Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Zum Begriff der wirtschaftlichen Einheit des Grundvermögens.
Normenkette
BewG §§ 2, 50 Abs. 1, § 68
Tatbestand
Der Beschwerdeführer (Bf.) hat durch notarielle Kaufverträge vom 26. Februar, 19. Mai und 31. Mai 1948 aus dem größeren Flurstück Nr. 194 der Gemarkung M. (ehemaliger Flugplatz N.) die Flurstücke Nr. 194/7, 194/8 und 194/17 mit zusammen 6072 qm erworben. Das Flurstück Nr. 194/8 wurde bereits am 8. September 1948 und das Flurstück Nr. 194/17 am 9. Dezember 1948 vom Bf. weiterveräußert. Das Flurstück Nr. 194/7 verkaufte der Bf. mit einem von ihm begonnenen Rohbau am 11. März 1951.
Das Finanzamt rechnete mit Bescheid vom 14. Dezember 1951 die drei Flurstücke Nr. 194/7, 194/8 und 194/17 zum 21. Juni 1948 dem Bf. zu und stellte den Einheitswert auf 17.000 DM fest; mit Bescheid vom gleichen Tag stellte es für das Flurstück Nr. 194/7 zum 1. Januar 1949 gegenüber dem Bf. einen Einheitswert von 8.600 DM fest. Der Einspruch des Bf. hatte keinen Erfolg. In der Einspruchsentscheidung erhöhte vielmehr das Finanzamt (nachdem inzwischen durch Vermessung die genauen Größen der einzelnen Flurstücke festgestellt waren) den Einheitswert zum 21. Juni 1948 für die drei Flurstücke auf 20.600 DM und zum 1. Januar 1949 für das eine Flurstück auf 12.400 DM.
Auf die Berufung des Bf. setzte das Finanzgericht den Einheitswert zum 21. Juni 1948 auf 19.100 DM und zum 1. Januar 1949 auf 11.000 DM herab. Im übrigen war die Berufung erfolglos.
In der Rechtsbeschwerde trägt der Bf. vor:
Das Finanzgericht habe seinen Einwand, daß die streitigen Flurstücke, insbesondere aber Flurstück Nr. 194/7 am Währungsstichtag nicht sein wirtschaftliches Eigentum gewesen seien, nicht berücksichtigt;
seinen Einwand, daß es sich um land- und forstwirtschaftliches Vermögen und nicht um Grundvermögen handle, halte er aufrecht;
wenn aber Grundvermögen vorliege, dann seien die wirtschaftlichen Einheiten falsch abgegrenzt worden;
der gemeine Wert sei zu hoch angesetzt.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung.
Der Einwand des Bf., daß die strittigen Flurstücke am Währungsstichtag nicht sein wirtschaftliches Eigentum gewesen seien, ist nicht begründet. Die Vorinstanz hat eingehend dargelegt, weshalb diese Flurstücke dem Bf. für den Währungsstichtag steuerlich zuzurechnen sind. Einen Rechtsirrtum lassen diese Darlegungen nicht erkennen. Auf die steuerliche Behandlung der Erwerbsvorgänge bei der Grunderwerbsteuer brauchte die Vorinstanz nicht einzugehen; denn diese ist für die hier zu treffende Entscheidung nicht maßgebend.
Die Vorinstanzen haben auch zu Recht die streitigen Grundstücke dem Grundvermögen zugerechnet. Das Finanzgericht hat ausführlich dargelegt, weshalb es sich im Streitfall nicht mehr um land- und forstwirtschaftliches Vermögen, sondern um Bauland handelt. Auch diese Ausführungen sind schlüssig und lassen keinen Rechtsirrtum erkennen.
Der weitere Einwand des Bf., daß die wirtschaftlichen Einheiten falsch abgegrenzt seien, ist zutreffend. Die Vorinstanzen haben nicht beachtet, daß beim Grundvermögen (ß 50 des Bewertungsgesetzes - BewG -) der räumliche Zusammenhang eine besondere Bedeutung hat. Während nämlich bei dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen die räumliche Trennung der Flächen einer Zusammenfassung zu einer wirtschaftlichen Einheit (land- und forstwirtschaftlicher Betrieb) nicht entgegensteht, liegen beim Grundvermögen bei räumlicher Trennung regelmäßig mehrere wirtschaftliche Einheiten vor (vgl. auch Urteil des Reichsfinanzhofs III A 987/30 vom 13. Mai 1931, Reichssteuerblatt - RStBl. - 1931 S. 836). Die Verkehrsauffassung erblickt unzweifelhaft in den drei Flurstücken, die räumlich getrennt voneinander liegen, wirtschaftlich nicht voneinander abhängen und je für sich bestehen können, keine wirtschaftliche Einheit. Daran könnte auch der Umstand nichts ändern, wenn der Bf. damals schon die Absicht gehabt hätte, die Flurstücke nicht selbst zu bebauen, sondern durch Verkauf oder Tausch zu verwerten. Auch die Tatsache, daß die einzelnen Flurstücke (wenn auch zunächst noch nicht genau aufgemessen) in gesonderten Verträgen vom Bf. gekauft und verkauft worden sind, spricht deutlich gegen eine Zusammenfassung der drei Flurstücke zu einer wirtschaftlichen Einheit. Im Laufe des Verfahrens hat sich zudem noch herausgestellt, daß die drei Flurstücke am Stichtag nicht gleichwertig waren und der Ansatz eines einheitlichen qm-Preises für alle drei Flurstücke nicht berechtigt war; das ist ebenfalls ein Zeichen dafür, daß die Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheit fehlerhaft war.
Demgemäß sind die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung aufzuheben. Die Sache wird zur anderweitigen Entscheidung, und zwar zweckmäßig an das Finanzamt zurückverwiesen. Dieses hat für die drei wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens getrennte Einheitswerte festzustellen. Hierbei steht es dem Bf. frei, seine Einwendungen gegen die Höhe der Bewertung vorzubringen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht wird das Finanzamt auch zu prüfen haben, ob die einzelnen Rechtsnachfolger des Bf. nicht von Amts wegen zum Verfahren zuzuziehen sind (ß 240 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung - AO -). Die Einheitswerte des Grundbesitzes werden gesondert festgestellt (ß 214 AO). Die gesonderten Feststellungen werden auch einheitlich getroffen, wenn an dem Grundstück usw. mehrere beteiligt sind (ß 215 Abs. 1 AO). Die Beteiligung kann nebeneinander (z. B. Miteigentum nach Bruchteilen oder zur gesamten Hand) oder nacheinander (Rechtsnachfolge) bestehen. Der Zweck, der mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einheitswerte verfolgt wird, würde nicht erreicht werden, wenn die Feststellungsbescheide über einen Einheitswert sich nicht auch gegen die Beteiligten richten würden. Die "Beteiligung nebeneinander" ist in § 219 Abs. 1 AO geregelt.
Fundstellen
Haufe-Index 408083 |
BStBl III 1955, 5 |
BFHE 1955, 11 |
BFHE 60, 11 |