Ereignisse, zu etwa 25 v. H. Kleinanzeigen verschiedener Art und zu etwa 45 v. H. Werbeanzeigen größeren Formats. Im Jahre 1967 beantragte die Klägerin beim beklagten Hauptzollamt (HZA), ihr zur Herstellung der Zeitung die bleibende Zollgutverwendung für Zeitungsdruckpapier der Tarifstelle 48.01 – A des Deutschen Zolltarifs (DZT) zu bewilligen. Das HZA lehnte den Antrag ab. Beschwerde und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus:
Der DZT 1967 sehe in der Tarifstelle 48.01 – A vor, daß Papier für Zeitungen und andere periodische Druckschriften unter zollamtlicher Überwachung zollbegünstigt sei. Für die Auslegung des hier verwendeten Begriffes „Zeitungen und andere periodische Druckschriften” sei die Vorschrift 4 zu Kapitel 49 maßgebend, wonach Drucke, die überwiegend Werbezwecken dienten, nicht unter die für Zeitungen und periodische Druckschriften in Betracht kommende Tarifnr. 49.02 fielen. Deshalb umfasse die Tarifstelle 48.01 – A solches Papier nicht, das zur Herstellung von Drucken verwendet werde, die überwiegend Werbezwecken dienten (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – VII 94/60 vom 7. Dezember 1960, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1961 S. 71 – HFR 1961, 71 –). Diese Auslegung der Tarifstelle 48.01 – A entspreche auch der Systematik des DZT. Würden in einem Kapitel Warenbezeichnungen verwendet, die zu einem anderen Kapitel gehörten, so seien grundsätzlich für die Auslegung dieser Bestimmungen die Vorschriften der Tarifnummern anzuwenden, von denen diese Waren umfaßt würden. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (Urteil V z 187/57 S vom 26. Juni 1958, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 67 S. 197 – BFH 67, 197 –, BStBl III 1958, 347) sei es schlechterdings ausgeschlossen, daß der Gesetzgeber in einem einheitlichen Gesetz, wie es der Zolltarif (ZT) sei, gleichlautende Begriffe in verschiedener Bedeutung gebrauche, ohne es besonders zum Ausdruck zu bringen. Abschn. I (2) der Erläuterungen zu Tarifnr. 48.01 enthalte lediglich eine Wiedergabe der bereits im ZT getroffenen Regelung und diene deshalb nur der Klarstellung. Die im ZT zum Ausdruck kommende Schlechterstellung von Druckpapier für Werbeschriften gegenüber Zeitungsdruckpapier verstoße nicht gegen die Art. 3 und 5 des Grundgesetzes (GG).
Die Zeitung der Klägerin sei ein Druckerzeugnis, das überwiegend Werbezwecken diene. Der im Verhältnis zu den Inseraten geringe Umfang des redaktionellen Textes zeige, daß sie in erster Linie wegen der in ihr enthaltenen Werbung herausgegeben werde und damit den Voraussetzungen des Abschn. I (6) der Erläuterungen zu Kapitel 49 entspreche. Die zu etwa 25 v. H. in ihr enthaltenen Kleinanzeigen, durch die in der Regel nur Interessenten für eine bestimmte Sache geworben würden, seien als Werbung anzusehen.
Die Klägerin macht mit der Revision geltend:
In Kapitel 48 des DZT werde der Begriff „Zeitungen und andere periodische Druckschriften” ohne Einschränkung verwendet. Eine Einschränkung finde sich nur in Kapitel 49, wo in Vorschrift 4 bestimmt werde, daß hier Werbedrucke nicht zu den Zeitungen und anderen periodischen Druckschriften gehörten. Damit habe der Gesetzgeber klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß der Begriff „Zeitungen und andere periodische Druckschriften” in Kapitel 48 ein anderer sei als in Kapitel 49. Würde der Gesetzgeber etwas anderes gewollt haben, dann hätte er nicht erst in Kapitel 49, sondern bereits in Kapitel 48 den Begriff „Zeitungen und andere periodische Druckschriften” eingeschränkt. Jede andere Auffassung widerspreche in krasser Weise dem gesunden Menschenverstand und der Logik. Auch der Bundesminister der Finanzen (BdF) müsse, von dieser Rechtsauffassung ausgegangen sein. Das ergebe sich aus den Erläuterungen I (2) zur Tarifnr. 48.01. Denn dieser Erläuterungsvorschrift hätte es nicht bedurft, wenn die in der Vorschrift 4 zu Kapitel 49 ausgesprochene Einschränkung auch für das Kapitel 48 gelten würde. Da der BdF selbst den DZT 1967 entworfen habe, sei ihm von vornherein bewußt gewesen, daß dem Tarif zufolge Papier zur Herstellung von Zeitungen und anderen periodischen Druckschriften ohne Einschränkung zollbegünstigt sein solle. Diese zum Gesetz gewordene Regelung habe der BdF durch die Erläuterungen I (2) zur Tarifnr. 48.01 aber nicht ändern dürfen; er habe insofern die ihm vom Gesetzgeber eingeräumte Ermächtigung überschritten.
Die Auffassung des FG, die in der Zeitung der Klägerin mit einem Anteil von 25 v. H. enthaltenen Kleinanzeigen seien als Werbung anzusehen, rechtfertige nicht den Schluß, die Zeitung diene überwiegend Werbezwecken. Auch die Ausführungen des FG zu Art. 3 GG könnten nicht überzeugen. Es sei nicht zu verstehen, daß die Anzeige in einer Zeitung etwas anderes sein solle als in einer Werbeschrift. Das FG habe schließlich den Art. 5 GG falsch ausgelegt mit der Auffassung, eine Schlechterstellung von Papier zur Herstellung von Werbeschriften könnte nur dann gegen diese Vorschrift verstoßen, wenn hierdurch die Existenz der von der Klägerin hergestellten Zeitung oder die Freiheit der Berichterstattung ernsthaft gefährdet werde. Die Schlechterstellung von Papier zur Herstellung von Werbedrucken sei eine mit Art. 5 GG unvereinbare indirekte Zensur.
Die Klägerin hat beantragt, das FG-Urteil sowie die Entscheidungen der Verwaltungsbehörden aufzuheben. Das HZA hat beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Die Tarifstellen 48.01 – A und 49.02 erwähnen gleichlautend „Zeitungen und andere periodische Druckschriften”. Sie unterscheiden sich dadurch, daß die letztere nur diese Erzeugnisse selbst zum Gegenstand hat, die erstere hingegen nur das zur Herstellung dieser Erzeugnisse bestimmte Papier. Es entspricht diesem Unterschied, daß der Gesetzgeber die Abgrenzung des Begriffes „Zeitungen und andere periodische Druckschriften” erst bei der Tarifstelle getroffen hat, die sich mit den Erzeugnissen selbst befaßt, und nicht schon bei der sich nur auf den Herstellungsstoff „Papier” beziehenden vorangehenden Tarifstelle. Die Vorschrift 4 zu Kapitel 49 läßt keinen Zweifel daran, daß der Gesetzgeber mit dem Begriff „Zeitungen und andere periodische Druckschriften” nicht auch solche Drucke erfassen will, die überwiegend Werbezwecken dienen. Die Vorschrift verweist diese Drucke in die Tarifnr. 49.11. Die in ihr liegende Abgrenzung des Begriffes „Zeitungen und andere periodische Druckschriften” der Tarifnr. 49.02 gilt auch für die Tarifstelle 48.01 – A.
Der DZT 1959, mit dem sich der Senat in seinem vom FG erwähnten Urteil VII 94/60 vom 7. Dezember 1960 in einem ähnlichen Streitfall befassen mußte, enthielt für die Abgrenzung des Begriffes „Zeitungen und andere periodische Druckschriften” bereits eine mit den Vorschriften des DZT 1967 vergleichbare Regelung. Schon damals sah der Senat in der Tatsache, daß der Gesetzgeber den Begriff erst bei seiner Verwendung für das Erzeugnis und nicht schon bei der vorhergehenden Verwendung zur Bezeichnung des Papiers abgegrenzt bat, kein Hindernis, diese Abgrenzung auch für die vorangegangene Verwendung als maßgeblich anzusehen. Wie damals hält auch jetzt der Senat an der ständigen Rechtsprechung fest, daß den vom Gesetzgeber in einem einheitlichen Gesetz verwendeten gleichlautenden Begriffen gleiche Bedeutung beizumessen ist, wenn der Gesetzgeber nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt hat. Daß der Begriff „Zeitungen und andere periodische Druckschriften” in den Tarifstellen 48.01 – A und 49.02 des DZT 1967 unterschiedlich auszulegen sei, hat der Gesetzgeber nirgends vorgesehen.
Die Klägerin übersieht, daß in der Tarifstelle 48.01 – A der Begriff „Zeitungen und andere periodische Druckschriften” lediglich dazu dient, den Verwendungszweck des Papiers zu bezeichnen, das allein Gegenstand der Tarifstelle ist, und daß auch nach den Gesetzen der Logik das in der Tarifstelle 48.01 – A zur Darlegung des Verwendungszwecks erwähnte Erzeugnis „Zeitungen und andere periodische Druckschriften” begrifflich nichts anderes sein kann als das, was die dieses Erzeugnis selbst erfassende Tarifnr. 49.02 in Verbindung mit der Vorschrift 4 zu Kapitel 49 unter „Zeitungen und andere periodische Druckschriften” versteht. Bei dieser sich bereits aus dem DZT 1967 ergebenden Rechtslage können, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, die Erläuterungen I (2) zur Tarifnr. 48.01, daß hierher nur zum Herstellen von Zeitungen und periodischen Druckschriften der Tarifnr. 49.02 bestimmtes Papier gehört, nur den Charakter einer Klarstellung haben, nicht aber einer rechtsetzenden Norm. Da die Erläuterungsvorschrift nur den Inhalt des Gesetzes wiedergibt und keine eigene rechtliche Regelung trifft, kann der Verordnungsgeber durch sie eine gesetzliche Ermächtigungsvorschrift nicht überschritten haben. Wenn der Verordnungsgeber der Meinung gewesen wäre, die in der Vorschrift 4 zu Kapitel 49 enthaltene Einschränkung des Begriffes „Zeitungen und andere periodische Druckschriften” habe auf die Verwendung dieses Begriffes in der Tarifstelle 48.01 – A keinen Einfluß, so wäre er einem Irrtum unterlegen und hätte gleichwohl nicht bewirken können, den Erläuterungen I (2) zu Tarifnr. 48.01 rechtsändernde Wirkung zu verschaffen.
Es läßt sich rechtlich nicht beanstanden, daß das FG die Zeitung der Klägerin zu den überwiegend Werbezwecken dienenden Drucken gerechnet hat, die nach Vorschrift 4 zu Kapitel 49 aus dem Begriff „Zeitungen und andere periodische Druckschriften” ausgeschlossen und in die Tarifnr. 49.11 verwiesen worden sind. Das FG hat hierbei im Einklang mit den Erläuterungen I (6) zu Kapitel 49 zutreffend darauf abgestellt, ob das Blatt in erster Linie wegen der in ihm enthaltenen Werbung herausgegeben wird. Es hat diese Frage ausdrücklich zwar nur mit Erklärungen bejaht, die darlegen, daß die in dem Blatt mit einem Anteil von 25 v. H. enthaltenen Kleinanzeigen den Begriff der „Werbung” erfüllen. Aus dem Zusammenhang dieser Ausführungen mit dem übrigen Inhalt des Urteils ergibt sich aber, daß das FG es in diesem Zusammenhang als überflüssig ansah und auch ansehen konnte, sich auch auf die Tatsache zu berufen, daß der Inhalt des Blattes zu 45 v. H. Werbeanzeigen größeren Formats umfaßt. Die Ausführungen des FG lassen insgesamt erkennen, daß auch der Anteil der Werbeanzeigen größeren Formats Anlaß war, die Frage, ob das Blatt in erster Linie wegen, der in ihm enthaltenen Werbung herausgegeben wird, zu bejahen. Das gilt besonders für den vom FG angestellten Vergleich des Umfangs der „Inserate” und des redaktionellen Textes. Der Senat teilt die Auffassung des FG, daß auch die Kleinanzeigen, in denen nur Interessenten für einen bestimmten Gegenstand angesprochen werden sollen, unter den Begriff der Werbung fallen. Dieser Begriff umfaßt eine Vielzahl von Tätigkeiten, die darauf abzielen, andere Menschen für bestimmte Zwecke zu gewinnen (vgl. Staatslexikon und Der große Herder, jeweils Stichwort „Werbung”). Im Bereich der Wirtschaft besteht der mit der Werbung verfolgte Zweck in der Förderung wirtschaftlicher Interessen. Es kann dabei keinen Unterschied machen, ob die wirtschaftlichen Interessen durch das Zustandekommen eines einzigen oder mehrerer Rechtsgeschäfte gefördert werden sollen. Daß jede Art von Anzeigen unter den Begriff der Werbung fällt, zeigt auch die beispielhafte Erwähnung von „Annoncen-Zeitungen” in der Erläuterung I (6) zu Kapitel 49.
Die Entscheidung des Gesetzgebers, Drucke, die überwiegend Werbezwecken dienen, nicht als „Zeitungen und andere periodische Druckschriften” im Sinne der Tarifstellen 48.01 – A und 49.02 zu behandeln und dadurch das für ihre Herstellung bestimmte Papier von der in der Tarifstelle 48,01 – A vorgesehenen Zollfreiheit auszuschließen, ist mit Art. 3 GG vereinbar. Das FG hat unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zutreffend dargelegt, daß der Gesetzgeber bei der rechtlichen Ordnung der Lebensverhältnisse einen weiten Ermessensspielraum hat in der Frage, ob bestimmte tatsächliche Ungleichheiten auch rechtlich ungleich behandelt werden sollen oder nicht, und daß ein Verstoß gegen Art. 3 GG erst dann vorliegt, wenn für die getroffene rechtliche Regelung jeglicher sachlich einleuchtende Grund fehlt (Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bd. 4 S. 144 [155]; 9, 3 (10); 14, 221 [238]). Es hat einen sachlich einleuchtenden Grund für die zollrechtliche Bevorzugung von Zeitungen gegenüber Werbedrucksachen darin gesehen, daß die ersteren überwiegend Bildungs- und Informationsstoff böten und gegen Entgelt bezogen würden, die letzteren hingegen in der Hauptsache Werbeanzeigen enthielten und unentgeltlich abgegeben würden. Mit diesen Ausführungen hat das FG keineswegs die Auffassung bekundet, die Anzeige in einer Zeitung sei etwas anderes als in einer Werbeschrift, sondern nur dargelegt, daß wegen des unterschiedlichen Verhältnisses zwischen Bildungs- und Informationsstoff einerseits und Werbeanzeigen andererseits ein Unterschied im Wesen der beiden Arten von Druckerzeugnissen liegt.
Schließlich geht auch die Rüge der Klägerin in bezug auf die Auslegung des Art. 5 GG fehl. Diese Vorschrift gewährleistet außer der Meinungs- und Informationsfreiheit des Bürgers (Abs. 1 Satz 1) insbesondere die Pressefreiheit (Abs. 1 Satz 2) und verbietet die Zensur (Abs. 1 Satz 3). Wenn der Gesetzgeber bei der zollrechtlichen Belastung von Papier, das zur Herstellung von Druckerzeugnissen bestimmt ist, einen Unterschied danach macht, ob die Druckerzeugnisse überwiegend Werbezwecken dienen oder nicht, so kann die Meinungs- und Pressefreiheit erst berührt werden, wenn der Belastungsunterschied bewirkt, daß die Verbreitung eines Druckerzeugnisses beeinträchtigt wird. Die Klägerin hat nicht geltend gemacht, daß sie durch die Versagung der Zollfreiheit für das zur Herstellung ihrer Zeitung bestimmte Papier gehindert sei, dieses Blatt weiterhin im bisherigen Umfang unentgeltlich abzugeben. Ein Verstoß gegen das Zensurverbot des Art. 5 GG scheidet deshalb aus, weil die Versagung der Zollfreiheit für das Papier nicht darauf abzielt, eine von der Klägerin vorgesehene inhaltliche Gestaltung ihres Blattes zu ändern.
Fundstellen
Haufe-Index 514818 |
BFHE 1972, 560 |